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lischoZ ParkeiorFanNie Call" die Erfolge 5er Parkei Ulr5 t>en Einzug Viktor Borgers in den BundeskongrrH als den Beginn einer neuen und hoffnungsvollen Aera in der Ge- fchichte dcS amerikanischen Sozialismus. » Ten Demokraten brachte der 8. November den er­hofften Sieg. Ihre Demagogenkunststücke, die geheuchelt« Mrsorge für die kleinen Leute, die schwer unter der Teuerung seufzen, die versprochene Revision des Zolltarifs haben ihm Wirkung nicht verfehlt. In New Kork, New Jersey , Connecticut . Massachusetts werden die republikanischen Gouverneure durch demokratische abgelöst. Das R e p r ä s e n- t a n t e n h a u s des Kongresses, das bisher eine große repu- blikanische Mehrheit hatte, wird künftig» ans 225 Demo- traten, 165 Republikanern und 1 Sozialisten zusammengesetzt sein. Und da die Demokraten auch die Mehrheit in einer Reihe Staatslegislawrcn erlangten, die die Bundessenatoren zu erwählen habeic, wird die republikanische Mehrheit im Senat von 25 auf 12 reduziert. Nunmehr werden die Demokraten zu beweisen haben, in- wieweit es ihnen mit ihren Wahlversprechungen ernst war. Zunächst müßte der Kongreß die Herabsetzung oder Aufhebung der hohen Zollsätze auf alle Lebensmittel und Massenbedarfsartikel vornehmen, und da Sparsamkeit in« Bundeshaushalt und ein energisches Frontinachcn gegen die von den Republi- kanern geübten Extravaganzen mit das Feldgeschrei der Demokraten bildeten, müßten Militarismus und na- mentlich Marinismus bedeutend beschnitten werden. Wir befürchten, daß die Wcchlermassen in dieser Hin­sicht ebenso bitter enttäuscht werden wie jene Arbeiter und Gewerkschafter, welche in der Hoffnung auf eine bessere Berücksichtigung ihrer Interessen in den gesetzgebenden Körperschaften Demokraten gegen die Republikaner heraus- hauen halfen. Denn der Sieg der demokratischen' Partei be­deutet keinen Sieg des Fortschritts, sorrdern einen Triumph der reaktionären Mächte und des kapita- l i st i s ch e n E i n flu s s e s. Die neuerwählten demokratischen Gouverneure in Connecticut , New Aork, Massachusetts , New Jersey und jener in Ohio sind konservativ und reak- t i o n ä r. Und Roosevelts Niederlage im Staate New Dork ist zurückzuführen auf das Bündnis zwischm den reak­tionärsten Elementen seiner eigenen Partei mit den durch und durch reaktionären Demokraten. Bedürfte es noch eines Be- lveises, so lieferten ihn die heutigen Kommentare der kapita- listischen Zeitungen, die fast allesamt, ohne Rücksicht auf ihre sonstige Parteistellung. die demokratische Partei unterstützten. So bezeichnen«Sun".Times".Herald" usw. unter Seiten- hieben auf Roosevelt und dessenneuen Nationalismus" das Wahlergebnis als einen Meinungsausdruck der Bevölkerung gegen alle Neuerungen und gegen Beschränkungen desGc- schäfts" oder besser gesagt des Profits und der kapitalistischen Willkür und feiern die demokratischen Gouverneure Dix, Wilson. Harmon, Baldwin, die ausgesprochene Arbeiterfeinde sind, als hervorragende Staatsmänner, von denen dasGe- schüft" keine Beunruhigung zu befürchten habe. Bon dieser Sorte Demokraten hat die Arbeiterschaft nichts Gutes �u er­warten. Uird deshalb wird sich die demokratische Partei weit rascher abwirtschaften, als die republikanische es getan hat. Und' der lachende Dritte ist nicht mehr ein Hearst, dessen Rolle jetzt ganz ausgespielt ist, sondern die mächtig