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findlich«,, ÄcivMSao Rafael� undAdamastor" legren sich mit den Breitseiten vor das FlaggschiffDom Carlos", das noch die königliche Flagge führte, aber leinen Schnsz auf diese bequemen Zielscheiben abgab. Die Kreuzer fuhren dann nach Alcantara und eröffneten daS Feuer gegen den Palast auf eine Eni- fernung von tausend DardS. Des zweite Schutz ritz die königliche Standarte herunter. Andere Schüsse verfehlten das Ziel. König Manuel beobachtete das Bombardement mit größter Ruhe»nd weigerte sich zunächst trotz wiederholter Bitten seiner Umgebung, den Palast zu verlassen. Als er es schlietzlich doch tat, lächelt« er und raucht« eine Zigarette. Die Flucht wurde noch demütigender durch ein Ultimatum der Republikaner vom Dienstag früh, daS dem König zur Abdankung eine Frist bis 4 Uhr nach- mittags stellte. Die Republikaner suchten den König an Bord des brasilianischen KreuzersSao Paula". Der Kommandant verweigerte ihnen aber den Zutritt an Bord. Die Kreuzer bombardierten dann die Gebäude des Kriegs- und Marincministeriums, wobei mehrere Beamte an den Schreibtischen, einige Munizipalgardisten und viele Zuschauer getötet wurden. Inzwischen hatten die konigStreuen Truppen Feldgeschütze auf den Dom Pedro- Platz gebracht, und zwei Schüsse schlugen unter die Bedienungsmannschaften des Kreuzers .Sao Rnfael" der sich darauf sofort zurückzog. Jetzt bombardierte daß stärkere Schwesterschiff die Zitadelle Sao Jorge und obgleich das Bombardement nur geringe Wirkung hatte, holte die starke Besatzung der Zitadelle die königliche Flagge nieder und hißte die republikanische. Inzwischen halte in den Strotzen der Stadt ein heftiger Artilleriekanipf zwischen königstreuen und revolutionären Truppen stattgefunden, bei dem das Hotel in der Avenida LiberdaS ernstlich beschädigt wurde. Die lönigSireuen Truppen waren im ganzen erfolgreich, und sie benutzten die Dunkelheit, um ihre Stellung noch zu verstärken. Der Artillerickampf dauerte die ganze Rächt hindurch. Opfer des Kanipfes. Frankfurt a. M., 7. Oktober. Die.Frankfurter Ztg." meldet aus Madrid : Nach Berichten von a»s Lissabon zur See in Bigo eingetroffene» Personen soll die Zahl der bei den Straßenkämpfen Getöteten etwa 1000 betragen. Mehrere tausend sollen verwundet worden sein. Namentlich stark mitgenommen sei die unpopuläre Munizipalgarde. sCs ist bei der Beurteilung ähnlicher Meldungen im Auge zu behalten, datz gerade die Flüchtlinge, die vor einer Revolution Reitz- aus nehmen, geneigt find, die ungeheuerlichsten Uebertreibungen über dieGreuel" zu verbreiten. Red.) Maßnahuie», der neuen Regierung nnd Kapitulation der alten. Lissabon , 7. Oktober. Die provisorische Regierung hat die Zivilgouverneure in den verschiedenen Provinzen ernannt. Sie hat den auswärtigen Gesandten und Konsuln die Proklamation der Republik offiziell mitgeteilt. Der englische Gesandte Sir VillierS hat eine Unterredung mit dem neuen Minister deS Aeußern Machado nachgesucht. Am späten Abend kamen die früheren Minister Texeira, Suza und Raposo-Botelle nach dem Rathaus, wo die provisorisch: Regierung ihren Sitz hat, und überreichten den neuen Männern die Leitung der Regierungsgeschäfte. Neue Kämpfe? Madrid , 7. Oktober AuS Lissabon wird berichtet, daß daS 11. Artillerieregiment von neuem eine Attacke gegen die Revolu- tionäre unternommen, wobei«S aber zurückgeschlagen und alsdann zu den Republikanern