GewerhrcbaftUcbee*Zum Streik der Koblcnarbeiter.Die bei der Kohlenfirma Kupfer u. Co. imStreik stehenden Arbeiter und Kutscher halten nach wievor fest zusammen. Die Streikposten konnten feststellen, daßdie Situation insofern unverändert ist, als die Firma nichtgenügend Arbeitswillige zur Verfügung hat. Die vor-handenen Arbeitswilligen sind zum größten Teil Jammer-gestalten, mit denen der Betrieb nicht aufrecht er-halten werden kann. Vor Beginn des Streiks wurdentäglich über hundert Fuhren abgefahren, heute werdenhöchstens 10— lo und im günstigsten Falle 20 Fuhren erledigt.Bei der Firma Tiemendörfer haben die Arbeiter undKutscher am Donnerstag früh die Arbeit niedergelegt, weildaselbst Strcikarbeit für Kupfer gemacht worden ist. Nachdemder Inhaber die ehrenwörtliche Erklärung abgegeben hatte.daß für Kupfer u. Co. uicht mehr gefahren wird,nahmen die Arbeiter die Arbeit wieder auf. Bei dereigentlichen Rausreitzerfirma B. Pauly Nachfolger,f orckslraße, haben von 36 Beschästigten am Mittwoch früh6 Mann die Arbeit niedergelegt, und steht zu erwarten, daßein Teil der übrigen sich im Laufe des Tages, spätestens aberam Donnerstag früh mit den Ausständigen solidarisch erklärenwerden. Es ist auch nicht ausgeschlossen, daß am Donnerstagdie bei der Firma Tiemendörfer tätigen Arbeiter und Kutschererneut in den Ausstand treten werden, da dieser Platz Eigen-tum der Firma P a u l y N a ch f. ist. Bei den FirmenSchneidemühl u. Schiebel konnte bisher nicht fest-gestellt werden, daß Streikarbeit geleistet wird.Zuzug ist somit fernzuhalten bei den Firmen Kupferu. Co., L e o p. Pauly N a ch f. und Tiemendörfer.Die Bezirksverwaltung Groß-Berlindes Deutschen Transportarbeiterverbandes.Verlin un«t Qmgegencl.Stellungnahme der Arbeiter und Arbeiterinne»der Firma Mix u. Genest zur angedrohten Aussperrung.Eine überaus stark besuchte Ketriebsversammlung der FirmaMix u. Genest, welche am Dienstag, den 4. Oktober, im„Wilhelms-Hof in Schöneberg tagte, nahm Stellung zu der von den Metall-industrieellen Deutschlands geplanten Aussperrung. Maus vomDeutschen Metallarbeitcrverband schilderte in eingehender Weise dieUrsachen, welche zu dem Streik der Werftarbeiter geführt haben.Das den Arbeitern in den Jahren der Krise genommene zurückzufordern, sei mit Rücksicht durch die Belastung und Besteuerungder notwendigsten Lebensbedürfnisse unbedingte Notwendigkeit.Die Ausführungen des Referenten, daß die Metallarbeiter Deutsch-lands es satt haben, sich bei jedem Versuch, ihre Lohn- und Arbeits-bedingungen zu verbessern, mit Ausspcrrungsandrohungen bcant-wortet zu sehen, fanden lebhaften Beifall. In der Diskussion wurdevon mehreren Rednern darauf hingewiesen, daß es Ehrensache allerMetallarbeiter und Metallarbeiterinnen sei, die kämpfenden Werft-arbeiter nach jeder Richtung zu unterstützen und ruhig der Aus-sperrung entgegenzusehen. Auch die Lohnverhältnisse in diesembetriebe seien nicht dazu angetan, um behaupten zu können, daßsie eine Aufbesserung mcht ertragen könnten. In einer mit Ein-stimmigkeit angenommenen Resolution erklärte sich die Versamm-lung mit allen Maßnahmen ihrer Organisationsleitung einver-standen. Zugleich wurde beschlossen, daß, falls am 8. OktoberLv Proz. ausgesperrt werden, die restlichen 49 Proz> geschlossen denBetrieb verlassen._Die Lohnbewegung der Gold- und Silberarbeiter.Dem Bericht zufolge, den Handle in einer sehr stark be-suchten Versammlung der Gold- und Silbcrarbeiter erstattete, istnach mehrmaligen, langen und schwierigen Verhandlungen zwischenden Arbeitgebern und der Ltommission der Arbeiter eine Verein-barung