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borstand sich dieser Sache mit etwaZ mesir Wärme angenommen hätte. Falls man zur Maifeier nichts Neues zu sagen wisse, sei es vielleicht besser, diesen Puntt überhaupt nicht auf die Tagesordnung zu setzen. Etwas länger verweilte der Redner bei der Budget- frage. Er schilderte den Verlauf der Debatte und führte dabei unter anderem aus: Wir Berliner hatten gleich den Eiichruck, daß an der vorgeschlagenen Resolution etwas fehlte, und oagu beob­achteten wir, wie die Süddeutschen schon eifrig Unterschriften sammelten. Da konnte man es uns um so weniger verübeln, daß wir unter uns und mit den übrigen Landsmannschaften Stellung nahmen. Ebensogut, wie wir im Wahlverein gegen die Genossen Stellung genommen haben, die sich zu weit nach links verirrten, ebensogut mußten wir uns auf dem Parteitag gegen die wenden, die zu weit nach rechts ginge ir. Ich kann erklären, dast wir nach der Erklärung Franks beim besten Willen nicht anders handeln konnten, wie es geschehen ist. Vielleicht könnte man es ja verurteilen, dag die Sitzung an jenem Abend nicht abgebrochen wurde; aber ich glaube nicht, dag etwas anderes herausgekommen wäre, wenn man die Verhairdlung am nächsten Tage fortgesetzt hätte. Man kann in dieser Frage nicht über Nacht seine Meinung ändern. Im großen und ganzen hat uns der Beschluß ein Stück weiter geführt, den Hader in der Partei zu beseitigen. Es wird nun für die Süd- deutschen nicht so leicht sein, die Streitaxt wieder auszugraben, und sie werden nicht wieder so leicht die Disziplin brechen. Sodann berichtete Genosse Mittag kurz und sachlich über die übrigen Punkte der Tagesordnung des Parteitages, über den par- lamentarischen Bericht, die Wahlrechtsfrage, die Re i chs v e r s iche rungsor dn u,rg. die Genossen- schaftssrage usw., und machte durch Verlesung der Reso- luticmen auf die Wichtigkeit der gefaßten Beschlüsse aufmerksam. Darauf wurde folgende Resolution in Vorschlag gebracht: ..Die Generalversammlung des Wahlvereins im dritten Berliner Reichstagswahlkreis erklärt sich mit den Beschlüsse des Magdeburger Parteitags einverstanden und billigt die Haltung ihrer Delegierten." In der Diskussion sprach zunächst ein Genosse über Maßnahmen zur weiteren Aus- breitung der Parieipresse. Genosse Schneider empfiehlt die vorgeschlagene Resolution und bemerkt iveiter: Nach den so sehr versöhnlichen Ausführungen Bebels war es Frank und den Genossen auf seiner Seite sehr leicht gemacht, zu erklären, daß sie verkehrt gehandelt hätten, aber, so wie sie sich verhielten, war dann keine andere Lösung möglich, als die vom Parteitag beschlossene. Eine recht verwunderliche Aeutze- rung hat der Genosse Fischer getan, als er sagte, man müsse es bei der Erklärung des Genossen Frank genügen lassew. Bei der Generalstreikfrage seien die ungerechten Vorwürfe Leinerts gegen die Genossin Zetkin und den Genossen Liebknecht sehr zu bedauern. Wir gehen einem schweren, aber auch aussichtsreichen Kampf entgegen. Genosse Aysche tritt entschieden für die Gründung einer Abend- fcuSgabe desVorwärts ein. Der Redner spricht weiter über die Genossenschaften und meint, daß diese Sache jetzt allzusehr forciert und der Wert der Genossenschaften übertrieben werde. Wirklich wertvoll könnte das Genossenschaftswesen nur dann für die Arbeiter- schaft werden, wenn es in vollem Maße von dem sozialistischen Geiste durchdrungen sei. Aber oas sei ja bei der Gesetzgebung in Preußen nicht gut möglich. Darum müsse die Arbeiterschaft immer wieder das Hauptgewicht auf die politische Bewegung legen. Genosse