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Kr. 245. 27. Jahrgang. 2. DtilM Ks Lswlills" Knlim AlksdlM Wtw-ch. 19. Omn 1910. Sechster österreichischer Gmerlsichafts- hongrek. (Schluß der Montagssitzung.) Zunächst erstattet Hueber den Rechenschaftsbericht der Reichs- Kommission i Die Krisis von 1908/09, die so scharf eingesetzt hat ist noch nicht übertounden. Aber sie hat finanziell die Gewerkschaften nicht erschüttern können. Kein Zentralverband ist genötigt ge- Wesen, fremde Hilfe imZlnspruch zu nehmen. In den drei Berichts jähren haben die Zentralverbände 6 340 000 Kr. für Arbeitslosen- And andere Unterstützungen ausgegeben, die Kampfcharakter tragen. vor 3 Jahren waren es nur 3 Millionen. Die Zeit eines Verhältnis- mäßigen Friedens mit dem Unternehmertum ist vorbei. Es laufen über 2000 Tarifverträge im kommenden Jahre ab, wir werden uns in Riescnkämpfen mit dem Unternehmertum zu messen haben. Mehr als 350 000 Arbeiter werden um die Erneuerung der Tarife kämpfen müssen. Wehe uns, wenn wir nicht geschlossen in diese Kämpfe eintreten! Die Zersplittcrer werden die Folgen tragen müssen, die Zeit wird kommen, wo die Arbeiterschaft von ihnen Rechenschaft fordern wird.(Beifall.) Die Gewerkschaftsorgani sation ist nickst auszurotten, sie kann es nur momentan schlecht l)aben. Sie wird alles überwinden, nicht weil die Führer es wollen nein da entscheiden die Arbeiter allein! Zum Schluß wird der Arbeiter doch zur Ueberzeugung kommen, wohin er gehört. Aus dem Bericht ist die erfreuliche Tatsache hervorzuheben, daß ein dauernder Mitgliederverlust nicht zu verzeichnen ist. Auch die Ab- splitterung der Tschechen hat nicht viel geschadet. Die gegenwärtige Situation ist so, daß die Mitgliederzahl aller Verbände im Steigen begriffen ist. Die Organisation der Jugend leistet uns gute Dienste. Sie hat uns 1600 Mitglieder zugeführt und hat selbst 7629 Mit- glieder. Wir wünschen, daß die Genossen die Jugendorganisation überall entsprechend unterstützen. Die gewerkschaftliche Organi- sation ist bis zu einem gewissen Grade eine bureaukratische, nur muß der Bureaukratismus so leicht erträglich wie möglich gemacht werden. Aber Organisationen, die Millionen verwalten, können nicht ohne allen Bureaukratismus bestehen. Wir brauchen gründ­liche und erfahrene Männer. Für Lohnkämpfe hat die öfter reichische Gewerkschaftsbewegung in den letzten Jahren 5Z� Milli. onen Kronen ausgegeben, doch nicht vergebens, denn für 146 000 Arbeiter wurden Lohnerhöhungen erzielt und für 65 000 Arbeiter Verkürzungen der Arbeitszeit. Der Kassenbericht der Reichskommission ergibt, daß sie 374 000 Kronen eingenommen und 343 000 Kr. ausgegeben hat. Für Schweden hat die Reichskommission 60 200 Kr. gesammelt, die Me tallarbciter allein außerdem 50 000 Kr. Ein Solidaritätsfonds, zur Abwehr größerer Angriffe des Unternehmertums wurde vor 3 Jahren geschaffen, läßt aber noch manches zu wünschen übrig. Näheres wird in der vertraulichen Sitzung mitgeteilt werden. Das bisherige System der Markcnabnahme ist nicht völlig zufrieden- stellend. Wie hoch der Fonds ist, sagt Redner, werde ich hier nicht angeben. Das braucht der Unternehmer nicht zu wissen und manche Organisation auch nicht, die da glauben würde, es sei nicht not- wendig, den Fonds noch weiter zu stärken. Für Ausbau und Unter stützung der Verbände geben wir nicht einen Knochen her.