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Nr. 258. 27. Jahrgang.

1. Beilage des ,, Vorwärts  " Berliner Volksblatt. Dounerstag, 3. November 1910.

Prozeß Bruhn und Genoffen.

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ordnet.

Ordnungsstrafen gegen den ausgebliebenen Zeugen Ludwig Klebinder.

St. P. D. feine Vereidigung ausschließt. Das Attest sei nicht werden könnte. Das Staatswohl wird doch unmöglich dadurch ge­unterschrieben, sondern nur auf einen amtlichen Briefbogen des fährdet, wenn hier sich ergibt, daß ein Teil des Staatswohles auf Kreisarztes geschrieben und mit dem Stempel desselben unter einem anderen Standpunkte steht wie der andere. Einen großen Raum in der gestrigen Verhandlung nahmen stempelt. Nach diesem Attest befinde sich Jadson in einem Zustande Vors.: Ich kann nur wiederholen, daß diese Debatten zu nichts Maßnahmen gegen Zeugen ein. Gegen den Zeugen Hinge der Aufregung, daß er wohl feine Einsicht von der Bedeutung führen. Beschweren Sie sich bei dem Minister. wurden erst 300 M. Ordnungsstrafe festgesezt. Die Ordnungs- des Eides haben dürfte. Sein ganzes Auftreten vor Gericht lege Diese Erörterungen schließen damit ab, daß der Staatsanwalt strafe wurde alsbald wieder aufgehoben, als der frante Zeuge die Vermutung nahe, daß der Zeuge gestern auch schon in einem erklärt, zunächst telegraphische Erkundigungen darüber einzuziehen, erscheint. Seine Aussage gab klar zu erkennen, daß er aus solchen Zustande sich befunden habe. Er beantrage, den Medizinal- ob Dr. Kopp wesentlich Neues zu bekunden hat. Anlaß eines ihm unangenehmen Artikels Inserate aufgegeben rat Dr. Leppmann vorzuladen und eventl. von einer Vereidigung des Zeugen Jackson abzusehen. hat, um derartige oder andere Angriffe für die Zukunft zu Der Zeuge Schaurté wird noch einmal vorgerufen und be­verhindern. Mit dieser Einschränkung verneinte er die Frage, fundet auf Befragen, daß Jackson auch zu ihm gekommen sei und Zu dem Fall Hinge war auch der Journalist Ludwig Klebinder ob er sich durch Bruhn bedroht fühlte. In diesem Falle ihn gebeten habe, zu Bruhn zu gehen und ihn zu ersuchen, die( Binder) geladen, ist aber nicht erschienen. handelt es sich also um eine vollendete Erpressung, wenn Inserate des Herrn Jandorf doch aufzunehmen. Angell. W. Bruhn Staatsanwalt Leisinger beantragt gegen den ausgebliebenen man aus dem gesamten auf Sensation und Geldgewinnung richtet an den Zeugen noch die Frage, ob ihm nicht von dritter Zeugen dieselbe Ordnungsstrafe wie gegen Hinze. abzielenden Verhalten der Wahrheit" und Bruhns die Absicht Seite einmal mitgeteilt worden sei, daß Jackson in Brüssel   etwas Der Gerichtshof beschließt: den ausgebliebenen Zeugen Kle­der Bedrohung mit dem Uebel der Vorbereitung weiterer An- petziert habe. Der Zeuge Schaurté erklärt hierzu, daß es ihm binder in eine Ordnungsstrafe von 300 M. event. 30 Tagen Haft griffe entnimmt und nicht als Entschuldigung für ihn gelten unangenehm sei, über solche Fragen, die einem ihm befreundeten und in die durch sein Ausbleiben entstandenen Kosten zu nehmen. Mann betreffen, Auskunft zu geben. Er pflege die Stange seiner fäßt, daß auch andere bürgerliche, insbesondere nationale Freunde zu halten. Auf die Frage, woher benn Bruhn das wisse. Gleichzeitig wird seine ſofortige zwangsweise Vorführung ange­Organe gleich schmußige Gewohnheiten haben. Auch der erklärt dieser: Das kann Ihnen ja doch egal sein. Mir wird das Gutachten über Jackson. Zeuge Ludwig Klebinder erschien beim Aufruf nicht, von meinen Freunden, von der Welt mitgeteilt! Der Zeuge wurde gleichfalls mit einer Ordnungsstrafe belegt, tauchte Schaurté erklärt weiter: Aus einer Wendung im gestrigen Prozeß­Der inzwischen erschienene Medizinalrat Dr. Leppmann wird dann auf, war aber bei seinem Aufruf verschwunden. Er bericht könnte der falsche Schluß gezogen werden, daß ich ein Juden- über den Gesundheitszustand des Zeugen Jackson vernommen und wird wohl heute zwangsweise vorgeführt werden. Ein basser sei. Im Gegenteil: ich bin sehr für die Juden eingenommen! sagt u. a. folgendes aus: Jackson ist mir gestern abend von einem