auf folgender Grundlage zustande gekommen: Für Gold-und Silberarbeiter ist die neunstündige Arbeitszeit einschließlichder viertelstündigen Frühstückspause bewilligt, ferner statt der ge-forderten zehnprozentigen Lohnerhöhung eine solche von ö Proz.auf alle Löhne, die seit dem l. April nicht erhöht worden sind. DieAktordpreise sollen durch Verhandlung in den einzelnen Betriebengeregelt und bis 5 Proz. erhöht werden. Wochenlöhne über 45 M.sowie die Löhne der Arbeiterinnen werden nach Leistung und Ver-einbarung erhöhst Bei Arbeitsmangel wird die Arbeitszeit verkürzt,um Entlassungen zu vermeiden. Bei den Silbcvarbeitern wirdSonnabends eine Stunde, vor den hohen Festen zwei Stundenfrüher Feierabend gemacht ohne Lohnabzug. Bei den Goldarbeiternunterliegt die Verlegung und Verkürzung der Arbeitszeit am Sonn-abend der freien Vereinbarung. Der Mindestlohn beträgt fürSilberarbeiter 24 M. wöchentlich, für Goldarbeiter 45 Pf. proStunde. Handle bemerkte zu diesem Verhandlungsergebnis, daß janicht allzuviel erreicht worden sei, daß aber trotz eifrigster Be-mühungen der Kommission nicht mehr erreicht werden konnte. Daswesentlichste sei die Erhöhung der Mindestlöhne um 3 M. wöchent-lich. Mit Bezug auf dieses Zugeständnis könne man sagen, daßdrei Fünftel der gestellten Forderungen bewilligt seien. Der Rednerempfahl die Annahme der Vereinbarungen, dte für zwei Jahre ver-traglich festgelegt werden sollen. Nach längerer Diskussion stimmtedie Versammlnug den Vereinbarungen zu.Beim Streik der Chauffeure, Packer und Hausdiener derHandelsgesellschaft deutscher Apotheker ist die Situation unver-ändert. Am Mittwoch machten folgende Kraftdroschken Lastfuhren:9658, 9872, 8624, 9717, 9218, 8633, 9420, 9526, 8649. Der Fahrerder Kraftdroschke 8819 teilt mit, daß er keine Streikfuhren gemachthabe. Es muß somit ein Irrtum obwalten. Gestern wurde ein Ge-schäftSauto der Firma in Begleitung von Kriminalbeamten, diein die Livree der Handelsgesellschaft gesteckt wurden, spazieren ge-fahren. Einer dieser Biedermänner nahm vorn als Mitfahrerauf dem Bock Platz, während der zweite im Innern, wo sonstPakete und Kisten aufgeschichtet werden, der Dinge harrte, die— nicht kamen l Um die Aufmerksamkeit der Streikenden aufsich zu lenken, fuhren die A.ge»ts provocateur am Streiklokal inmerklich verlangsamtem Tempo vorbei und setzten die Hupekräftig in Bewegung. Obwohl über die Qualität der Be-mannung kein Zweifel bestand, wollte man sich doch noch Gewißheitverschaffen. Als an einer Apotheke in Eharlottenburg Halt gemachtwurde, sprach sie einer der Streikenden in höflichem Tone an.Der„Mitfahrer" hielt den Betreffenden fest und ging mit ihmnach dem hinteren Teil des Wagens, jedenfalls um ihn seinemAmtsbruder zu übergeben. Der Streikposten war aber flinker, hatteauch bereits genug gesehen. Die Polizei ist in besonders schneidi-ger Weise bemüht, der Gesellschaft zu helfen. Zuzug ist nach wievor streng fernzuhalten.Zum Streik der Rohrer ist zu berichten, daß seit Sonnabend,den 1. Oktober, die Arbeit fast vollständig auf allen Bauten ruht.Es haben sich bei der Bautenkontrolle, welche von den streikendenRohrern genau ausgeübt wird, nur vereinzelte Bauten gefunden.wo Arbeitswillige vorhanden sind. Die Unternehmer haben wohlgehofft, daß die Unorganisierten die Arbeit nicht niederlegen wür-den, darin sehen sie sich jetzt aber bitter getäuscht. Auf verschie-denen Bauten, wo noch Rohrer am Anfang der Woche bei derArbeit angetroffen wurden, haben dieselben die Arbeit nieder-gelegt, sobald sie von den Streikenden auf ihr unsolidarisches Ver-halten