SiffciBofift Mttmng traf We probisorische Regierung nachdem Manuel nach Mafra geflüchtet war— und zlvar in solcher Eile, daß sein Gefolge jetzt in Gibraltar Kleidung einkaufen muhte—. sogar direkt Mahuahinen, mn die Abreise der Familie Bragauza und ihre Einschiffung an Bord der Uacht„Amelia" zu erleichtern. lieber die näheren Umstände dieser Einschiffung sagt ein Lissa- boner Telegramm: Am Mittwoch nachmittag uni 4 Uhr traf die köitigliche Familie in Automobilen in Ericeira ein und fuhr sofort zum Ufer. Die Königinnen Amelia und Pia»oaren in schwarz gekleidet, der König, der einen Zivilanzug trug, sah niedergeschlagen au«, und rief beim Abschied: Lebt wohl für immerl ESisteine Infamie! Lebt wohl! Auf Wiedersehen! Einige der Umstehenden antworteten: Wir warten! Von der Mäßigung der Republikaner berichten auch andere Meldungen. So heißt es in einem Madrider Telegramm: Meldungen aus Lissabon berichten von der loeisen Mäßigung. die die Republikaner während der Straßenkämpfe von Lissabon walten ließen. So hatten die Jesuiten ihr Kloster in Verteidigungszustand gesetzt und empfingen die anrückende» Truppen mit Revolver- und Flintenschüssen. Ein Soldat und mehrere Bürger wurden getötet; zahl- reiche Au greiser verletzt. Trotzdem gewährten die Führer den Jesuiten freien Abzug und sorgten dafür, daß das prächtige alte Gebäude nicht ein Opfer der Bolkswut wurde. Der Herzog von Oporto fiel vei der Verteidigung des Königspalastes sogar in die Hände der Republikaner , als die lönigs- treuen Truppen zum Kapitulieren gezwungen wurden. Man ließ ihm jedoch Gelegenheit, zu entkommen, um nicht über ein Mitglied der Königsfamilie zu Gericht sitzen zu müssen. Auch die Offiziere und Mannschaften der Munizipalgarde, die sich heldenhaft geschlagen hat, wurden bald wieder auf freien Fuß gesetzt. Die neue Regierung hat inzwischen die erste wichtigere Maßregel auszuführen begmmcn. Es wird gemeldet: Lissabon , 6. Oktober. Heute erschien ein Dekret, durch welches idie Ausweisung des Jesuitenordens aus Rort.u- g a l angeordnet wird. Ein Dekret, das die Auswelsung der anderen geist lichen Orden binnen vierundzwanzig Stunden anordnet, ist ifiir Sonntag angekündigt. Der neue Justizminister hat inzwischen in einer Depesche an die Londoner Times das Programm der Regierung etwas er- weitert. Der wichtigste Punkt in seinen Angaben ist. daß die Re� gierung das allgemeine und gleiche Wahlrecht einführen wird Von Koalitionsrecht, Arbeiterschutz, Agrarreform sagt er allerdings auch nichts! Dafür verheißt er eine„soziale Armcnfür- sorge" und außerdem die Einführung von givilstands r e g i st e r und der Zivilehe. Ueber die Lage im Lande sind die folgenden Meldungen eingelaufen: Lissabon , 8. Oktober. Nach den vorliegenden Meldungen ist das Land längs der Eisenbahnen allenthalben ruhig, der Durchgangsverkehr an der Grenze vollzieht sich wieder ohne Umsteigen. Auf den Stationen sammelt sich die B e v ö l- terung, welche die Republik begeistert begrüßt und Fahnen schwenkt. In Lissabon ziehen Patrouillen durch die Straßen und auf verschiedenen Plätzen und Straßen sind Posten aufgestellt. Die am Kampf beteiligte Zivilbevölkerung hat ihre Waffen behalten. Die auswärts verbreiteten Meldungen über die Zahl der Toten sind übertrieben, sie beträgt nur etwa dreihundert. Der Kampf war überhaupt auf wenige Stellen beschränkt. Die Republikaner hatten -mit etwa 1500 Soldaten und tausend Zivilisten auf einem Hügel beim Pank Eduard V Aufstellung genommen; von dort aus bestrich das Feuer der Artillerie und der Infanterie die Avenida da Liber. bade, an deren Ende der Dom Pedroplatz liegt, wo die treuge- blieben- Munizipalgarde einen vergeblichen Versuch machte, die republikanischen Truppen zu umgehen. In anderen Stadtteilen wurden nur einige Flintenschüsse abgegeben. Die Einwohnerschaft schloß sich in den Häusern ein und wartete den Ausgang des Vom- bardementS ab. das sich ausschließlich gegen den Königspalast richtete. Lissabon , 8. Oktober. Kein Teil der Hauptstadt, außer der Avenida da Liberdade und des Dom Pedro-PlatzeS, hat durch die Kämpfe gelitten. An diesen beiden Punkten wurden die Gebäude von den Geschossen getroffen und die Beschädigungen sind ziemlich bedeutend. Die Mauern wurde,: durchschlagen, die Fenster zer- trümmert. Die Bedeutung der durch die Revolution verursachten materiellen Schäden ist also nicht so groß/ wie man sich im Aus- lande vorgestellt hat. Was die politische Lage anbetrifft, so scheint das neue Regime keinem ernsten Wider- stand begegnen zu sollen. ES mag zu einigen Zwischenfällen kommen, aber sie werden ohne Bedeutung bleiben Man bemerkt nur eine gewisse Erregung auf Seiten der Bevölkerung gegen die Mitglieder des Klerus. Die Kirchen sind noch geschlossen. Lissabon , 8. Oktober. Die monarchistischen Parteien wechseln mit wenig Ausnahmen ihre Ueb erz eugu ngcn wie schmutzige Wäsche. Die Progressisten erkennen stillschweigend das Geschehene an, andere Par- teien werden folgen. Die Ordnung ist jetzt derart, daß gestattet wurde, die Theaterzuöffnen, deren erste Vor- stellungen morgen stattfinden dürften. Die Börse ist ruhig. Der Südexpreß brachte vorgestern abend eine große Zahl fran- zösischer Journalisten, die überall Ruhe und Ordnung vorfanden. Die Königlichen Paläste sind abgeschlossen und werden gut bewacht. ?lm Stadthaus soll ein Gedenkstein zum Gedächtnis der Revolution errichtet werden.(„Frkf. Ztg.") Lissabon , 8. Oktober. Die Lage ist hier wieder normal. Die Straßenbahnen haben den Betrieb teilweise wieder aufgenommen Die Munizipalgarde und die Bürgerpolizei sind aufgelöst worden, neue Polizeikorps toerden gebildet werden. Für den Admiral Cadido Los Reis, den Führer der aufständischen Truppen, der Selbstmord verübt hat, und für den ermordeten Dr. Bombarda sollen Leichenfeierlichkeiten auf Staatskosten veranstaltet werden. Kriegerische Jesuiten . Die einzigen Kämpfer für das verfaulte monarchische System scheinen die Jesuiten zu sein. In Lissabon hat sich ein Kampf um ein Jesuitenkloster entsponnen. Es wird darüber gemeldet: Lissabon , 8. Oktober. Blättcrmeldnngen zufolge wurde gestern abend aus einem Fenster des Jcsuitenklosters Q u e l f e s auf vor- übergehende Polytechniker und Seeleute eine Bomb« geworfen. Zwei Matrosen wurden getötet und einer ver. wund et. Herzueilende Soldaten wurden von einem Hagel von Explosionsgeschossen empfangen. Das sofort von ihnen auf das Kloster eröffnete Feuer dauerte bis gegen Mitten nacht. Zahlreiche Soldaten wurden verletzt zind auch mehrere Jesuiten schwer verwundet. Der Kampf dauerte am 8. Oktober noch an. Die Proklamierung der Republik in Oporto . Oporto , 7. Oktober. - Die Proklamierung der Repn- blik erfolgt« hier gestern, nachdem die Nummer des Diario do Governo, welche die Bildung der provisorischen Regierung enthielt, hier eingetroffen war. Die Ruhe ist vollkommen ge» sichert. Der ehemalige Kriegsminister General Pimente! Pinto, der Order erhalten hat, sich im Hauptquartier in Lissabon zu melden, wurde verhaftet. Die' neueste» Regierungsmastnahmen. Lissabon , 8. Oktober. Tie Regierung wird noch bor Montag außer einem Dekret über die Freilassung aller Per- sonen, die wegen Zugehörigkeit zu geheime n Ge» jellschsften verhaftet sind, PerjüLUNgen e.rMeo über: eine Amnestie für die wegen PreßvcrgehenS, pö l i t i sche r und gemeiner Vergehen Verurteilter; Wiederherstellung des Preßgcsetzes des früheren Ministers Barjona Freitas; Aenderung der Eidesformel bei der Uebernahme eines Amtes; die Ersetzung des Wortes königlich durch republikanisch in Protokollen; sowie über die Verlängerung zurzeit schwebender Prozesse um 10 Tage, Die Kolonien. Depeschen von den Azoren . Madeira , den Capber- disch-en Inseln, aus Lonrenzo Marques(Mozambique ) und aus Goa (Indien ) melden, daß dort die Republik unter dem Jubel der Portugiesen proklamiert wurde. Sie Hamburger MetsIIsrbeiter zu den vergleichworichlägen der filerftbeiitzer. Nach den am Freitagabend getroffenen Vereinbarungen zwischen den beiderseitigen Verhandlungskommissionen soll die Arbeit auf sämtlichen Werften am Montag, den 10. d. M., wieder aufgenommen werden. Hierzu müssen die Arbeiter der einzelnen Orte ihre Zu stimmung noch geben. Nach dem Beschluß der Werftkonferenz ist jedoch nicht daran zu zweifeln, daß die Arbeiter die Bedingungen annehmen. In allen Orten sollen dann paritätische Kommissionen zusammentreten, die die Höhe der Einstellungslöhne festlegen und die für die einzelnen Orte notwendigen weiteren Vereinbarungen treffen. Damit geht ein Kampf zu Ende, der sich gegen die größte Scharfmacherorganisation in Deutschland , den«Gesamtverband Deutscher Metallindustrieller" richtete, der das erste Mal gc- zwungen wurde, seine„Prinzipien" über Bord zu werfen. Diese Arbeitgeberorganisation lehnte es bisher prinzipiell ab, mit den Arbeiterorganisationen zu verhandeln und mit ihnen Verein. barungen zu treffen. Sie lehnte eS bisher prinzipiell ab, Mindest. löhne anzuerkennen, und sie lehnte eS ab, die Kommissionen, mit welchen sie bereit war, in„Besprechungen" über die Arbeitsver» hältuisse einzutreten, von den Gewerkschaften bestimmen zu lassen. Die Regel war, daß der Metallindustriellenverband und die diesem angeschlossene Gruppe Deutscher Seeschiffswerften die ihnen ge- nehm erscheinenden Arbeiter oder Arbeiterausschüsse zu Be- sprechungcn einlud und bei dieser Gelegenheit dann im günstigsten Falle die Vertreter der Gewerkschaften„hörte". Das ist nun anders! Die Organisation ist jetzt prinzipiell als Vertreterin der Arbeiter anerkannt worden; Arbeiierausschüsse werden eingesetzt und die so hartnäckig bekämpften EinstellungS» löhne hat man zugestehen müssen. Trotzdem machte sich in den Kreisen der Metallarbeiter verschiedentlich eine starke Opposition gegen die Annahme der gestellten Friedensbedingungen geltend. So in Hamburg , wo die Streikenden, und Ausgesperrten am Sonnabendnachmittag sich mit der Angelegenheit beschäftigten. lieber 6000 Personen hatten sich eingefunden; viele hundert Metall- arbeiter fanden keinen Einlaß, weil der Riesensaal von Sagebiel, Hamburgs größtes Lokal, schon lange vor Eröffnung der Per- sammlung bis auf den letzten Platz besetzt war. Im Namen der Hamburger Ortsverwaltung erläuterte Genosse Franz die von den Werftbesitzerä gemachten Zugeständnisse. daS Produkt langwieriger Verhandlungen. Redner schilderte die Phasen des Kampfes, den die Metallarbeiter Deutschlands im allgemeinen und die Werftarbeiter Hamburgs im besonderen geführt haben. Der Kampfes- wie der Opfermut der Kollegen, die über neun Wochen lang einmütig zusammengestanden, sei ungebrochen. Wohl genügten dem einen oder anderen die Zugeständnisse