Wuschick erwidert: Keiner von uns wird die Genossen- schaften als das Mittel, sondern als eines der vielen Mittel zur Ilmgestaltung der Gesellschaft betrachten. Den Wert des Ge- nossenschaftswesens soll man nicht nach dem beurteilen, was eS bisher geleistet hat, sondern nach dem. was bei richtiger Entwicke- lung und Ausgestaltung erreicht werden kann und wird. Der Redner weist auf den bevorstehenden gewaltigen Kampf in der Metallindustrie hin und«ruf die Vorteile, die ein gut organisiertes Genossenschaftswesen der Arbeiterschaft in solchen Fällen bringen kann, zumal, wenn damit, wie in Hamburg , ein Sparsystem ver- bundeu ist. Genosse Alfred Fröhlich ist im allgemeinen mit den Beschlüssen des Parteitages einverstanden, meint jedoch, daß die zweitägige Budgetdebatte wohl zu vermeiden gewesen sei. Der Parteivorstand hätte vorher mit den Badenser Genossen verhandeln sollen. Der Antrag Zubeik-Haase sei doch wohl eine Art Vergewaltigung gewesen» Man habe nicht notwendig gehabt, den Antrag noch in derselben Nacht zur Abstimmung zu bringen. Den Vorschlag Aysches, das Abendblatt betreffend, hält der Redner nicht für durchführbar. Genosse Aysche will mit seinen Ausführungen zur Genossen- schaftsfrag« durchaus nicht vor dem Eintritt in diese Organisationen gewarnt haben, sondern nur bor Uebertrcibungen, unter denen die Partei leiden könnte. Genosse Pfannkuch führt aus: Unter den Anträgen, die dem Parteivorstand zur Berücksichtigung überwiesen wurden, sind solche von außerordentlicher Bedeutung. Oft steht man vor solchen An- trägen und weiß im Augeblick nicht, was man dazu sagen soll. Die Genossen wollen immer etwas Neues schaffen, haben aber manchmal keine rechte Vorstellung von der der Möglichkeit der Durchführung. Diese hat der Partcivorstand zu prüfen. Da wird tann manchmal behauptet, die Ucbcrweisung an den Vorstand sei nichts als ein vor- nehmcS Begräbnis. Der Vorwurf, der darin liegt, ist jedoch un- gerecht, und das muß jeder wissen, der den Geschäftsbericht gelesen hat. In der Frage des Generalstreiks wäre es besser gewesen, wenn der bekannte Antrag auf dem Parteitag gar nicht gestellt worden wäre. Die betreffenden Genossen hätten sich daran erinnern sollen, daß Beschlüsse früherer Parteitage vorliegen, die beachtet werden müssen, wie der Mannheimer Beschluß, wonach bei allen großen Fragen Parteivorstand und Generalkommission sich zu ver- ständigen haben, was zu tun ist. Die Gewerkschaften haben ein Recht, über solche Fragen mitzureden, und es sind denn auch ein- gehende gemeinsame Beratungen gepflogen worden, zu denen im übrigen auch die Redaktion desVorwärts" wie die derNeuen Zeit" hinzugezogen wurden. Der Vorwurf, der Parteivorstand habe demVorwärts" Anweisung gegeben, wie die Frage behandelt werden sollte, ist durchaus verkehrt. Es ist nur versucht worden, eine Einigung herbeizuführen, damit alle in diesen schweren Zeiten an einem Strang ziehen, und das ist durch die Beratungen erreicht worden. Mit dem Vorwurf, daß mein Kollege Müller nicht mit der nötigen Wärme für die Maifeier eingetreten sei, verhält es sich ebenso, denn auch hierbei liegen gemeinsame Beratungen und Be- schlüsse zugrunde. Wir haben noch jeden, der gegen die bekannte Stellungnahme zur Maifeier polemisierte, gefragt, ob er andere Vorschläge machen könne, und wenn sie akzeptabel seien, sollten sie ausgeführt werden; ab-r bis jetzt haben wir keinen Erfolg mit solchen Fragen gehabt. Die Ausführungen des Genossen Fröbel, die Budgetfrags hätte anders, hätte durch Verhandlungen mit dem Parteivorstand erledigt werden sollen, kann