aufmerksam gemacht wurden. Auf einigen Bauten ist ver-sucht worden, die Zimmerer und Maurer zu bewegen, Rohrer-arbeiten zu machen, was jedoch stets abgelehnt worden ist. EinzelneUnternehmer, welchen sich ein Arbeitswilliger zur Verfügung stellte,haben diesen zum Polier gestempelt und versuchen damit die aller-Verantw.Redakt.: CnrlWermnth, Berlin-Rixdorf. Inserate verantw.:dringendsten Arbeiten fertig zu stellen. Demgegenüber tvird vonden Streikenden ausdrücklich darauf hingewiesen, daß auf sämt-lichen Bauten, wo jetzt noch Rohrerarbeiten gemacht werden, diesvon Arbeitswilligen geschieht. Sämtliche Bauhandwerker und Bau-Hilfsarbeiter werden deshalb ersucht, keine Streikarbeit zu ver-richten und die im Kampfe stehenden Rohrer noch dadurch zu unter-stützen, daß sie die Arbeitswilligen auf ihr unsolidarisches Ver-halten aufmerksam machen. Ferner ist es nötig, sämtlicheBauten, wo noch Streikarbeit verrichtet wird, sofort an das Ver-bandsbureau der baugewerblichen Hilfsarbeiter, Engelufcr 15,vorn 3 Treppen, zu melden. Telephon-Amt IV, Nr. 4993.Achtung, Buchbinder und Buchbinderciarbcitcrinuen! In Potsdamsind bei der Firma A. Hahns Erben(Jnh. C. Gerber) Differenzenausgebrochen. Zuzug ist fernzuhalten. Der Gauvorstand.veutlebes Reich.Zur Tarifbeweguug der Buchbinder in Hannover.Bisher ist in vier Betrieben die Arbeit niedergelegt worden,im Streik befinden sich zirka 39 Personen. Da am 8. Oktober inden meisten Betrieben die Kündigungsfrist abläuft, wird an diesenTagen das Gros der Arbeiter und Arbeiterinnen, zirka 1999 Per-sonen, in den Ausstand treten. Einigungsverhandlungen scheinenzurzeit ausgeschlossen, da die Arbeitgeber es auf eine Kraftprobeankommen lassen wollen. Die Großfirmen König u. Ebhardt,Edler u. Krische, Molling u. Co. und auch die Buchbinderinnungsuchen durch Inserat in zahlreichen auswärtigen Blättern Arbeits-willige zu Löhnen, die höher sind, als die der hiesigen Arbeiterschaftgebotenen._Achtung! Schuhmacher. In Breslau befinden sich dieKollegen und Kolleginnen der Schuhfabrik Dorndorf wegenVerkürzung der Arbeitszeit im Streik. Verhandlungen mit derOrganisation lehnte die Firma ab. Trotzdem in der deutschen Schuh-industrie die neunstündige Arbeitszeit fast allgemein ist, wird beiDorn darf-Breslau noch t9Vj Stunde täglich gearbeitet. Arbeits-angebote bei Dorndors sind zurzeit abzulehnen. Zirka 499 Personenkommen in Frage.Zentralverband der Schuhmacher Deutschlands,Gau 3, Breslau.Der Streik der Tabakarbeitcr bei der Firma Köllen u. Böckelsin Bad Oeynhausen �Westfalen), Sitz Aachen, ist mit Erfolg be-endet. Die Zulagen betragen auf 11 Sorten je eine Mark undauf 19 Sorten je 59 Pf. pro Mille und fiir bessere Brasil. DerStreik hat 14 Tage gedauert; die Streikenden gehören alle demDeutschen Tabakarbeiterverbande an.Unverbefferliche Scharfmacher.Krefeld, 6. Oktober. In einer Besprechung, die der Ober-bürgermeister Dr. Oe h l er mit sechs Vertretern der Streikenden vonder Seidenfirma E i s f l ä n d e r hatte, machte der Oberbürgermeister.der von den Arbeitern um seine Vermittelung ersucht worden ist.um die für den 23. d. M. angekündigte Gesamiaussperrung von15 990 Seidenwebern zu verhüten, folgenden Vorschlag: DieStreikenden sollen die Arbeit wieder anfiichmcn, wofür die gemäß-regelten Arbeiter in den Betrieb Eifslänbcr wieder eingestelltwerden sollen, jedoch nur solange, sich anderwärts keine Arbeitbietet, die aber dann nicht ausgeschlagen werden darf. Mit diesemVorschlage erklärten sich die Arbeiter einverstanden; der Arbeit-geberverband lehnte jedoch den Borschlag ab. Daraufhin beschloßeine