KonserdaNve und SiBetalt trollen dort gemeinsam fcorgeden, und dieKonservativen sollen bereit sein, in ihrem Wahllonütee den Liberalenden dritten Teil der Vorstandssitze einzuräumen, wenn diese auf dieAufstellung eines eigenen Kandidaten verzichten. Die Liberalenhaben sich damit einverstanden erllärt, aber die Bedingung darangeknüpft, daß Graf Westarp nicht wieder als Kandidat nominiertwerden darf.Ob die Konservativen damit einverstanden sind? Andernfallsstellen die Liberalen einen eigenen Kandidaten aus. Der Wahlkreisgeht dann sicher in die Hände der Polen über.Konservative Arbeiterfreundschaft.Wenn die konservativen Agitatoren bei Wahlen dieArbeiterschaft für konservative Wahlkandidaten zu gewinnensuchen, verfehlen sie nicht ihren Zuhörern mit biedermännischerNeberzeugungStreue zu versichern, datz die„berechtigtensyorderungen des Arbeiterstandes" auch von der konservativenPartei vertreten werden und deshalb dieser auch der größteTeil der Sozialgesetzgebung zu danken sei.Wie es tatsächlich um diese Vertretung der Arbeiter-interessen bestellt ist, zeigt aufs neue ein„Verirrte Sozial-Politik" betitelter Artikel der letzten Nummer(201) derkonservativ-mittelständlerischen Zeitschrist„Hammer". Esheißt dort:„Man kann als mathematisch-politisches Gesetz aufstellen, daßdas Wachsen der sogenannten Sozialpolitik, z. B. der Arbeiter-fllrsorge, direkt proportional ist der Zunahme der Sozialdemo-kratie." Ist es die Abficht der deutschen Sozialpolitik gewesen,Sozialdemokraten zu züchten? Vorausgesagt worden ist das aller-dings. Ter Fehler liegt weniger an der Sozialpolitik an sich,als darin, daß man sie am verkehrten Ende angefangen hat.nämlich beim Proletarier, d. h. bei den Gesunkenen unterden Arbeitern. DerProletarier ist eine gesellschaftliche Entartungs-Erscheinung und darf dahernicht besonders gepflegt werden. Wir verstehe» unterdem Proletarier den Menschen, der nicht nur nichts hat, sondernauch nichts Rechtes kann, der aus dem organischen Zusammen-hange der Gesellschaft � herausgefallen ist. Proletarierndarf man ebensowenig als Dieben und Ver-blechern Schutz angedeihen lassen. Eine Krankender-sicherung für Einbrecher wäre absurd! nicht so ganz unähnlichist aber die gegebene Sozialpolitik, die dem Proletarier den Schutzgeradezu aufdrängt. Schützen durste man nur denjenigen Arbeiter,der- ein Glied eines geordneten Wirtschaftssystems darstellt, dengelernten Arbeiter, der dem haudwerklichen JnmiugS-sysiem eingegliedert war, nicht den Arbeiter, der aus demStaatSsystem ausgeschieden und zumPr oletariergeworden ist.Die Frage darf sehr wohl aufgeworfen werden, wie derStaat dazu kommen soll, staatsfeindliche Arbeiter(Sozialdemo-kraten) staatlich sicher zu stellen und ihnen Schutz angedeihen zulassen I Sollte den sozialpolitischen Schutz nicht immer nur derzum StaatSsystem sich Bekennende, nicht aber der Umstürzlergenießen? Hat der Staat überhaupt ein Recht, mit den Mittelnderer, die bekämpft werden, diejenigen, die die Waffenerheben, zu schützen?Ist es wirklich zu viel gesagt, wenn man es ausspricht, daßdie Sozialpolitik die Sozialdemokraten züchtet? Daß die Sozial-Politik des Staates das Generalkonservatorium des Proletariatsund der Sozialdemokratie darstellt?"Solche brutale Verachtung des Arbeiters, der es nicht zuGeld und Gut gebracht bat. nennt man auf konservativerSeite„Arbeiterfreundschaft"._Herr v. Bodman und die badischen