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sScyen sei. Würde er eS einen Nichtinserenten gegenüber tun. dann würde man ihm wieder nachsagen, daß er es zum Zwecke deS Jnscratenfange« tue� Zeuge Dr. Moser erklärt noch: Die An- griffe gegen sein Institut rührten meist von entlassenen Angestellten her. Uebrigens sei es auch vorgekommen, daß einmal von der B. Z. a. M." ebenso vorher bei ihm angefragt worden sei, als sie die Nachricht bekam, daß er angeblich verhaftet sein sollte. Er sei auch Inserent bei der ,.B. Z. a. M." Demnächst soll als Zeuge Finanzschriftsteller Prof. Dr. Moritz Meyer vernommen werden. Er ist nicht anwesend und aus tele- phänische Anfrage wird festgestellt, daß er von einem Schlaganfall betroffen ist und im Moabiter Krankenhause liegt, aber vernchmungs- fähig ist. Der Zeuge soll die Behauptungen deS gestern vernommenen Zeugen Strauß widerlegen. ES werden noch einige Straßenhändler vernommen. Sie erNären übereinstimmend, baß ste in bezug auf die Art. wie sie Artikel derWahrheit" auszurufen hätten und wo sie sich ausstellen sollten, von keinem der Angeklagten Anweisung erhalten hätten. Einige weisen diese Zumutung entschieden zurück: sie stellten sich da auf, wo sie es für zweckdienlich hielten",irgend welche Vorschriften lassen sie fich nicht machen".auSgebrülli wird nicht, es tut bloß jeder feine Schuldigkeit" usw. usw. Aul eine Anzahl Straßenhändler wird verzichtet, dagegen noch der Journalist Simonsohn vernommen, der gleichfalls bekunden soll, daß die Straßenhändler sich keine Direktive von dritter Seite geben lassen. Der Zeuge bekundet u. a.: Er sei Herausgeber der inzwischen Widder eingegangenen juristischen WochenschriftDas Gericht' gewesen und habe sclbnverständlich auch Fühlung mit den Straßenhändlern suchen müsse», denn es sei nicht möglich, eine solche Zeitschrift ohne die Straßenhändler, unter denen sichwahre Genies" besinden, in die Höhe zu bringen. Diese Herren lassen sich bezüglich der Art. wie sie die Zeitungen ausbieten sollen, absolut keine Borschriften machen. Sie halten in ihrer Stammkneipe neben dem Passage- Theater in der Behrenstraße gewissermaßen Generalversammlungen ab, wo beschlossen wird, wo und wie einzelne Artikel ausgerufen werde» sollen. Sie lassen sich bestimmte Plätze nicht vor- schreiben. Bei ihren Anpreisungen folgen sie ganz ihrer eigenen Eingebung. Beispielsweise wurde ihnen gesogt, sie solllen doch den Name» eines ReichSgerichtsrals, der einen Artikel veröffent- licht hatte, ausrufen, sie meinten ober:Ein ReichsgerichlSrat ist langweilig, das zieht nicht."(Heiterkeit.) Einen Artikel über den Prozeß Breuer schrien sie alsHochinteressanter Sportartikel" au«. (Heiterkeit.) Die Tatsache, daß inimer zwei Händler dicht bei ein- ander stehen, ist nicht Zukall, sondern Abficht. Man rechnet ganz richtig darauf, daß wenn ein Passant an dem ersten Händler und dessen Anpreisung noch ziemlich achtlos vorübergegangen ist. er durch das sehr laute Angebot des nicht weit davon stehenden zweiten Händlers doch zum Kaufen angereat wird. Aus seiner juristischen Wochenschrift hätten die Händler fast eine Sensation»» und Sport- zeilschrist gemacht.