inlewationole revolukionare Sozialdemokratie schloß der Vor-sitzende Westmeher die imposante Versammlung.**«In Züllichau versammelten sich am Sonntag auf demstädtischen Wasserturmplatz an 300 Männer undFrauen unter freiem Himmel. Der sozialdemokratische Reichstags-kandidat des Kreises, Genosse Grauer- Lichtenderg, referierteüber das Thema:„Preußen als Polizcistaat und die MoabiterVorgänge". Neben der Neuartigkeit einer Versammlung unterfreiem Himmel inmitten der Stadt machte die Ruhe und derErnst der Versammelten auf die zahlreich erschienenen Bürger-lichen einen ersichtlich tiefen Eindruck. Dem mit großem Beifallaufgenommenen Vortrage folgte die Annahme einer das Systemverurteilenden und das Verhalten der bürgerlichen Parteien undPresse brandmarkenden Resolution gegen eine Stimme.Ein Oberlandesgerichtsurteil gegen das Oktroi aufWild und Geflügelwurde in Colmar i. Elf. am letzten Freitag gefällt. Die oktroi-erhebenden reichsländischen Städte haben sich nämlich, wie dies auchin Preußen geschieht, im Gegensatz zu Württemberg undim Widerspruch auch mit einer schon vor Monalen in derb a d i s ch e n Residenz Karlsruhe gefällten richterlichen Eni-scheidung ans den Standpunkt gestelll, daß Wild und Geflügel kein„Vieh" oder„Fleisch" im Sinne des 8 13 des Zolltarif-gesetzes vom 25. Dezember 1902 ist, wodurch bekanntlich die Weiter-erhebung des Oktrois auf die notwendigsten Nahrungsmittelseit dem 1. April d. Js. verboten ist. In S t r a h b u r ghat daraus der Wildprethändler Ruprecht die Stadt auf Rück-zahlung des bei ihm auf Wild und Geflügel seit 1. April d. I. er-hobenen Oktrois gerichtlich verklagt, und der Mann führte denProzeß auch weiter, als das Landgericht Straßburg ihmUnreckt gab und unter Abweisung der Klage aussprach, der Gesetz-geber habe im§ 13 des Zolltarifgesetzes offenbar nur eigentliches„Schlachtfleisch" vom Oktroi ausnehmen wollen. Nun hatdas Oberlandesgericht Colmar, der höchste GerichtshofElsaß-Lothringens, zugunsten des Klägers entschieden, daß Wildund Geflügel nicht mehr oktroipflichtig seien und die StadtStraßburg zur Rückzahlung von 000 Mark zuviel erhobenenOktrois verurteilt. Die Stadt scheint noch zu schwänken,ob sie versuchen soll, durch Erhöhung des Streitwertes die Fragevor das Reichsgericht zu bringen. Unterdessen haben schon amSonnabend die Sm:aßburger Wild- und Geflügel-Händler durch Rechtsanwalt Dr. Jaegle die Stadt auffordernlassen, alle seit 1. April d. I. erhobenen Oktroigcdühren für Wild,Geflügel und Kaninchen zurückzuerstatten, widrigensfalls Klageerhoben werde. In derselben Lage wie Straßburg aber sinddie Städte Mülhausen, Metz, Colmar, Saar-gemünd usw., wo überall die Gemeinderäte die Weitererhcbungdes Oktrois auf Wild und Geflügel vom 1. April 1910 ab genehmigthaben, ohne daß im Schöße der sozialistenreinen Sladtpariamentesich ein ernsthafter Widerspruch erhob. Es kennzeichnet die Ver-sumpfung der bürgerliche» Kommunalpolitik, daß die vom Reichstagim§ 13 des Zolltarifgesctzes doch zweifellos mitbeschlossene Be-freiung der Hasen, Kaninchen, Hühner, Enten usw. von denstädtischen Verbrauchssteuern erst noch im Gerichtswege erzwungenwerden mutz I_Die Wirkung der Tabaksteuer!Die Zigarrensirma Richter in Züllichau hat ihren 30 Arbeiternund Arbeit nnen anhsimgestcllt, Mitte deS Monats Dezembereinmal anzufragen, ob und in welchem Umfange die Wiederauf-nähme des Betriebes erfolgen könne I Bis dahin können die Ar-beiter, die zum Teil 27, 30 und 32 Jahre bei einem Durchschnitts-verdienst von 13—14 M. die Woche dieser Firma gefrondet haben,über die Segnungen