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Mr. 254. 27. Jahrgang.

3. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt. Sonnabend, 29. Oktober 1910.

Der italienische Parteitag.

Vierter Verhandlungstag. ( Nachmittagssigung.)

Mailand , 24. Oktober.

fühlen, ständige Bündnisse mit den Radikalen eingehen. Anstatt Feinde der Gewerkschaften sind. Es ist Redner selbst schon passiert, stolz zu sein, ist man geschickt geworden. Man geht Arm in Arm daß Arbeiter sich bei ihm beflagt haben: unser Abgeordneter hat mit den Kamorristen. Ihr versteht nicht mehr die Größe, die uns dies oder das nicht verschafft, und er ist doch ministeriell. darin liegt, daß die Sozialisten von Triest unter die Proletarier Dahin habt Ihr die Massen gebracht! Was die Vaterlandsverteidi­slawischer und italienischer Sprache dasselbe Wort der Befreiung gung betrifft, so erkläre ich, daß ich nicht zu den Waffen greifen tragen. So kommt es, daß ihr bei der Frage des Militarismus würde.( Oho! Pfeifen bei den Reformisten.) nichts im Auge habt, als die hinausgeworfenen Millionen, aber Ihr wollt die Partei durch die Arbeiterbewegung ersetzen. Dann Die Diskussion über die allgemeinen Leitsäße der den Geist des Internationalismus nicht mehr fühlt. Daher finden wird der Egoismus der Kategorien den Idealismus unserer Be politischen Aktion wird fortgesetzt. sich auch unter Euch Leute, die aus Klugheitsrücksichten einen wegung töten. Ich für meinen Teil arbeite als gewerkschaftlicher Mazzoni, Sekretär des Landarbeiterverbandes und Delegierter Menschen vor der Aeußerung der Verachtung des italienischen Organisator gerade weil und so weit ich Sozialist bin. Heute wird der Romagna : Er habe eingesehen, daß die Partei durch Annahme Volts geschüßt sehen wollten, der der Erwürger und Henter seines noch einmal die Zweideutigkeit siegen. Wir haben Zeit zu warten, einer Tagesordnung im revulotionären Sinne entweder einen Teil Volkes ist( Beifall, Ovation). Man sagt, es hätte nichts genügt, bis nach weiteren zwei Jahren die sozialistischen Leitfäße von der der Organisationen abstoßen würde, oder daß sie einfach unbeachtet den Zaren auszupfeifen, es hätte vielmehr Rußland von Italien Gesamtheit des Kongresses angenommen werden. Turati hat das Schlußwort und beginnt mit der Erklärung, bleiben würde und deshalb sei er bereit, die Tagesordnung Turati entfremdet und so Oesterreich Gelegenheit gegeben, uns eher zu anzunehmen. Ich halte die Intransigenz für die Partei für not- überfallen. Aber man vergißt den Rückschlag einer solchen Politik daß der Referent das Versöhnende herauskehren müsse. Er ver­wendig. Wenn aber au seiner Medizin der Kranke sterben sollte, auf das Empfinden der Massen. Man scheut sich nicht, zu dem schiebe deshalb die theoretische Diskussion auf andere Momente. dann ziehe er es vor, sie nicht anzuwenden( Beifall bei den Re- zu gehen, der die Senatoren ernennt, und dem die Soldaten den Das Gefühl unserer Dekadenz ist ein Zeichen unserer Lebenstüch formisten). In der Romagna gab es eine starke, republikanische Treueid leisten müssen, um von ihm Vorteile für unsere Organi- tigkeit. Die im Absterben befindlichen Aristokratien haben keine Partei, die alle sozialen Schichten umfaßte. Als die Sozialisten sation zu erlangen. Auf diesem Wege kommen wir zu einem Empfindung ihres Verfalls. Das Heimweh nach der Zukunft, von famen, trat der Klassenkampf in seinen scharfen Linien hervor. italienischen Briand . Ich sehe ihn schon in seinem Kabinett, wie dem Morgari spricht, ist Heimweh nach der Vergangenheit. Wir Heute sind die Republikaner die größten Feinde unserer Organi - er dem Polizeidirektor Order erteilt( Beifall auf der einen, Protest wissen heute, daß der Weg zur Zukunft mit Dornen besäet ist, an sation und sind die Führer von Streitbrecherverbänden. Ich auf der anderen Seite, Unruhe). ftimme für Eurati, weil ich Reformist bin und für seine Wahl­taktit, weil ich Praktiker und Positivist bin.

denen Feßen unseres Fleisches hängen bleiben müssen. Morgari braucht Glauben, wir nicht. Wenn man einen Berg besteigt, so entschwindet eine Zeitlang sein Gipfel unseren Bliden. Morgari will mun hinuntersteigen, um den Gipfel wieder zu sehen. Ich will feine Zeit verlieren und den Aufstieg fortsetzen.