dritter nicht erschienener Zeuge war der Polizei­( Heiterkeit.) Nun ja, solch falscher Schluß fönnte mir doch ge- seiner Bekannten zugeführt worden mit der Bitte, ihn auf seine tommissar Stopp. An sein Nichterscheinen knüpfte sich schäftlich schaden. Ich habe überhaupt feinen Haß gegen irgend Terminsfähigkeit zu untersuchen. Nach einer einmaligen Unter­eine Religion! suchung kann ich natürlich kein abschließendes Urteil über den eine Debatte über die Verweigerung der Genehmigung Geisteszustand eines Menschen abgeben. Herr Jackson war in einem zum Erscheinen des Polizeirats Henniger. Am Schlusse der Ordnungsstrafe gegen den ausgebliebenen Zengen Hinte  . Zustande, der über den einer nervösen Aufgeregtheit hinausging, Erörterungen wies der Vorsitzende die Verteidiger darauf hin, Der an Gerichtsstelle erschienene Medizinalrat Dr. Hoffmann er war sehr zerfahren und verworren. Bei der körperlichen Unter­daß ihnen ja Beschwerde an den Minister gegen die Ver- bekundet auf Befragen: er habe sich im Auftrage des Gerichts suchung habe ich denn auch Zeichen gefunden, die über eine gewöhn weigerung der Zeugnisaussage zusteht. Den Verteidigern zuerst in die Wohnung und dann in das Geschäftslokal des Zeugen liche Nervenschwäche hinausgeht und den dringenden Verdacht er­Carl H. Hinze begeben, aber ihn nicht angetroffen. An beiden regen, daß es sich um ein tiefer gehendes Leiden handelt. Er hat sollte dieser Weg und der weitere, bei Gericht zu beantragen, Stellen sei ihm gesagt worden, daß Herr Hinge nicht anwesend mir auch seine ganze Borgeschichte erzählt unter der Bedingung, daß daß der Minister die Genehmigung erteile, eigentlich auch sei, man auch nicht wisse, wohin er gegangen und wann er zurüd- dies unter der Berufsverschwiegenheit bleibe. Diese Vorgeschichte ohne Belehrung nicht ganz unbekannt sein. Db der Protest tehren werde. paßt innerlich zu den Ergebnissen meiner Untersuchung und ich gegen die von uns selbstverständlich verurteilte Versagung der Staatsanwalt Leisering: Da diese Bekundung des Sachver- muß sagen: die Fortsetzung der Bernehmung würde für diesen Mann Zeugnisaussage des Dr. Henniger seitens der Angeklagten ständigen der Angabe des Zeugen Hinze, daß er krank sei, wider eine erhebliche Gesundheitsgefahr darstellen. Ich glaube, daß er und ihrer konservativen Verteidiger ernst gemeint ist? Erheb- spricht, beantrage ich, den Zeugen Hinge in eine Ordnungsstrafe nicht eidesfähig ist im Sinne des§ 56 I Str. P. O. Es gibt eben liche Zweifel regen sich bei der Erinnerung daran, daß jüngst von 100 m. eventl. 10 Tagen Haft zu nehmen und ihn zwangs- Personen, die, wenn sie auch nicht geistestrant sind, doch, sobald sie in der Strafprozeßkommission sämtliche tonfer­sämtliche tonser- weise vorzuführen. in Erregung geraten, über ihr Tun fich keine Rechenschaft mehr bativen und antisemitischen Abgeordneten für die des Gerichts dahin: Der Zeuge Hinge wird, weil er ordnungs- und der Bedeutung des Geides keine Vorstellung mehr haben. In Nach kurzer Beratung verkündet der Vorsitzende den Beschlußgeben können und im Momente der Geidesleistung von dem Wesen Aufrechterhaltung des Spizelparagraphen lebhaft eingetreten mäßiger Ladung ungeachtet im heutigen Termin nicht erschienen und der Bedeutung des Geides keine Vorstellung mehr haben. In sind, dessen Eristenz allein die Versagung der Ver- ist, in eine Ordnungsstrafe von 300 m. eventl. 30 Tagen haft einen solchen Zustand geraten beispielsweise schwer hysterische nehmung des Dr. Henniger als Zeugen herbeiführen und in die durch sein Ausbleiben entstandenen Kosten des Verfahrens Frauenspersonen. Herr Jadson ist ein Mann, der als psychopatisch tonnte. Wird Dr. Henniger, wenn er erscheint, über verurteilt. Gleichzeitig wird seine sofortige zwangsweise Vor- und minderwertig anzusprechen ist, und die Art, wie er nach den Gerichtsberichten sich gestern vor Gericht benommen hat, entspricht die Beziehungen zwischen Polizei, der Wahrheit", den anti- führung angeordnet. semitischen und nationalen Zeitungen uneingeschränkt aus- Es werden dann zu dem Fall Hinge noch einige Beugen ver- diesem Gutachten.