der„Finanzreform" in aller Mutze nach-denken lDem freikonservativen Reichstagsabgeordneten des Kreises,Bürgermeister Schlüter-Sommerfeld, der für die Tabak st euergestimmt hat, aber gegen den Antrag der Sozialdemokraten aufEntschädigt», g der brotloswerdenden Arbeiter, widmen die dreitzigauf die Stratze gesetzten Arbeiter sicher die freundlichsten Wünsche.Landtagsersatzwahl in Breslau.In Breslau hat eine Landlagsersatzwahl für den VerstorvenenAbgeordneten Zischü(Zentrum) stattzufinden. Der Breslauer sozial-demokratische Verein beschloß in seiner Mitgliederversammlung amMontag die Wahlbeteiligung. Als Kandidat wurde Genosse Löweaufgestellt. Einen Vorschlag der Demokratischen Vereinigung, durchden ein Wahlkompromitz zwischen Sozialdemokraten und Freisinnigenempfohlen wurde, lehnte die Versamntlung einstimmig ab. DiePartei will bei der Hauptwahl selbständig vorgehen. Falls eineStichwahl nötig wird, soll für diese später eine Entscheidung ge-troffen werden.Pienstische Schande.Man erinnert sich des Falles der galizifchen Magd, die umnichts und wieder nichts, nur weil sie Ausländerin war, acht Monatelang in preutzischen Gefängnissen schmachten mutzte. Die kultur-widrige Behandlung der Ausländer in Deutschland ruft natürlich inden anderen Staaten energischen Protest hervor. Auch in der öfter-reichischen Delegation wurde die preutzische Praxi? ausführlich be-sprachen. Ueber das Verhalten der österreichischen Regierung gabdabei der Sektionschef Freiherr v. Macchio folgenden Bericht:Was die Arretierung der bei einem Landwirt in Holstein be-diensteten Magd polnischer Nationalität namens Josefa C i a st o nulitts Kasztanowna anlange, so wurde die Botschaft in Berlin so-fort, nachdem die betreffenden Zeitungsartikel erschienen waren,angewiesen, die Angelegenheit bei der deutschen Regierung unver-züglich zur Sprache zu bringen. Wie die gedachte Kommisstonunter dem 2t. September d. I. p meldet hat, ist die vom preutzischenMinister des Innern im Gegenstund eingeleitete Untersuchung nochnicht abgeschlossen. Die Mission ist inzwischen neuer-dings beauftragt worden, bei der deutschen Regierung auf denb e s ch l e u n i g t e n A b s ch l u tz der in der Sache angeordnetenEnquete zu dringen.Vom 24. September 1903 bis 1. Oktober 1910 ist die Jnter-vention des Mlinsteriums des Aeutzern von 103 öfter reicht«scheu und 3 ungarischen Staatsbürgern, im ganzenalso von 100 aus dem Deutschen Reiche aus-gewiesenen Prionen, in Anspruch genommen worden.In 90 Fällen sei die Ausweisung nicht zurückgenommenworden, in 44 dieser Fälle sei jedoch im Hinblick aus die ein-getretene Verwendung den Ausgewiesenen von der deutschen Re-gierung eine entsprechende F r i st v e r l ä n g e r u n g bis zu einemJahre zur Ordnung ihrer Angelegenheiten bewilligt worden. Inmehreren Fällen sei außerdem ausgesprochen worden, daß sich derAusgewiesene außerhalb Preußisch-Schlesiens in anderen TeilenPreußens unbehelligt aufhalten könne. In 23 Fällen wurde diegetroffene AuswelsungSverfügung zurückgenommen, der weitereAufenthalt bis auf Widerruf gestattet.Daß diese Debatten die Achtung vor der preußischen Regierungim Auslande nicht gerade vermehren, kann man sich natürlichdenken.Ins Irrenhaus.Die Beschwerde des Professors L e h m a n n» Hohenberg gegenden Beschlutz des Schöffengerichts Weimar, ihn zur Beobachtungseines Geisteszustandes einer öffentlichen Irrenanstalt zu überweisen,ist von der Strafkammer abgewiesen worden.Oeftemtcb.Vom tschechischen Separatismus.Nach der Zersplitterung von Gewerkschaften und Genossen-schaffen gehen