(Heiterkeit.) Erklärung deS Verteidigers. RechtSanw. Bredereck erklärt bezüglich der Strafanzeige, die die ganze Sache ins Rollen gebracht, daß nach einer ihm vom Rechiöanw. Dr. Werthauer gemachten Mitteilung die Anzeige von diesem nicht aus eigenem Antriebe gemacht worden sei. sondern in seiner Eigenschaft als Verteidiger des Redakteur» D a h f e l. der ihn damit beauftragt habe. Ter Verleidiger teilt femer mit. daß soeben vor dem Schöffen- gericht eine Verhandlung gegen drei Straßenhändler stattgefunden habe, die wegen Betruges verurteilt worden sind, weil sie sich vor dem Warenhanse Tietz aufgestellt und ausgeschrien hatten: Enthüllungen über das Warenhaus Tietzl" Tat- sächlich sei in der betreffenden Zeitungsnummer nur eine kleine, ganz unbedeutende Notiz über das Warenhaus Tietz enthalten ge- Wesen. In Ergänzung der unvollständigen Behauptung de» Verteidiger» teilen wir aus der Verhandlung gegen die Straßenhändler folgenden Sachverbalt mit: Die Straßenhändler harten dieWahrheit" unter den Rufen:.Enthüllung»» auZ dem Wäretihause Tietz" und Liebesabenteuer in dem Warenhause Tietz" aus« geboten. Danrit hatten die Straßenhändler den Inhalt einer Er» zählung gemeint, in der das augebliche Liebesabenteuer eines KommerzienratStöchterleinS geschildert wurde, welche? auf Abwege geraten sei und sich einem Assessor gegenüber a l S Tele- phonistin in dem Warenhause Tietz ausgegeben habe und dann von ihrem Verlobten in einem von ihr gemieteten möblierten Zimmer bei einem Rendezvous überrascht worden sei. Nichtig ist, daß nicht der Verleger Bruhn, sondem die Straßenhändler wegen Betruges angeklagt und gestem zu 10 M. Geldstrafe ver­urteilt w»rden. Der Angekl. Bruhn beruft sich sodann auf das Zeugnis seines Kassierer» Trautmann. Dieser bestätigt ihm, daß in derB. Z. a. M." einmal ein Artikel unter der UeberschriftMord- und Selbst« mordverluch in einem Berliner Hotel" gestanden habe, aber auf den gelben Zetteln, die den Straßenhändlern zum Zwecke der Agiration mitgegeben werden, verzeichnet stand:Mord- und Selbstmordversuch i m H o t e l A d l o n". So sei der Artikel dann auch auf der Straße ausgerufen worden. Dieser gelbe Zettel wird dem Gerichte vor- gelegt. Nationales ohne Dreck zieht nicht". Der nächste Zeuge ist Kaufmann Osw. Buchholz. Er gehört der deutsch -konservativen Partei an und war etwa ein Jahr Redakteur derDeutschen Volkspost", des Organs der Mittelstandsvereinigung. Er bestätigt, daß er sich die denkbar größte Mühe gegeben habe, um das Blatt in das Publikum herein- zubringen, es sei das aber trotz aller Mühe nicht gelungen, obgleich die Zeliung(ehr gediegene Artikel brachte und eine Reihe bedeutender Mitarbeiter halte. ES sei ihm dann von Bekannten gesagt worden. er müsse auch etwas Prickelndes in die Zeitung bringen, denn es sei furch t.bar schwer, so eine nationale Wochen- schrist ohne alle prickelnden Zutaten in das Publikum zu bringen. Er habe die» aber ab- gelehnt. Im übrigen stehe er auf dem Standpunkt des Sach- verständigen Dr. Lima», daß das Publikum ein bißchen Seilsation wünscht und ein nationales Wochenblatt ohne ein wenig Sensation nicht ins Publikum dringen kann. Der Zeuge Buchhändler und ZeitungSspediteur Warthernau bestätigt dem Angeklagten W. Brnhn, daß bei einem Gespräch mit ihm über die bevorstehende Gründung derWahrheit" Herr Brnhn ihm gesagt habe, daß das Blatt einen nationalen Charakter baben solle. Nach seiner Kenntnis habe das