fagen? Das wäre erfreulich.

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Der Zeuge Jackson ist nach dem Gutachten des Gerichts­arztes in hochgradiger Erregung, die ihn zurzeit eidesunfähig macht. Leider fand sich keiner der Prozeßbeteiligten veranlaßt, an den Gutachter die Frage zu richten, ob nicht die Art, die fich der Krante als Zeuge gefallen lassen mußte, ohne daß ihm Gerichtsschutz wurde, auch einen Gefunden in eine hoch­gradige Erregung verfehen könnte, und ob und wann Aussicht vorhanden sei, daß seine Erregung sich legen werde. Ein immerhin nicht alltäglicher Fall.

Der Vorsigende stellte in Aussicht, daß die schmutzige Wäsche der Wahrheit" wohl noch bis Mitte nächster Woche bor Gericht ausgehängt bleiben werde.

Achter Tag.

Borsitzender Landgerichtsrat Lampe bemerkte nach Eröffnung Ser gestrigen Situng: Es sei in Aussicht gewesen, die Verhandlung noch im Laufe dieser Woche zu beenden. Da aber infolge der Vernehmung der Zeugen immer neue Schwierigkeiten entstehen und immer neue Vorladungen von Zeugen sich daraus ergeben, schwindet diese Hoffnung leider immer mehr und man wird mit der Wahrscheinlichkeit rechnen müssen, daß der Prozeß sich noch bis in die nächste Woche hinzieht, denn es sind moch 3 Fälle der Anklage zu erörtern und eine ganze Reihe bon Zeitungsartikeln zu verlesen.

Bersuchte Bloßstellung des Belastungszeugen Jacobsohn. Rechtsanwalt Bredered teilt mit, daß ihm von einem Ange­stellten des Zeugen Jacobsohn, genannt Jadson, ein freisärztliches Attest des Medizinalrats Dr. Leppmann überreicht sei. Danach sei Jadson nervenkrant und vernehmungsunfähig und würde bei einer neuen Bernehmung in einen Zustand geraten, der nach§ 56 I

Kleines feuilleton.

nommen, die wesentlich Neues nicht bekunden.

Verhandlungen über Verzicht auf einen Belastungszeugen. Der Vorsitzende fragt den Staatsanwalt, ob er denn auf Ver­nehmung des von ihm geladenen Zeugen Kriminalfommissar Dr. Kopp bestehe. Dieser sei doch nach seinem Telegramm noch im Brauer- Prozeß in Trier   festgehalten und es sei ihm unmöglich, hier zu erscheinen.