jetzt die tschechischen Separatisten daran, dieusammenfassung der von sozialistischen Arbeitern verwaltetenrankenkassen zur Lösung gemeinsamer Aufgaben undzur Abwehr gemeinsamer Gefahr, die R e i ch s k o m m i s s i o nder Krankenkassen Oesterreichs zu zerstören. Ein Aufruf,unter dem auch die Namen zweier Mitglieder der tschechischensozialdemokratischen Parteileitung, Abg. Johandis undDr. Ho user stehen, fordert dazu auf. Die Rcichskommissionhat bisher die Krankenkassentage veranstaltet, Material zurBehandlung von Versicherungsfragen und der Sozial-versicherungsvorlage durch die sozialdemokratischen Abgeordnetenausgearbeitet und den Mitgliedern der angeschlossenen Kassenden Besuch von Kurorten und Heilanstalten ermöglicht.Die Reichskommission zählt gegenwärtig 277 Kassen mit1 300 000 Mitgliedern, worunter etwa 44 Kassen mit einer155000 Personen betragenden Mitgliedschaft tschechischer Nation.Mit der Gründung einer eigenen tschechischen Reichs-komnussion folgen die tschechischen Sozialdemokraten be-zeichnenderweise dem Beispiel der bürgerlichen oder gelbenDeutschnationalen, die hierbei mit ihrer Reichsvertretung der„deutschgeleiteten" Krankenkassen vorangingen.So wirkt der Kopenhagener Beschluß auf die tschechischenSeparattsten, die erst vor wenigen Tagen eine Versanimlungtschechischer zentralistischer Arbeiter in Prag durch wüste Lärm-szenen sprengten.OZrKei.Ministerkrise.Konstantinopel, 18. Oktober. Infolge der Forderungen desKriegsministers, dem der Großvezier Hakki Pascha Widerstand ent-gegensetzt, ist es zu einer Ministerkrise gekommen. MahmudSchewket Pascha hat dem Kriegsministerium und den höherenOffizieren die Lage auseinandergesetzt, die durch die Ab-lehnung seiner Forderungen durch den Finanzminister geschaffensei. Die Offiziere erklärtet sich mit dem Kriegs-m i n i st e r solidarisch. Sie werden, falls dieser demissioniert,ebenfalls von ihrem Posten zurücktreten.Grieckenwncl.Die Ministerkrise.Athen, 18. Oktober. Der König hat Venizelos er-mächtigt, die Kammer, wenn erforderlich, aufzulösen. Dasneue Ministerium wird sich Wahrscheinlich folgender-maßen zusammensetzen: Vorsitz, Krieg und interimistisch Marine:Venizelos; Inneres: Repulos; Justiz: Dimitrakopulos;Finanzen: Coromilas; öffentlicher Unterricht: Alexandri; dasPortefeuille des Aeußern behält Callergis.5>erNen.Das Vorgehen Englands.London. 18. Oktober. Während die konservativen Blätter inder englischen Note an Persien eine notwendige Aende-rung der englischen Politik erblicken, erklärt-„Daily News", daß dieNote die schwer st e Besorgnis erwecke, da eine solche Politikzur Teilung PersienS führen müsse.„Daily Graphic" schreibt: Wenn das Ultimatum ausgeführtwird, wird Persien aus der Reihe der selbständigenStaaten gestrichen werden. Das Blatt beklagt daS Vorgehen der Regierung, denn die Eroberung Süd persie nswerde keine leichte Aufgabe sein und eine große dauernde Ver-antwortung begründen und äußert mit Besorgnis, daß die anderenMächte Kompensationen fordern würden, wodurch neueinternationale Reibungen entständen.