Blatt auch diesen Charakter bewahrt. Er habe auch wahrgenommen, daß dieWahrheit" schart Stellung nehmen gegen Auswüchse, die Bezeichnung als Revolverblatt" treffe aber nach seiner Meinung nicht zu. Wie»erfährt dieB. Z. "? StaatSanw. Leisering ersucht um die Vernehmung des an- wesenden Redakteurs derB. Z. a. Mittag", der niil Rücksicht auf die vorhergegangene Erörterung über dieB. Z. " sich äußern möchte. Zeuge Walter MoSzkowSkl: DieB. g. a. M." habe einen Artikel gebracht:Mord und Selbstniord in einem Berliner Hotel." Weder in dem Artikel noch in der Ueberschrift war der Name deS Hotels genannt, nicht weil eS sich speziell um das Hotel Adlon handelte, sondern iveil es nicht angemessen schien, durch einen solchen Artikel ein Hotel zu schädigen. Aber ein Expeditionsbeamter, der im letzten Moment, als der Artikel schon in Satz gegeben werden sollte, heran» kam und fragte, was Hervorragendes los sei, bat dann die gelben Zettel mit der Bezeichiuii'.g:Mord und Selbstmordversuch im Hotel Adlon " drucken lassen. Sobald dies zur KennMis der Redaktion gekommen, seien alle Hebel in Bewegung gesetzt worden, um von jedem Straßenhändler, deffen man habhaft werden konnte, die Zettel zurückzuziehen. Angeklagter Bruhn tritt dieser Darstellung entgegen und behauptet, daß die Zettel erst zurückgezogen worden seien, als sich Adlon beschwert hatte, weil so viele Händler in der Nähe deS Hotels diesen Artikel ausbrüllten. Der Zeuge weiß hiervon nichts, weiß dagegen, daß von den durch die ,B. Z. " fest angestellten Händlern die Zettel sofort zurückverlangt wurden, sobald die Sache zur Kenntnis der Redaktion gekommen war. Angekl. Bruhn wünscht den Namen des betreffenden ExpeditionSbeamten zu erfahren, um ihn eventuell als Zeugen laden zu können. Zeuge Mos�- k o WS ki weigert sich, diesen Namen zu nennen, da das ein Redaktionsgeheimnis sei und er es ablehnen müffe, über interne Redaktionsangelegenheiten hier Aussage zu machen. Angekl. Bruhn erklär« dem gegenüber, daß er es sich ja auch gefallen lasten müsse, daß seine internsten Redaktionsangelegenheiten hier ausgekramt werden. Er sehe keinen Grund, warum der Zeuge de» Namen nicht nennen wolle. Zeuge MoszkowSki bleibt zunächst bei seiner Weigerung, der Vorsitzende weist ihn daraus hin. daß er sich der Gefahr der Anwendung von Zwangsmaßregeln aussetze. Schließ- lich nennt der Zeuge den Namen Mörser. Angekl. Bruhn betont, daß dies der Mann sei, der die Anordnungen für die Straßenhändler unter fich habe. Er wolle nur zeigen, daß das. waS ihm vorgeworfen werde, auch von anderen Zeitungen genau so gemacht werde. Er be- hauptet sogar, daß auf dem Hofe des Ullsleinschen Geschäftshauses eine große Tafel aufgestellt sei, aus welcher täglich für die Händler der B. Z. " die zum Ausrufe» geeigneten Titel bekann« gemacht werden. Zeuge MoszkowSki erklärt! hiervon nichts zu wissen. Einzelheiten. Redakteur Erich Kammer schildert die Vorgänge in der Staatsb.-Ztg.", die zum Ausscheiden Bruhns geführt haben, und tritt insbesondere auch der Behauptung des Zeugen Plack-PodgorSki ent- gegen, daß sich Bruhn bei seiner Tätigkeit in derSlaatsb.-Zlg." unzu- lässig bereichert habe. Das Gegenteil sei der Fall: Bruhn habe seinen ganzen Anteil verloren, ebenso wie er(Zeuge) selbst und die anderen Teilhaber auch. Der Oberleutuant Freitag habe sich nicht betrogen fühlen können, den» bei besten Eintritt stand die damaligeSlaatsb.