nicht, aber sie enthielten das unter den gegenwärtigen Verhältnissen Erreich- bare. Genosse Franz warnt vor einer Unterschätzung der Angebote, die die Unternehmer, die bis vor kurzem sich noch ablehnend verhielten, gemacht haben. Die Einigkeit und Geschlossenheit der Metallarbeiter, die der mächtige Feind nicht erwartet habe, hätten zum Siege geführt. Daß der KampfcSmut der Hamburger Werftarbeiter noch so frisch war wie bor Wochen, das beweisen die Ausführungen sämtlicher Diskussionsredner, von denen die meisten erklärten, daß die Zugeständnisse minimal seien und die Fortsetzung des Kampfes empfahlen. In seinem Schlußwort warnte Franz. sich von Augenblicks. stimmungen leiten zu lassen. Die Werftarbeiter Hamburgs trügen eine große Verantwortung, sie dürfen nicht den Grundsatz des „alles oder nichts!" vertreten. Nochmals schilderte er die er- zielten Erfolge und gab der Erwartung Ausdruck, daß die Strei- kenden für die Annahm» der Zugeständnisse votieren würden. Die Verwaltung empfahl auch die Wiederaufnahme der Arbeit bei der Amerika - und Woermannlinie, die sich bislang noch nicht geäußert haben., Dieser Antrag wurde jedoch abgelehnt, mit der Moti- Vierung, die beiden Reedereien müßten zunächst bündige Erklä» rungen abgeben. An der Abstimmung beteiligten sich nur die Werftarbeiter. die in den Sympathiestreik eingetretenen Arbeiter der Landbe- triebe und die Arbeiter beider genannten Linien, bei denen 800 Werftarbeiter beschäftigt waren, enthielten sich der Abstimmung. Das Resultat der Abstimmung ist folgendes: Für die Annahme der Zugeständnisse stimm- ten 1678, dagegen 1475. Die Wiederaufnahme der Arbeit Unter den neuen Bedingungen ist also mit knapper Majorität beschlossen worden. Für die Fortsetzung des Streiks tväre statutengemäß eine Drei- Viertelmehrheit erforderlich gewesen. Am Montag wird die Arbeit wieder aufgenommen. ** » Die Ausgesperrten und Streikenden in Lübeck , die Sonnabend- abend zu der Angelegenheit Stellung nahmen, akzeptieren die Be» dingungen mit 663 gegen 338 Stimmern Politische(leberlickt. Berlin , den 8. Oktober 191(X Kopp kontra Fischer. Zwischen dem Kardinal Kopp in Breslau und iiem Kar- dinal Fischer in Köln besteht grimmige Feindschaft. Kopp hegt nicht nur starke Sympathie» für die Richtung Roercn. Bitter-Boonekamp(Underbcrg), sondern er hält auch die „interkonfessionellen" christlichen Gewerkschaften für höchst be» wnkliche, die Rechtgläubigkeit der katholischen Arbeiter ae- ährdende Verbände und bevorzugt die Organisation nach so- genanntem Berliner Muster, das heißt, in streng konfessio- nellen katholischen Fachvereinen. Kardinal Antonius Fischer egelt dagegen neuerdings— eine Zeit lang war es anders— m Schlepptau der„Köln . Volksztg." und begünstigt, wie dieses Blatt, die christlichen Geiverkjchaften. Dieser Gegensatz hat schon wiederholt zu kleinen Reibungen zwischen den beiden Eminenzen geführt, die sich in letzter Zeit zu einer offenen gegenseitigen Kefehdung zuspitzteo, In seinzm Aergex über defl„B p ß ö r t u n i s m u s" seines Kollegen hat Fürstbischof Kopp an eine adlige Dame, an ein Fräulein v. Schalscha, einen Brief gerichtet, in dem er den Westen, d. h. die Diözese des Erzbischofs Fischer, für„v e r s e u ch t" erklärt und von einem „häretischen Fanatismus der Getreuen Fischers spricht. Bisher waren nur einzelne Stellen dieses Briefes be- kannt; wie das„Berl. Tageblatt" angibt, ist es jedoch jetzt in der Lage, den hauptsächlichsten Teil dieses Schreibens im Wortlaut mitzuteilen, will aber für die Richtigkeit der Ab- schrift, da es diese nicht nachzuprüfen vermag, keine Garantie übernehmen. Tatsächlich sind einzelne Stellen des Briefes, wenn auch die Aeußemngen im ganzen dem Koppschen Stand- Punkt entsprechen, so scharf und rücksichtslos, daß man sie den sonst in seinen Reden und Erlassen die Worte stets sehr vor- sichtig abwägenden, ölig-würdigen Fürstbischof von Breslau kaum zutrauen möchte. Es bleibt daher nur die Annahme, daß die hochehrwürdige Eminenz ihrem Aerger hat die Zügel schießen lassen, oder daß einzelne Teile des Briefes aus dem Zusammenhang herausgerissen sind. Nach dem„Berliner Tageblatt" lauten die Zauptstellen dies liebenswürdigen kollegialischen Briefes des Herrn Fürst- bischofs: „Was mir in der Vorstellung am wenigsten gefällt, find die spitzen Bemerkungen gegen die„Erwerbstätigen " in Berlin . Die Erwerbstätigen in Berlin wie in Breslau habe ich von vornherein von der Verseuchung des Westens zu bewahren gesucht. Mir ist schon die Jnterkonfessionalisierung der Arbeiterbewegung viel zu viel; sie auch noch auf die Arbeiterinnen zu übertragen, würde die VerWässerung des katholischen Bewußtseins in die ganze arbeitende Klasse getragen haben. Darum habe ich„die Erwerbstätigen " als streng kon- fessionell verlangt; wollen sie das nicht sein, so sollen sie sich nicht mehr katholisch nennen und als solche gelten wollen. So steht es mit„den Erwerbstätigen " in Berlin . Wie steht cs mit der gleichen Organisation im Westen. Aus reinem Opportunismus, nur um die Macht der inter - konfessionellen Vereine zu vereinigen, hat man die christlichen Arbeiter den Gewerkschaften zugeführt. Und wie stellt sich die Zentrale des katholischen Frauenbundes dazu? Stellt sie sich in den Dienst dieser Bestrebungen? Uebt sie die Patronage über sie aus? Das ist doch die Frage, die ja leider noch immer ungeklärt ist. Wie sehr der Frauenbund auf die Seite der interkon- fessionellen Bewegung gestellt wird, haben wir erst vor kurzem in den öffentlichen Schriften gelesen. WaS hat der Frauenbund getan, um sich davon zu reinigen? Die Erklärung des Frauen- lbundes(Zentrale) gegen die Spahnsche Behandlung ist mehr als kläglich, geradezu ein Zugeständnis, und die alberne Empfindlichkeit soll nur die wunde Stelle verdecken, die getroffen und bloßgelegt worden ist. Und dabei verlangt man im Westen noch Vertrauen von uns? Wir wollen unser« Hände und Gewissen rein bewahren. Wir wollen an der Berslachung des katholischen Empfindens nicht teilnehmen. Wir wollen weder die Arbeiter noch die Arbeiterinnen mit Klassen- haß nähren, zum Klassen- und Machtkampfe erziehen und sie der Sozialdemokratie zuführen. Liest denn die Frau N. die öffent- lichen Blätter nicht? Und hat sie nicht gelesen, was der christliche Ge wer kscha f ts sek retär E ffertz jüngst ausgeplaudert hat? Selbst den Sozialdemokraten war diese Offenherzigkeit zu weitgehend. So liegt die Sache. Ich messe alles, was vom Westen kommt. mit diesem Maßstab und sehe immer wieder aus allen Bestrebun. gen den Pferdefuh durchscheinen. Ich habe noch einmal im Herbst den Versuch gemacht, wenigstens ein äußeres Zusammen- gehen zu ermöglichen. Alles scheitert an dem wahrhaft häretischen Fanatismus, der im Westen bezüglich der sozialen Jrageherrscht. Der Westen braucht unser Vertrauen nicht; er ist ja stark genug, seine Bestrebungen in seinen Kreisen durchzusetzen. In den Kreisen, in denen ich die Verantwortung habe, werde ich ihn auf das äußerste fernzuhal» t e n s u ch e n. Vertrauen aber kann ich weder den Grundsätzen noch der Taktik entgegenbringen." Der Brief straft