--Hus der parteiDie Organisationen zum Parteitag.Königsberg.In einer autzerordentlichen Generalversammlung des Sozial-demokratischen Vereins für Königsberg(Stadt)wurden die Berichte gegeben über den Internationalen Kongreß inKopenhagen und über"den Magdeburger Parteitag. Die erst-genannte Tagung behandelte Genosse Hugo H a a s e, die zweit-genannte der Parteisekretär für Königsberg, Genosse Dona lies.In der am Bericht sich anschließenden Diskussion sprach zunächstGenosse Kohn seine Verwunderung aus über die unversöhnlicheHaltung des Genossen H a a s e gegenüber der badischen Fraktion.Er war der Meinung, der Schlußsatz des Frankschen Referats hättedurchaus nicht zu der verschärften Resolution führen brauchen.Genosse H a a s e betonte, daß er trotz aller Versöhnlichkeit immerden Standpunkt vertreten habe, daß Grundsätze durch Meinungs-Verschiedenheiten niemals verwischt werden dürften, hier höre dieToleranz endlich auf. Solche Seitensprünge, wie sie bei Frank undGenoffen vorgekommen, könne keine Partei dulden, wolle sie sichnicht selber preisgeben. Darum habe er zur sofortigen Klarstellungder leidigen Angelegenheit gedrängt und dem festen Eingreifen dergroßen Majorität des Magdeburger Parteitages sei es nun auchzu danken, daß die Budgetfrage im Sinne der Mehrheit ihreLösung fand. Die Mehrheit der Genossen lehne den Revisionismusab, allerdings zum großen Verdruß der bürgerlichen Parteien, dieschon die Spaltung der sogialdemokratischen Partei Deutschlandsals eine gegebene Tatsache in die Welt hineinposaunten. In zu-stimmendem Sinne über das Vorgehen des Genossen Haase äußertensich dann die folgenden Redner, darunter die Genossen Dr. Gott-schal k. Krüger, Borowski und Härtung. VornehmlichGenosse Gottschalk brachte zum Ausdruck, daß die Mehrheitden Disziplinbruch so und nicht anders behandeln mußte. Schließ.lich brachte Genosse Kohn unter lebhaftem Beifall der General-Versammlungsbesucher zum Ausdruck, daß er nach den Darlegungendes Genossen Haase anderer Meinung geworden sei. Er hoffe nun,die Willensäußerung der Magdeburger Mehrheit werde den Süd-deutschen im Interesse der Gesamtparteibewegung endlich dierechten Wege weisen.Die Versammlung nahm hierauf folgende Resolution ein»stimmig an:„Die Generalversammlung erklärt sich mit den Beschlüssendes Magdeburger Parteitages einverstanden und billigt das Vor.gehen der Königsberger Delegierten bei der Abstimmung überdie Budgetangelegenheit."Durch deu Vorsitzenden der Versammlung, Genossen Hart-w i g, wurde dann bekanntgegeben, daß Genosse Dw Gottschalk seinAmt als Vertreter Königsbergs im Bezirksvorstand niedergelegthabe.(Genosse Gottschalk übte in genannter Körperschaft die Funk-tionen deS Vorsitzenden aus.) Die Generalversammlung wähltean Stelle des Genossen Gottschalk den Genossen Otto Braunmit allen gegen eine Stimme.Straßburg-Laod.Im Wahlkreise Straßburg-Land beschäftigte sich eineParteiversammlung zu Schiltigheim mit dem MagdeburgerParteitag. Das Referat hatte der Straßburger Parteitagsdele-gierte Redakteur Schneider übernommen, der sich mit den Beschlüssen des Parteitages einverstanden erklärte bis auf dieBudgetsrage, wobei er sich besonders gegen die Beschlüsseder Mehrheit in der Nachtsitzung wandte. Ihm traten unter Villi-gung der Mehrheitsbeschlüsse, auch soweit der Antrag Z ubeilin Betracht kommt, der Reichstagskandidat des Kreises, GenosseFuchs, und Genosse Z i e g l e r- Bischheim entgegen, der erklärte,früher die Nürnberger Resolution in der Budgetbewilligungsfragenicht gebilligt zu haben, heute jedoch sei er mit der scharfen Ver-urteilung der Badenser voll und ganz einverstanden. In länge-rem Schlußwort vertrat Genosse Schnei der nochmals seinenStandpunkt. Um Mitternacht wurde die Abstimmung vertagt.Es lag nur eine Resolution vor, die sich mit den Beschlüssen deSParteitages in vollem Umfange einverstanden erklärt.