überging. Drei Artillerieregimenter find aus der Provinz in Lissabon eingetroffen; sie haben sich aber, da sie einsehen mutzten, datz sie zu spät gekommen sind, der Republik angeschlossen. Die Lage in der Provinz. Die Nachrichten aus der Provinz sind noch widerspruchsvoll. So würde z. B. über Augsburg gemeldet: Durch die Vermittlung direkter Nachrichten seitens des katholi- schen portugiesischen Publizisten Gomez doS Santos erfährt die AugSburger Postztg.", datz der revublikanische Putsch die Ordnungs» Parteien nicht unvermutet traf uno datz sie sofort nach dem Aufstand« die Diktatur erklären ließen. Dem Blatte ging auS jener Quelle ein Telegramm zu, in dem es heitzt, die Radikalen seien im Norden Niedergeworfen und ihr Mitzerfolg dort vollkommen. Hier wird wohl der Wunsch der Bater des Gedankens sein, denn andere Telegramme melden übereinstimmend, datz in der Provinz die Bevölkerung die Proklamierung der Republik ruhig hinnehme, zum Teil mit grotzem Jubel. Aus Madrid , wo man ein Interesse daran hat, die Lage der Republikaner sehr ungünstig dar- >ustellen, wird gemeldet: Die Anerkennung der Republik in der Provinz geht nur lang- sam vor sich. Aus Funchal wird gemeldet, daß gestern nachmittag auf der Insel Madeira die Proklamierung der Republik mit großem Enihusiasmus aufgenommen worden ist. Im Lande herrscht voll- Kündige Ruhe, Der Bürgermeister und die übrigen Beamten von Kunchal sind von neuem bestätigt worden. Die Truppen der kisrnison Funchal stehen jetzt unter republikanischem Regime, Ter Gottgefalbte endlich gefunden. Madrid , 7. Oktober. Einer hier eingetroffenen amtlichen Meldung zufolge ist an Bord der Facht Amelia, die die portu- giesische Nationalflagge führte, die gesamte königliche Familie, also der König, die Königin-Mutter Amelia, die Königin-Witwe Maria Pia und der Herzog von Oporto in Gibraltar ein- getroffen. Hoffentlich entspricht dieses Telegramm des Wolffschen BureauS der Wirklichkeit, die Portugiesen sind dann die ganze Gesellschaft glücklich losgeworden und die Sache nach ihrem Verbleib, der sich die Reporter mit so wütendem Eifer hingegeben, hat«in Ende. Von Gibraltar werden sie sich dann wohl nach England begeben und die Welt nicht wieder mit ihren nichtssagenden Persönlich- leiten beschäftigen. Mosdit. Jünger eler besten 8chulc deo Volkes. Man schreibt uns: In Moabit , dem Schauplatze der neuesten Peliientaten der Berliner Polizei, hat sich auchdie beste Schule d e S V o l k e s". die Armee, wieder einmal voll und ganz bewährt. Die Polizisten, die auf harmlose Zivilisten, auf Frauen, Kinder und Greise einhauten und einhauen ließen, haben gewiß alle die beste Schule des Volkes absolviert. Aus diesem Grunde sehen sie das Zivilpublikum mit den nämlichen Augen an. mit dem der Normalunteroffizier den Soldaten betrachtet. Der Herr Schutzmann und der Herr Polizeileutnant, die nach vernünf- it ig e n Begriffen Hilfsorgane des Publikums sein sollen, sind nach offiziell preußischer Anschauung und diese rangiert zwischen der chinesischen und russischenVorgesetzte " der Zivil- pevölkerung, soweit es nicht aus Fürsten , Prinzen, Exzellenzen, Mrafen und Baronen besteht. Man tausche sich darüber nicht, daß b«r prügelnde Schutzmann und der Soldaten- ßchinder auf dem nämlichen Stamm gewachsen ßind, nämlich auf dem preußischen Armeefystem. Der Schutz» Mann, der auf harmlose Futzgänger, aus Frauen und Kinder ein- haut, ist ein