nur der unterschreiben, der denVorwärts" nicht aufmerksam liest. Es müßte doch bekannt Lein, daß der Parteivorstand nach dieser Richtung alles mögliche getan hat, und daß er zwei Dele- gierte nach Offcnburg zum badischen Parteitag gesandt hatte. Der Antrag Z u b e i l und Genossen war übrigens für den Parteivorstand keine Neuigkeit. Er war ursprünglich in »er Vorstandsresolution enthalten gewesen, aber aus Vorhaltungen der badischen Genossen fallen gelassen worden, aus Grund der Auf- fassung, daß nach dem Organisationsstatut der einfache Ausschluß nicht statthaft ist, sondern nur ein Versahren eingeleitet werden kann. Mit Franks verklausulierter Erklärung wollte sich ja ein noch mehr als der Parteivorstand entgegenkommender Genosse zu- frieden geben. Aber noch unserer Auffassung ging das nicht, denn jeder hat sich nach den einmal gefaßten Beschlüssen zu richten. Es sieht jedoch jedem Genossen frei, gegen Parteitagsbeschlüsse, die ihm verkehrt erscheinen, anzukämpfen und dafür zu sorgen, daß sie aus- gehoben werden. Hätte Frank diesem Gedanken Ausdruck gegeben, dann wäre die Sache vielleicht andeks zu erledigen gewesen. Aber «S ist auch so, wie es gekommen ist, kein Fehler. Die großen Hoff- nungen der bürgerlichen Press« sind zu Nichte geuchcht. Auch die Süddeutschen sind sich darüber nicht im Zweifel, daß wir eine Reihe schwerer KämpfeauSzufechten haben, und daß deswegen die Ruhe innerhalb der Partei gewahrt werden muß.(Lebhafter Beifall.) Genosse Kalleck erklärt, daß es sich auf dem Parteitag nicht darum handelte, die Minderheit zu vergewaltigen, sondern um einen Versuch zur Vergewaltigung der Mehrheit durch die Minder- heit, die sich schon durch die Hofgängerei und dergleichen außerhalb der Partei gestellt hatte. Der Redner hält ferner eine weit stärkere Verbreitung der Parieipresse für dringend notwendig, zumal jetzt, wo anläßlich der Vorgänge in Moabit die bürgertichen Blätter das Volk mit geradezu ekelerregenden Artikeln überschwemmen. Genossin Stcinkopf führt aus, daß man den Badensern schon in Nürnberg allzu weit entgegengekommen sei. Die Rednerin trat ferner sehr energisch für die weitere Verbreitung der Partei- presse ein. Hierauf wurde die Debatte beendet. Die vorgeschlagene Re- solution wurde ein st immig angenommen. Sodann berichtete Genosse Pohl über den Internationalen Kongreß Unter Hinweis ans die ausführlichen Berichte imVrowärts" be- schränkte sich der Redner darauf, eine Ucbersicht über die Fortschritte der Arbeiterbewegung in den verschiedenen Ländern zu geben und die wichtigsten Beschlüsse des Kongresses kurz hervorzuheben. Er schloß seine Ausführungen mit einer Schilderung der so stark ent-- wickelten dänischen Arbeiterbelvegung und der freieren politischen Zustände, die besonders auf die preußischen Delegierten in Kopen- Hägen einen starken Ecndruck machen mußten. Von einer Diskussion über den Bericht nahm die Versammlung der späten Stunde wegen Abstand, und sie erklärte sich einstimmig mit den Beschlüssen des Kongresses einvrr- standen. Auf den Bericht von der Provinzialkonferenz wurde verzichtet. Vierter Wahlkreis. Die Generalversammlung in den Andreas-Festsälen erfreute sich trotz des kurz vor der VcrsammlungSstunde einsetzenden strö- Menden Regens eines guten Besuchs. Den Bericht vom Parteitag erstattete Genosse Böhm: In gedrängter Kürze berichtet Redner über die Verhandlungen und Beschlüsse des Parteitag», etwas aus- nchrlicher auf die Budgetfrage eingehend. Bebel bot den Genossen die Möglichkeit der Rückkehr-, aber die Hoffnung auf eine Erklärung der badischen Genossen, durch