Rechtsanw. Bredered: Wenn die Staatsanwaltschaft auf

Der Vorsitzende weist darauf hin, daß Polizeirat Dr. Hen­niger ja doch nicht die Genehmigung des Polizeipräsidenten zur Aus­sage erhalten hat. Angell. W. Bruhn: Wenn es Herrn Dr. Kopp gestattet ist auszusagen, dann verstehe ich nicht, warum die Erlaubnis Herrn Dr. Henniger versagt wird. Ich muß dann doch auf Vernehmung des letzteren bestehen.

Darüber, ob etwa die Erregung des Zeugen durch die ihm vor Gericht gewordene Behandlung hervorgerufen ist, wird der Gutachter nicht befragt. Medizinalrat Dr. Leppmann wird hierauf wieder entlassen. Die Verhandlung wendet sich nun dem Falle Wertheim  

Falle Wertheim  ,

Der Staatsanwalt behält sich eine endgültige Erklärung vor. 34. In diesem den Zeugen Dr. Kopp besteht, müssen wir natürlich uns einen um- bei dem nur With. Bruhn in Frage kommt, handelt es sich darum: fangreichen Gegenbeweis vorbehalten, insbesondere den Kriminal. Seit dem Jahre 1906 sind, wie die Anklage behauptet, fortgesetzt fommissar v. Trescow und vor allen Dingen den Polizeirat Dr. Artikel mit Angriffen gegen die Firma A. Wertheim, die damals Henniger laden. aus vier Brüdern bestand, erschienen. Die Angriffe hätten sich später gegen Wolf Wertheim zugespitzt. Die Anklage steht auf dem Standpunkt, daß Leute an Wolf Wertheim herangetreten wären und ihm nahegelegt hätten, daß es sich empfehlen würde, bereiten und als das beste Mittel sei die Uebersendung von Mittel und Wege zu finden, um diesen Angriffen ein Ende zu Inseraten erachtet worden.-Angeft. Wilh. Bruhn bestreitet ganz entschieden die Annahme der Anklage, daß er durch die Artikel über das Warenhaus Wertheim die Erlangung von Inseraten Bors.: Das führt doch zu nichts. Der Polizeipräsident hat erstrebt habe. Georg Wertheim   habe seinerzeit gegen ihn eine doch nun einmal dem Dr. Henniger nicht gestattet, auszusagen. einstweilige Verfügung erwirkt, wonach er sich beleidigender An­Rechtsanw. Bredered: Der Gerichtshof muß doch erst nach- griffe gegen Georg Wertheim   zu enthalten habe; der Erlaß einer prüfen, ob die Voraussetzungen vorliegen, auf Grund deren dem gleichen Verfügung bezüglich der Firma sei abgelehnt worden. Es Polizeirat Dr. Henniger die Erlaubnis zur Aussage versagt werden haben sich an diese Tatsache Breßangriffe gegen ihn geknüpft und er sei in die Lage gekommen, sich gegen falsche Darstellungen der Rechtsanw. Dr. Meyer: In solcher Allgemeinheit kann doch Sachlage in der Presse zu wehren. Als dann der Bruderzwist die Erlaubnis nicht versagt werden. im Hause Wertheim   ausbrach, habe er auf dem Standpunkt ge= standen, daß hier dem Wolf Wertheim Unrecht von seinen Brüdern zugefügt werde und er habe eine gewisse Sympathie für ihn empfunden, die auch in den Wertheimartikeln wiederholt hindurch­Angefl. W. Bruhn: Hier sind doch so viele Dinge in der leuchte. Er bestreite entschieden, daß es sich um" Angriffsartikel" Oeffentlichkeit verhandelt worden und es ist gar nicht einzusehen, zur Erreichung materieller Vorteile handle, sie haben vielmehr wie durch die Aussage des Dr. Henniger das Staatswohl gefährdet fachgemäß die jeweilige Entwickelung der Dinge besprochen. Der

fann.

Vors. Landgerichtsrat Lampe: Wir sind doch hier machtlos dagegen. Beschweren Sie sich bei dem Minister des Innern, dieser ist die einzig maßgebende Instanz.

Totale Mondfinsternis. Am Bußtage, dem 16. November, findet eine totale Mondfinsternis statt, die in ganz Deutschland   vom Anfang bis zum Ende ihres Verlaufs be­Ein zweiunddreißigjähriger Schlaf. Aus Stockholm   wird beobachtet werden kann. Sie ist die vierte der Finsternisse des richtet: In der fleinen Gemeinde Okno  , in der Nähe von Kalmar, Jahres 1910, gleichzeitig die einzige, die bei uns sichtbar ist. Die Iebt eine 49jährige Frau, die jetzt in Schweden   in den Mittel- erste war die totale Sonnenfinsternis vom 9. Mai, dann folgte am 25. Mai eine totale Mondfinsternis. Die erstere war nur in punkt wissenschaftlichen Interesses gerüdt ist. 32 Jahre lang hat Australien   und im Indischen Ozean, die lettere in Südwesteuropa  sie geschlafen, ohne zu erwachen. Mit diesem merkwürdigen Fall und anderen außereuropäischen Gebieten der Erde zu sehen. Auch hat sich Dr. Fröderström beschäftigt und seine Beobachtungen und die dritte Finsternis, die partielle Sonnenfinsternis, die sich erst das Ergebnis seiner Untersuchungen uns vorgelegt. Denn die dieser Tage am 1. November ereignete, war nur bei unseren Anti­pathologische Schläferin, Karolina Olsson, ist aus ihrem langen poden im Bereich des Großen Ozeans zu beobachten. In der Nacht Schlafe wieder erwacht. Es war im Winter 1875, als die eigentümliche Krankheit vom 16. zum 17. November werden wir dagegen wieder einmal Ge ausbrach. Karolina zählte damals 14 Jahre; die Schule lag weit- legenheit haben zu sehen, wie der Grdschatten die Mondscheibe ab von ihrem Heim und täglich mußte sie eine weite Wanderung nach und nach völlig verfinstert. Die erste Berührung des Mondes mit dem Halbschatten der Erde beginnt, nach mitteleuropäischer über das Gis machen. Eines Tages erlitt sie auf ihrem Marsch Zeit und für die geographische Lage der Berliner   Sternwarte bee durch Schnee und Eis einen heftigen Anfall von Bahnschmerzen, rechnet, um 10 Uhr 45 Minuten abends. der sich immer mehr verstärkte; ein mehrwöchiges Krantenlager

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11 Uhr 44 Min. abends

12 Uhr 55 Min. morg. 1 Uhr 20 min. morg. 1 Uhr 46 Win. morg.

folgte, dann fiel die kleine Karolina in einen Zustand völliger Erste Berührung mit dem Kernschatten der Erde  Apathie. Bewußtlos und mit geschlossenen Augen lag sie in ihrem Beginn der Totalität Bette. Aus Wochen wurden Monate, aus Monaten Jahre, aus Mitte der Finsternis Jahren Jahrzehnte. Wie eine Tote lag sie da. Nach Aussage Ende der Totatlität ihres alten Baters erhielt sie in der langen Zeit von 32 Jahren Leßte Berührung d. Mondes mit d. Kernschatten 2 Uhr 57 Min. morg. teine andere Nahrung als etwas Milch, die ihr täglich mühsam Lezte Berührung mit dem Halbschatten der Erde 3 Ubr 56 Min. morg. eingeflößt wurde. Nur drei oder viermal durchbrach eine Lebens- Die größte Phase der Verfinsterung beträgt nach einer Mit­äußerung den dumpfen Schlafzustand: da richtete sie sich empor, teilung Archenholds im Weltall  " 1,13 in Teilen des Mond­ber von den Angehörigen mit banger Spannung verfolgte Vor- und 227 Grad beim Austritt vom nördlichsten Punkte der Mond­bersuchte das Bett wie eine Nachtwandlerin zu verlassen. Aber durchmessers. Die Berührungsstellen liegen 94 Grad beim Eintritt gang erstarb schon im Entstehen. Karolina sant zurück und fiel scheibe ab. fofort wieder in ihren Schlummer. Doch mit der Zeit fündigte Die Mondfinsternis wird außer in ganz Europa   in Asien  , mit fich eine Wandlung an: als man ihr 1905 mitteilte, daß ihre Ausnahme der östlicher gelegenen Gebiete, im Indischen Ozean und Mutter gestorben und zwei Jahre später, daß ihr Bruder ertrunten in Amerika   zu beobachten sein. Hoffentlich ist bei uns die Witte­sei, hörte man sie weinen und stöhnen. Als eine Bedienstete der rung günstig, so daß das interessante Naturphänomen in seinem Familie im April 1908 in das Schlafzimmer tam, fand sie Karolina gauzen Verlaufe wahrgenommen werden kann. Die lebte, in weinend und auf Händen und Füßen herumkriechend. Sie rief Deutschland   sichtbare totale Mondfinsternis war am 4. Juni 1909. nach ihrer Mutter und wollte nicht glauben, daß diese tot sei. Als sie ihre Brüder sah, erkannte sie feinen von ihnen wieder, da sie so groß geworden sind". Noch zwei Monate blieb Karolina ans Bett gefesselt; dann konnte sie aufstehen und bald begann sie, an der Arbeit teilzunehmen. Heute ist sie eine sehr arbeitssame, fleißige Person.