allernächster seelischer Verwandter des Unter- offiziers, der Soldaten bis zur Ohnmacht neben dem geheizten Ofen Gewehr strecken und Knie beugen läßt, sie bis zur Er- schöpfung herumjagt, mit der Faust unter das Kinn stößt usw. Und genau so wie der Soldatenschinder vor den Militär- gerichten die weitgehend st e Milde findet, üben die Zivil- gerichte bei den prügelnden Schutzleuten die größte Nachsicht. In einem Punkt steht die Sache in der Armee besser. Dan! des energischen Eingreifens der sozialdemokratischen Presse und auch einiger bürgerlicher Blätter wagen die militärischen Vorgesetzten sich mit der Beschützung der Soldatenschinder nicht mehr recht hervor. Ja, es gibt Offiziere, die die an Soldaten begangenen Roheiten scharf verurteilen. Dem prügelnden Schutzmann aber eilen seine sämtlichen Vorgesetzten inklusive des Herrn Polizei- Präsidenten zu Hilfe. Nur so ist es möglich, datz der Bres- lauer Handabhacker noch immer wie ein Veilchen im ver- borgenen blüht. Und jetzt kann man den Polizeipräsidenten von Jagow bewundern, wie er vor die Schutzleute, die auf U n b c- t e i l i g t e eingehauen haben, seinen Schild hält. Selbst die Schutz- leute, die sich gegen Berichterstatter auswärtiger Zeitungen grundlos in der bekannten Meise benommen haben, nimmt er unter feine Fittiche. Man solltv glauben, daß die Leute in der besten Schule des Volkes auch Besonnenheit lernen und eine etwa verhandene Nervo- sität möglichst abstreifen, denn ein Soldat, der die Ruhe verliert, ist nicht viel wert. Aber die Polizeimänner, die in Moabit ihres Amtes in ihrer eigentümlichen Weise gewaltet haben, lieferten aufs neue den Beweis, datz in der Armee die Nervosität, die Auf- geregtheit geradezu großgezogen wird. Wenn unser herrliche? Kriegshecr im Kriege so den Kopf verliert, wie die in ihm erzogenen Polizeimänner von Moabit , so kann die Sache recht nett werden. Uebrigens zeigen die Moabiter Vorkommnisse auch die reizen- den Früchte, die die von oben und der Scharfmacherpresse betriebene Sozialistenhetze hervorbringt. Wenn man gewisse Reden und Aeußerungen sowie die blödsinnigen Schwindeleien der Organe der konservativen Presse in Betracht zieht, so muß man sich wun- der», daß eS in Preußen nicht Soziali st enprogro ms gibt, wie in Rußland JudenprogromS arrangiert werden. Der Versuch, aus den Moabiter Vorgängen eine Reichs- tagswahlparole zu schmieden, wäre würdig eines modernen Macchiavclli. Das Rezept ist so einfach. ES lautet: Man lasse die Polizei auf die Menge einhauen, als wäre Revolution, und behaupte dann, es sei Revolu- tion gewesen. Wenn der wirkliche Macchiavelli noch nicht begraben wäre, so könnte er sich angesichts dieses Rezeptes ruhig begraben lassen. für die Reaktion ein gefundenes freffen! Die Zusa mmenstöße in Moabit zu einemAuf- rühr" zu stempeln, dervon der Sozialsdemoihrati e organisiert" sei, dos ist jetzt das heiße Bemühen aller Re- aktionäre. Wem der Zweck dieses Zetergeschreies etwa nicht sofort klar gewesen sein sollte, der konnte sich darüber belehren in einer Versammlung der«nationalen Bürgerschaft Berlin s", die am Donnerstag noch dem Lokal.MarinehauS" zu einem Protest gegen diesozialistischen Krawall« in Moabit " zusammengetrommelt worden war. AuS dem für die Anschlagsäulen bestellten Plakat hatte die Firma Nauck u. Hart- mann, so wurde mitgeteilt, das Wortsozialistisch" herauSge- strichen. Getan hat sie daS selbswerständlich nicht