die der Konflikt beigelegt werden konnte, sollte sich nicht erfüllen. Franks Schlußwort klang viel- mehr stark provozierend. Der Antrag Zubeil war durchaus be- rechtigt. Als der durch Franks Schlußwort veranlaßte neue An- trag H a a s e zur Beratung kam, betrug sich ein Teil der süd- deutschen Genossen wie die Kinder. Sie erklärten, sie spielen nicht mehr mit. und verließen den Saal. Fischer wollte im letzten Augenblick noch retten, was zu retten ist; die badischen Genossen hatten es aber.selbst verschuldet, daß der Parteitag die Erklärung des Genossen Bebel in der Form eines Antrags H a a s e zum Beschlutz erhob. Bei Beratung der Wahlrechtsfrage hatten auch die badischen Genossen durch ihre Erklärung wieder gut ge- macht, was zuvor geschehen war. Gewisse Leute blickten nun etwas ängstlich in die Zukunft und befürchteten, daß uns das schon fast errungene Mandat für Frankfurt -Lebus verloren gehen wird. Der Kreis ist aber dennoch unser geworden, ein Beweis dafür, daß solche prinzipiellen Auseinandersetzungen, wie wir sie in Magde - bürg hatten, auf die Wahlen keinen ungünstigen Einfluß haben. Sehr befriedigt ist Redner über die einstimmige Annahme der vom Kreise Ostbavelland beantragten Protestresolution gegen den ge- krönten Verbrecher, den russischen Zaren. In der Wahlrcchtsfrage ist der Beschluß des letzten preußischen Parteitag? durch Annahme der Resolution der Genossin Luxemburg erneuert worden. Man könne mit den Arbeiten deS Parteitages zufrieden sein. Genossin Fahrcnwald berichtete darauf über die insbesondere die Frauen interessierenden Fragen. Die nach Magdeburg dele- gierten Parteigenossinnen, 22 an der Zahl, waren auch zu be- sonderen Beratungen zusammengetreten, um sich über die Fragen der Agitation unter den Frauen zu verständigen. Auf ihren An- trag hin beschloß der Parteitag, zur Frage der Fleischteuerung, die die Frauen so unendlich schwer trifft, in ganz Deutschland Frauenversammlungen abzuhalten. Aehnlich wie bei der Reichs- finanzreform sollen Flugblätter verbreitet werden, durch die die Wirkung der Fleischteuerung augenfällig illustriert wird. Wir dürfen nicht eher ruhen und rasten, bis sich auch der letzte Prole- tarier und die letzte Proletarierin unser Partei angeschlossen haben. In der Diskussion nimmt zunächst Genosse Petereit das Wort. Man könne mit den Arbeiten des Parteitages wohl zufrieden sein. Jetzt komme es darauf an, was wir zu tun haben, damit seine Beschlüsse hochgehalten werden. Bebel sagte, wir sollen den Obergenosscn auf die Finger sehen. Damit ist Redner cinver- standen. Aber den Genossen ist zu wenig die Möglichkeit dazu gegeben. Sowohl in den Gewerkschaften wie in der Partei sind die Versammlungen, in denen sich die Mitglieder über solche Fragen aussprechen konnten, immer mehr weggefallen. Er wünscht, daß wieder mehr Versammlungen stattfinden. Diese bilden und schulen die Genossen. Mit geschulten Genossen können die Obergenossen nicht so verfahren wie mit ungeschulten. Kramavke geht auf die Budgetfrage ein. Der Antrag Zubeil sei nicht glücklich gefaßt, und ob er nun gerade seinen Zweck er- füllen wird, ist auch noch fraglich. Denn hinter den badischen Ab- geordneten stehen die Kreis« und Landesorganisationen. DaS Ge­löbnis der süddeutschen Genossen in der Wahlrechtsbewegung ist sehr zu begrüßen. Redner wünscht, daß die Vudgetfrage immer nur als eine taktische behandelt werde. Glaß ist mit dem Bericht Böhms sehr zufrieden. Die Zappelei fion Fischer ist nicht neu; deshalb soll man sie auch nicht so ernst nehmen. Die diesmal beim Geschäftsbericht in die