erfüllen wolle. Seit VestreSungen aus eine weitere Ausdehnung der sozialpolitischen Gesetzgebung energisch entgegentreten. Die„Deutsche Volkswirtschaftliche Korrespondenz", die be- kanntlich zu großindustriellen Kreisen sehr nahe Beziehungen unterhält, stellt der Leitung des Hansabundes geradezu ein Ultimatum, indem sie schreibt: „Der Hanscrbund hat sich während seines einjährigen Be- stehens Schritt für Schritt und ohne Unterlaß von den- jenigen Absichten entfernt, die die Mehr- zahl seiner Gründer aus Industrie und Ge° werbe hegten. Einig war man sich allgemein in dem Bestreben, für Gewerbe, Handel und Industrie eine gemein- scrmc Vertretung zu schaffen, die danach streben sollte, dem Einfluß dieser EriverbSgruppen in den Parlamenten, in der Gesetzgebung und Verwaltung und im gesamten öffentlichen Leben diejenige Erweiterung zu verschaffen, die ihm von Rechts wegen gebührt. Deshalb fand sich auch sofort der allergrößte Teil unserer Industriellen bereit, die Ziele des Hansabundes zu unterstützen. Sie setzten dabei voraus, daß an unserer Wirtschaftspolitik zum Schutze der natio- nalen Arbeit, dem Vermächtnisse Bismarcks, nicht ge- rüttelt werde; sie setzten ferner voraus, daß in der Be- kämpfung der Sozialdemokratie nicht ein Stillnano eintrete, sondern mit gesteigerter Energie fortgefahren werde. Es ist noch nicht ent- schieden, ob beide Voraussetzungen vom Hansabunds jetzt als irrige bezeichnet werden werden, aber das hat sich bereits ge- zeigt, daß im Hansabunde mächtige Gegner dieser beiden Pro- grammpunkte sich finden. Hier wird es unbedingt zu einer Auseinandersetzung kommen müssen.... Bei den jetzt beginnenden Herbstversammlungen unserer » großen industriellen Vertretungen wird die Hansabundfrage eine große Rolle spielen. ES werden sich ganze Gruppen unserer industriellen Vereine und Verbände vereint an den Hansa- bund mit einem geschlossenen Kreis von Anfragen wenden, auf die der Bund endlich eine klare Antwort wird geben müssen. Dabei wird auch die Frage nach der Stellung des Bundes der Landwirtschaft nicht mehr mit all- gemeinen Wendungen oder gar der Versicherung ästhetischen Wohlgefallen? am Landleben beantwortet werden können. Auch wird dem Gründer des Hansabundes, Herrn Geheimen Justiz- rat Rießcr, dabei nicht derhelt werden, daß der von ihm wie von allen Industriellen ohne jede Ausnahme be- klagte Gang unserer Fabrik- und Gewerbe- - gesetzgebung nicht von einer„agrar-demagogischen Rich- tung" gemacht worden ist. Die konservativen Parteien und unsere agrarischen Interessenvertretungen haben sich seit Jahren als Gegner dieser„sozial" genannten, in Wahrheit die Massen umschmeichelnden und unternehmerfeindlichen Fabrik- und Gewerbegesetzgebung erwiesen." Die„Rhein.-Westf. Ztg." druckt diese Aeußerung ohne ein Wort der Kritik an der Spitze ihrer Nr. 1166 ab. Das Organ der Kohlen, und Hüttenmagnaten ist also mit dem Ultimatum einverstanden._ Flottenpatriotische„Bescheidenheit". Unsere Wasscrpatriotcn sind in der letzten Zeit auffallend zurück- haltend gewesen. Offenbar erscheint es ihnen unzweckmäßig, vor den Neuwahlen zum Reichstage die Masten zu beunruhigen. Auw hegen unsere Floltentreiber das feste Zutrauen zur Regierung, daß sie auch ohnehin in ihrem Sinne handeln wird, wenn nur erst ein- mal die fatalen NeichStagSneuwahlen vorüber sind. Bei dieser Taktik der vorsichligcn Zurückhaltung verdienen die Ausführungen besondere Bcachwng, die kein Geringerer als der Präsident deS„Deutschen Floltenvereins", Großadmiral v. Köster, am Sonntag in Eisenach gemacht hat. Herr v. Köster bedauerte, daß der Grundsatz des Flotten- gesetzes, daß von der Rescrveschlachtflotte die Hälfte der Linienschiffe und Kreuzer dauernd in Dienst gehalten werden solle, leider noch nicht durchgeführt worden sei. Und