auS Freundschaft für die Sozialdemokratie, sondern nur, um dem Vorwurf zu ent- gehen, daß dienationale Bürgerschaft" rücksichtsvoller behandle als die sozialdemokratische Partei, gegen deren BersammlungS- anzeigen sie ihre Plakatzensur mit bekanntem Eifer übt. Wir ver- werfen solche Anmaßungen der Firma Nauck u. Hartmann unter allen Umständen und geben den Einberuferl» der Borsammlung durchaus recht, wenn sie sich darüber beklagen, daß Nauck u. Hart- mann die Bevölkerung Berlins des Vergnügens beraubt haben. jenen hirnverbrannten Angriff gegen die Sozial- demokratie auch an den Anschlagsäulen prangen zu sehen. Die Bevsammlung dernationalen Bürgerschaft" war besucht von vielen Gästen, von Demokraten und auch von Sozialdemokraten, die den Saal füllen halfen. Sogleich zu Beginn entstand einige Aufregung, weil bei dem üblichen Kaiserhoch verschiedene Herren sitzen blieben. Einige davon wurden hinausgeworfen, was natür- lich nicht ohne Lärm abging. Von demAufruhr in Moabit " gab RechtSanwaltUIrich eine Schilderung, die mit Blut nicht sparte. Doch dachte er nicht an das Blut der wehrlosen Passanten, auf die die Polizeisäbel niedergesaust waren, sondern an das der Arbeitswilligen, von denen schon in den ersten Tagen des Streiks, wie er zu wissen meinte, keiner ohne Verwundung heimgekehrt sei. Er versagte sich nicht, auch das Schauermärchen von einem«Sturm auf die Reformationskirche" ausdrücklich sprach er von einemSturm" noch mitaufzutischen. Daß auch, wie er behauptete,ein Schutz. mann seine Pflichttreue mit dem Tode gebüßt" habe, ist neu. Mit solchen Erzählungen wollte er begreiflich machen, daß die Polizei gezwungen gewesen sei, unterschiedslos auf jeden Passanten einzuhauen. Er witzelte, ein Schutzmann könne doch nicht erst fragen:Verzeihen Sie, waren Sie das viel» leicht, der da eben nach mir geworfen hat?" Die Polizei habe Mut und Besonnenheit und Taktgefühl bewiesen, und der ordnungs- liebende Staatsbürger müsse ihr dankbar sein fürdas Große, was sie in Moabit geleistet" habe. Was man dort in der vorigen Woche erlebt habe, das sei schon die volle. Revolution, und verantwortlich sei für sie die Sozial- demokratie. DerVorwärts" habe ja im voraus auf die Zu- sammenstötze hingewiesen, indem er über den Streik bei Kupfer u. Co. gesagt habe, die Arbeiter würden schon dafür sorgen, daß die Firma keine Arbeitswilligen beschästigen könnte. Wie solle denn das anders erreicht werden als dadurch, daß man/ so meint Herr Ulrich, nicht etwa derVorwärts" die Arbeitswilligen bedränge. Au» der Versammlung antwortete ihm der Zuruf:Durch Auf- klärung!" Der Redner ging dann an die politische Aus- s ch l a ch t u n g desAufruhrs" und sprach die Hoffnung auS. jetzt werde man wohl endlich in bürgerlichen Kreisen einen Horror da- vor bekommen, bei den Wahlen einen Sozialdemokraten zu unter- stützen. Ach ja, der MoabiterSturm" soll der Reaktion das bisse! Wind hergeben, das sie ihrem Schisflein zu- führen möchte, um es wieder flott zu kriegen i In denselben Ge- dankengängen bewegten sich die Ausführungen des zweiten Refe» reuten, de» Chefredakteurs Dr. Oestreicher, von der ZeitungReich". Er bereitete seinen Zuhörern noch den besonderen Genuß, daS Judenwm als die eigentlich« Quelle alles Ucbels zu verdammen. AuS dem MoabiterAufruhr" zog er einige Lehren, unter anderem die, daß der Arbeitswillige eines stärkeren Schutzes bedürfe. Auftaffen müsse sich das nationale