Nationalliberalen.Der badische Korrespondent des Stuttgarter„SchwäbischenMerkur", das führende Organ der Nationalliberalen Württem«bergS, plaudert über die„komplizierte Natur", die in Baden dasStaatSruder führt, den Minister v. Bodman, und die Maßregelungdes nationalliberalen Amtmanns Arnsperger. Die Plauderei istinteressant genug, um zur Charakterisierung der badischen Ver-, hältnijse wiedergegeben zu werden. Eine niedliche Charakteristik derbadischen Nationalliberalen fügt der Autor gratis hinzu. Erschreibt:„Die bekannte Aeußerung(des Herrn von Bodman) überdie„großartige Belvegung zur Befreiung des vierten Standes",von der der Redner heute wahrscheinlich nicht mehr behauptenwird, daß er sie nicht lieber etwas anders gefaßt hätte, hat allzugroße Hoffnungen im sozialdemokratischen Lager eruxckt. Siewar der Grund, daß die sozialdemokratische Fraktion für dasFinanzgesetz stimmte und sie diente in Magdeburg hauptsächlichzur Rechtfertigung des Verhaltens der Revisionisten. Vielleichtnicht sowohl die Aeußerung selbst, als die Folgerungen, die dieRevisionisten daraus zu ziehen sich berechtigt hielten. Man hates innerhalb und außerhalb der Sozialdemokratie vielfach nichtbegriffen, daß ein einziger Satz imstande war, den bereits in derFraktion gefaßten Beschluß auf Ablehnung des Budgets uinzustürzen.Und doch ist dies geschehen? Nun stelle man sich vor. daßdie Stütze, an die sich die Revisionisten klammerten, von demRedner selbst erbarmungslos hinweggeschlagen wird, und manwird die Enttäuschung, man wird die Tiefe des Sturzes be-greifen. Wie wird der greise Bebel beim Empfang der Kundegelacht haben, und wie werden die Dornen des roten Röschensdie Unterlegenen stechen? Es ist vollkommen der Wahrheit�ent-sprechend, was gestern in der Landeszeitung„von geschätzterSeite" zu lesen tvar(und was dem Merkur bereits gemeldetwurde), daß der Minister aus seiner ablehnenden Haltung gegen-über dem Endziel der Sozialdemokratie und gegenüber demGroßblock niemals ein Hehl gemacht hat. Nur jeneseinzige Wort, das eine aus dem Stegreif gehaltene Erwiderungauf einen Angriff von anderer Seite war, bildete die Grund-läge von phantastischen Folgerungen! Jetzt ist die Sach-läge wieder vollkommen klar, und der Zorn der Sozial,demokraten kann dem Minister nur willkommen sein! Man mochtewünschen, daß die Konservativen, deren Agitation gegenden Minister hier aus besserer Kenntnis heraus wiederholt alsunangebracht und kurzsichtig bezeichnet wurde, jetzt ein richtigesVerständnis zeigen und auf weitere Nörgeleien verzichten, dienur den von ihnen gewollten Zweck schädigen würden. Daß dieNationalliberalen gegen einen Minister, der ausihren eigenen Reihen hervorgegangen ist undeinst ihr ReichstagSkandidat in Konstanz war, nichtallzu schroff vorgehen wollen, glauben wir aus der schonerwähnten Zuschrift der„Landeszeitung" entnehmen zu dürfen.Treffen diese der Sachlage entsprechenden Voraussetzungen zu,so hat der Zwischensall Arnsperger, über den die Akten"so baldwie möglich geschlossen werden sollten, doch eine gute Folgegehabt."