-Ztg." noch gar nicht ungünstig, denn sie hatte damals nur einige hundert Mark Unterbilanz. Der Niedergang sei erst erfolgt, nachdem Bruhn ausgeschieden war. Angekl. Bruhn: DaS ist doch selbstverständlich, daß die Abonnenten abgeschreckt werden. wenn eine bis dahin antisemitische Zeitung plötzlich liberal werden und nichts mehr gegen die Juden schreiben will. Der Zeuge Alfons B o l d t. Präsident deö Deutschen Cafätier- Verbandes und damaliger Vorsitzender deS Berliner EafätiervereinS bekundet, daß in einer Vereinssitzung von den Mitgliedern zur Sprache gebracht wurde, daß ein Artikel mit der Ueberschrift Berliner Casüs" erschienen sei, der verschiedenen Mitgliedern nicht pasie. Es wäre dabei dann davon gesprochen worden, eventuell Inserate zu geben. Der fragliche Artikel wurde hierauf verlesen. Bors.: Ich kann nur sagen, daß dieser Artikel keinerlei Angriffe gegen Cafäliers sondern eher eine gute Reklame enthält, so daß sich eher diejenigen beleidigt fühlen könnten, die in dem Artikel nicht ge- nannt waren.(Heiterkeit.) Der Zeuge Dr. G o e r ß ist von dem Angeklagten Bruhn zum Zeugnis dafür angerufen worden, daß dieser ihm das Material zu dem in derWahrheit" erschienenen ArtikelHunderttausend Mark- Unterschlagung im Warenhause Wertheim" gegeben habe. Der Zeuge bestätigt dies im Allgemeinen. Er habe eines Tages Herrn Bruhn im Reichstage getroffen und ihn gefragt, ob er schon von den Unter- schlagungen gehört habe, die ein Zollbevollmächtigter der Firma Wertheim Jahre lang zu machen im stände gewesen sei. Daran haben sich gesprächsweise nähere Mitteilungen über den Fall geknüpft und er habe dann gesehen, daß schon in der nächsten Nummer derWahrheit", die nach drei Tagen auf den Straßen ausgerufen wurde, dieser Fall in einem etwa anderthalbspaltigcn Artikel verarbeitet worden war. Der hierzu nochmals vorgerufene Zeuge Traube, Verleger derDeutschen Konsektion" bleibt trotz vielsacher Vor- Haltungen dabei, daß der mehrfach genannte Biermann(der früher ber Wertheim angestellt, dann entlasten und wegen Ver- untreuung bestrast und jetz! flüchtig ist) einmal ihm gesagt habe: Bruhn habe ihm erzählt, er habe einen Artikel über Zoll- defraudationen im Hause Wertheim aus Lager. der dem- nächst in derWahrheit" erscheinen werde. Biermann habe ihn ferner aufgefordert, die Vermittelung in dieser Affäre zu übernehmen, er habe eS aber abgelehnt. Die Verteidiger heben hervor: Der Zeuge habe bei feiner gestrigen Vernehmung gciagt, er habe den Artikel dann nach etwa 14 Tagen in der ZeitungWahrheit" gelesen. Die Verteidiger suchen nachzuweisen. daß die« doch nicht richtig sein könne, da nach dem Zeugnis des Herrn Dr. Goerß der Artikel schon nach drei Tagen erschienen sei. Danach sei ja gar kein zeitlicher Zwischenraum zur Anbahnung von �Verhandlungen vorhanden gewesen. Der Zeuge bleibt bei feiner Sussage und beschwört sie, nachdem Rechtsanwalt Dr. S ch w i n d t nochmals darauf hingewiesen hatte, daß der Zeuge dem Biermann doch wohl kaum vollen Glauben habe beimessen können. VeweiSanträge. RechtSanw. Bredereck: Nachdem hier in so großer Umständ- lichkei» allerlei Dinge vorgebracht worden sind, die nicht zur Anklage geführt haben und nun dem