Ihr Revolutionäre aber fühlt die Not der Gegenwart nicht, den heutigen Hunger des Armen, seinen Durst nach Ertenntnis. Von anhaltendem Beifall begrüßt, nimmt Genosse Morgari Ihr seht nicht ein, daß der Weg zum Sozialismus mit Reformen das Wort. Es sind die Genossen, die Sehnsucht tragen nach einem gepflastert ist, und daß ohne diese das Proletariat uns verlassen großen Jdeal,/ die mit der Partei unzufrieden sind. Das Jdeal muß. Ihr fordert von uns, daß wir einer Situation gegenüber, In allen Ländern gewinnt unsere Richtung an Macht. Denkt war uns Leuchtturm, der uns die Wege der Zukunft erleuchtete, die die Reaktion ans Ruder zu bringen droht, tatlos beiseite stehen, an den deutschen Revisionismus, der beständig an Gewalt und Ein­und diese Leuchte beginnt zu erlöschen. Es gibt reale. Sträfte, die obwohl wir sie durch unser Botum verhindern könnten. Ich verstehe fluß wächst, der in dem kulturell hochstehenden Süddeutschland seine nicht zu wägen und zu zählen sind, und die ihr mit in Rechnung wohl, daß die Geschichte auch diese Revolutionäre brauchen wird. Festungen hat und seine Siege erringt, während der rückständige sehen müßt: Mitleid, Gerechtigkeit, der Glaube an die Hinauf- Aber heute, wo das Proletariat noch eine Schar von Wilden ist, Staatsorganismus des Reiches unverändert bleibt. Redner betont bildung der Menschheit. Viele von denen, die heute die Tages- von Analphabeten, heute stört Ihr die, denen Ihr helfen solltet, dann die Notwendigkeit, die Bündnispolitik zu beschränken. ordnung Turati annehmen werden, werden morgen über die durch Eure revolutionären Gebärden. Außerdem glaubt Ihr es Wir halten unsere Tagesordnung aufrecht. Die Bildung einer Sonne der Zukunft" spotten, von der unsere Arbeiterhymne singt. Gurer Auffassung schuldig zu sein, dem Proletariat in allen Stüden Arbeitspartei darf uns keine Sorge machen. laßt uns nur forgen, Eine Arise entsteht, sobald eine Trennung zwischen dem recht zu geben.( Berda unterbricht.) Nein, Du nicht, aber die daß die Arbeitspartei der proletarische Sozialismus sei, nicht ein idealen und dem praktischen Geist eintritt. Aus den Versöhnlichen anderen. Die Revolutionären wollen bis zum Generalstreit geben, flerifaler Korporativismus, oder ein bürgerlicher Egoismus in Ar­find die Reformisten geworden, und aus diesen zum Teil die Nur- damit stören wir aber heute unsere Aufwärtsbewegung. Vielleicht beiterkleidern. Früher mußte der Sozialist Gefängnis, Zwangs= Gewerkschaftler. In der anderen Richtung lebt die Idealität und müssen 50 Jahre vergehen, ehe wir soweit sind, um einen General- domizil und Zuchthaus ristieren. Heute hat er nur die Aufgabe, das Zukunftsstreben weiter. Als Entartung dieser beiden streik durchführen zu können. Weiter sind die Revolutionären ein demütiger und eifriger Diener des Proletariats zu sein.( An­Richtungen haben wir auf der einen Seite das Sichverlieren in immer gegen die Akademiker gewendet und entfremden damit dauerdner Beifall.) den bürgerlichen Radikalismus, auf der anderen die Rückkehr zu unserer Partei nüßliche Elemente. Ich möchte aber, daß man der anarchistischer Impulsivität. Richtung, die in ihrer Seele das Zukunftsstreben unserer Partei Genossen der Rechten! Ihr werdet mir sagen, daß Ihr an birgt, einen Einfluß auf den rechten Flügel einräumte, anstatt diese Dinge nicht mehr glaubt. Ich weiß wohl, daß Cabrini nicht sie als überlebt und veraltet zu verhöhnen. Diese Linte fehlt ja anehr den Arbeitern sagen kann: Gure Reformen und Errungen nur durch allzu große Liebe für das Proletariat, durch allzu schaften sind wichtig und notwendig, aber sie dürfen Euch nur eine großen Eifer für unsere Sache.( Beifall, Gelächter bei den Re­Stufe zu einer höheren Gesellschaftsform sein. Man sagt nicht formisten.) mehr, daß die einzige Lösung in einer neuen gesellschaftlichen Dem Mann, der die Tageszeitung unserer Partei leitet, sage Ordnung liegt. Man betont nicht bei jedem Streif den Charakter ich, daß wir an seiner Stelle einen anderen sehen möchten, der die der Unzulänglichkeit des Kampfobjektes. Man weist nicht darauf Bartei nicht als dürren Zweig ansieht. Wir wollen die Selbständig hin, daß der eigentliche Stampf um die Expropiierung der Pro- feit des Proletariats, aber wir streben nicht eine Organisation an, Duktionsmittel und des Grund und Bodens gehen muß( 3wischen die die Arbeiter wie gut gepflegtes Vieh weidet und bewacht.( Lang­ruf von reformistischer Seite: Wir doch). Dann nehmt Euch die andauernder Beifall.) Etifette Reformisten ab und nennt Euch einfach Sozialisten Der Redner der Revolutionären , Genosse Mastracchi, hat nach ( Beifall). Wenn Ihr um die soziale Gesetzgebung fämpft, jo ver der teilweise hinreißenden Rede Morgaris oratorisch einen schweren gezt Ihr, dem Proletariat zu sagen, daß wir nicht nur dem kapita- Stand. Er weist auf den Widerspruch hin, in den die Genossen lismus die Arme fesseln wollen, damit er die Proletarier nicht der Romagna verfallen, wenn sie die Bündnisse mit den Republi­allzu roh vergewaltige, sondern, daß wir das Ziel haben ihn zu fanern ablehnen, aber mit den Radikalen zulassen, die ebenso schända erwürgen. Ihr sagt der Bourgeoisie nicht mehr, daß wir den lich an unserer Partei gehandelt haben, wie die Republikaner . legalen Weg gehen werden, so lange sie ihn uns offen läßt, daß wir Man denke nicht, daß unser Ministerialismus feinen Einfluß aber auf jeden Anschlag auf das Wahlrecht antworten werden, in- auf die Massen hätte. Redner erinnert daran, daß er in Monte­dem wir uns erinnern, daß das Heer aus Proletariern besteht leone in Calabrien nicht hat reden können, so groß war die Er­( Beifall). bitterung der Menge gegen den Vertreter einer Partei, die das Ich verstehe, daß Menschen, die sich nicht mehr als Sozialisten| Stabinett Luzzatti unterstützt. Seiner glaubt im Ernst, daß wir