zwar aus Mangel a n P e r s o n a l, der seinerseits wiederum auf die Geldfrage zurückzuführen sei. Gerade die außerordentliche technische Kam- pliziertheit unserer modernen Kriegsschiffe mache es aber zu einer Notwendigkeit, daß die Hälfte der betreffenden Schiffe auch tatsächlich in Dienst gehalten werde. Aber der Generalissimus deS FlottenvereinS forderte dergestalt nicht nur eine Vermehrung des Personals, sondern auch eine Beschleunigung der Schiffsbauten über das von dem Flotlengesetz vorgesehene Tempo hinaus. Da die Kreuzer der Hertha-Klaste, meinte er nämlich, durch ihre Umwandlung in Schulschiffe, in„schwimmende Gymnafien", eigentlich aus der Zahl der Kreuzer ausgeschieden seien, empfehle es sich, zu ihrem Ersatz von 1912 ab jährlich einen Panzerkreuzer mehr zu bauen l Das wäre in der Tat für unsere Panzerplattenpatrioten sehr hübsch, wenn für die drei geschützten Kreuzer der Hertha-Klaste mit ihren 5000 Tonnen Deplacement von 1912—1914 drei Panzer krcuzer von je 20 000 Tonnen Deplacement in Bau ge- geben würden! Das würde ja auch„nur" 150—180 Millionen mehr kosten! Wenn unsere Flottenpatrioten schon vor den ReichStagSwahlen so„bescheiden" sind, kann man sich ungefähr vorstellen, mit welchen Forderungen sie erst nach den Wahlen kommen werden! Wer kauft ciu— Laudtagsmandat? Stimmenkaus und Mandatsraub sind kriminelle Vergehen— in der Theorie. Wie in der Praxis Mandate erpreßt werden, ohne daß die Erpresser von dem Arme der Gerechtigkeit erfaßt werden, darüber findet man in den Akten des Reichstages und des Abgeordnetenhauses massenhaft Material. In de» gottgesegneten Gefilden Mccklen- burgs ist— die Mandatserpressung allerdings nicht nötig, da kann man ganz ungeniert Mandate kaufen; sie werden ausgeboten wie— adlige Fräuleins für reiche Industrielle und verlvlterte Junkcr für goldichwere Bürgertöchier. Im—„V. T." liest man folgendes Inserat: Rentables Rittergut in Mecklenburg zirka 3000 Morgen swo- von 720 Wiesen u. 350 guter Forsts, vornehmer Herrschaftssitz mit allem Komfort, In Wirischaftsgebaude, hervorrag. leb. u. tot. Inventar, brill. Jagdverhältn., erlrogr. Bod., mod. Brennerei sKont. 70 000 Ltr.) bei 250 000 M. Auszahlg. verkfl. Fester Preis 4 060 000 M. Erwerber erhält Sitz im Landtage. � Selbstrefl. näh. AuSk. kostenlos durch Martin Hansen. Rostock i. M., Karlstr. 21. Wer daS nötige Kleingeld hat, kann Gesetzesmacher werden. Glückliches Mecklenburg !_ Herr v. Jagow im Londoner Nebel. Aus London wird uns geschrieben: Herr v. Jagow läßt sich hier von allen und jedem interviewen. Jedem neuen Zeitnngsberichterstatter bindet er in der Art eines jovialen und selbstbewußten Weinreisenden eine andere Geschichte auf. Das englische Publikum amüsiert sich köstlich über diesen preußischen Granden, der nach einer Stunde vergessen hat, was er dem letzten Journalisten gesagt hat. Dem Berichterstatter der .Evening News" teilte er gestern mit:»Ich habe die Methoden studiert� die hier angewendet werden, um die Polizisten zur Ausübung ihrer schwierigen Pflichten zu schulen. Sie sind aus- gezeichnet und ich bewundere sehr Ihre großen, starken, behaglich aussehenden und augenscheinlich freundlichen Konstabler bei der Arbeit. Sie sind unseren Leuten sehr ähnlich; denn," fügte er lachend hinzu,„ick, kann Sie versichern, daß die Berliner Polizei daS Publikum nicht schikaniert. Wie in London , so ist es in Berlin : wer sich ordentlich aufführt, wird ordentlich behandelt." Der Journalist wird bei diesem Satze an seinen Berliner Kollegen gedacht und sich auf die Zunge gebiffcn haben. Pikant ist auch die festgestellte Aehnlichkeit der Berliner mit der Londoner Polizei. Jetzt weiß man, weshalb Herr v. Jagow zu dieser JahreS- zeit, in der sich die dicken„Erbsensuppennebel" über die Weltstadt ausbreiten, nach London