(Heiter keib) Wir lassen uns auch durch Versprechungen einer glänzenden Verzinsung nicht davon abbringen. Wir haben das Geld auf der Bank und nehmen lieber 1 Proz. weniger, haben es aber dafür stets zur Hand. Redner schließt mit dem Wunsche, daß die Arbeit der Kommission überall anerkannt werden möge.(Lebhafter Bei- fall.) Die eingelaufenen Aegrüßungsdepeschen werden verlesen, da- runter eine von Rudolf Merta in Brünn , der bedauert, daß er, obgleich von den zentralistischen Gewerkschaften delegiert, nicht teil nehmen kann. Merta ist Beamter der allgemeinen?lrbeiterkranken. kaff« in Brünn , deren Obmann der tschechische sozialdemokratische Landtagsabgeordnete Wanjek, der bekannte Führer der Separatisten, ist, und es ist dem Genossen Merta der Urlaub zur Teilnahme am Kongreß verweigert worden.(Entrüstungsrufe.) Als Grund wird angegeben, daß Merta Mitherausgeber des zentralistischen Abwehr- blattesProletar" und Vorsitzender der zentralistischen«Brünner Gewerkschaftskommission sei, die an erster Stelleden Kampf gegen die Einheitlichkeit der tschechischen Partei" führen. Unter lebhaften Kundgebungen geißelt der tschechische Genosse Viktor Stein-Wien dieses unerhörte Vorgehen Wanjeks und er be- antragt die Absendung eines Sympathietelegramms an Merta, worin d-ieser nochmals zur Teilnahme am Kongreß eingeladen wird. Der Kongreß beschließt einstimmig die Absendung dieses Tele- gvamms. Im Namen der tschachisch enorgamsierten Arbeiter Nieder Lsterreichs spricht Dolezal-Wien , der den Kongreß begrüßt und sagt, daß die tschechischen Arbeiter in ihrer überwältigenden Mehr heit an der internationalen Gesinnung unverbrüchlich festhalten, daß sie die Einheitlichkeit der Organisation über alles andere stellen und daß sie vom Kongreß erwarten, daß er im Zeichen der Einheit tagen und aussprechen werde, daß alle Feinde der gewerkschaftlichen Einheit Schädiger des Proletariats sind.(Lebhafter Beifall.) Hierauf erstattete Abgeordneter Rudolf Müller vom Eisen bahnerverband den Bericht über die Tätigkeit des Arbeitsstatistischen Amtes im Handelsministerium, Abgeordneter Widholz den über die Tätigkeit der Unfallverhütungskommission und Hueber den über die Tätigkeit des Wasserstraßenbeirates. Die Weiterverhandlungen werden auf morgen(Dienstag) ver tagt. -.' Wien , 18. Oktober. (Telegraphischer Bericht.) Zweiter Tag. Den Vorsitz führt H a n u s ch. Der Kongreß erteilt der Reichskommission zunächst einstimmig Decharge. Auf dem Kongreß sind anwesend 314 Delegierte der Verbände und Vereins mit 359 150 Mitgliedern, ferner 19 Delegierte der Orts- Lokalverbände und Kommissionen, 55 Vertreter der Redaktionen der Fachblätter, 17 Milglicder der Gewerkschafts kommission, 6 Landessekretäre und 28 Gäste, zusammen also 439 Personen. Kampf um die Einheit der Gcwerkschaftsorganisation. Referent Hueber: Nun sind wir zum wichtigsten Punkt «nserer TngeSordnung gelangt. HuySmans hat uns gestern aus der Stimmung der Prager Genossen mitgeteilt, daß sie zum Frieden geneigt seien.Die Borschaft höre ich wohl, allein mir fehlt der Glaube I'(Sehr richtig.) Adler hat uns dargelegt, den guten Willen zum Frieden zu haben, aber die Frage ist doch die, ob der gute Wille allein auch genügt. Ich habe die Be- fürchtung, daß es hüben und drüben sich nicht nur um das Wollen, sondern bereits auch um das Können handelt. Die tschechischen Genossen haben immer gesagt, wir sind zu Verhandlungen, zum Frieden geneigt. Aber diese Bereitschaft zu Verhandlungen ist man erst dann in der Lage zu beurteilen, wenn man die Hand- lungen unserer tschechischen Genossen von der Nähe ansieht. ES scheint mir. daß sie sich hier an das Rezept halten: Und willst Du uicht mein Bruder sein, so schlag ich Dir den �Schädel �ui>.s Heiterkeit.) So ähnlich wird es nämlich gegenüber den tschfchischei» Zentraliften gehandhabt. In Kopenhagen ist der Kampf «ntbranüt, aber der Konflikt besteht, so lange wir die Gewerkschafts- »rgonisaiion in Oesterreich haben, seit jener Zeit, seitdem die po- litische Parteiorganisation getrennt worden ist.(Sehr richtig!) Der Redner gibt eine eingehende Darstellung der geschichtlichen Entwicklung der Gewerlschafts- und Parteiorganisation in Oesterreich , um diese Be- hauptung zu beweisen. Das war in all diesen Jahreu, daß die tschechischen Genossen nicht vom Standpunkt der Forderungen der Gleich- bercchtiguug und des Bedürfnisses, nicht von den gewerkschaftlichen Notwendigkeiten ausgingen, sondern in ihren Forderungen imnier rein nationale Momente hervorkehrten, gegen die sich die Gewerk- schaften stemmen mußten. Sie behaupten, daß die deutschen Ge- nossen die Gewerkichaftsorganisation. zur Germanisierung benutzen. Dies wurde schon im Jahre 1904 in einem Briefe an das Internationale Bureau ausgesprochen. Ein solch schwerer Vorwurf mußte uns verletzten, weil er abiolut unbegründet war. Alle sprach- ticken und kulturellen Bedürfnisse der tschechischen Genossen haben wir erfüllt, bei Kämpfen haben wir niemals gefragt, ob der Unter- nehmer ein Deutscher oder ein Tscheche sei, sondern wir sagten uns, wenn er ein Protz ist, müssen wir alle Kraft anwenden, um seine Protzerei zu überwinden. Bei allen Streitigkeiten sagten die Tschechen: Gebt uns das und jenes und wenn das erledigt ist, werdet Ihr Frieden haben. Man hat gegeben, was man gebe» konnte, nur das nicht, was die einheitliche Führung des Kampfes unmöglich gemacht hätte. Daran sind alle Vermitte- lungsversuche gescheitert. Die Delegierten werden ja berichten können, wie wir den sprachlichen und kulturellen Bedürfnissen Rech- nung getragen haben. Nur auf dem einen beharrten wir, auf dein gemeinsamen Rahmen der Organisation, auf der Einheitlichkeit und auf der Gemeinsamkeit der Verwaltung unserer Kriegsfonds. Als man das ablehnte, mußte natürlich die Trennung sich vollziehen. Es ist heute so, daß bereits nur noch die Eisen- bahuer nicht gespalten sind. Wie lange noch, weiß ich nicht. Man hat jetzt auch die Bergarbeiter, wenn auch nicht offiziell, so doch faktisch bereits gesprengt, und unter welchen Formen hier die Spaltung sich vollzieht, darüber werden Ihnen die Bergarbeiter- delegierten selbst Mirteilung machen. Traurige Zustände sind ein- gerissen. Aber nicht nur traurig für uns. Unmittelbar trifft unS das Vorgehen der tschechischen Separatisten nicht. Wenn man den Leuten den Rat gibt, so und so die Gelder verwalten zu lassen und das zu einer besonderen Moral erhebt min so lange sie mit uns losschlugen, war es ja gut. Wenn sie aber von uns los sein werden, wird die Sache anders aussehen. Die Leute werden sich an diese Moral gewöhnt haben und der Spieß wird sich dann gegen sie wenden. Es ist bedauerlich, daß eine sozialdemokratische Partei zu einem solchen Mittel greift.(Lebhafter Beifall.) Das, was jetzt in die tschechische Arbeiterschaft hineingetragen ivird, wird sich furchtbar an der sozialdemokratischen Partei rächen. Unsere gute Erziehung der Arbeiterklasse hat es mit sich gebracht, daß bis heute noch jede andere Strömung von den Gewerkschaften fern geblieben ist, daß noch keine Strömung entstanden ist, die sich direkt gegen die Partei gewendet oder Neutralität zum Prinzip erhoben hätte. Das Schlag- wort«Weg von jeder politischen Partei' ist unS fern geblieben. Aber man sündigt schon zu viel auf den guten Sinn der Arbeiterschaft hin. Die Gewerkschaften können nicht allein von den politischen Notwendigkeiten der Partei geleitet worden. Dagegen hat sich Bebel gewendet, dagegen haben sich alle führenden Genossen gewendet. Wohl soll bis zu einem gewissen Grade Einheit zwischen der Partei und der Gewerkschaft bestehen. Aber daß die Gewerkschaften unter eine gewisse Parteidiktatur gestellt werden, das verträgt dieser große Körper nicht mehr.(Stürmischer Beifall.) Dieser Zustand ist nun bei der tschechischen Partei eingetreten. Die tschechischen Gewerkschaften sind untergeordnet und eingezwängt unter die politischen Notwendigkeiten der tschechischen Partei, und zwar ist diese Notwendigkeit nicht unmittelbar eine soziale Not- wcndigkeit, sondern sie ist eine nationale Notwendigkeit. Wir sind ausrichtig bemüht, daß die Genossen mit heiler Haut herauskommen aus dem, was sie sich selber angezettelt haben. Auf dem Kongreß in Kopenhagen ist unser Standpunkt von den hervorragendsten Vertretern des internationalen Sozialismus ge- billigt worden. Wir haben den Kongreß angerufen nicht, um die Tschechen anzuklagen, sondern um sie unter seinem Einfluß wieder auf den richtigen Weg zu führen. Wir wollten ihnen durch, eine internationale Entscheidung den Weg zurückbahnen, daß sie ihren Genossen sagen konnten: Sehet, so hat die Jnter- nationale entschieden, vielleicht waren wir im Irrtum. Von heute auf morgen ioerden wir unsere Organisationen nicht auflösen, aber dem Beschluß der Internationale müssen wir Rechnung tragen und ihn im Laufe der Zeit durchführen. Daß es ganz anders gegangen ist, wissen sie. Ich fürchte, man kann drüben nicht mehr zurück, weil eS sich schon nicht mehr um die Frage der Organisationsform handelt, sondern Gegensätze, prinzipielle Gegensätze(stürmischer Beifall) gewerkschaftlicher und politischer Art vorhanden sind. Daß wir den Willen zum Frieden haben, ist sicher; aber zu einem Frieden, der möglich ist, einem Frieden, der die Schlagfertigkeit und Kraft der gewerkschaft - lichcn Organisation nicht unterbindet. Ein Friede, der das nicht bringt, ist unmöglich, und schade um die Zeit, die wir daransetzen, um zu verhandeln. Von jenem Geist sind wir beseelt, und wenn die tschechischen separatistischen Genossen gegen uns den Verdacht hegen, daß wir in dieser Stunde von den Politikern geleitet werden, so irren sie. Der Redner legt folgende Resolution bor : Der sechste ordentliche Kongreß der Gewerkschaften Oester reichs begrüßt den Beschluß des Internationalen Sozialisten� kongresses in Kopenhagen , der die einheitliche gewerkschaftliche Organisation in allen Staaten richtunggebend gemacht hat. Die Weisung der Vertreter der Sozialdemokratie der Welt entspringt nicht nur der theoretischen Erkenntnis allein, sondern ist vielmehr aus den praktischen Erfahrungen aller Kämpfe, die das Prole- tariat um mehr Brot und Kultur in allen Staaten, in Oester- reich insbesonders, führen mußte, hervorgerufen worden. Es ist festgestellt worden, daß die Organ isqtions form der Gewerkschaft kein lehrer Rahmen ist, sondern einen wesentlichen und grund- sätzlichen Inhalt enthält, die Konzentration der Mittel und Kräfte in sich trägt, die dem kämpfenden Proletariat den Erfolg leichter zu erringen vermag, als durch das getrennt Marschieren und vereint Schlagen. In einer Zeit der wachsenden Macht des international organisierten llnternehmertums, der Groß-, Mittel- und Kleiniiidustrie, der Beherrschung der Industrie durch Trusts und Banken des In- und Auslandes, wäre es ein ver- hängnisvolles Beginnen, wenn die Gewerkschaften Oesterreichs auf die einheitliche Führung des Kampfes der organisierten Ar- beiterschaft sowohl im Angriff, wie ist der Abwehr verzichten wollten, und deshalb verzichten wollten, weil nationale Wirrnisse sich dieser Einheitlichkeit entgegenstellen. Von dieser Erkenntnis durchdrungen beschließt der Kongreß, an den grundsätzlichen Be- dingungen der einheitlichen organisatorischen Führung der ge- werkschaftlichen Kämpfe aller Art, sowie der Verwaltung der finanziellen Mittel für diese Kämpfe festzuhalten und hiervon nicht abzuweichen. Ter Kongreß billigt, daß die Reichskommission im Sinne des Kopenhagencr Beschlusses ihre Zustimmung zur Beschickung der Einigungskommission, die von der gesamten Exekutive der Sozialdemokratie in Oesterreich in Vorschlag ge- bracht wurde, gegeben hat. Die Reichökommission ließ sich bei der Beschlußfassung über die Beschickung der Einigungskommission von dem Grundsatz leiten, bor dem Gewerkschaftskongreß einer Pflicht der Internationale gegenüber und den Notwendigkeiten der gegenwärtigen Situation zu entsprechen. Anders beurteilt die Prager Kommission die Wichtigkeit des Zusammentritts dieser Einigungskommission, indem sie sich die Beschickung dieser Kommission erst nach der Abhaltung des tschecho-slawischen Kon- gresses vorbehält. Die Hinausschiebung des Termins der unver- bindlichen Aussprache über die prinzipiellsten Streitfragen, die für den Kongreß der Zentralverbände sowie für den Kongreß der tschecho-slawischen Organisationen von größter Bedeutung sind, läßt eine Friedensstimmung bei den Separatisten leider nicht erwarten. Die willkürliche Ausschließung guter und fm Dienste der Arbeiterschaft ergrauter Parteigenossen, die rück- sichtslose, jeder Verantwortung bare Sprache der tschechischen Parteipresse in Böhmen und Mähren benimmt fast jede Aussicht, einen dauernden Frieden auf diesem Wege zu erreichen. Mit Rücksicht jedoch auf den Beschluß des Kopenhagener Jnternatio- nalen Kongresses ermächtigt der Gewerkschaftskongreß die Reichs- gcwerkschaftskommission, falls die Prager Gewerkschafts- kommission geeignete Verhandlungsvorschläge macht, in Unter» Handlungen einzutreten. Sollten diese Verhandlungen dann zu einer die Gewerkschaften befriedigenden Lösung nicht führen, so würde den Zentralverbänden der Kampf um ihre Einheit aufgezwungen werden. So schmerzlich dieser Kampf sein würde, so müßte er leider in Oesterreich durchgefochten werden. Der Kongreß richtet daher an alle Arbeiter aller Nationen den Appell» an der Zentralisation der Organisation festzuhalten, die allein den siegreichen Kampf gegen das übermächtige Kapital in Gegen- wart und Zukunft dem Proletariat in Oesterreich verbürgt. Es lebe die internationale Organisation des klassenbewußten Prole- tariats in Oesterreich !" Sie glauben, es sind Widersprüche und Kompromisse in der Resolution enthalten. So steht die Frage nicht. Wir sind als Sieger von Kopenhagen wegogegangcn und wir wollen die Geschlagenen nicht demütigen, sondern' unseren tschechischen Genossen den Weg zeigen, der zur Einheit führt.(Lebhafter Beifall.) Das kann durch ein Uebergangsstadium ermöglicht werden. Was wir vor- schlagen ist noch kein Kompromiß, sondern der Weg dazu. Ein Kompromiß ist noch weit weg. Erst werden die Verhandlunecn stattfinden, und die werden erst zeigen, ob ein Kompromiß mögi.ch ist. Da werden unsere tschechischen Genossen selbst zu sagen haben, wie sie sich den Weg zur Einheit in der Organisation vorstellen. Lehnen sie das ab, ja dann haben wir unser Letztes getan. Sie haben unseren guten Willen gesehen. Aber der Versuch muß jetzt unternommen werden. Wir werden auf diesem Kongreß vielleicht heftigen Widerstand finden, besonders bei den tschechischen Ge- nossen, die glauben, daß wir von dem, was der Kongreß beschlossen hat, jetzt etwas nachlassen wollen. Das ist ein Irrtum. Von dem. ivas uns das wichtigste ist, von der Einheit der Organisation, lassen wir nichts ab. Sie glauben, jetzt sei unter allen Umständen die Einheit zu brechen; wir glauben, daß ein Uebergangsstadium ge- schaffen werden muß. Das sind beide Meinungen, und dessen bin ich gewiß, daß die Meinungen hier aufeinanderplatzen. In anderen Ländern ist eine andere EntWickelung. In anderen Staaten haben wir den Syndikalismus und den Anarchismus, und anderwärts haben wir die Neutralität, die so weit führt, daß man mit den Bürgerlichen geht. Wir haben unser östereichisches Erbübel. Viel- leicht ist es gut, daß der Nationalismus jetzt dreingeschlagen hat, damit wir den Prozeß schneller überwinden. Vielleicht wäre«r noch furchtbarer und zerstörender, wenn er später käme. Heute halten wir ihn noch auf, und ich glaube, wir werden ihn über- winden. Wollen das die Genossen drüben nicht, dann bleibt natür- lich nichts übrig als Kampf, aber 51ampf nicht nur als gewerkschaft- licher, sondern dann muß der Kampf auf der ganzen Linie, auch politisch, entbrennen.(Stürmischer Beifall.) In der Diskussion beantragt Bartun ek(Tscheche, Wien ), die Resolution einer Kommission von 20 Mitgliedern zu über- weisen, um ihr eine verschärfte Fassung zu geben. W e s k a- Brünn beantragt, alle Beziehungen mit den Or- ganisationen abzubrechen, die ihre Beiträge an die tschechische Ge- Werkschaftskommission in Prag abführen. R o n a k- Wien verliest folgende Kundgebung der tschechischen Delegierten: Die tschechischen Delegierten zum sechsten Gewerkschafts- kongretz in Wien haben bei ihrer, am 17. Oktober 1910 ab- gehaltenen Beratung folgende Kundgebung beschlossen: Nach dem Kvpenhagener Beschluß über die gewerkschaftliche Streitsrage in Oesterreich wurden gegen Genossen Dr. Adler verschärfte, in der sozialistischen Betvegung unerhörte Angriffe rein persönlicher Art gerichtet. Die Absicht dieser Handlungsweise ist klar. Durch dies« Angriffe soll Genosse Dr. Adler eingeschüchtert und dazu gebracht werden, gegen uns den Wünschen der tschechischen Separatisten gemäß Stellung zu nehmen. Der scheinbare Grund dieser Angriffe ist die von Genossen Dr. Adler im Namen der tschechischen Zentralisten in Kopenhagen gehaltene Rede. Wir danken Genossen Adler für seine zutreffenden und männlichen Worte, die aus sozialistischer Ueberzeugung gesprochen wurden und ganz im Einklang waren mit der bisherigen Tätigkeit des Genossen Dr. Adler. Gerade diese seine Tätigkeit berechtigte und berechtigt ihn, Anerkennung, Dankbarkeit und Vertrauen fordern zu dürfen. Das Lebenswerk des Genossen Dr. Adler, die Einigung des Proletariats in Oesterreich zu einer einheitlichen Bewegung, ist hoch erhaben über jede hämische Kritik und wird von der gesamten Internationale anerkannt. Nur in der tschechi - schen Partei werden gegen ihn Angriffe gerichtet, und zwar um so schärfere, je weniger Erfahrung in Organisationsarbeiten die Urheber haben, je weniger Verantwortung sie für ihre Hand- lungsweise zu tragen haben. Wir aber, die wir mit unserem Blut und mit unserer Gesundheit die Organisationen aufgebaut haben, die wir seit Jahrzehnten die Tätigkeit des Genossen Adler verfolgen, die wir wissen, was er für das gesamte Proletariat in Oesterreich und für das tschechische im besonderen vollbracht hat, halten die gegen ihn gerichteten Angriffe für Veschmutzungen der Ehre der tschechischen sozialdemokratischen Arbeiterschaft, die mit Achtlinig zu dem Manne ciuporblickt, dessen Leben dem Wohle des Proletariats gewidmet war und ist. Sie dankt den: Genossen Dr. Adler für alles, was er für die?lrbeiterschaft vollbracht hat, sie versichert ihm, daß die gesamte sozialdemokratische tschechische Arbeiterschaft von Hochachtung und Vertrauen zu ihm erfüllt ist, sie ersucht ihn, er möge die groben Angriffe nicht für Kund- gedungen der Arbeiterschaft, sondern nur als Kundgebungen von einzelnen Unveranttvortlichen bewerten. Wir erwarten vom Ge- nossen Dr. Wler, daß er, getragen von dem Vertrauen der tschechischen Arbeiterschaft, auch weiterhin die schwere Aufgabe eines Führers der Sozialdemokratie, in der er sich so glänzend bewährt hat, erfüllen wird. Auf die tschechische Arbeiterschaft kann er absolut rechnen." Dr. Adler dankt den tschechischen Genossen, die die Resolu- tion eingebracht haben, aufs herzlichste. Meine Person ist mir gleichgültig bei all diesen Angriffen. Meine lieben Genossen aus Prag , ich sage das in vollem Ernst. Denn mit den Genossen, mit denen wir heute die Differenz haben, habe ich seit 25 Jahren Schulter an Schulter gearbeitet und gekämpft. Sie kennen mich genau und wissen ganz gut, daß das den Alten gar nicht geniert, daß er einen breiten Buckel hat, und daß sie sich da etwas erlauben können.(Heiterkeit.) Ich glaube auch nicht, daß sie mich ein- schüchtern wollen, unter den vielen Tugenden und Lastern, die ich habe, ist Schüchternheit nicht.(Heiterkeit.) Um etwas ganz anderes handelt es sich. Man wünscht die zentralistischen tschechischen Ge- nossen in dem Licht erscheinen zu lassen, als wären sie nicht selb- ständig, als würden sie geschoben und beeinflußt von der deutschen sozialdemokratischen Partei in Wien und von der Gewerkschafts- kommission in Wien , die man in Prag als deutsche Kommission bezeichnet, während sie in Wahrheit eine internationale Kommission ist und war und sich immer ihrer internationalen Pflichten be- wüßt war. Ich fiihle mich nicht durch die Mißtraucnsresolution getroffen. Ich bin überzeugt, die tschechischen Genossen in Prag meinen es mit dem Mißtrauen gar nicht so schlimm. Sie haben ini Gegenteil großes Vertrauen zu der Liebe, die ich für alle Parteigenossen, auch für die Separatisten, habe. Sie haben so felsenfestes Vertrauen zu mir. daß sie wissen, sie können mich in dieser Liebe durch die Äißtrauensresolution nicht erschüttern. Den tschechischen Genossen hier sage ich, sie machen die bittersten Tage