aufstrebende sozia- kistischePartei._ politilcbe Ücbcrlicbt. Berlin , den 22. November 1910. Die Beseitigung von Kadavern. Aus dem Reichstag , 22. November. Mit der Ehrung der im Laufe der Ferien verstorbenen Reichstags- abgeordneten und der Erledigung einer Anzahl von Forma- litäten eröffneten die zahlreich erschienenen Reichstags- abgeordneten die Arbeiten der Wintertagung, um dann die erste Lesung von drei kleineren Gesetzentwürfen schnell hinter- einander zu erledigen. Mit kurzen Worten wurde die Aenderung der Gerichtskosten" einer Kom- Mission überwiesen, da es sich dabei nur um Folgen der Aenderung der Strafgesetze handelt. Nicht mehr Zeit erforderte der Gesetzentwurf betreffendS ch u tz des zur Anfertigung von Äeichsbauk- noten verwendeten Papiers". Eingehender wurde die Debatte indes bei der Vorlage zur Beseitigung von Tierkadavern. Es haben sich Mißstände herausgestellt dadurch, daß bisher nur Kadaver von den an Seuchen eingegangenen Tieren zerstört werden mutzten, während die Kadaver von Tieren, die auf sonstige Weise zu Tode kamen. die Lust verpesten oder gar in unzulässiger Weise als Nahrungsmittel verivandt iverden konnten. Dem will der Gesetzentwurf vorbeugen, indem er auch für die Unschädlichmachung dieser Kadaver Vorschriften erläßt. Im Prinzip waren alle Parteien damit einverstanden, nur wurden auch hierbei einige agrarische Schmerzen vor- gebracht. Schließlich folgte das Haus einer Anregung des Genossen Scheidemann, auch diese Vorlage einer Koni- Mission von 14 Mitgliedern zu überweisen. Man könnte ein glückverheißendes Symbol darin erblicken, daß der Reichstag sich zunächst mit der Beseitigung von Kadavern befaßt. Denn es wäre eine der schönsten und würdigsten Aufgaben für den Reichstag , auch aus unseren« Staatswesen alle die Kadaver zu beseitigen. die die Lust unseres öffentlichen Lebens verpesten: die Kadaver feudaler und absolutistischer Einnchtungen. Leider fehlt dem jetzigen Reichstag sowohl der Wille wie die Skrast. Hat ihn doch selbst, da offenbar die Mehrheit der Wähler längst nicht mehr hinter ihm steht, bei lebendigem Leibe bereits der Tod erfaßt. Und er ist nicht einmal mehr wie HeinesMouche" eine schöne Leiche". Auf die morgige Tagesordnung werden geschäftSordnungs - gemäß die eingebrachten Interpellationen gesetzt und zwar eine sozialdemokratische wegen der Lebens- mtttelteuerung. worauf auch eine gleichzeitig ein- gebrachte konservative sich bezieht; dann eine sozial- demokratische wegen der jüngsten Kaiserreden. Ob indes morgen schon in die Erörterung dieser Fragen ein- getreten werden kann, hängt davon ab, ob die Regierung gleich antworten will, oder ob sie einen späteren Termin dafür bestimmt._ Der Kampf um das Landtagsmandat in Breslau . Am Montag fanden in Breslau die Wahlmännerwahlcn für die Wahl eines neuen LandtagSabgeordnetcn an Stelle des verstorbenen Zentrumsabgeordneten Zteschü statt. Es wurde jedoch nicht eine völlige Erneuerung der Wahlmanner vorgenommen, sondern nur 641 von den 1731 Wahlmänuern nengewählt. Von diesen 641 Neugewählten kommen, so weit sich feststellen läßt, auf unsere Partei 19 3. auf die Liberalen 175, auf die Konservativ-Klerikalen 273. Mit Einschluß der alten Wahlniänner verfügt jetzt die sozialdemokratische Partei über 361(früher nur 309) Wahlmänner, die liberale über 527, die konservativ-klerikale über 843. Es hat demnach bei der Abgeordnetentvahl am 5. Dezember eine Stichwahl zwischen dem Kandidaten der Fortschrittlichen Volkspartei , Handelskammersyndikus Dr. Ehlers und dem Zentrums- kandidaten Kaufmann Vogel stattzufinden, bei der unsere Partei den Ausschlag gibt. Beachtenswert ist die Znnajjme der sozialdemokratischen Wahlmänner und der relative Rückgang der konservativ- klerikalen. Bei der letzten Wahl(im Juni 1908) war nämlich das Wahlresultat nach derVresl. Ztg." folgendes: Bei der Wahl sim Juni 1S03 waren zu wählen 1731 Wahl- Männer. Davon kämen nicht zustande die Wahlen von 24 Wahl- Männern, es wurden demnach wirklich gewählt: 1707 Wahl- männer. Hiervon wurden am Wahltage für ungültig erklärt 23 Mandate, eS blieben übrig wahlberechtigte Wahlmänner 1084. Hiervon wählten am Tage der Abgeordnetenwahl tatsächlich: konservativ-tlerikal 844, liberal 47g, sozialdemokratisch 803, zer- splittert 1. Die Zahl der abgegebenen Stimmen betrug 1632. ES fehlten demnach bei der Wahl 62 Wahlmänner. Bei 1632 abgegebenen Stimmen betrug die absolute Mehrheit 317 Stimmen. Da die Konservatäv-Klerikalen 844 Stimmen auf jeden ihrer Kandidaten vereinigten, so zählten sie 1908 nur 27 Stimmen über die absolute Mehrheit. Diese Mehrheit wäre schon damals höchst zweifelhast gewesen, wenn die 62 fehlenden, gewählten Wahlmänner zur Slelle gewesen wären, denn diese Wahlmänner gehörten durchweg den Liberalen an, da die konservativ-klerikalen Wahlmänner vollzählig zur Stelle waren." Die sozialdemokratische Reichstagsfraktton hielt am Dienstag vormittag ihre erste Sitzung in der wieder be- gonnenen Session ab. Genosse Singer begrüßte zunächst die neu eintretenden Mitglieder, die Genossen Göhre, Keil, Faber. B u s o l d und K u n tz e. Der Fraktionsvorstand wird in seiner bisherigen Zusammensetzung belasten. Für den abwesenden Genosten ©übe tum wird Genosse Göhre in die Wertzuwachssteuer- konimisston delegiert. 1 Die Fraktion erhebt als drittstärksie Partei Anspruch auf die Stelle des 2. Vizepräsidenten.-- Ferner wird die Fraktion darauf dringen, daß ihr eine stärkere Vertretung in den Kommissionen eingeräumt wird. Zu dem Gesetz über die Schiffahrtsabgaben werden als Redner Dr. Frank und Stolle bestimmt. In den Seniorenkonvent tritt Genosse D i e tz mit ein. Für die im Reichstagsbericht mitgeteilte Interpellation über die Lebensmittelteuerung wurden die Genoffen Emmel und Hildenbrand als Redner bestimmt. Zur JnterpellationüberdieletztenKaiserreden werden die Genossen Ledebour und David sprechen. Die Fraktion nahm ferner Stellung zu der Notlage der Tabak- und Zündholzarbeiter. Da die Geschäftsordnung des Reichstags nicht gestattet, schleunige Anträge auf Ncichsunterstützung dieser durch die letzte Finanzreform geschädigten Arbeiter einzubringen, beschloß die Fraktion, in der Budgetkommission bei erster sich bietender Gelegenheit die Einstellung von Mitteln für Unterstützung dieser Arbeiter zu beantragen. Wer wird zweiter Vizepräsident des Reichstags? Zur Frage der Besetzung deS Postens des zweiten Vizepräsidenten im Reichstage weiß eine hiesige halbosfiziöse Korrespondenz zu be- richten, daß die Reichspartei geneigt ist, wieder einen Kandidaten aus ihren Reihen zu stellen und Verhandlungen mit bestimmten Personen bereits angeknüpft sind. ES dürste allerdings schwer halten, einen Kandidaten schnell zu finden, da der Posten nur als AnSbilfSstellung bewertet wird und somit keine große Anziehungskraft ausübt. Doch dürfte sich Herr v. D i r k s e u bereit erklären, den Posten zu übernehmen, wenn gewisse Bor- bediugungen erfüllt werden. Also Herr v. Dirksen will QerlegenheitS-Lückenbüßer spielen. lieber den Geschmack läßt sich bekanntlich nicht streiten. Zur Fleischnot. Nach einem Berliner Telegramm der.Köln . Ztg." scheint die ReichSregiening der bayerischen Anregung auf eine Erleichterung der Einfuhr von Vieh auS Dänemark Folge geben zu wollen. Die Reichsregierung ist nach dieser Meldung der Ansicht, daß Ländern, die im wesentlichen als seuchenfrei gelten. Erleichterungen gewährt werden können. Zu diesen Ländern gehören Frankreich und Däne- mark. Auch Holland könne dabei in Frage kommen. Dagegen kann die Einfuhr auS Oesterreich-Ungarn nicht gestattet werden, weil die Voraussetzung der Seuchenfreiheit dort nicht gegeben sei. Die Frage der Versorgung mit gefrorenem Fleisch unterliegt gegcnwärttg noch der Prüfimg; die Einfuhr von solchem Fleisch ist aber nur möglich durch einen Akt der Reichsgesetzgebung. » Der Münchener Magistrat zur Fleischnot. Auf einen sozialdemokratischen Antrag beschloß der Münchener Magistrat am DienStag einstimmig, bei der Regierung erneut vor- stellig zu werden, damit diese Schritte uuternilnmt, um eine Er- Mäßigung oder völlige Aufhebung der Zölle auf Vieh und besonders auf Fleisch herbeizuführen. In der Debatte erklärte ein ultra- montaner RechtSrat, eS würde nichts schaden, wenn das Fastengebot für Katholiken auS religiösen und von anderen Leuten aus hygienischen Gründen mehr beachtet würde. « Dem Bundesrat und den eiuzelstaatlichen Ministerien ist eine amtliche Deickschrist zur Fleischversorgung Deutschlands zugegangen. Die.Post" erfährt auS dieser Denkschrift, daß der Verfasser, Geheimer OSerregierungsrat Fleischer, sich in der Hauptsache mit der Frage befaßt hat, wie der Viehstand Deutschlands gehoben werden könne. Der Verfaffer hat berechnet, daß es in Deutschland etwas über eine Million Hektar unkultivierten Moorboden gibt, und er führt dann aus, wenn diese Flächen als Wiesen kultiviert werden, daß dann jährlich 162 Millionen Doppelzentner Heu gewonnen würden, womit man jährlich 2 408 780 Stück Großvieh mehr als jetzt ernähren könne. Was diese Rechnung soll, ist nicht recht zu verstehen, die Re- gierung kann sich doch unmöglich der Hoffnung hingeben, daß die Masse deS deutschen Volkes, die unter der heutigen Teuerung schwer zu leiden hat, sich beruhigen wird, wenn man ihr vorrechnet, daß unter gegebenen Umständen, die in langen Jahren eintreten können, 2 408 700 Stück Großvieh mehr als jetzt gezüchtet werden können. Gegen die städtischen Nahrungsmittelsteuern. Einen raschen Erfolg haben die Vorstände des Sozialdemokra- tischen Vereins und des Kartells der Freien Gewerkschaften in Mülhausen i. E. mit einem Aufrufe gehabt, den sie gegen die WeitereytriHtung des Oktrois auf Wild und Geflügel erlassen haben. Dieses Oktroi ist, Sie berichkel, durch lkrleil LeS Oberlandesgerichts Colmar vom 14. Oktober auf Grund des ReichsgesetzcS von 1302, das für den 1. April 1910 die städtischen Verbrauchssteuern aus Fleisch und Vieh verbietet, für aufgehoben erklärt worden; die Stadtverwal- hingen von Metz, Saargemünd . Markirch und Mül- hausen i. E. erklärten jedoch öffentlich, daß sie das Oktroi auch auf Wild und Geflügel wie bisher weiter erheben würden, da sie aufanderem Standpunkt" als dieses