Bürgertum, zusammenschließen müsse sich alles, was christlich und konservativ heißt, und der Staat solle Helsen , Recht und Eigentum zu schützen Man sieht, derAufruhr" kam der Reaktion jehr gelegen Md ist für sie«iy gefußtz«n«S Fressen« Es folgte eins mehrstündige Diskussion, in der«S mit- unter ein bißchen lebhaft zuging. Ein Berichterstatter, der das Auftnhrgebiet" unter dem Schutz der Polizei besucht hatte, trug seine Beobachtungen vor. Er habe gesehen, datz Auwmobile umher- fuhren, aus denen Zurufe an die Menge gerichtet wurden. Das soll ein Beweis sein, datzdas Ganze organisiert" gewesen sei! ES kam schlietzlich die Annahme einer Protestresolution zustande. Sie drücktAbscheu über die von sozialistischer Seite angezettelten blutigen Ausschreitungen in Moabit " auS, spendet unsererbraven Polizei vollste Anerkenmmg für die Hin­gebung, mit der sie die Ordnung wiederhergestellt hat", und fordert von der Regierung ein forsches Vorgehen und mehr Schutz für die Arbeitswilligen! Wes Geistes Kinder diesenationalen" Protestler, beweist nicht nur diese Resolution, sondern obendrein noch ein Denun­ziantenstückchen, das wenigstens dieBerliner Neuesten Nachrichten" den Machern der Versammlung nach- sagen. DicS Scharfmacherblatt behauptet nämlich, daß gegen die Störenfricde",dte sich beim Kaiserhoch nicht von ihren Sitzen er- hoben, Strafanzeige wegen M aj estä ts be l ei d i gun g erfolgen werde! Möglich, wahrscheinlich sogar, daß die Herren des Deutsch -Konservativen Wahlvereins von Moabit vor einem solchen Streich denn doch zurückschrecken werden; eS genügt aber schon, daß das ihnen gesinnungsverwandte Scharfmacherblatt ihnen eine solche Handlungsweise zutraut, um die politische Noblesse dieser Parteigänger der Stinnes, Hintze und Konsortsn zu kennzeichnen! Sin Stimmungsbild aus loyalen Kreifen. In ien letzten Tagen erhielten wir eine Fülle von schriftlichen und mündlichen Mitteilungen, die klar erkennen lassen, datz selbst die loyalsten Gemüter, Leute, die in jeder Beziehung auf dem Boden der heutigen Ordnung stehen, durch die Polizcisäbeleien in Moabit geradezu empört worden sind. Aus dem reichhaltigen Material, welches uns in dieser Hinsicht zur Verfügung steht, wollen wir hier nur einige charakteristische Aeutzerungen aus der Erzählung eines Mannes anführen, der sich uns als Gegner der Sozialdemo- lratic vorstellt und uns versichert, datz er bis in die neueste Zeit die Bestrebungen der sozialdemokratischen Arbeiterschaft bekämpft hat. Wir können ihm das ohne weiteres glauben, denn der Herr ist Mitglied eines gelben Ar- beit ervereins in einem Gr ätz betriebe und war bis vor kurzem zweiter Vorsitzender dieses Vereins. Also ein Mann, der vor dem Verdacht ordnungsfeindlicher Ge- finnung geschützt ist. Er hat vorn Balkon seiner Wohnung aus mehrere Attacken der Polizei beobachtet und erzählt uns unter anderem folgendes: Aus der Stratze stand eine Menschenmenge, die sich ganz ruhig verhielt. Auch die Schutzleute standen in scheinbarer Ruhe. Da plötzlich ertönt ein Kommando, die Säbel fliegen aus der Scheide, ohne Rücksicht und ohne Unterschied hauen die Schutzleute auf die Menschen ein. Erst jetzt werden Rufe aus der fliehenden Menge laut. Alles stürzt in wilder Flucht davon, in wenigen Minuten ist die Stratze fast menschenleer. Ein alter Herr steht an der Haltestelle der Stratzenbahn. Er macht die Flucht nicht mit. Ein Säbel- hieb trifft ihn, mit