gekommen ist. In der Nacht sind alle Katzen grau: und im Nebel sieht ein Polizist wie der andere aus. Doch mit den Berliner Polizeimätzchen kommt man in England nicht sehr weit. Die elsah-lothringische Verfassnngsfrage. Die„Straßburger Neue Zeitung" läßt sich aus Berlin telegra- phieren, daß die Entscheidung über die elsaß -loihringische VerfassungS- frage, mit der sich bekannllich das preußische StaatSministerium in seiner letzten Sitzung beschäftigte, noch nicht gefallen sei. Sie wäre vielmehr auf unbestimmte Zeit vertagt worden, da sich MeinungS- Verschiedenheiten innerhalb des Ministeriums sowie bei einigen großen Bundesstaaten über das Wahlrecht und die Zusammensetzung der Ersten Kammer ergeben hätten. Auch über daS Stimmrecht im Bundesrat hätte man sich nicht einigen können. Der Protest gegen das System Moabit . Am Freitag tagten in Elberfeld und Barmen zwei imposante Protestversammlinigen, in denen die Genossen Müller und Ludwig- Hagen unier stürmischen ZustimmunaSkundgebungen referierten. Begeistert wurden zum Schluß die Marseillaise und die Internationale gesungen. Einstimmig wurde eine scharfe Protest- resolution angenommen._ Ocrterrcicb-Qngarn. Gegen die Teuerung. Budapest , 24. Oktober. Die von der sozialdemokratischen Partei gestern veranstaltete Protestkundgebung gegen die zu- nehmende Teuerung der Lebensmittel und die Steigerung der Wohnungsmietcn bewegte sich in r i e s i g e n D i m e n s i onen. An dem Protestspaziergang beteiligten sich über 100(XX) Personen. wobei es sowie bei dem nachherigen Meeting zu äußerst scharfen Kundgebungen gegen dieAgrarier und Wohnungswucherer kam. Prag , 24. Oktober. (SB. T. B.) Gestern fand hier ein großer Demonstrationsumzug der Arbeiierschaft als Protest gegen die Fleischteuerung statt. Ungefähr 50 000 Personen nahmen daran teil. Die Redner, die auf der Straße sprachen, verlangten die Oeffnung der Grenze. Zu Zwischenfällen kam eS nicht. kcbtvefe. Bolksadstimmnng. Zürich , 24. Oktober. (Privattclegramm des„Vorwärts".) Bei der gestrigen Volksabstimmung über das Jnitiaftvbegehren. das die Einführung der P r o p o r t i o u a l w a h l zum Nationalrat fordert, wurden f ü r den Proporz 238 923 Stimmen. dagegen 262 066 Stimmen abgegeben. Es fehlten also bloß zirka 24000 Stimmen, und der Proporz wäre angenommen gewesen. Diese große Minorität bedeutet auch für optimistische Erwartungen eine angenehme Ueber- raschung; beweist sie doch, daß dem Proporz die Zu- kunft gehört. Die freisinnige Presse ist über das Resultat auch ganz verzweifelt, während die Anhänger des Proporz, vor allem die Sozialdemokraten, daraus die Konsequenz ziehen werden, die Agitation für das gerechte Wahlrecht mit noch größerer Energie und Intensität fortzusetzen. Der Sonntag brachte übrigens auch.unseren Züricher Genossen einen schönen Erfolg, indem Genosse Pfarrer P s l ü g e r mit 15 444 gegen 13 837 Stimmen zum Stadt- rat gewählt wurde._ franltreicb. Uubnßfertig. Paris , 23. Oktober. Die Bediensteten der staatlichen West bahn, welche dem Mobilisierungsbefehl keine Folge geleistet hatten und von der Militärbehörde mit zwei bis acht Tagen Gefängnis bestraft worden waren, beschlossen, sich morgen früh in geschlossenem Zuge nach der in der Nähe des St. Lazare-BahnhofS gelegenen Peptniere-Kaserne zu begeben, um dort ihre Strafen anzutreten. Man be- fürchtet, daß es hierbei zu Straßenkundgebungen kommen wird._ Ein SammlungSverbotA Paris , 24. Oktober. Der Bürgermeister von AmienS hat eine öffentliche Gelbsaminlung zugunsten jener Eisenbahner der- boten, die wegen der Teilnahme am Ausstand oder Nichtbsfolgung deS MobitisierungSbefehls entlasten worden sind. Portugal » Trennung von Kirche und Schule. Lissabon , 23. Oktober. Das Amtsblatt wird morgen einen Erlaß veröffentlichen, der die vollständige Verwelt- lichung der Schulen anordnet. Eine Verfügung des Ministers weist den Staatsanwalt an, das Strafgesetzbuch gegen die Priester, die die neue Regierung und die Behörden angreifen, zur Anwendung zu bringen. Morgen werden Dekrete erlassen, durch welche die theologische Fakultät der Universität Coimbra aufgelöst, die akademische Gerichtsbarkeit sowie der Eid der Studierenden, Professoren und Rektoren abgeschafft und freie Vorlesungen geschaffen werden sollen. Eine sozialpolitische Forderung. Lissabon , 23. Oktober. Mehrere Tausende HandlungS- g eh i Ifen erschienen heute im Ministerium des Innern und forderten strenge Durchführung des wöchentliche» Ruhetages. Kelgien. Der deutsche Kaiser in Brüssel . Brüssel, 23. Oktober. (Eig. Ber.) Das nervenauf- regende„Kommt Er?" oder„Kommt Er nicht?" das etliche Wochen die Diplomatie, die Presse und die gewissen Leute, die sich für derlei interessieren, beschäftigte, ist also entschieden: Er kommt! Brüssel hat ja heuer mit der Weltausstellung viele Sensationen erlebt. Aber was ist das nun alles da- gegen, daß sich nun der Gottesgnadenkaiser, der„Zer- schmetterer" der Sozialdemokratie den Brüsselem zeigen wird! Und, meiner Treu, ist der Kaiser so nett, dem „kleinen" Belgien seinen Besuch zu gönnen, so werden die Belgier auch zeigen, daß sie diese Ehre zu schätzen wissen. Liebt der deutsche Kaiser nicht vor allem militärische Paraden? Freilich, freilich, daß kleine„neutrale" Belgien hat keinen Militarismus, keinen Marinismus wie das waffenstarrende Deutschland , aber was möglich, soll geschehen, um Wilhelm Brüssel in„schimmernder Wehr" zu zeigen.... Aus L ü t t i ch, aus Löwen , aus N a m u r, aus ganz Belgien werden die„Piou-piou", die Infanteristen und das Militär zu Pferde zusammengezogen, um bei Wilhelm II. Ein- zug Parade zu machen. Den ganzen Weg vom Nordbahnhof über den Boulevard Bolanique, die rue Royale durch bis zum in fixer Eile fertig gestellten neuen Königspalast wird ein Doppelring von Soldaten Spalier bilden. Hoffentlich ist das Wetter günstig— wenigstens den armen Teufeln zuliebe die, wie z. B. die Löwener Soldaten ihre 30 Kilometer morgens und— nach dem anstrengenden Dienst abends wieder zurück- zulegen haben. Auch auf dem„Grand Place " wird dem Kaiser ein militärisches Schauspiel vorgeführt werden: daS Bürgercorps, Jägcr zu Fuß mit Musik und Fahnen, Artillerie usw. werden den alten herrlichen Brüsseler Stadtplatz flankieren, wenn Wilhelm vom Balkon des Rat- Hauses hernieder schauen wird.— Ferner; liebt Wilhelm nicht die Kunst? Gut, sagten die Belgier, wir werden ihm den —„Sang an Aegir" vorspielen lassen. Es ist aber anzu- nehmen, daß der deutsche Kaiser die besten Eindrücke von Belgiens Kultur mitnehmen wird... Aber auch Maßnahmen anderer Art werden für Wilhelms Ankunft getroffen. Wir meinen nicht die Aufbesserung des Straßenpjlasters in der rue Royale. Wie schade, daß Wilhelm nicht auch die berüchtigten Elends-„Jnipassen" durchfährt, wo die Aermsien Hausen— dann würde dort am Ende— kanalisiert und die Elendsbaracken niedergerissen iverden. Dem Kaiser wird neben beziehungsweise vor dem offiziellen Empfang durch den Hos und das Militär auch ein Emp» fang durch das belgische Volk bereitet werden. Am Dienstag werden sich allerdings auch in den Straßen Brüssels , wie überall, wo ein gekröntes Haupt und Hofprunk zu sehen ist, tausende Müsfiggänger stauen, um ein Büschel wenigstens eines Hofpferdcs oder eine goldene Tresse emes Würdenträgers zu sehen. Am Vor- abend der Kaiseranknnft aber werden sich in einem Brüsseler Versammlungslokal jene zusammenfinden, die sich mit d e in deutschen Volke, mit der deutschen Sozialdemokratie eins fühlen, u m diesem ihre Sympathien auszusprechen und gegen den deutschen Absolutismus des Gottesgnadentums zu protestieren.„Der Kaiserbesuch" und„Gegen das Gottesgnadcntum" so lautet die �igesordnung dieser Versammlung; mit diesen Worten heißen die belgischen Arbeiter den deutschen Kaiser„will- kommen". Englanck. Keir Hardie gegen die Kriegshetzer. London , 24. Oktober. Der Sozialistenführer Keir Hardie hielt gestern abend in Bristol eine Ansprache, in der er sich lebhaft gegen jene Engländer wandte, die foritvährend einen Krieg zwischen England und Deutschland an die Wand malen. Er erklärte, es sei notwendig, um diese Leute zur Be- kinnung zu bringen, mitzuteilen, daß die englischen Arbeiter ihre deutschen Kameraden zu einer Konferenz eingeladen haben, um den Beschluß zu fassen, im Falle einer Kriegserklärung den G en e r a l st r e i k zu proklamieren. Dies sei das einzige Mittel, um einen Krieg zivischen beiden Nationen zu der- hindern. Das Volk dürfe nicht vergessen, daß es die Wittel selb st in der Hand habe, einen bewaffneten Zu- sammcnstoß zwischen England und Deutschland zu der» hindern. Cürhei. Gegen die Zerstückelung Pcrssens. Konstantinopel , 23. Oktober. Heute nachmittag wurde in einem Theater in Pera eine von der persischen Kolonie organisierte Protest Versammlung gegen die cnglisch-russische'Aktion in Persien abgehalten. Zahlreiche Türken, insbesondere Offiziere. wohnten der Veranstaltung bei. Mehrere Redner, unter ihnen ein Tunester, appellierten an die Solidarität der mohamme- d a n i s ch e n beziehungsweise asiatischen Völker und be- tonten, daß die Teilung Persicns für die Türkei verhäng- nisvoll sein werde; daher müsse die türkische Regierung mit allen Kräften, hauptsächlich durch Annäherung an den Dreibund sich dagegen wehren. Der Abgeordnete Ubeidallah hob hervor, daß Deutschland an die Stelle Englands als Stützpunkt für die Mohammedaner getreten sei, zählte die Dienste auf, die Deutschland den Mohammedanern wiederholt geleistet habe; er forderte die Versammlung auf, an Kaiser W i l- Hein ein Telegramm zu richten, in dem unter Berufung auf die früheren Dienste die Hoffnung ausgedrückt wird, daß er die Teilung PcrstenS nicht erlauben werde. Der Antrag wurde unter lautem Beifall und dem Rufe: ES lebe Deutschland , angenommen. während gegen die Mächte der Triple-Entente Pereatrufe aus- gestoßen wurden. Griecbenlanct. Minlsterkrise. Athen , 24. Oktober. In der Sonnabendsttzung der Kammer stellte Ministerpräsident Venizelos im Verlaufe einer Debatte über die Befugnisse der Nationalversammlung die Vertrauens- frage. Bei der Abstimmung ergab sich Beschlußunsähigkeit. Infolgedessen demissioniert das Kabinett. Der König er- klärte Venizelos . das Nichtvorhandensein einer beschlußfähigen Zahl von Deputierten bedeute keineswegs einen Mangel an Ver- trauen, und bestand darauf, das Kabinett solle heute wieder vor der Nationalversammlung erscheinen. Infolgedessen wird Vcnize- los in der heutigen Sitzung abermals die Vertrauensfrage stellen. — Ein Zug von ungefähr 20000 Personen übergab in Abwesenheit des Königs dem Kammerherrn eine Adresse, in der der Monarch gebeten wird, das Reformkabinett Venizelos zu unterstützen. Der König telephonierte aus Tatoi, daß er wünsche, Venizelos möchte die Gewalt behalten. Der Zug mar» schierte dann vor dem Hause Venizelos vorbei, der vom Balkon eine Ansprache hielt und dabei erklärte, die Machenschaften der Reak- tionäre würden vereitelt werden dank der Zusammenarbeit von König und Volk zur Verwirklichung des Reformprogramms. Die Menge brachte Venizelos wiederholt Beifallskundgebungen dar, Die Ruhe wurde nicht gestört. 8iam. Thronwechsel. Bangkok , 23. Oktober. König Chulalongkorn ist nach kurzer Krankheit gestorben. Als Todesursache wird Urämie an» gegeben. Der Äronprivz ist zum König proklamiert worden.
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