Erscheinung getretene Neuheit, daß von jeder Diskussion Abstand genommen wird, ist nicht zu begrüßen. Im Interesse der Agitation für die Partei unter den kleinen Gewerbetreibenden hätte die Ge- nossenschaftSfrage nickt so zur Parteifrage gemacht werden sollen. Schulz: Die Befürchtungen, die teilweise gehegt wurden, sind glücklicherweise nicht eingetroffen. Redner glaubt, daß die Budget- frage nicht erledigt ist. Die Diskussion in dieser Frage vor und auf dem Parteitag gefällt ihm nicht. ES ist nicht gut, daß man immer gleich das schwerste Geschütz auffährt. Schon mehrmals hat die in der Partei vorherrschende Ansicht revidiert werden müssen. So in der Frage der Tarifverträge und der Beteiligung an den preußischen LandtagSwahlen. Früher wollte sich die Partei an den letzteren nicht beteiligen, und heute wird derjenige ausgeschlossen, der sich an der Wahl nicht beteiligt. So sei auch die Budgctfrage lediglich eine Frage der Taktik und keine prinzipielle. DeSho'b braucht man nicht mit allem einverstanden zu sein, was die Badenser gemacht haben. Wir haben in der heutigen Zeit etwa? Wichtigeres zu tun, als uns gegenseitig zu bekämpfen.(Durch Zurufe geben die Versammelten des öfteren zu erkennen, daß sie mit diesen Ausführungen nicht einverstanden sind.) Rodner geht dann noch auf die Stellungnahme des Parteitags zur Genossen­schaftsbewegung ein. Ein großer Teil der Genossen stehe ihr noch skeptisch gegenüber, Wenn die Genossensckmftsbewegung aber für die arbeitende Klasse nicht so wichtig wäre, hätte sie auf dem Partei- tag wie auf dem Internationalen Kongreß nicht eine so große Rolle gespielt. Er bedauere, daß Böhm in seiner Berichterstattung so kurz über sie hinweggegangen ist, ja sie fast kaum erwähnt habe. Bringmann: Das Referat des Genossen F l e i ß n e r ist sehr lehrreich. Es wäre sehr zu bedauern, daß über die Genosscnschafts- frage, wie die bürgerliche Presse schrieb, bor leeren Bänken ver- handelt wurde. Das zeuge von sehr geringem Interesse der Dele» gierten fiir diese Frage. Wenn die Genossenschaftsfrage besser von uns gefördert würde, so würden auch die sozialistischen Ideen er- folgreicher propagiert werden. Brückner: Daß die Genossenschaftsfrage heute in der Debatte einen so breiten Raum eingenommen, liege daran, daß Böhm und die Genossin Fahrcnwald in der Berichterstattung derselben keine Erwähnung getan haben. Alle ParieitagSbeschlüsse sind aber von so großer Wichtigkeit, daß die Genossen ein Recht haben, davon nicht nur durch die Presse, sondern auch durch die Berichterstatter unterrichtet zu werden. Der Genossenschaftsbewegung wird heute eben so geringes Interesse entgegengebracht, als früher den Ge- werkschasten. Bezüglich der in der Reichsversicherungskommission angenommenen Anträge unserer Genossen, wird man gut tun, zu- nächst die Verhandlungen im Plenum des Reichstages abzuwarten. Denn alle diese Verbcsserungen sind mit so knapper Mehrheit in der Kommission angenommen worden, daß man darauf gesaßt sein mutz, daß dieselben im Plenum wieder beseitigt und durch re- aktionäre Bestimmungen ersetzt werden. Die Annahme der Resolut hon der Genossin Luxemburg in der Wahlrechtsfrage hält Redner nicht für geboten. Nachdem sich die Parteitage wieder­holt mit dem politischen Massenstreik beschäftigt und diesen als Kampfmittel unserem Waffenarsenal einverleibt haben, war es nicht notwendig, daß gerade das eine Mittel besonders� hervor- gehoben wurde. Die Aeußerung deS Genossen Fischer wäre nicht gefallen, wenn nicht Genosse Ledebour fortwährend die Redner gegensätzlicher Ansicht durch seine Zwischenrufe