heute nachmittag um 3 Uhr tagende Versammlung der Strei-kenden in geheimer Abstimmung, die Arbeit erst dann wieder auf-zunehmen, wenn der Vorschlag des Oberbürgermeisters an-genommen würde._Streik der Lohgerber in Ehlingen.Bei der Firma R o f e r in Eßlingen, Lederfabrik, haben 179Lohgerber die Arbeit niedergelegt. Sie fordern Erhöhung derAkkordsätze um 15 Prozent, stufenweise steigende Löhne der Hilfs-arbeiter, sowie der Baum- und Tafelarbeiter, die ständig im Lohnarbeiten. Für alle Arbeiter, auch die Akkordarbeiter, einen Auf-schlag für Ucberstunden, der wochentags 15 Pf. und Sonntags39 Pf. pro Stunde betragen soll. Außerdem für alle über dreiJahre im Betriebe tätigen Arbeiter einen dreitägigen Urlaub unterFortzahlung des Lohnes. Beseitigung aller Einschränkungen beider Wahl des Arbeiterausschusscs.— Zuzug von Lohgerbern undLohgerbereihilfsarbeitern ist fernzuhalten.Zum Mctallarbeiterkampf im Mannheimer Jnduflnegebtet ist zubemerken, daß 23 größere Betriebe in Betracht kommen, wobeietwa 19 999 Arbeiter von der Aussperrung betroffen werdenkönnen. Bei der Finna Brown B r o v e r y u. Co. haben sämt-liche Arbeiter ihre Kündigung eingereicht. Die Firma HeinrichL a n z hat ihren Arbeitern gekündigt. Bei den Firmen Benzu. C o. und dem Strebelwerk besteht keine Kündigung. DieArbeiter werden zum festgesetzten Termin entlassen. Die FirmaMohr u. Federhaff in Mannheim und Gebrüder S u l z e r inLudwigshafen haben eine Kündigung noch nicht vorgenommen. DieFertigstellung des L a n z schen Luftschiffes wird durch die Aus-sperrung verzögert.AusUnck.Französischer Gewerkschaftskongreß.Toulouse, 3. Oktober.(Eig. Ber.) Heute hat hier der 17. fran-zösische Gewerkschaftskongreß— der 11. feit Gründung derArbeitskonfödcration— seine Beratungen begonnen. Er tagt imehemaligen Jakobinerkloster, dessen gothisches Refektorium von derStadt in einen Versammlungssaal umgewandelt worden ist. DerRaum ist indes für diesen Zweck nicht sonderlich geeignet,namentlich, weil die sehr hohe Redncrbühne an der Längsseite er-richtet ist. Schon vor zwei Jahren, als hier die geeinigte Parteiihren Kongreß abhielt, machten sich akustische Uebelstände geltend,deren nur des Präsidenten S e m b a t Stentorstimme Herr wer-den konnte. Für die erheblich zahlreichere Versammlung der C.G. T., mit dem Mdenschaftlichen Temperament vieler ihrer Dele-gierten, läßt sich da mancher Sturm voraussehen.Die kurze Vormittagssitzung war der Erledigung der Forma-litäten gewidmet. Nach einer Aussprache des Sekretärs der lokalenArbeitsbörse begrüßten S a s s e n b a ch im Namen der deutschenGeneralkommission und Applcton im Namen der englischen Ge-werkschaften den Kongreß. Sassenbach konstatierte mit besondererGenutuung den Eintritt der Franzosen in die gewerkschaftlicheInternationale. Die Presse wurde zugelassen.Am Nachmittag wurde wegen der fortdauernden Kommissions-sitzungcn nur wenig verhandelt. Unter den angenommenen Reso-lutionen befindet sich eine gegen die Maßregelung des Eisen-bahncrs Renault gerichtete. Renault ist der Beamte, der ineiner taktisch sicher nicht geschickten Broschüre dargelegt hat, wieman Maschinen, ohne sie zu zerstören, unbrauchbar machen kann.Ein Begrüßungsschreiben des radikalsozialistischen Vereins inToulouse kann infolge der Protestrufe der Versammluugsmehrheitnicht zu Ende gelesen werden.Der Raub des Vereinigungsrechtes in Schweden.Nach Beendigung des schwedischen Generalstreiks wollte dasUnternehmertum in verschiedenen Industrien die streikenden oderausgesperrten Arbeiter bekanntlich nur unter der Bedingung wiedereinstellen, daß