Zwecke dienen sollten, den Angeklagten Bruhn ungünstig zu charokterisieren, ist eS doch notwendig, auch einige Zeugen zu vernehmen, die das ungünstige Bild, welches der Staatsoanwalt entwirst, völlig verändern würden Zeugen, die dem Angeklagten tatsächlich Geldangebote gemacht haben, aber von diesem damit zurückgewiesen worden sind. Er beantrage die Vorladung der Zeugen Fabrikbesitzer Gebrüder Ball und der früheren Kammerfrau der Prinzessin Henriette von Schleswig- Holstein , jetzigen Frau Meyer geb. Milewska. Letztere speziell werde bekunden, daß in dem Falle Milewska Bruhn der einzig Beleitigte gewesen ist, der jede Anerkennung zurückgewiesen bat, während andere, wie Geh. Hofrat Rcnä, Orden erhalte», befördert worden sind oder Geldzuwendungen erhalten haben. StaatSanw. Leise- ring beantragr, die Aniräge abzulehnen und die Behauptungen als wahr zu unterstellen. Mit dieser Sache habe eS gar nichts zu tun, wenn in bestimmten anderen Fällen der Angeklagte anständig gehandelt habe. RechtSanw. Bredereck: Die Anklagebebörde hätte sich nur von Anfang an auf diesen Standpunkt stellen sollen, dann hätten wir uns darauf beschränken können, lediglich die fünf angeblichen Erpressungssälle zu verhandeln. Angekl. Bruhn bittet dringend, doch Licht und Schatten gleichmäßig zu verteilen. I» den Dahielprozeß ist Recht?- aiiwalt Dr. Werthauer aufgestanden und bat gesagt:In der Milcwska-Ängclegenbeit habe ich das Zivilkabinelt erpreßt." DaS muß und will ich doch ausllären und atS gänzlich ersnnden wider­legen I Ich habe in der MilewSka-Sache durchaus anständig gehandelt und jedes Angebot der Milewska zurückgewiesen. Und der Fall Ball ist doch geradezu ein Schulbeispiel, denn die Gebr. Ball baden. trotzdem sie Großinserenten sind, doch die Artikel in derWahr- Heit" nicht verhindern können. Nach kurzer Beratung des Gerichts verkündet der Vorsitzende: Da ans die moralische Oualifikation des Angekl. Brubn bisher ein so großes Gewicht gelegt und darüber in der minutiösesten Weise verhandelt worden, ist eS von nicht zu unterschätzender Bedeutung, den Anträgen des Verteidiger? gerecht zu werden. DaS Gericht hat beschlossen, Frau Meyer. geb. Milewska, und die Fabrikbesitzer Max und Leopold Ball zu Montag zu laden. Nachdem noch Cafstier B o l d t die Behauptung des Zeugen Berkowitz, daß in ollen CaisS Buchmacher Welten schreiben, energisch zurückgewiesen, wird die Verhandlung auf Montag v'/, Uhr ver- tagt. Heute fällt die Sitzung aus. SemKts- Reitling. Vom Reichsgericht freigesprochen wurde der Schmied Heinrich Rhemheimer II, der am 7. Juni vom Landgericht Kaiserslautern wegen fahrlässigen Falscheides zu einem Monat Gefängnis verurteilt worden war. Er hat in einem Rechtsstreit mit G. deschworen,es ist nicht wahr, daß die Schmiede- arbeiten km Betrage voll SM 9t. stezaW MHM SM 9t. davon schon bezahlt waren. DaS Reichsgericht ist der Ansicht, daß der Angeklagte objektiv nichts Falsches beschworen hat, denn die 2,58 M. waren tatsächlich nicht voll bezahlt. Der Eid war un- geschickt formuliert und nicht geeignet, den Rechtsstreit zu er- ledigen. Allerdings konnte der Angeklagte daS Bewußtsein haben, daß der Eid nicht so gemeint war wie er lautete. �Aber er war nicht verpflichtet, sich darüber auszusprechen. Es wäre Sache des Amtsgerichts gewesen, den Eid