unterbrochen hätte. Auch Delegierte des vierten Kreises hatten von ihm verlangt, sich doch endlich einmal anständig zu betragen. Wilhelm hätte vom Parteitag erwartet, daß er die Budgetfrage auch tatsächlich erledigen würde. Die Witze Franks, wie, wenn alle Prinzen anfangen werden zu sprechen, dann hätten wir nicht genügend Volksversammlungen, um dagegen zu protestieren, sind nichts weiter als eine herabsetzende Kritik der norddeutschen Taktik. Auch die fortwährenden Fragen, was habt Ihr denn mit Eurer Taktik erreicht, schädigen die Parteiarbeit in Norbdmitschland. Redner hätte gewünscht, daß der Parteivorstand die Badenser zu einer Erklärung veranlaßt hätte, durch die die Angelegenheit er- ledigt werden konnte. Die Einigung, wie sie erfolgte, ist nicht so erfolgt, daß sie uns befriedigen könnt«. Die Ausführungen Brück- ners hinsichtlich der Resolution der Genossin Luxemburg waren für ihn nicht so überzeugend, daß er die Resolution für über- flüssig halte. Sie stehe aus dem Boden der Beschlüsse früherer Parteitage. Deshalb war ihre Bekämpfung auch nicht erforderlich. Wir haben nicht soviel Kampfmittel, daß wir damit ein Warenhaus eröffnen könnten. Deshalb ist eS notwendig, daß die Parteigenossen über ihre richtige Anwendung auch instruiert werden. Ein Schluhantrag wird von Litfin wirksam bekämpft und abgelehnt. Adolf Hoffmann hätte kaum das Wort genommen, wenn nicht wiederholt über den Antrag Zubeil soviel Unrichtiges gesagt worden wäre. Der Antrag Zubeil ist nicht zur Annahme ge» langt, sondern auf Wunsch Bebels zurückgezogen worden. An- genommen lvurde in der Form des Antrag? Haas« die Erklärung des Genossen Bebel. Und das war dringend notwendig. Schrieb doch schon die bürgerliche Presse Magdeburgs am Abend deS Tages, der Parteitag sei eine Harlekinade, die Revisionisten haben den Sieg errungen. Mit Rücksicht auf die bisher erprobte Taktik wäre es ein schwerer Fehler gewesen, wenn man die Erklärung Franks ruhig hingenommen hatte. Man hätte uns später wieder gesagt: Na, F ra n k hat's Euch dock gleich gesagt, daß wir das nicht halten können. Die große Masse der Parteigenossen Badens würde nur immer im Sinne der Meinung ihrer führenden Genossen unterrichtet. Wenn den Genossen der richttige Weg ge- zeigt wird, werden sie eS auch nicht darauf ankommen lassen. Im Wahlrechtskampf müssen wir die Taktik der jeweiligen Situation an- passen und nicht schon vorher ausposaunen, so und so wollen wir eS machen. Die Masse läßt sich nicht zurückrufen, wenn der Augen- blick da ist. Läßt sie sich zurückrufen, so beweist das, daß der Augen» blick nicht der richtige mar. Die Frage der Beteiligung an den Landtagswahlen war nie eine prinzipielle. Wir haben uns früher nur deshalb nicht an ihnen beteiligt, weil die Aussichten auf Erfolge für uns noch zu geringe waren. Nachdem wir gewachsen waren, sind wir auch auf diesem Gebiet weitergegangen. Die Badenser aber sind nicht nur anderer Ansicht gewesen, sie hatten ein« ganz falsche Auffassung unserer Grundsätze. Die Genossen Pfeiffle und Geiß haben sich sogar beim Großherzog entschuldigt,«eil sie nicht zur silbernen Hochzeit kommen können. Sie waren auf dem Parteitag. Mit gewöhnlichen Arbeitern macht man nicht soviel Um- stände, wenn sie sich gegen Parteigrundsätze vergangen haben. Hin- sichtlich der Konsumvereine sollt« man etwas kalt Büut bewahren und nicht schon die Bäume in den Himmel wachsen sehen. Man hat noch gesetzliche Mittel, mit denen man den Konsumgenossenschaften an den Kragen gehen kann. Man beivahre sich vor Illusionen. Den Güterankauf hat man schon in