sie sich unterschriftlich auf Treu und Glauben ver-pflichteten, keiner Organisation anzugehören und ihre kämpfendenBrüder nicht zu unterstützen. Diese Verpflichtungen hatten folgen-den Wortlaut:i„Die Unterzeichneten, angestellt bei...... erklären Hier»mit auf Treu und Glauben, daß sie nicht Mitglieder einer Ge-UH.Glocke, Berlin. Druck u. Verlag: VorwärtSBuchdr. u. VerlagSanstalt'werkschaft sind, die der Landesorganisation angehört oder mit ihrin Verbindung steht, und verpflichten sich, während der gegen-wärtigen Arbeitseinstellung den ausgesperrten Arbeitern keineGeldunterstützungen zukommen zu lassen."Durch die Not gezwungen und im Einverständnis ihrer Or«ganisationslcitung unterzeichnete ein Teil der Arbeiter die Schrift-stücke. Das geschah natürlich in der Ueberzeugung, daß den Ar-beitern durch diese von der Arbeitgebervereinigung erpreßtenUnterschriften das Koalitionsrecht nicht für immer geraubt werdensollte. Der Wortlaut der Verpflichtung läßt ja auch erkennen,daß sie offenbar nur für die Zeit des damals noch nicht abge-schlossenen Kampfes gelten sollte. Die Schwedische Arbeitgeberver-einigung sucht jedoch auch jetzt noch, nachdem über ein Jahr seitder Aushebung des Generalstreiks verflossen ist, die Verpflichtungenals geltend hinzustellen, obwohl sie ihre Massenaussperrungen, dieden Generalstreik zur Folge hatten, wenn auch nicht formell, sodoch tatsächlich aufgehoben hat. Das Unternehmertum, das sichselbst seines Vereinigungsrechts in vollem Maße bedient, möchtedieses Recht den Arbeitern offenbar für immer rauben. Nament-lich die Textilarbeiterschaft, die bei dem großen Kampfe im vorigenJahre, ohne daß in dieser Industrie irgend ein Konflikt vorlag»zuerst mit ausgesperrt wurde, hat jedoch noch schwer unter, demRaub des Vereinigungsrechts zu leiden. In verschiedenen Textil»fabriken bricht das Unternehmertum geltende Tarifverträge, setztdie Löhne herab und verlängert die Arbeitszeit, und wenn danndie Vertreter der Arbeiter kommen, um zu verhandeln, werden sieabgewiesen mit der Begründung, daß ja die Arbeiter sich verpflichtethaben, der Organisation nicht anzugehören. Der GeschäftsführerGustaf Janzen des Schwedischen Textilarbeiterverbandes ver-öffentlichte dieser Tage im„Socialdemokraten" einen Artikel, indem er das Vorgehen der Arbeitgebervereinigung mit dem derStraßenräuber vergleicht. Und es ist ja auch in der Tat so. Wieder Straßenräuber sein wehrloses Opfer überfällt, es an Händenund Füßen bindet, um ihm sein Hab und Gut abzunehmen, just somacht es das schwedische Unternehmertum mit den Arbeitern. Dennauch hier handelt es sich nicht etwa nur um eine formelle Rechts-kränkung, sondern um einen Raub an Hab und Gut. Tausendeund Abertausende Kronen werden der wehrlos gemachten Arbeiter-schaft durch die Lohnhcrabsetzungen geraubt.Aber die Schwedische Arbeitgebervereinigung ist so dickfällig.daß sie sich durch keine sittlichen oder rechtlichen Gründe abhaltenläßt, ihren Raub solange wie nur irgend möglich festzuhalten.Ihr zweiter Direktor, G. Falken ström, tcrklärt gegenüberdem Artikel I a n z e n s, daß jene Verpflichtungen noch immer inKraft seien und äußert sich ferner über die Situation bei Beendi-gung des Generalstreiks wie folgt:„Die Arbeiter hatten damals die Wahl zwischen demHunger und der Unterschrist. Die Landesorganisation weigertesich, einen förmlichen Frieden auf Grund der Vorschläge desstaatlichen Schlichtungsbeamten einzugehen. Statt dessen hatman der Unehrlichkeit freien Spielraum gelassen."Mit zynischer Offenheit wird also hier zugegeben, daß daSUnternehmertum die