blutüberströmtem Gesicht wird er von zwei Männern fortgeführt. Ein anderer Mann, der lang- sam seines Weges geht, stürzt, vom Schutzmannssäbel ge- troffen, blutend zusammen. Eine alte Frau, mit einem Topf in der Hand, will die Stratze überschreiten. Sie bekommt einen Hieb auf den Rücken und bricht in die Knie. Viele derartige Szenen habe ich beobachtet, aber sie auch nur einigermaßen anschaulich zu schildern, bin ich nicht imstande. Worte versagen, um das furchtbare Wüten der Polizei zu beschreiben, datz ich an zwei Abenden beobachten konnte. Eine Veranlassung, in solcher Weise gegen das Publikum vorzugehen, lag nicht vor. Sehen Sie das Kind der Herr deutet auf seine etwa achtjährige Tochter hat die Vorgänge auf der Stratze auch von hier oben mit angesehen und vor Angst und Schrecken gezittert. Als bei der Attacke dort drüben auf dem Bürger- steig ein Schutzmannspferd ausglitt und samt dem Reiter stürzte, da klatschte das Kind vor Freude in die Hände. Auch ich habe aus vollem Herzen Bravo gerufen. Es war mir eine gewisse Genugtuung, zu sehen, datz einer der Beamten, die so fürchterlich gegen das Publikum vorgingen, durch einen Zufall eine kleine Strafe erhielt. Ja, ich will Ihnen ge- stehen, ich hätte Steine auf die Schutzleute werfen mögen, wenn ich welche gehabt hätte. Mein Gerechtigkeitsgefühl empörte sich gegen das Verhalten der Beamten. Vor Auf- regung habe ich die ganze Nacht nicht schlafen können. Ich bin ein durchaus religiöser Mann. In jenen Tagen habe ich mich gefragt, wie ist es möglich, datz Gott, an den ich glaube, solches Unrecht zulassen kann! Es ist ja auch behauptet worden, aus dem Publikum ist geschossen worden. Das ist, soweit ich die Vorgänge be- obachtet habe, nicht wahr. Aber es sind Patronen oder Feuerwerkskörper auf die Stratzenbahnschienen gelegt worden. Als dann der Wagen darüberfuhr, gab es einen starken Knall und Rauch. Da rannten die Schutzleute nach der Stelle hin und schössen! Am Tage nach diesen Vorgängen sprach ich auf der Stratze mit zwei Schutzleuten. Ich fragte sie, wie ist es möglich, datz die Beamten so vorgehen konnten. Sie ant- warteten nur: Wir müssen. Die Vorgesetzten ver- langen es, und wenn wir nicht folgen, riskieren wir den Verlust unserer Stellung. Wir haben es längst satt und möchten am liebsten auch streiken. Bekannte haben mir geraten sagte unser Gewährs- mann, meine Beobachtungen derMorgenpost" oder einem anderen bürgerlichen Blatte mitzuteilen. Dazu konnte ich mich nicht entschließen, denn ich sehe ja, datz die ganze bürgcr- liche Presse die Vorgänge entstellt und verdreht und datz derVorwärts" daS einzige Blatt ist, welches eine richtige Darstellung des Sachverhaltes gibt. Deshalb habe ich mich an Sie gewandt. Was ich an jenen schrecklichen Abenden mit eigenen Augen sehen mutzte,.hat mich veran- latzt, über manches anders zu denken wie bisher. Meine Gesinnung verbietet mir, mich der Sozialdemokratie onzu- schlietzen. aber bekämpfen werde ich sie von nun an nicht mehr. Die f,fcmgcricbt<'-Hffäre, die«vir gestern als aufgebauscht nachwiesen, hat inzwischen eine neue Wendung genommen. Die Kriminalpolizei legt ihr eine so große Wichtigkeit bei. datz sie noch am Donnerstagabend zu Der- Haftungen geschritten ist. Die bekannte Zeitungskorrespondenz, deren sich die Polizei bedient, um der Oeffentlichkeit ihre Auf- fassung mitzuteilen, weiß zu melden, daß sechs Personen verhaftet worden sind,©je schreibt: