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Ar. 272. 27. Ishrgavg. !. Ktilxse Ks Lsmmls" Knli»tl vollisdIM. Zonntag. 20. November 1910. Die Moabiter Vorgänge vor Sericht. Achter Tag. Nach Eröffnung der Sonnabend- Sitzung nimmt Rechts- anwalt Kurt Rosenfeld Bezug aus die Angaben des Polizei- leutnantS Folte Vom Freitag über Vorgänge an der Moltkebrücke bei den Wahlrechtsdemonstrationen im Januar 1908. Brweisanträge dafür, daß Polizcibeamte Krawalle angestiftet undBluthunds gebrüllt haben. Der Verteidiger beantragt, eine Reihe von Zeugen zu laden, welche bekunden sollen, dast sich unter den Demonstranten ein Kriminalschutzmann Wilhelm Schlaf befand, der sich unter dem falschen Namen Karl Spinger im sozialdemokratischen Wablverein aufnehmen liest. Er hat sich an den Kleinarbeiten der sozialdemokratischen Organisation mit großem Eifer beteiligt, ebenso an den Wahlrechtsdemonstrationen. An der Moltkebrücke befand er sich unter der Menge und forderte die Arbeiter zu Gewalttätigkeiten und kum Wider st ande gegen die Beamten auf. Er nefHoch das Wahlrecht" und Nieder mit Bülow." Insbesondere forderte er die Menge auf, einen Po st wagen, der über die Brücke fuhr, umzukippen und ins Wasser zu werfen. Der Kriminal- beamte Schlaf machte den Arbeitern Vorwürfe, dast sie nicht scharf genug gegen die Polizei vorgegangen seien. Besonders laut und oft rief erBluthunde". Das ist festgestellt durch ein Urteil der Strafkammer vom 1(5. April 1608, dessen Verlesung ich be antrage. In dem Urteil wird, gesagt die Bekundung mancher Zeugen, dast sich Polizeibeamte im Zuge befanden, die sich in der angegebenen Weise betätigten, ist richtig. Wenn sich der Beweis in dieser Richtung nicht vollkommen führen liest, so liegt das daran, dast das Polizeipräsidium den Beamten untersagte. Aussagen über ihr Verhalten bei den Demonstrationen zu machen. Das Gericht behält sich den Beschlust über diesen An- trag vor. Hierauf wird die Vernehmung der Zeugen fortgesetzt. Rechtsanwalt Dr. Heinemann richtet an den Polizei- major Klein die Frage, ob nicht auf dem Hofe der Löwe- schen Fabrik Pfla st erarbeiten verrichtet wurden. Major Klein gibt das zu, meint aber, die Sleine. mit denen ge- worsen wurde, könnten nicht von den-Pflasterarbeiten herrühren, sie seien anderer Art gewesen. In bezug auf den am Freilag erwähnten Radfahrer, der mit einem Spitzhammer das Pflaster der Bürger- steige aufgehackt haben soll, gibt Major Klein an: ein Kriminal- schütz, nonn Hastler will wahrgenommen haben, dast ein Mann auf einem Rade am 26. September(morgens) herumfuhr und mit einem Maurerhammer die Sleine aufhackte. Auf Antrag der Ver- teidigung soll der Kriminalschutzmann als Zeuge geladen werden. Polizeileutnant Folte ergänzt seine Aussage vom Frei- tag. Bei den Vorgängen vor der Löweschen Fabrik hätten mindestens tausend Personen auf der Slraste gestanden. Auf dem Hofe habe es die Polizei, die über 20 Mann und 8 Pferde verfügte, mit ö0 bis 70 Leuten zu tun gehabt, die ihr gegenllberlraten. Er st er Staatsanwalt Steinbrecht : Ich lege grasten Wert darauf, zu erfahren, welcher Art das Publikum war. welches sich an den Strastenunruhen beteiligte. Polizeileut- nant Folte: In Vorderhäusern der Gegend, um die es sich hier handelt, wohnt besseres Publikum, aber auch Arbeiter, die. wenn sie eine größere Wohnung haben, ein Zimmer vermieten. Ich habe be- obachlet, dast die Leute, welche auf der Straße tumultiertcn, von den Hausbewohnern dadurch unterstützt wurden, dast man sie in die Häuser hineinließ, wenn die Beamten gegen sie vorgingen und hinter ihnen die Haustüren verschloß. Auch in den Wohnungen sind die Leute zum Teil ausgenommen worden, um sie der Polizei zu entziehen. Als die Unruhen schon vorbei waren, habe ein Schutz- niann in einem Geschäft Karten kaufen wollen, der Geschäftsinhaber habe aber erklärt, er könne nicht wagen, einem Schutzmann etwas zu verkaufen. Der Geschäftsmann habe sich an- scheinend vor der Rache der Streikenden gefürchtet. Rechtsanwalt Cohn: Ist Bier undSchnapS an die Schutzleute verteilt worden? Polizeimajor Klein: Schnaps ist ausgeschlossen. Die Leute haben nur abends eine Flasche Bier bekommen oder wenn sie acht Stunden lang gestanden haben. Es war auch keine Gelegenheit, dast die kleines feuitteton. Theater. Kammerspiele: Der verwundete Vogel. Ko- mödie von C a p u s. Das französische Theater behandelt immer noch wie vor 40 Jahren und mehr mit Vorliebe das(scheints) un- erschöpfliche Thema der Eheirrungen. Unter den Abarten dieses Genres, das heute ja vor allem zu Schwankvariationcn herhalten mutz, vertritt Alfred Capus die resignierte, graziös verfeinerte und bei alledem schwachlebige und dünnflüssige. Er sieht wohl neue Probleme, aber er spielt mehr mit ihnen, als dast er sie beherzt anpackte. Er ist der sanfte Dramatiker der müden, klugen Leute, die keine Dramen mehr erleben. Der Dichter der Lustspiele:Die Börse oder das Leben und La Beine" hat uns die letzten Jahre mit ziemlich farblosen und etwas langweiligen Stücken versorgt. Auch sein neustes ist von dieser Art: manches ist fein geraten, aber das ganze doch wenig dramatisch und dürftig.Der verwundete Vogel" heißt die Ko- mödie nach einer Fabel Lafontaines, die in die Lehre ausllingt, dast ein Mensch dem anderen die Waffen zu seiner Bekämpfung liefert. Eine tiefere Beziehung der Fabel zum Inhalt des Stückes wird nicht herausgearbeitet. Avonne, das gefallene junge Mädchen, dem in ihrem Beschützer, den reichen und vornehmen Gelehrten Salviere. bald ein Geliebter ersteht, hat auch mit dieser neuen Liebe kein Glück. Saldiere ist wohl dem Zauber der ungebrochenen Jugend und des kecken Lebensmutes erlegen, aber gegen den Willen seiner geliebten, in geistiger Harmonie mit ihm verbundenen Frau ivagt er Uvonne nicht zu behaupten. Zudem hat er nicht geglaubt, daß sie ihn tiefer liebe, und als er sich davon überzeugt, verzögert er wohl aus Mitleid die Entscheidung, aber gibt Avonne doch preis als seine Frau dazu drängt. Die breit ausgesponnene psychologi- sche EntWickelung wird mit einer Soiree beim Minister, kleinen gesellschaftlichen Seitenblicken und viel Rührseligkeit eines äußerst braven, zur Tugend mahnenden Bruders Dvonnes drapiert. Die Aufführung litt, abgesehen von den unverzeihlichen Pausen(Regie, Herr Reinhardt!), unter den Längen, die eher ver- stärkt als gemildert wurden. Auch nahm Herr W i n t e r st c i n den sonst gut charakterisierten Salviere zu schwer. Bezaubernd durch ihre Frische und rührende Liebe wirkte Frl. Eibenschütz (als Avonne). Vornehm und überlegen, aber mit reichlich elegischem Unterton, spielte Fr. Fehdmer Salvieres Frau . Einige Chargen suchten durch Uebertreibungen die komische Kurzweil aufzu» bringen. r- Lessing-Theater:Das zweite Leben", Schau- spiel von Georg Hirschfeld . Fast nur noch in den Brahm- schen Premieren hält das Publikum, in Erinnerung der Kampfzeit de? aufstrebenden Naturalismus, an dem Gewohnheitsrechte fest, je nach Belieben auch seinem Mistfallen durch Zischen deutlichen Beamten sich Schnaps kaufen konnten. Polizeileutnant Folte wird von der Verteidigung befragt, ob Kriminalbeamte unter seinem Kommando standen. Er sagt, ihm seien nur die Kriminalbeamten des Reviers unterstellt gewesen, aber nicht die von der 4. Abteilung nach Moabit geschickten. Der nächste Zeuge, Polizcileutnant Götze, st seit dem 26. in der Bcusiel- und Sickingenstraste tätig gewesen. Am 26. so gibt der Zeuge an habe sich gegen Abend eine Menschenmenge angesammelt, die johlte und Steine. Flaschen und dergleichen auf die Beamten geworfen habe. Die Menge sei zunächst ohne Waffen zurückgedrängt, sie sei aber immer iviedcr in derselben Weise gegen die Beaniten vorgegangen. Aus einem Lokal sei ge- warfen worden, aus den Hänsern sei Sand und Wasser auf die Beamten geschüttet worden. Hierauf sei die Menge mit dem blanken Säbel zurückgetrieben. Die Polizei habe die vier Destillationen an den Ecken der Bcussel- und Sickingenstraste geräumt. Seit 6 Ilür hätten die Beamten immerzu in Güte, aber vergebens versucht, die Menge zu zerstreuen. Am 27. sei gegen lU6 Uhr abends an der Ecke der Sickingen- und Beusselsträße eine Menschenmenge versammelt ge­wesen. Kurz vor 7 Uhr hätten die Beamten auf Befehl des Zeugen von der blanken Waffe Gebrauch gemacht, nachdem sie von der Menge nnt Steinen und Flaschen geworfen worden seien. Sechs bis sieben Personen hätten die Arbeitermarscillaise gesungen. Vor dem Ein- schreiten mit der Waffe sei die Menge dreimal ausgefordert worden. auseinanderzugehen. Die sonstigen Aussagen des Zeugen decken sich im allgemeinen mit den Angaben der Vorzeugen über die Straßen- Vorgänge. Er gibt an, daß mehrere Schntzleute durch Steinwürfe verletzt worden seien. Weiter sagt er, ein Radfahrer, der wie ein Arbeiter aussah, sei in den Straßen herumgefahren, habe an den Lokalen gehalten, anscheinend um Nachrichten zu über- bringen oder Erkundigungen einzuziehen. Das lasse einen Schlust auf eine planmäßige Leltung der Unruhen zu. AuS der Be­fragung des Zeugen ergibt sich, dast die Polizei diesen sagenhaften Radfahrer ebenso lvie den Nadfahrer mit dem Spitzhammer nicht festgestellt hat. Aus eine Frage des Staatsanwalts antwortet der Zeuge, die Polizei habe der Menge gegenüber gar nicht vordringen können, sondern sie habe ihre Not gehabt, um die eingenommenen Posten zu halten. Trotz der vielen Ausschreitungen hätten nur wenige festgenommen werden können, weil die Polizei anfangs in zu schwacher Zahl vertreten gewesen sei. Polizeileutnant Bismarck macht über die Strastettborgänge im allgemeinen dieselben Angaben wie die anderen Polizeioffiziere, nur mit dem Unterschiede, dast er die Farben dicker aufträgt. Die Polizei sei immer erst vorgegangen, nachdem sie mit Steinen, Preßkohlen, Eisenstücken, Teller, Blumen- töpfen, Flaschen und dergleichen beworfen worden sei, auch geschossen sei aus Publikum. In den Häusern, aus denen geworfen worden sei, wohne kein Mob, keine Rowdies, kein Janhagel, sondern besseres Publikum. Diese Angaben beziehen sich insbesondere auf Vorgänge in der Rostocker Straße am 27. zwischen 10 und 12 Uhr nachts. Immer sei ein lang- gezogener schriller Pfiff das Signal zum Angriff auf die Polizei gewesen. Da auch dieser Zeuge an planmäßig geleitete Angriffe auf die Polizei zu glauben scheint, wird er von den Verteidigern nach dieser Richtung befragt. Er sagt darauf: Essei ja nicht nötig, daß ein besonderer Plan bestanden habe. Die Leute wären'r doch einheitlich vvrgegaugen, denn sie fühlen sich verbunden dura» die ewige Hetzerei deöVorwärts" gegen die Polizei. Die ewigen Hetzartikel desVorwärts" seien die Saat, deren blutige Frucht in der Rostocker Straße aufgegangen sei. Die Ver- leidiger fragen den Zeugen, auf welche Artikel desVorwärts" er sich beziehe. Da beruft er sich auf die schon am Tage vorher angezogene Aufforderung des TransportarbeiterverbandcS, die dahin geht, die Streikenden sollten aushalten und die Arbeiter aller Branchen sollten sie in diesem Bestreben mit allen Mitteln unterstützen. Die Verteidiger halten dem Zeugen den Artikel vor und weisen darauf hin, dast das doch kein Hetzartikel ist. Der Zeuge liest:Mit allen ivtitteln"mit allen Mitteln" ja. hm mit allen Mitteln" das können doch die Arbeiter für eine Auf- forderung zur Gewalt halten. Der Zeuge soll auf Ver- langen der VerteidigerHetzartikel" deSVor­wärts" anführen. Er weiß darauf nichts weiter zu antworten, als daß derVorwärts" seit Jahren schreibe. das nervöse, das übernervöse Verhalten der Polizei sei schuld an den Ausschreitungen. Rechtsanw. Cohn: Das ist doch Ausdruck zu verleihen. AndcrSwo läßt man, auch bei der intensiv- sten Langweile, dem Aufgebot der Beifallsklatscher sein Ver- gnügen. Es mag das rücksichts- und würdevoller aussehen, aber auch jener andere, aktivere Brauch hat seine guten Seiten. Warum sollte gerade die Opposition, wenn sie vernünftig ist, zur Schweig- samkeit verurteilt sein? Hirschfelds, des einst so vielversprechen- den Dichters derMütter", neues Drama, das schon bei seiner Erstaufführung in der Wiener Burg keinen Erfolg hatte, stieß hier auf eine ungewöhnlich energische Ablehnung. Ein prä- tentiöses Gebaren, das der Gutgläubigkeit des Publikums die Annahme unerhörter Voraussetzungen zumutet und dann schlechterdings nicht das Mindeste, was interessieren und nachträg- lich die Voraussetzungen rechtfertigen könnte, zu entwickeln weist, inußte provozieren. Der erste Akt spielt in dem England des siebzehnten Jahr Hunderts, dessen bigotte Regierung die anatomische Zergliederung der Leichen mit dem Tode bestrafte. Die Aerzte, die auf ihre Forscherarbeit nicht verzichten wollten, mußten für die Herbeischaf- fung des Materials lichtscheues Gesindel,Auferstehungsmänner", werben, die bei Stacht und Nebel die Toten aus den frischen Gräbern stahlen. Der Held des Dramas, ein etwas faustisch dra- piectcr Gelehrter, wartet ungeduldig in seinem Arbeitszimmer auf die Ankunft des bestellten Transportes. Man bringt ihm die Leiche einer vornehmen, wunderschönen Jungfrau, die erst vor wenigen Stunden bestattet ist. Bezaubert starrt er in das bleiche Antlitz. Es schlummert nur im Banne des Scheintods, die Glut seiner Sehnsucht facht die erloschene Flamme wieder an. Sie richtet sich empor und blickt ihn, erst fremd, dann mit verklärtem, zärtlichem Schimmer in den Augen, an. Seltsamer noch als das Erwachen ist, daß dem Mädchen jede Erinnerung ihres früheren Lebens entschwunden, am seltsamsten, daß dieser grüblerische große Geist das Manko ausnützt, die Wehrlose mit einem elenden Lügengewebe für sich einzufangen. Er gibt sich aus für ihren angetrauten Gatten, der sie aus langer, schwerer Krankheit durch seine Heilkunst rettete. Vielleicht, daß eine stärkere Phantasie dem Märchen einer solchen Ehe bedeutsame Gleichniffe, Perspektiven hätte abgewinnen können. Bei Hirschfeld rückt und rührt sich nichts. Der Arzt ist mit der anmutigen, streng behüteten Beute nach Florenz geflüchtet und ermahnt sie immer wieder zu verschwiegener Zurückhaltung. Sie aber plagt sich im Gespräck mit einem vom Autor eigens dazu herbeizitierten italienischen Ehdpaarc hartnäckig mit vergeblichen Erinncrungsbemühungen. Einzig zerstreute Töne einer Volks- licderweise klingen aus jener B�lt in ihrer Seele nach. Auf dem Theaterzettel ist neben Evelyn Gray noch einö Schwester Anna Gray und ein Lord Lord Marwick, der Evelyn als Bräutigam bestimmt war, verzeichnet. Wie zu erwarten, treffen beide iin dxitten Akte in Florenz ein und just in der Kapelle, in der die arme Evelyn zur Jungfrau Maria fleht, sie aus der Wirrnis zu erlösen, singt Anna das bewußte alte Volkslied. ErkennungS- nur eine Kritik der Polizei. Sind Sie denn der Meinung, dast man die Polizei nicht kritisieren darf? Was ver- stehen Sie also unter Verhetzung? Zeuge: Wenn ich das sagen soll, dann müßte ich alle die Artikel desVor- wärts" vor mir haben. R e ch t§ a u w. C o h n beantragt, dem Zeugen aufzugeben, dast er die Artikel deSVorwärts", die er für Hetzartikel gegen die Polizei hält, vorlegt. Rechtsanwalt Heine: Der Zeuge hat hier eine politische Rede gehalten. Das führt dazu, dast auch wir dies Gebiet betreren. Wir können Artikel derDeutschen Tageszeitung", derPost" und anderer Blätter vor- legen, in denen gegen die Arbeiter gehetzt wird. Wir können daraus den Schluß ziehen, daß die Polizei durch den Einfluß solcher Hetzartikel den Kopf verloren hat. Vorsitzender: Wollen Sie Anträge stellen? Rechtsanw. Heine: Ich er- suche Sie, den Zeugen zu veranlassen, daß er nur Tatsachen be- kündet und keine politischen Reden hält. Vorsitzender: Das ist mir an sich sehr erwünscht, aber hier sollen die Vorgängs gründlich erörtert Werve», da lassen sich Abschivcifungen nicht immer ver­meiden. Ich bitte die Herreu Verteidiger, auch bei ihren Fragen zu prüfen, ob diese nicht zu solchen Abschivcifungen Anlast geben. Der nächste Zeuge Kriiuiiialkonrmtssar Kuhn hatte das Kommando über die in Moabit tätig gewesenen 140 Kriminalbeamten der vierten Abteilung des Polizeipräsidiums. Er hat auch die polizeilichen Ermittelungen geleitet, aus denen dieser Prozeß erwachsen ist. Vor seiner Vernehmung will Kommiffar Kuhn eine Erklärung abgeben. Als er sich auf Aensterungen in der Presse bezieht, unterbricht ihn der Vorsitzende mit der Bemerkung: Das Gericht bilde sich seine Ansicht nur nach dem, was innerhalb dieses Saales erörtert werde. Was der Zeuge erklären wollte, ging bald aus seiner Aussage selbst hervor: Er lehnt es ab, daran schuld zu sein, daß diesem Prozeß eine politische Ten- denz gegeben wurde. Wie Kommissar Kuhn aussagt, hat sich die 4. Abteilung lediglich mit der Ermittelung von Straftaten zu befassen. Nur zu diesem Zweck sind die Kriminalschutzleute nach Moabit geschickt worden. Aus amtlichen Meldungen sowie aus Zeitungsberichten habe die Kriminalpolizei die Ansicht geschöpft, dast die Zahl der wegen Ausschreitungen in Moabit eingelieferten Personen im Verhältnis zu den vielen Ausschreitungen zu gering sei. Man habe angenommen, die uniformierten Beamten ivürden nicht im- stände sein, die Leute, welche Straftaten begehen, festzunehmen, des- halb sollten sie durch die Beamten der 4. Abteilung bei deu Fest- nahmen unterstützt werden. Erst am 28. September seien die Kriminalbeamten nach Moabit geschickt worden. Wer hat die Hetzartikel gegen die Arbeiter in die Presse gebracht? Da sich der Zeuge auf ZeitiingSnachrichien über Unruhen in Moabit berufen hatte, fragt ihn Rechtsanwalt R o s e n f e l d: Wer hat diese Nachrichten in die Presse gebracht? Zeuge: Das ist mir nicht bekannt. Rechtsanw. N o s e n f e l d: Wisse» Sie, ob die Polizei und wer von ihren Beamten solche Nachrichten an die Presse gibt? Zeuge: Die Beantwortung dieser Frage lehne ich ab. Das ist eine interne Angelegenheit der Polizei. Darüber darf ich nichts sagen. Die Verteidiger beantragen, das Gericht möge das Polizeipräsidium ersuchen, den Beamten die Genehmigung zu erteilen, daß sie alles aussagen dürfen, was mit den Moabiter Vorgängen in Znsauiuienhang steht. Es sei durchaus notwendig, daß in jeder Hinsicht volle Klarheit geschaffen werde. Rechtsanwalt Rose«feld: Waren außer den Beamten der vierten Abteilimg auch Beamte der politischen Polizei in Moabit. Zeuge: Davon weist ich nichts. Rechts­anwalt Rosen feld: Waren auch P o l i z e i v i g i l a n t e n in Moabit ? Zeuge: Unter meinem Kommando nicht. Ob sonst welche dort waren, weist ich nicht. Rechtsanwalt Cohn: Hatten Jhre Beaintcn Auftrag, sich unter das Pnblilnm zu mengen? Zeuge: Sie sollten sich nur bei ernsten Zttsammcnstöstctt an der Ergreifung der Täter beteiligen. Am Kraiikenhause Moabit habe ich einige Beamte aufgestellt mit dem Austrage, Verletzte, die sich dort verbinden ließen, fcstzuftellett. Ans weitere Fragen der Ver« leidiger gibt der Zeuge die AttSkttuft, dast Kriminal» Wachtmeister Fritze, der bei einem Moabiter Revier stationiert ist, bei der Polizeiattacke auf die aus- l ä n d i s ch e n Journalisten zugegen war. Rechtsanw. Cohn: Herr Kommissar, haben Sie selbst Berichterstattern In- formationen über die Moabiter Vorgänge erteilt, oder haben Sie über diese Angelegenheit Ausarbeituiigen für die Presse gemacht. Zeuge: Auch das ist eine interne Angelegenheil der Polizei. Ich lehne die Beaittwortung dieser Frage ab. Die Verteidigung beantragt, die Genehniigung zur Be­antwortung über die Fragen einzuholen, welche sich auf die Be- szene: Der Arzt und Gatte kommt hinzu. Er bleibt im Wettlaufe hochtönend feierlicher Worte Sieger und Evelyn wird nun, da sie die Wahrheit weiß, den Schöpfer und Gestalter ihres zweiten Lebens, nur noch inniger lieben! Irene Driesch bot in der Rolle der Evelyn, der einzigen im Stücke, die dankbare Momente hatte, eine virtuose Leistung. Wunderbar war das Erwachen aus dem Scheintod, aufs feinste abgestimmt die träumerisch versonnene, angstvoll gespannte Ton- art in den späteren Szenen. Doch die Bewunderung blieb, da die Dichtung ein Mitgehen, eine Illusion unmöglich machte, kalt. dt. Humor und Satire. Der oft elbische Junker an den deutschen Michel. Nimm deine schlanken Linien Nur mit ins kühle Grab Und kaufe Argetttinien Ja keine Ochsen ab I Denn erstens sind sie dort sehr rar Und zweitens dürr und wild, Und drittens etwas sonderbar: Dem Hirschen gleicht ihr Bild! Und viertens, kaufen wir dort ein La xros das welsche Rind, So wird eS grab so teuer sein, Wie uns're Viecher find! Und fünftens, käm' das Rindvieh an In einer Hafenstadt, So war' nur Haut und Knochen dran: Du ästest Dich nicht fatt l Und feSstenS schmeckt gefrorneS Fleisch Wie Pappe, schal und öd I Drum last das dämliche Gekreisch Und sei doch nicht so blöd! Im Land deS schwarz- und blauen Blocks Benimm dich nicht verrucht: Den Deutschen mästet mir der Ochs Der deutschen Rittdviehzttcht I (Jugend".) Notizeu. Vorträge. Im Institut für Meereskunde (Georgenstr. 34-36) spricht Montag O. B a s ch i n über die mter- nationale Südpolarforschting, Dienstag Dr. W. Behrmann über den Deichschutz an Deutschlands Küsten, Freitag Dr. K. Wenke über die Farben, gönnen und Bewegungsweisen der MeereStiere. Die Theater. Aus st ellting gewährt am Sonntag ermasttgte Eintrittspreise(SO Pf).