nicht nur das alberne Gerede von der „Jnterkonfessionalität" des Zentrums Lügen, sondern zeigt auch deutlich, wie man in einem Teil des Episkopats ü&er die vielgepriesenen sozialpolitischen Bestrebungen des Zentrums denkt. Kardinal Kopp hält die Behandlung der sozialen Frage im Westen sogar schon für„häretischen Fana- t i s m u s"._ Zurück zum Bülowblock! Die vom Abg. Bassermann auf dem nationalliberalen Kasseler Parteitage ausgegebene Losung:»Zurück zum Bülowblock!' hat in der nationalliberalcn Presse seltsamerweise begeisterte Zu» stimmung ausgelöst— trotz des Spottes, mit dem dieser Gedanken- fötuS Bassermannscher StaatSkunst bei den Konservativen wie bei den Freisinnigen begrüßt worden ist. Die»Deutsche TageSztg." hält eS deshalb für nötig, kräftigere Töne gegen das nationalliberale Geschwätz von der Notwendigkeit der Rückkehr zu den großen Traditionen de» Bülowblocks anzuschlagen. Sie schreibt: „Immer wieder wird in mittelparteilichen und national- liberalen Blättern die Losung ausgegeben: Zurück zum Block! Diese Losung verrät eine fast unverständliche Kurzsichtigkeit und einen ungewöhnlichen Mangel an politischer Kenntnis. Der Block war ein Versuch, der vielleicht einmal gemacht werden konnte, dessen Wiederholung aber Torheit wäre. Die Geschichte der Blockpolitik hat denn doch schlagend für jeden. der sehen kann und sehen will, bewiesen, daß es ein Versuch „mit untauglichen Mitteln an untauglichen Objekten" war.... Grundsätzliche und tiefgehende Welt» anschauungsgegensätze lassen sich auf die Dauer nicht überbrücken. Man kann Parteien, die auf dem Boden verschiedener Welt- anschauungen stehen, wohl zu einer gemeinsamen Arbeit, zu einer gemeinsamen Abwehr von Fall zu Fall vereinen und sammeln; aber diese Sammlung zur politischen Richtschnur machen zu wollen, ist ein Unding. Die sogenannte Blockpolitik würde bei längerer Dauer entweder zu einer Politik der Grundsatzlosigkeit, der Mischmascherei, oder zur Unterdrückung deS einen Llockflügels durch den anderen geführt haben..... Der Versuch der Wiederholung würde schon deswegen un- möglich sein, weil man weder ans der rechten Seite, noch auf der äußersten bürgerlichen Linken gewillt zu sein scheint, ihn mit- zumachen..... Dazu kommt noch eines, daß nämlich die nächsten Auf- gaben der Staats- und Wirtschaftspolitik von den Parteien des früheren Blockes gar nicht ge» meinsam gelöst werden können. Oder glaubt man etwa, daß die Fortschrittliche Partei bereit sein werde, an einer vernünftigen Ausgestaltung des Zolltarifs und an dem er- forderlichen Ausbau der Schutzzölle mitzuarbeiten? Hält man es für möglich, daß die genanntePartei dcn Kampfgegen die Sozialdemokratie so führen werde, wie es iin Interesse der Staatssicherheit und der Monarchie nötig ist? Beide Aufgaben können, wie die Dinge und die politischen Verhält- nisse nun einmal liegen, nickt unter Ausschaltung deS Zentrums geführt werden. Das müssen schließlich auch diejerngen anerkennen, welche dem Zentrum grundsätzlich feind- lich gegenüberstehen. Ein Block ohne das Zentrum würde weder im jetzigen noch im nächsten Reichstage positive Arbeit leisten können. Die Politiker und Blätter, die nach einer Wiederholung des Blockversuches rufen, zäumen das Pferd hinten auf." Das Bündlerblatt beurteilt zweifellos die politische Lage weit richtiger als die Bassermann-Presse; aber es sollte nachsichtiger gegen den schwindsüchtigen NationalliberaliemuS sein. Der Per- sinkMe greift bekgygtliK selbst ygA xivL» KtrMgl«. ist"
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