Oberlandesgerichtsurteil ständen und erst den Ausgang eines von der Stadt Straßburg gegen dortige Wildbrethändlcr angestrengten neuen Prozesses, der bis zum Reichsgericht geführt werden soll, abwarten wollten. Indessen ist das Urteil des Oberlandesgerichts Colmar vom 14. Ok° tober d. I., gegen welches infolge zu niedrigen Streitwertes die Revision nicht zulässig ist, die rechtskräftig gewordene Entscheidung des höchsten Gerichtshofes im Lande, die Weitererhebung des Oktrois aus Wild und Geflügel aber ist nach dieser Entscheidung gesetzwidrig; und so forderten denn die genannten beiden Vorstände die gesamte Einwohnerschaft der Stadt Mülhausen in öffent- lichem Aufrufe aus, die Weitcrentrichtung dieses gesetzwidrigen Oktrois kurzweg zu verweigern. Der Aufruf fand ein so leb- hafteS Echo, daß die verstärkte Finanzkommission deS Gemeinde- rats von Mülhausen schon drei Tage darauf, aml Dienstagabend, zusammentrat und mit großer Mehrheit die sofortige Auf- Hebung des Oktrois auf Wild und Geflügel beschloß, aller­dings nur für solange, bis das Reichsgericht in der Angelgenheit entschieden haben würde. Von den oktroierhebenden Gemeinden Elsatz-Lothringeus wird auf Geflügel und Wild jetzt yur noch in Metz , Saargemünd und Markirch Oktroi erhoben. In Straßburg und Colmar wird das Oktroi auf Beschluß der Gemeinderäte allerdings nurg e st u n d e t", d. h. die Oktroi- betrüge werden, soweit nennenswerte Beträge in Betracht kommen, aufnotiert, um für den Fall, daß das Reichsgericht entgegen dem Oberlandesgericht sich für die weitere Geltung des Oktrois aus- sprechen sollte, später nacherhoben zu werden. Dieser Beschluß auf Stundung" ist v o l k s w i r t s ch aftl ich soverkehrt wie möglich: er berechtigt die Händler, mit dem Hinweis auf die Eventualität der späteren Nacherhebung den Preisaufschlag um den Betrag des Oktrois zu verweigern, und läuft somit für Wochen und vielleicht Monate auf ein G e s ch e n k an die Händler hinaus, falls, wie zu wünschen ist, das Reichsgericht sich ebenfalls auf den Standpunkt des Urteils des Oberlandesgerichts Colmar stellt. Professor Häckels Austritt aus der evangelischen Kirche. Wie aus Jena gemeldet wird, hat Professor Ernst Höckel seinen Austritt aus der evangelischen Kirche erklärt. Ein Berliner Mittags- blatt hat ihn telcgraphisch um die Angabe der Gründe ersucht, die ihn zu seinem Austritt bestimmen. Professor Häckel hat daraufhin geamworlet:.Die Ueberzeugung, daß die Treuuung von Kirche und Staat, ebenso die Trennung von Kirche und Schule zu einem immer dringenderen Kulturgebot wird; ferner die zunehmende politische Reaktion durch den überwiegende« Einfluß des schwarz-blauen Blocks; die zwangsweise Erziehung zur religiösen Heuchelei; endlich die persönliche Empörung über die fortgesetzten jesuitischen Anklagen der klerikalen und konservativen Presse gegen die angeblichen Fälschungen von Embryonenbildern." Mandatsmüde? Der Zentrumsabgeordnete Dr. P i ch l e r scheint seine Tätigkeit auf den bayerischen Landtag konzentrieren zu wollen. Er bat Montag in einer VertrauenSniännerversanmilung in Passau erklärt, daß er kein Reichstagsmandal mehr annehme, da ihm zwei Mandate zu beschwerlich seien. Ein literarischer Bravo. Herr Andreaj NiemojewSki, der Freidenker und Judenhetzapostel, dem wir in Nr. 266 unseres Blattes auf die unsauberen Finger klopfen mußten, veröffentlichte in Nr. 15 der Frankfurter Zeitschrift