Unterschriften erpreßt hat. Was hierüber die Weigerung der Geloerkschaftszentrale. einen förmlichenFrieden zu schließen, gesagt wird, ist unwahr. Das Landessekre-tariat der Gewerkschaften hat sich seinerzeit mit den Vorschlägendes Schlichtungsbcamten jeinverstandcn erklärt, mit Ausnahmeeines einzigen Punktes, der ein vorläufiges Uebereinkommen inder Herrenkonfektion betraf. Es ist die Arbeitgebervereinigung,die die Schuld daran trägt, daß es nicht zum Friedensschlußkam und daß die schwedische Industrie, soweit sie mit der Arbeit-gcbcrvereinigung in Verbindung steht, noch immer mit einempermanenten Kriegszustand zu rechnen hat.'>K-ctztc ffadwichtcn.Die Verhandlungen lvegen des Werftarbeiter-KonfliktS.Hamburg, 5. Oktober.(W. T. B.) Heute abend 8 Uhrwurden die Verhandlungen zur Beilegung der Differenzenin der Metallindustrie fortgesetzt. Die hierbei zustande ge-kommenen Beschlüsse haben die Aussicht auf eine friedlicheBeilegung näher gerückt. Morgen vormittag 9 Uhr werdendie Werften in einer Versammlung zu den neuerlichen Vor-schlügen der Kommission des Gcsamtverbandes DeutscherMetallindustrieller Stellung nehmen. In einer sodann eiligstfür den Nachmittag einzuberufenden Arbeiterversammlungwerden die Arbeitervertreter über die Beschlüsse der Werftenberichten, worauf die Versammlung endgültig zu den Be-schlüsselt der Werften Stellung nehmen wird.Die portugiesischen Republikaner anf dem Rückzüge?Lissabon, 5. Oktober. Die„Agence Havas" meldet um12,33 Uhr nachts: Die Kriegsschiffe der Aufständischen, dieauf die Stadt, besonders auf die Ministerien, die die Pracado Commcrcio umgeben, und auf das Königsschloß Necessi-dades feuerten, haben grosicil Schaden an den Gebäuden an-gerichtet, auch der Turm der Kirche von Nccessidades ist zer-stört. Die Gewehrsalven in der Unterstadt haben mehrerePassanten getötet. Man schätzt die Zahl der Toten bis jetztauf etwa 190, die Zahl der Verwundeten ist bedeutend größer.König Manuel befindet sich immer noch im Schloßt ohneSchaden erlitten zu haben. Die Königinnen Amclie undPia sind in Cintra. Man sagt, die Aufständischen seien imVerlust und zögen sich nach Monsanto in der Nähe von Lissa-bon zurück. Mit Ausnahme der Dörfer Barreiro und Setubalauf dem anderen Ufer des Tejo, Lissabon gegenüber, werdenUnruhen von anderen Orten Portugals nicht gemeldet.Widersprechende Meldungen.London, 5. Oktober.(W. T. B.) Ein vom englischen Ge-sandten in Lissabon beim Auswärtigen Amt eingegangenes Tele-gramm vom 5. Oktober besagt: Schwere Unruhen brachen in derNacht vom 3. Oktober aus, als Truppen der Garnison sich für repu-blikanisch erklärten. Es fanden den ganzen gestrigen Tag und amAbend Kämpfe statt. Die Truppen, die treu blieben, vereinigtensich heute früh mit den Aufständischen und die Nepublik wurde untergroßer Begeisterung des BolkcS verkündet. Man nimmt an, daß dieBildung einer provisorischen Regierung im Gange ist. Der Königsoll in Mafra sein. Die Königin-Mutter und der Thronfolger warengestern in Cascaes, aber ich habe keine genauen Nachrichtendarüber.Ter Papst als Warner.Rom» 5. Oktober.(Prcß-Telegraph.) Nach hiesigen Blätter-Meldungen hat der Papst bereits vor Wochen König Manuel voreiner nahe bevorstehenden revolutionären Bewegung gewarnt. Diepäpstliche Kurie war von portugiesischen Geistlichen von dem nahebevorstehenden Ausbruch benachrichtigt worden und hatte daraufhinder Liffaboner sowie der Pariser Regierung Mitteilung hiervongemacht. Der portugiesische Hof hat jedoch diesen Warnungen keineBedeutung beigelegt.Uaul Singer& Co., Berlin LVk. Hierzu 3 Beilagen u.Nnterhaltungsbl,