Die Diskussion ist somit abgeschlossen, und man geht zur gleich­zeitigen Abstimmung über die drei Tagesordnungen über. Die Tagesordnung Turati ist den Lesern bekannt: sie betont die Not­wendigkeit verschiedener Reformen, will die Bündnispolitik auf Ausnahmeverhältnisse beschränkt sehen, ermahnt die Partei zu eif­riger Propaganda und schweigt über den Ministerialismus. Um die Stimmen der Romagna für diese Tagesordnung zu erlangen, wurde eine weitere Resolution entworfen, die die Sektionen auf­fordert, der republikanischen Partei in Erwägung ihrer Haltung in der Romagna jedes Bündnis zu verweigern. Die Tagesordnung Morgari- Salvemini vertritt die Ansichten der mittleren Richtung. Die Tagesordnung Lazzari schließlich lehnt jedes Wahlbündnis, sowie den Ministerialismus scharf und ausdrücklich ab.

Die Namensabstimmung findet ohne Zwischenfälle statt. Sie ergibt für die reformistische Tagesordnung, für die fast die ganze Romagna und die ganze Emilia stimmt, 12 991 Stimmen, rund 5000 Stimmen weniger, als die Reformisten in Florenz batten. Für Morgari 4574 Stimmen, 1400 Stimmen weniger, und für Lazzari 6058, 700 Stimmen mehr als auf dem vorigen Parteitag. Da die Zahl der Stimmenthaltenen nur 932 beträgt, so hat die refor mistische Tagesordnung mit dem antirepublikanischen Zusatz die absolute Mehrheit des Kongresses.

Der morgende, legte Kongreßtag ist den übrigen Fragen der Tagesordnung gewidmet.

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