ander? zu fasten. Krankhaste Eifersucht hat dem Angeklagten Schrödter, der gestern vor dem Schöffengericht Berlin-Mitte stand, eine Anklage wegen Beleidigung zugezogen, welche die Staatsanwaltschaft im öffentlichen Jntereste verfolgte, wohl deshalb, weil der Beleidigte ein Pvlizeiwachtmeister ist. Der Angeklagte Schrödter hatte seine 45jährige Frau in dem Verdacht, zu dem mit ihm in demselben Hause wohnenden Polizeiwachtmeister Schröder in sehr intimen Beziehungen zu stehen. Zu anderen Hausbewohnern hat der Angeklagte seinen Verdacht, den er damals für begründet hielt, jetzt aber als unbegründet erklärt, durch eine derbe Bezeichnung ausgesprochen. Die als Zeugin vernommene Frau des Angeklagten sagte, ihr Mann bezichtige sie fortwährend, daß sie Vcrbältnisie mit anderen Männern unterhalte. Bald solle es ein Schutzmann, dann wieder ein Kriminalkommistar und neuerdings einKaufmannsjunge" sein, zu dem sie nach der Be- hauptung ihre? Mannes Beziehungen haben solle. An alledem sei aber kein wahres Wort. Der Angeklagte wurde wegen Beleidi- gung zu 30 M. verurteilt. )Ziis aller Melt. Der abgesperrte Kaiser. Man schreibt uns aus Brüssel : Wilhelm II. Besuch brachte den Belgiern eine überraschende Neuheit. Die guten Brüsseler, wenig vertraut mit dem Mysterium deS GottesgnadentumS, hielten den deutschen Monarchen für ein xbeliebigeS gekröntes Wesen, das reist, ankommt, sich zeigt, wie etwa der eigene auch. Welch ein Irrtum! Welche Augen machten nicht die Brüsteler, als sie sahen, daß der Mann, den nichts als eine HöflichkeitSvisite nach der belgischen Residenz geführt, die Stadt in einen förmlichen Be- lagerungSzustand versetzt hat. So etwas hat man in Brüstel, wo man in dieser Beziehung eine gewiste Freiheit der Bewegung gewöhnt ist, noch nicht erlebt. Dem deutschen Kaiser blieb eS vorbehalten, da einen neuen Modus eingeführt zu haben, der von den belgischen Sitten, wie ein Blatt schreibt, sehr abweicht. Von der Grenze bis nach Brüssel waltete ein Heer von Geheimen des Amtes, die Eisenbahnschienen zu bewachen, die der kaiserliche Zug durchlief. Die Bahnhöfe, wo einige Minuten Auf- enthalt war. wurden abgesperrt, daß selbst Journalisten Schwierigkeiten hatten, zu passieren. Zudem, wie zum Beispiel in L ü t t i ch und Löwen, militärische Bewachung der Bahn» Höfel Dieselbe oder vielmehr eine weit größere Vorsicht in Brüstel, wo man zwei Berichterstatter in einen Zug gesteckt hat, von dem aus ihnen gestattet war, Seiner Majestät von Gottesgnaden An- kunft untertänigst zu beobachten. Auch die Anordnung über die Doppelreihe der Soldaten, die vom Bahnhof bis zum Palais Spalier bildeten, war dieser Vorsicht entsprungen. Ist das in Deutschland so Sitte, fragten sich die Leute hier vebvundert, die an derlei Absperrung und Bevormundung nicht gewöhnt sind. Die bürgerlich radikaleGazette" schrieb indigniert, ob man so wenig Vertrauen in die Bevölkerung habe? Man sei doch in Belgien .... Ferner: Der Kaiser besucht eine Ausstellung. Folge: Die Au»» stellung wird für das Publikum geschlossen. Fehlte nur noch, daß zur Galavorstellung in der Oper nur die engere Familie geladen worden wäre. Ist eS nicht schon unvor» sichtig, Deputierte und dergleichen einzuladen? Wenn auch-die Sozialisten von ihren Einladungen keinen Gebrauch machten kann man