Das freie Wort" einen Artikel gegen unS unter dem TitelAn die Adresse deS Vorwärts", eine Schimpfepistel. Wir haben darauf nicht geantwortet, denn der Schmutz reicht nicht an uns heran und sein unter Ausschluß der Oeffentlichkeit erscheinendes Bläuwen, das uns schon oft angekläfft hat, verdient keine Beachtung. Jetzt hat aber Herr NiemojewSki in seinem Warschauer Blatte ein Trimuphgeheul angestimmt mit dem LeitmotivderVorwärts" schweigt". So un- angenehm eS uns daher ist, müssen tvir unS doch noch einmal mit diesem Herrn befassen. Herr NiemojewSki bestreitet also vor allem, daß er ein Antisemit sei. DaS find nichts als Ausflüchte. Inzwischen hat sich jedoch die Polemik zwischen dem Warschauer ArbeiterblattMlot " und Herrn N. weiter gesponnen, und er hat seine Karren immer mehr aufgedeckt. In einem seiner Artikel erklärt er,der Semitismus, das Judentum, ist das Synonym der Mequinonie, Korruption, des Servilismus, der Profanatio» und Perversität"; es gebe Ausnahmen, doch seien sie so überaus selten, daß sie nicht in Betracht kommen. DaS ge- nügt wohl. Für uns kam dieser Skribifar nur soweit in Betracht, als die Hetze, die er in Polen innerhalb derdemokratischen" undlibe- ralen" Bourgeoisie gegen die Juden inszeniert» tonnte, ein krasses Beispiel deö Verfalles der polnischen Bourgeoisie liefert. Ferner mußten wir ihn deshalb abschütteln, weil er in seinem gemeinen Fcldzug gegen die Sozialdemokraten sich auf uns berief und uns niit Zuschnften verleumderischen Inhalts beschäftigte. Ebenso wie unS, hat er sich übrigens den Genossen JaureS , Bebel, Mehring an die Rockschöße hängen wollen und sie alle haben ihn in dem ge- nannten polnischen Arbeiterblatte mit der gebührenden Verachtung abgewiesen. Auch Genosse Otto Bauer verwahrt sich im Wiener Kamps" sehr energisch dagegen, daß Herr N. seinen Namen für seine verwerflichen Tendenzen mißbraucht. Um die schmutzige Art dieses SchmockS zu kennzeichnen, zwei Beispiele. Er schreibt über Genossin Luxemburg :Ihre Vorfahren betrieben in Polen den Ausschank von Schnaps; sie selbst schänlt keinen Schnaps aus, aber das was sie in Broschüren und Artikeln verzapft, hat alle Kennzeichen literarischen Fusels". Oder: er wirft einem liberalen Blatte vor, eS habe ein Zitat gefälscht(waö als unrichtig erwiesen wurde) und fügt hinzu:ES fragt sich, ob in der Redaktion nicht auch Schecks und Wechsel gefälscht werden." Das dürfte genüge». Für uns ist dieser Bursche ein für alle- mal abgetan. Er ist gestäupt und hat fortan Schimpffreiheit. Oertemicb. Die Sstcrreichische Flotte. Wien , LI. November. Wie verlautet, ist daS Flottenbau» Programm der österreichisch -ungarffchen Kriegsmarine folgendes: vier Schlachtschiffe, davon zwei zu 20 000 und zwei zu 23 000 Tonnen Deplacement, drei Schnellkreuzer, zehn Torpedo- fahrzeuge, zwölf Hochsectorpedoboote, sechs Unterseebote. Die G e« samttosten betragen 310 Millionen Kronen. Englanci. Der Rcformeifrr der LordS. London , 22. November. Die LordS suchen die Wahl- Parole der Regierung dadurch wirkungslos zu machen, daß sie sich selbst zu weitgehender Umgestaltung des Oberhauses bereit erklären. Diese Absicht trat in der gestrigen Debatte deS Oberhauses deutlich zutage. Wir geben deS- halb die wichtigsten Stellen der Reden in folgendem wieder. Im Namen der Regierung eröffnete Earl of Crew« die zweite Lesung der Veto-Bill nnt.lder Erklärung» die Beziehungen zwischen