__Gegen die Fleischteuerung.In der heutigen MagistrotSsitzung in München wurde einsoztaldemokroiischer Driiigli'chkeitsaittrag behandelt, sofort Schrittezu unternehmen, um die Einfuhr größerer Fleischinengen, evcniuellaus Argentinien, zu ermöglichen. Der Antrag wurde zwecksschleuniger Behandlung einer besonderen Kvmnitsstoit überwiesen.Oerterreich.Ei» Wahlsieg in Wie».AuS Wien wird uns vom 29. Oktober geschrieben:Die Wahlen um LuegcrS Erbe haben der Sozialdemo-kratie einen sehr respektablen Erfolg gebracht, der um so höheranzuschlagen ist, als es sich um zwei Stadtbezirke handelt,deren industrielles Wachstum sehr langsam vor sich geht. InHietzing, das vor einem Jahrzehnt noch als einer der festestenbürgerlichen Bollwerks galt, steigen wir allmählich zu einerMinorität heran, der die Eroberung des Mandats möglicherscheint. Unser Kandidat hat da 6896 Stimmen erhalten, um.1165 mehr als vor drei Jahren, bei den allgemeinen Neu-wählen, als die politische Situation für die Sozialdemokratiedie allerbeste war und ihre Wählermassen von einer Wahl-freudigkeit erfüllt, wie sie so bald nicht wieder kommenwird. Das Wachstum der Stimmen in diesem Bezirkist also ein sehr beachtenswerter Erfolg, und er zeigtauch deutlich, daß der sozialdemokratische Besitzstand in Wienunversehrt ist, ja selbst in Hinsicht der Eroberung von Man-datcn noch einer Steigerung sehr wohl fähig. Gewählt wurdein dem Bezirke der Wiener Bürgermeister: das war nach derInferiorität der Freisinnigen nicht anders zu erwarten. Indem Bezirke, der zum großen Teil von der Mittelklasse derBourgeoisie bevölkert ist und über 21 000 Wähler hat. habendie Freisinnigen auf drei Kandidaten ganze zwölfhundertStinunen vereinigt: ein Beweis, daß die Werbekraft desbürgerlichen Freisinns auf die Wiener Bevölkerung beinaheganz erloschen ist. Woran freilich auch seine minderwertigeTaktik Schuld trägt.Aber einen ganz prächttgen Erfolg haben wir in der Leopold-stadt zu verzeichnen, wo Genosse Schuhmeier mit 8471 Stimmengegen den Ehristlichsozialen, der 10832 Stimmen erhielt, zurStichwahl steht. Die Stichwahl ist in diesem Bezirk zumerstenmal erreicht worden; bei den Landtagswahlen vor zweiJahren war das Verhältnis noch so, daß die Christlichsozialenmit 12 000 Stimmen glatt siegten, die Sozialdemokraten mit6000 Stimmen eine hoffnungslose Minorität erhielten. DieS-mal haben wir 1755 Stimmen gewonnen, die Ehristlichsozialenhaben 1506 Stimmen verloren— wir sind also dem einstübermächtigen Gegner hart an den Fersen. Und wenn diebürgerlichen freiheitlichen Parteien, die hier zusammen über4000 Stimmen bekommen haben, in der Stichwahl(amDonnerstag) halbwegs Stand halten, so können wir auch dasMandat erobern. Die Erben nach Luegcr werden die Sozial-demokraten sein.Spanien.Kritische Situation.Ein londoner Blatt verzeichnete heute das Gerücht, daßin Madrid eine Revolution ausgebrochen sei.Die spanische Regierung läßt demgegenüber erklären, daß inallen Provinzen völlige Ruhe herrsche. Mag nun auchdas Dementi noch richtig sein, so läßt sich doch nicht ver-kennen, daß auch in Spanien die republikanische Propagandarapide Fortschritte macht und der Widerstand gegen die Re-gierung des Herrn C a n a l e j a s wächst. Namentlichist es das zweideutige Verhalten des Ministerprä-sidenten in der Marokkofrage die wachsendeOpposition hervorruft. Das Land ist gegen jedes neueKolonialabenteuer, aber Herr Canalejas sucht jenea w M a u r a der Opposition mit reaktionären Ge-walt st reichen zu begegnen. Aus Madrid wird ge-meldet, daß wegen„antimilitaristischer Reden"vier Personen verhaftet worden sind, darunter der Uni-versitätsprofessor Ovejero und der Präsident dessozialistischen Jugendbundes Blasques. Die Verhaftetenwerden