—Auch in den anderen elsaß-Iothringischen Wahlkreisen ist noch keineendgültige Stellungnahme zu den Parteitagsbeschlüssen erfolgt.Der Bezirkspartcitag für das östliche Westfalen und die lippischenFürstentümerfand am Sonntag, 10. Oktober, in Salzuflen(Lippe) statt.ES waren aus 7 Wahlkreisen 81 Orte durch 135 Delegierte ver-treten. Außerdem waren mehrere Genossen anwesend als Ver-treter der Bezirksleitung, Preßkommission, Redaktion und Ge-schäftsleitung der„Volkswacht", der Reichstagsabgeordncte fürBielefeld-Wicdenbrück Genosse Severing, Landtagsabgeord»neter Schmuck- Lippe und Reichstagskandidat Becker- Lippeund für den Parteivorstand Genosse Pfannkuch- Berlin.Aus dem Geschäfts- und Kassenbericht des Jahres 1909/10sei folgendes hervorgehoben. Zum Bezirke gehörten bis 31. De-zcmber 1909 12 Reichstagswahlkreise. Davon sind ab 1. Januar1910 die drei Wahlkreise Münster-CoeSfeld, Lüdinghausen-Beckum-Warendorf und Tecklenburg-Steinfurt-Ahaus wegen ihrer Ent»Wickelung zu Bergbaubczirken dem Bezirk für das westliche West-falen angeschlossen worden. Der noch weiter nordwestlich gelegeneKreis Lingen-Meppen-Hümmling ist vorläufig dem Bezirke nochverblieben, doch ist bei der großen Entfernung und dem Mangelan Organisation in dem Kreise eine Agitation doch recht schwierig.Die Agitation gestaltete sich sonst lebhaft, insbesondereder Wahlrechtskampf, der den Organisationen viele neueMitglieder und der Presse neue Abonnenten zuführte. Auch dieBauarbeiteraussperrung wirkte aufrüttelnd. Eswurden 78 000 Flugblätter, über 20 000 Exemplare der„Volks»wacht" und außerdem ein Flugblatt„An die Tabakarbeiter" in30 000 Exemplaren verbreitet. Agitation s>v er s am m»lungen fanden in sechs Kreisen statt 113, außerdem über 700Mitgliederversammlungen und Besprechungen und 33 öffentlicheFrauenversammlungen. In den Wahlkreisen Warburg-Höxter,Paderborn-Büren und Lingen-Meppen-Hümmling besteht nochkeine Möglichkeit für Abhaltung von Versammlungen; in Lipp-stadt-Brilon ist sie noch sehr gering.Die Zahl unserer Vertreter in den Gemeinde- undStadtverordnetenversammlungen stieg von 83Ende Juni des Vorjahres auf 103 Ende Juni 1910. Es entfielenauf Bielefeld-Wiedcnbrück in 8 Gemeinden und in Stadt Bielefeldmit 13 Stadtverordneten in der 3. Klasse 39 Vertreter gegen 37im Vorjahre,-davon 4 in der 2. Klasse; auf Herford-Halle in 14 Ge-meindcn 23(13), davon 1 in der 2. Klasse; auf Minden-Lübbeckein 8 Gemeinden und Stadt Lübbecke 13(11); in Lippe in 10 Ge-meindcn und Städten 19(10); in Sckmumburg-Lippe 8(4),(Stadthagen, alle 0 Bürgervorstcher der 3. Klasse).Der Stand der Presse hat sich finanziell weiter ge»bessert und die Abonnentenzahl ist um 1148 gestiegen.Die Zahl der Mitglieder stieg von 7598 auf 9383, alsoum 1987— 26 Proz. Davon zählt Bielefcld-Wiedenbrück 3303gegen 4033 im Vorjahre, Hersord-Halle 1871(1220), Minden-Lübbecke 910( 709). Lippe 807(00?). Schaumburg-Lippe 299(280).Weibliche Organisierte waren insgesamt 382 gegen 318. Orts-gruppen bestanden am 30. Juni d. F. 94 gegen 73 am 30. Juni1009. In den übrigen 4 Kreisen besteht noch keine feste Organi-sation, doch sind dort insgesamt 127 zahlende Genossen gegen 125im Vorjahre vorhanden.Von der Zentralstelle des Bildungswesens inBielefeld wurde ein naturwissenschaftlicher Wauderkursus über:„Die Geschichte unserer Erde" in den Städten Minden, Herford,Bielefeld durch den Genossen Engelbert Graf- Berlin abgehalten.In einem zweiten Kursus in denselben Städten werden im Herbstvon diesem Redner die Themen„Vom llrtier zum Menschen",„DieEnttvickelung der Lebewesen" behandelt.- Di« Einnahmen und Ausgaben der 9 Wahlkreise beziffertensich inklusive der Kassenbestände insgesamt auf 31 523,30 M. gegen30 201,01 M. im vorigen Geschäftsjahre. Die Barbestände betrugenam 30. Juni 1910 3000,75 M.. gegen 7207,94 M. am 30. Juni 1009.Die erhöhten Beiträge werden-die Finanzgebarung wieder günstigergestalten. An den Parteivorstand lieferten die Kreise ab 4144,07Mark gegen 2514,19 M. in 1908/09.Die Bezirksleitung hatte an Einnahmen aus den 9 Kreisenzu verzeichnen 1513,92 M.: Zuschuß vom Parteivorstand 3380 M.und Kassenbestand 098,04 M.; mithin eine Gesamteinnahme von3794,30 M. Demgegenüber standen, an Ausgaben 1045,75 M. Zu-schüsse an 4 Wahlkreise(davon noch 050.73 M. an die drei ab-getrennten.Kreise); Beitrag zu den Kosten der Reichstagsersatz-wähl in Lüdinghausen-Beckum-Warendorf 192,80 M.; 3054,37 M.für Agitation und 981,00 M. diverse; zusammen 5273,98 M, Esverblieb ein.Kassenbestand von 320,38 M.Einige Anträge betr. die Agitation wurden angenommen be»ziehungsweise dem Agitationskomitee zur Berücksichtigung über-wiesen. Genosse Severing hielt zum Schlüsse ein Referat über dienächsten Reichstagswahlen._Soziales*Ostdeutsches Schulkindcrelend.Aus dem dieser Tage iu Lissa stattgefundenen„OstdeutschenFrauentag" wurde u. a. auch das Resultat der von den ostmärki-scheu Frauenvereinen veranstalteten Erhebung über die Schul-spcisungcn der BolkSschulkinder bekannt gegeben. Das Komitee hat012 Fragebogen an ebenso viel Gemeinden Ostdeutschlands versandt.Davon kamen 212 unbeantwortet zurück. Auf Grund der aus-gefüllten Bogen wurde festgestellt, daß in von den antwortendenGemeinden mit zusammen 820 000 Einwohnern kein erstes Früh-stück crbielten 4917 Kinder. Schulfrühstück erhielten 3332 Kinder,hauptsächlich in Danzig und Posen. Kaltes erstes Frühstück imElternhaus erhielten 1300 Kinder. Kaffee»nd Brot als Mittagerhielten 2071 Kinder. Warmes Mittagessen durch private Wohl-fahrtseinrichtungen erhielten 412 und von öffentlichen Speise-anstalten 1002 Kinder. Kein Abendessen bekamen 932 Kinder.Annähernd regelmäßig erhalten Bier 6302, Schnaps 830 Kinder.Diese grauenhaften Zahlen aus den ostdeutschen Städten unbDörfern demonstrieren deutlich die völlig unzureichenden Lohn-Verhältnisse der Arbeiter. Aber bürgerlichen Frauen bleibt dieseauf der Hand liegende Erklärung ein Rätsel. So führte in derDebatte Frau Friedländer-Breslmi diese erschreckenden Zuständedarauf zurück, daß„die unteren Volksschichten gar keine Kenntnisvon Kinderpflege und Kinderernährung haben". Diese tiefer alskindlich-alberne Ausfassung wäre der Frau Kommerzienrat erspartgeblieben, wenn sie eines Arbeiters Kind wäre oder sich die Mühegenommen hätte, die Einkommensverhältnisse der Eltern in Er-fahrung zu bringen. Sie hätte dann bemerkt, daß mancher Ar-beiter im Monat weniger verdient als eine Frau Kommerzienratin einer Minute für einen Hut ausgibt. Diese„Kenntnis" und„Ahnung" hätte die Frau Kommerzienrat sich schon aneignen sollen,bevor sie über die Dinge sprach. Sie sollte wissen, daß die„Kenntnis" und„Ahnung" alle Arbeiterfamilien haben, daß Essenund Trinken für Schulkinder sehr nötig ist, daß aber trotz allerKenntnis und Ahnung die Mittel zum täglichen Sattessen oftfehlen, obwohl Vater und Mutter von früh bis spät schuften müssen.Eine andere„ostdeutsche Frau", Frau v. Bismarck, empfahl fürArbeiterfamilien die Kochkiste zur Bereitung warmen Frühstücks.Wo die Mittel zur Füllung der Kochkiste herzunehmen sind, ver-schwieg die in„Wohltätigkeit" panschende Dame. Vielleicht däm-mert den Damen doch bei stärkerem Nachdenken die„Ahnung" auf,daß die künstliche Verteuerung der Lebensmittel durch gesetzlicheMaßnahmen und der Krieg gegen die Ausübung des Koalitions,rechts der Arbeiter die elende Lage der Kinder mitverschuldet.