England versucht, aber eS ging nicht so leicht, einen Staat im Staate zu errichten. Im Gegensatz zu Brückner hält Redner die Resolution der Genossin Luxem- bürg für sehr wichtig. ES sind ja so oft Resolutionen gefaßt worden, wie z. B- in der Frage der Maifeier. Ebenso habe die Luxemburgsche großen Wert. Wenn solche Resolutionen nur besser gehalten werden möchten. Der Bissingsch« Armeebefehl zeige, wie nötig eS ist. daß sich die Genossen über ihre Kampfmittel klar sein müssen. Dann wird auch den Führern über die beab- sichtigten Maßnahmen der Gewalthaber nicht bange sein. Denn, wird die Revolution siegreich zu Ende geführt, so holen sie die Ge- nassen wieder aus den Gefängnissen heraus, und wird ste nicht sieg- reich durchgeführt, so kann man ihnen nichts anhaben, weil sie nicht dabei waren.(Lebhafter Beifall.) Deshalb ist es notwendig, auch die Massen so vorzubereiten, daß sie ohne Führer auskommen. Redner wendet sich dann gegen die auf Ledebour gerichteten An» griffe. Wenn erzählt worden ist, daß Delegierte des 4. Kreises den Genossen Ledebour gestellt haben, so hätte auch gesagt werden sollen, warum das geschah. Ledebour habe auch kein Fisch- blut in sich und auch Fischer könne sich dessen nicht rühmen. Wir sollten unS freuen, wenn Genossen eine gute Sache vertreten, und nicht, wenn mal im Eifer cm scharfes Wort gefallen, uns darüber entrüsten wollen, 1 Davidsoyn(Delegierter) verteidigt die Haltung der Parteitags. Mehrheit in der Budgetfrage gegen die Vorwürfe einzelner Redner. Er bedauert, daß der Bissingsche KorpSbcfehl und die Polizei- schlachte!, in Moabit nicht schon bei der Verhandlung über die Wahl- rechtsfrage bekannt waren. Der Eindruck der Verhandlungen wäre dann nach außen hin ein noch besserer gewesen. Inzwischen war es l2 Uhr geworden. Die Versammlung beschloß deshalb, die iveiter« Verhandlung zu vertagen. Fünfter Wahlkreis. Die Versammlung fand im Musikersaal in der Kaiser-Wilyelm- Straße statt. Genosse Hunschede gab eine referierende Dar- stellung der Berhondlungcn bcS Parteitags. Er bezeichnete die Behandlung der Maifeier als«ine aar zu schnelle Erledigung dieser wichtigen Angelegenheit. Die Budget» debatte habe einen durchaus befriedigenden Abschluß gefunden. Die erneute Stellung des Antrags Zubeil und seine Annahme sei notwendig gewesen, um den Willen der Parteimehrheit klar und zweifelsfrei festzulegen. Die einmütige Kundgebung der süddeut- scheu Genossen für den WahlrechtSkampf in Preußen sei der er- hebendste Moment deS Parteitages gewesen. Der Parteitag habe die Hoffnung unserer Gegner auf eine Zersplitterung der Partei gründlich zuschanden gemacht. Dem eingehenden Bericht des Referenten folgte eine ausgiebige Diskussion. Wels stimmte dem Referenten darin zu, daß die Hoffnungen. welche die Gegner aus den Parteitag setzten, sich nicht erfüllt haben. Das zeige unser Wahlsieg in Frankfurt -LebuS , den wir unmittelbar nach den Budgetdebatten des Parteitages gegen die konservatw- liberale Koalition errungen haben. Wenn der Abgeordnete Fuhr» mann sagte, die Magdeburger Debatten wären in Frankfurt - LebuS noch nicht bekannt gewesen, so müsse bemerkt werden, daß daS nicht richtig sei. Die bürgerliche Presse habe bis in die ent- lsgensten Winkel des Wahlkreises entstellte Nachrichten über den Parteitag verbreitet. Daß wir trotzdem siegten, beweist, daß uns die Magdeburger Debatten nicht geschädigt haben. Die rücksichtslose Aussprache dessen, was ist, hat der Partei noch nie geschadet. Hauptsächlich sagte der Redner habe ich mich zum Wort gemeldet, weit Stadt ha gen in bezug auf meine Aus«