beschuldigt, Soldaten zum Ungehorsam aufgereizt zuhaben, für den Fall, daß ein neuer Marokkofeldzugunternommen werden sollte.Daß die liberale Regierung zu solchen Maßregeln greifenmuß, zeigt nur, daß sie am Ende ihres Lateins ist. Undunter spanischen Verhältnissen ist es natürlich, daß die Oppo-sition gegen die Regierung zur Opposition gegen dieMonarchie wird. Es scheint, daß Regierung und Mon-archie aus dem portugiesischen Beispiel nichts gelernt hat.Um so mehr wird das spanische Volk diese Lehren beherzigen.Portugal.RegierungSmaßregeln.Lissabon» 2. November. Der Ministerrat hat den Gesetzentwurfbetreffend Schaffung von A.rbeitSbörsen zur Besei-tigung der Arbeitslosigkeit angenommen.Die Zeitungsmeldung von der Verhaftung Texeira deSouzaS bestätigt sich; Malheiro Remao. ein anderes Mit-glied des früheren Kabinetts Franca, wurde ebenfalls ver-haftet. Beide wurden gegen Kaution auf freien Fuß gefetzt. DieStaatsanwaltschaft hat gegen die vorläufige EntlassungFrancas und der beiden anderen Mitglieder seines KabinettsauS der Haft Berufung eingelegt.Die Kolonialpolitit.Lissabon, 2. November. Der Präsident hat einem Bericht.erstatter des„Matin" erklärt, die Republikaner würden keineeinzige Kolonie preisgeben, aber die bisherige kost-spielige Kolonialwirtschaft werde auchören. Wir werden, schloßBraga, gleich Frankreich eine einzige große Kolonialverwaltungschaffen und einigen Gruppen von Kolonien eine verhältnismäßigeAutonomie geben, um auf diese Weise eine gewissenhafte, fürPortugal einträgliche Gebarung zu ermöglichen.Eine Gedenkfeier.Lissabon, 1. November. Eine zahlreickie Menschenmenge begabsich heute in geschlossenem Zuge zu dem Friedhof, wo die bei de�ersten republikanischen Erhebung am 81. Januar 1801Gefallenen begraben liegen: An dem Denkmal für die Gefallenenwnrde ein Bronzekranz niedergelegt. Die Ordnung wurde nirgendsgestört.Rußland.Ein zarischer Lump wcuigcr.Petersburg, 2. November. Der Chef der poli»tischen Polizei, Ratschkowski. der hauptsächlichdurch seine provokatorische Tätigkeit bekannt war,ist gestern an Herzschlag gestorben. In letzter Zeit warRatschkowski, der nur 51 Jahre alt geworden ist, Beamterfür besondere Aufträge im Ministerium des Jnnem ohnebestimmten PflichtkrciS.Hue der partesDäS Frih-Reuter-Gedenkblatt der Buchhandlung Vorwärtsist soeben erschienen. Ein gutes Bild des Dichters von Wulffschmückt die Titelseite, eS ist mit Genehmigung der Photographi-ichen Gesellschaft Berlin reproduziert. Im ersten Artikel„FritzReuters Lebens- und LeidenSgang" wird eine leben-dige Schilderung des Menschen Reuter und des furchtbaren Ver-brechens gegeben, das die preußische Reaktion an ihm beging. DieSeite am Dichter Reuter, die dem Proletarier von heute amnächsten steht, hebt der Artikel„Politische und sozialeStrömungen in Reuters Schriften" hervor. DenSchluß machen die Artikel„Reuters Bedeutung fürSpraZe»od Nolksjuw LjederdeutjKlsnd»" uflfeRe Bräfigflgur; elngeflreuk sind' einzelne Reuierfche„Lauschen�und eine ergreifende Stelle aus seinem bedeutendsten, sozial tiefstgrabenden Werke„Kein Hüsung".Der Text ist mit zahlreichen Illustrationen versehen, derenOriginale fast sämtlich in der Fritz-Reuter-AuSstellung zu sehensind, die bis Ende November dieses JahreS in den Räumen despreußischen Abgeordnetenhauses weilt. Auch das Faksimile einesin der Untersuchungshaft geschriebenen Briefes ReuterS wirdwiedergegeben. Das