wissen, was dennoch passiert? DerPeuple " will sogar wissen, daß sich ein Gerichtshof schon bereit hielt, für dieZlvischen- fälle", die sich ereignen könnten. Aber dieZwischenfälle" nach dem Rezept der reaktionären Presse, die vierzehn Tage lang von Tumulten faselte, die von der Sozialdemokratie vorbereitet worden seien, wollten sich absolut nicht einstellen. Aber ein paar Arre- tierungett ist die Polizei ihrem Prestige schuldig. Denn eS wäre doch zu blamabel, wenn all die Bewacherei und Herumschnüffelei und der ganze Belagerungszustand pour le roi öe?ru»se um- sonst gewesen wäre...._ Nehmen ist seliger de«» geben. Nach der schweren Katastrophe von E ch t e r d i n g e n. bei der da» Zeppelin-Luflschiff vollständig vernichtet wurde, regte sich der Nationalstolz der Deutschen so stark, daß bald nachher als Ertrag einer Sammlung dem Grafen Zeppelin Millionen Mark zur Verfügung gestellt wurden. Wie sparsam der Herr Graf mtt dem gespendete» Gelde irren wir nicht, waren es über 6 Millionen Mark zu wirtschaften versteht, da» beweist ein Brief, den zwei Konstanzer Flugschiffkonstrukteure von ihm erhielten. Nach derWürttemberg . Ztg." heißt e» in dem Schreiben des Grasen Zeppelin: Mit Interesse habe ich au» dem Bericht meine» Oberingenieurs, errn Kober. ersehen, daß Ihr neue« Flugzeugprojekt zweifellos rauchbare Neuerungen aufweist, die mir dessen Her- stellung im vaterländischen Interesse Wünschens- wert erscheinen lassen. Leider ist es mir angesichts der vielen täglich bei mir einlaufenden Gesuche ganz unmöglich, Ihnen den zum Bau und zu den ersten Flugversuchen wohl erforderlichen Betrag von 80 000 M. zur Verfügung zu stellen. Um Ihnen jedoch mein Interesse zu beweisen, erkläre ich mich bereit. Ihnen 3000 M. zum Bau de» Flugzeuge» zu überweisen, nachdem es Ihnen gelungen sein wird, die restliche« 27 000 M. von anderer Seite aufzubringen." Bei der Sammlung zur Nationalspende wurde u. a..1 Mark von einer schwäbischen Köchin" quittiert, diese stellte aber dem Herrn Grafen keine Bedingungen. Vielleicht versuchen die beiden ab- gewiesenen Herren eS auch einmal mit einer Sammlung, da ja bis Herstellung, wie Herr Gras Zeppelin ausdrücklich betont, im vaterländischen Jntereste wünschenswert ist. Unsere Patrioten werden doch dieInteressen des Vaterlandes" nicht schädigen, be« sonder» da«S fich janur" um 27 000 M. handelt. Fernfahrt des Parseval VI. Da» Luftschiff Parseval VI, da» in den letzten Tagen vom Flugplay bei Johannisthal »nehrere erfolgreiche Passagier» , ahnen unternommen hatte, stieg gestern vormittag um 10'/, Uhr mit einer Besatzung von lt Personen zu einer Fernfahrt nach Kiel auf. In Schwerin , wo eine Zwischenlandung vor- gesehen war, traf da» Luftschiff um 2'/« Uhr nachmittags ein und landete glatt auf dem großen Exerzierplatz. Gegen 8'/, Uhr wurde die Weiterfahrt nach Kiel angetreten, doch mußte P. VI eine nochmalige Zwischenlandung in Neumünster vornehmen, um seine Wasjervorräte zu ergänzen. Schließlich zwang der zunehmende Wind den Führer deS Ballon», Oberleutnant Stelling, gegen 7 Uhr bei BordeSholm , wenige Kilometer von Kiel entfern� zu landen. Militär wurde zur Hilfeleistung von Kiel entsandt, um das Luitschiff vor den Unbilden der Witterung zu sichern. Die Weiterfahrt nach Kiel soll heute vorniittag angetreten werden.