Dr. Fröderström nimmt an, daß Karolinas Krankheit eine hysterische Psycheneurose jener Art war, die im Mittelalter als Besessenheit oder Verherung bekannt war. Bedeutsam bleibt, daß die Krankheit gerade beim Eintritt in das Pubertätsalter ihren Anfang nahm. Erbliche Belastung fann vielleicht von der Mutter aus borliegen, welche eine Frau mit überspanntem Sinnesleben war.

Humor und Satire.

Brief an Purischtewitso. Hochgeschäßter Herr Kollege! Wohl ein Jahr ging schon ins Land, feit sich freuzten unire Wege, feit mein Herz das Ihre fand. Leider bis zu diesem Tage ward's noch nicht so weit gebracht. wie wir bei dem Seftgelage ( Sie erinnern sich) gedacht.

Zwar der forgfam ausgeheckte Plan nach Ihrem weisen Rat ward durch unsere Subjekte hin und wieder schon zur Tat. Aber nie wollt' es gelingen, diese preußisch- deutsche Plebs recht zur Rebellion zu bringen doch der Himmel fünftig geb's! Freilich, sehn Sie, dafür müssen Sie uns Ihre Hilfe leih'n. Ihre schwarzen Hundert wiffen, wie man's anfängt, ganz allein. Helfen Sie mit Hundert Spizeln uns aus der Verlegenheit, daß fie locken, reizen, figeln unsere Noten in den Streit.

Und im März( Sie sind geladen)

feiern wir das Siegesfest. Antwort wollen Sie uns drahten nach... Sie kennen ja das Nest!

Notizen.

Franz.

im Gewerkschaftshause im ärbeiter- Wanderbund Die Naturfreunde"

Vorträge. Felig Linte hält am Freitagabend 8% Uhr

einen Vortrag( mit Lichtbildern) über: Das Werden der Belten." Gäste willkommen.

Cine Vereinigung bildender Künstler Berlins   hat sich neu gebildet mit dem Zwecke, dem Künstler­proletariate durch Eröffnung von Verkaufsmöglichkeiten zu helfen. Es soll noch vor Weihnachten eine Ausstellung stattfinden, in der fein Bild über 300 M. fosten darf.

König Oedipus wird im Zirkus Schumann Mon­tag, 14. Nov., wiederholt. Die Ausgabe der Billetts beginnt Sonn­abend, den 5. d. M., an der Tagestasse des Deutschen   Theaters und bei A. Wertheim. Für die Studentenschaft, Schulen und Ge­wertschaften werden die Pläße bis zu 3 Mt. reserviert. Diese Billetts, die von den Schulen bis Freitagabend schriftlich bestellt sein müssen, werden ausschließlich am Sonnabend, den 5., nach­mittags von 2-5 Uhr im Deutschen   Theater ausgegeben.

Bur ersten Aufführung des Depipus am 7. November find noch Galleriesige im Gewerkschaftshaus" au haben.