interessante Gedenkblatt kostet 20 Pfennig.Reichstagskandidatur.Für den ReichstagSwahlkreis Beuthen-Tarnowitzwurde in einer Generalversammlung des Wahlvereins, die amSonntag in Beuthen stattfanv, Genosse Otto Hörsing, Partei-selretär für Oberfchlejien, von den deutschen Genossen einstimmigals Kandidat für die nächsten ReichStagSwcchlen aufgestellt.Die Organisationen zum Parteitag.Hamburg III.Im dritten Hamburger Wahlkreis, dem Kreise mit der stärkstenMitgliederzahl, wurde anz Donnerstag— es war dies die dritteVersammlung mit dieser Materie— die Debatte über die Be-schlüsse des Parteitages zu Ende geführt. Die Genossen E l v e r s,Issel und Arbeitersekretär und Bürgcrschaftsmitglied Grossebetonten die Notwendigkeit der Geschlossenheit unserer Partei,der gegenüber alle Sonderwünsche in den Hintergrund zu tretenhätten. Letzterer führte unter anderem aus, der Parteitag hättezu dieser Frage eine klare Stellung einnehmen müssen, derDisziplinbruch durfte nicht ruhig hingenommen werden. Wes-halb solle man sich darüber den Kopf zerbrechen, welche Kon-stcllation vielleicht in 2ö Jahren eintreten könnte, die eine Budget-bewilligung nottvendig mache? In der vorletzten Sitzung desHamburger Klassenparlaments häbc sich ein Herr den schönenWitz erlaubt, wir sollten so vernünftig sein wie die Süddeutschen,dann könnte man mit uns reden. Die Linkslibcralen stimmtenin diesem Parlament für das Budget und wurden doch nicht fürgleichberechtigt erklärt. Das Verhalten Dr. Franks habe denZusatzantrag Zubeil provoziert. Es gebe Parteigenossen, dieunter allen Umständen ihre Ansichten zum Durchbruch bringen zusollen glauben und selbst vor einem Disziplinbruch nicht zurück-scheuten. Diesen Bestrebungen müsse ein Paroli geboten werden.Ein solches Vorgehen vergifte daS Parteileben. Wer es aufrichtigmit der Partei meine, der dürfe eS nicht dahin treiben, daß eSzum Bruch komme.(Beifall.)Genosse P a e p e l o w verwahrt sich dagegen, zu den Budget-bewilligern gerechnet zu werden; in Hamburg werde er vielleichtnie das Budget bewilligen. Er betrachte die Budgetbewilligungnicht als eine Prinzipien-, sondern als eine taktische Frage. Undda Situationen entstehen können, wie das in Süddeutschland mitdem allgemeinen und gleichen Wahlrecht der Fall sein könne, dieeS für unzweckmäßig erscheinen lassen, beiseite zu stehen, dürfeman sich in dieser Frage prinzipiell nicht binden. Den Disziplin-bruch der Badenfer habe er stets verurteilt.In seinem Schlußwort gab Genosse Heinrich Stubbeseiner Freude Ausdruck, daß der Disziplinbruch hier keinen Ver-teidiger gefunden habe. Die von Frank vorgebrachten Gründefür die Budgetbewilligung, wie das Schulgesetz usw., seien gar nichtstichhaltig, weil diese Angelegenheit wie so viele andere nicht zahlen-mäßig im Budget zum Ausdruck kämen. Der Zusatzantrag desGenossen Zubeil fet notwendig geworden, um weiteren Disziplin-brüchen zu begegnen. In Lübeck(Parteitag 1901) habe mangerade auf Betreiben vieler Genossen, die jetzt den Disziplin-bruch der Badenser zu entschuldigen suchen, den Streikbruch zueiner ehrlosen Handlung gestempelt, die den Ausschluß aus derPartei rechtfertige. Die Worte Bebels von dem Mißtrauen gegendie Führer seien in etwas gewaltsamer Weise interpretiertworden, was Redner näher darlegt. Pflicht aller Parteigenossenwäre es, sich mit den Beschlüssen des Parteitages einverstandenzu erklären.Eine Resolution, die sich mit den Beschlüssen des Parteitageseinverstanden erklärt und die Parteigenossen auffordert, in derenSinn zu handeln, findet einstimmige Annahme.AuS der französischen Partei.Am Sonntag hat der Nationalrat der geeinigten Partei eineBeratung abgehalten, die infolge der ausgedehnten Tagesordnungdrei Sitzungen in Anspruch nahm. Die Vertreter der Fraktionkonnten wegen der Kammersitzung erst der Nachtsitzung beiwohnen.Aus dem Bericht deS Parteisekretärs Genoffen D u b r e u i l h er-gibt sich ein sehr bedeutendes Wachstum der Partei. Sie ist seiteinem Jahre von 57 077 auf 08 050 Mitglieder gestiegen. Imvorigen Jahre betrug der Zuwachs nur 2000. Nach einem Ueber-blick über die so günstig verlaufenen Kammerwahlen und über dieKantonswahlen, die der Partei 149 Vertreter gebracht haben, be-richtete Dubreuilh über die Kampagne gegen die Lebcnsmittelteue-rung, für die die Partei 10 000 Frank bewilligt hat, und über dieAktion während des Eisenbahnerstreiks. Hierbei erwähnte er auchdie Maßregelung des Genossen Marius Andredurch die Direktion der Mittelmeerbahn, die ausschließlich aus demGrund erfolgte, weil dieser Genosse als Mitglied der Administra-tionskommission der Partei das Manifest der Parteiunterzeichnet hat. Er berichtete weiter, daß die Partei dieAktien der„Humanit 6", die noch im Besitz eines Privat-manneS waren, zurückgekauft hat, so daß die Mehrheit derAktien jetzt der Partei gehört.Genosse Bracke erstattete im Namen deS Verwaltungsratesder„Humanite" den Bericht über die Situation dieses Blattes.Er ist überaus günstig. Der durchschnittliche Tagesverkauf inParis betrug im Sommer 41 000, das Minimum 36 000. Am14. Oktober wurden 77 000 Exemplare verkauft. Auch in derProvinz zeigt sich eine stetige bedeutende Zunahme, gedruckt wur-den im Juli durchschnittlich 106 000, im August 00 000 bis 05 000,während des Streiks sogar 220 000 Exemplare. Bei dieser Niesen-aufläge hat aber das Blatt materiell nichts profitiert, da die inAuflagen von 60 000, 80 000 und noch mehr ausgegebenen Extra-blätter den CamelotS zu einem sehr niedrigen Preis abgelassenwerden mußten. Für das ganze Jahr wird wohl ein Neingewinnvon 25 000 Frank herauskommen.Maxena R o l d e S referierte über die Kampagne gegen dieLebensmittelteuerung. Die Genossenschaftsbörse hatteeine gemeinsame Aktion der Genossenschaften, der Gewerkschaftenund der Partei vorgeschlagen, die die Partei sofort akzeptierte. DieKampagne muh aber noch intettsiver werden. Ein Delegierterverlangte die Bekämpfung des Terminhandel«. LebuS(Nord)bedauerte die Abstinenz der ArbeitSkonföderatton. Lafarguebemerkte, daß die Hauptanstrengung der Aufhebung derLebensmittelzölle gelten müsse. Er beantragte. die gleich-zeitige Abhaltung großer Versammlungen mit Straßendemon-strationen, unter Teilnahme der Frauen.— Der Nationalratsprach schließlich seine Zustimmung zur bisherigen PropagandaauS und entschied, sie noch intensiver zu gestalten.Der Parteitag wird Ostern in St. Ouentin statt-ftnden. Die Tagesordnung wird durch ein Referendum bestimmtwerden. Ihm soll eine Preßkonferenz vorangehen.In der Nachtsitzung verlas Cvmpire-Marel die von der sozia-liftischen Fraktion eingebrachte Tagesordnung auf Erhebung derAnklage gegen Brian d. Der Nationalrat beschloht sie inganz Frankreich anschlagen zu lassen und zugleich eine allgemeineVersammlungskampagne gegen Briand und seine Helfer im Parla»Wem einzuleiten.