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fVankrefcb. Bürgerlicher Terrorismus. PariS  , 2i. November. Nach einer Meldung auZ R o u e n hat der dortige Bürgermeister den Verwaltungsrat der Arbeitsbörse aufgefordert, den Sekretär Tortou zu ent- lassen, da er dem Allgemeinen Arbeiterverband angehöre, der eine ausschließlich revolutionäre Tätig- keit entfalte. Falls Tortou seines Postens nicht enthoben würde, würde der Arbeitsbörse die ihr von der Stadt bisher be- willigte Geldunterstützung entzogen werden. Portugal  . Eine Demoustratiou gegen die Negiernng. Lissabon  , 24. November. Mitglieder revolutionärer und republikanischer Vereine und Klubs'zogen gestern abend mit Musik und Fackeln vor den Sitz des republikanischen Parteidirektoriums, um ihre Shmpathie mit den Parteileitern kundzutun. Es heißt, daß die Kundgebung den Charakter einer gewissen Opposition gegen die provisorische Regierung gehabt habe. Das Haupt der Revolutionäre Machado dos San tos bringt in seinem Parteiorgan eine unverkennbare Gegnerschaft gegen ge« wisse Handlungen der Regierung zum Ausdruck. Cnglsncl. Der Wahlaufruf der Sozialdemokratie. London  , 23. November. Die sozialdemokratische Partei veröffentlicht ein Manifest mit heftigen Angriffen gegen beide Parteien. Das Manifest erklärt, die Liberalen seien noch heuchlerischer und verräterischer als die Konservativen und fordert die Angehörigen der Partei auf, beide kapitalistische Parteien st eis zu bekämpfen, diesmal aber gegen die am Ruder befindlichen Männer zu stimmen, welche die Angriffe auf die politischen Bestrebungen der TradeS Union» unterstützt hätten. AuS dem Parlameut. London  , 23. November. Das Oberhaus setzte seine Beratungen bis zu später Stunde fort unter immer geringerer Anteilnahme des Hauses. Der Erzbischof von Jork   tadelte die 3tegierung wegen der Hast, mit der sie die Frage vor das Volk gebracht habe. Nach weiterer Debatte wurde die Sitzung auf morgen vertagt. Das Unterhaus hat die dritte Lesung der Finanz- b i l l nach kurzer Debatte angenommen. Die Frauenrechtlerinnen. London  , 24. November. Die Anhängerinnen des F r a u e n st i m m r e ch t s, die am Freitag verhaftet worden waren, sind ohne Vernehmung von Zeugen auf Anordnung deS Mi- nisters Churchill in Freiheit gesetzt worden, da sie nur der Behinderung deS öffentlichen Verkehrs angeklagt waren. S2 A n- häng er innen des Fraucnstimmrcchts, die angellagt waren, Fen st er zertrümmert und Polizeiagenten an- gegriffen zu haben, wurden zu Geldstrafen und zwar größtenteils zu einer solchen von S Pfd. Slerl. oder zu einem Monat Gefängnis verurteilt. Viele von den Verurteilten zogen die Gefängnis st rase vor. Die Frauen, die gestern morgen die Wohnung des Präsidenten deS Ministerrats angegriffen hatten, erschienen ebenfalls vor dem Polizeigericht in Bowstrcet. Der Richter betonte, daß das Zurückziehen der Anklagen eine Ermutigung zu weiteren Gewalttätigkeiten bedeute. Gegen die Deutschenhetze. London  , 23. November. Lloyd George   hielt heute in St. PancraS eine Rede, die beständig von Anhängerinnen des FrauenstimmrechtS, die bis auf das Dach geklettert waren, unterbrochen wurde. Der Minister wies darauf hin, daß der auswärtige Handel um VO Millionen Pfund während des Jahi es gestiegen fei, und erklärte, eS sei eine bemerkenswerte Tat- fache, daß Großbritannien  »nehr wie je zuvor an Deutsch  - land verkaufe..Ich wuitdere mich, fuhr der Minister sott. warum der böse Deutsche unsere Waren kauft. Sie können über- zeugt sein, daß die gelbe Preffe irgendwelche unheilvollen Beweg- gründe entdecken wird. Wir haben in diesem Jahre mehr Mefferschmicdewarcu nach DenlsSland verkauft als je zuvor. Was wollen die Deutschen   damit? Natürlich uns den Hals damit abschneiden'"(Lautes Gelächter.) Lord LanSdownes Plan bedeute, daß die Demokratie durch eine lange Stange ferngehalten werden solle, so daß sie nickt beißen könne. Die Rederei über gemeinsame Sitzungen und Konferenzen sowie über ein Referendum sei reiner Unsinn. Das Referendum bedeute, daß die Wählerschaft aufgefordert werden solle, über jede liberale Vorlage ihr Urteil abzugeben, und weiter bedeute c«, daß die Partei der Reichen die Demokratie durch das Gewicht ihres Goldes allein erdrücken werde. Diese Vorlckläge seien lediglich auSgesonnen, um das Unterhaus zu be- schimpfen mid herabzuwürdigen, dadurch, daß man sein« Autorität verringere. foißlanä. Neue Studentendemonsiratiouen. Petersburg, 24. November. Am frühen Nachmittag sammelten sich auf dem Ncwski-Prospekt zwischen der Kasan  - Kathedrale und der Polizeibrücke einige tausend Studenten und Studentinnen, wodurch der Verkehr gestört wurde. Ein zufällig vorbeimarschierendes Infanterie- Regiment sowie eine Kosakensotnie drängten die Menge in die angrenzenden Straßen. Die berittene Polizei versperrte die Zugänge zum Newski-Prospekt  . Die Menge verlies sich all- mählich, besonders, da durch Absperrung der Nikolaibrücke Zuzug von Studenten aus dem Stadtteil Wassiljewski Ostrow verhindert wurde. Später befestigte ein Student an einem Zeitungskiosk gegenüber der Kasan  -Kathedrale eine schwarze Fahne mit der Aufschrift: Fort mit der Todes st rase? Fahnen mit derselben und mit der Aufschrift: Ich kann nicht schwcigenl tauchten verschiedentlich in der Menge auf. An verschiedenen Stellen griff die berittene Polizei mit blanker Waffe ein und drängte die Menge zum Nikolai-Bahnhos zurück. Am Anitschkow-Palais   sang die Menge das Lied: Ewiges Gedenken! und einen Trauermarsch. Bei der Säuberung der Straßen sind einige Verletzungen vorgekommen. Die Ruhe ist voll- kommen wieder hergestellt. MxiKo. Die revoluttonäre Bewegunz. London  , 24. November. Die revolutionäre Bewegung hat einen sehr ernsten Charakter angenommen: besonders in den nördlichen Provinzen ist die Lage eine sehr kritische. Zahlreiche Indianer befinden sich auf dem Kriegspsade. Madeira  , der Führer der Insurgenten und Präsidentschaftskandidat, befindet sich in der Pro- vinz Coahuilu an der Spitze v»n 600 Mann. Seine Streitkräfte find in rascher Zunahme begriffen, auch verfügt er über zwei Geschütze. Die Kämpfe in Chilahua und in den Zentral- Provinzen scheinen sich zu bestätigen. In Pachicha sind Mauer» anschläge angebracht worden, in denen die Bevölkerung aufgefordert wird, den Präsidenten D i a z sowie seine amerikanischen Freunde zu ermorden. Aus der Stadt Mexiko   liegen nur wenige Nachrichten vor. Wie der Korrespondent derNew Jork World" meldet, herrscht in der Hauptstadt Ruhe, jedoch macht sich auch dort eine große Spannung bemerkbar; Kavalleriepatrouillen durchziehen die Stadt. Die Telegraphcndrähte im Norden der Stadt find abgeschnitten. Man versichert, daß ein Teil der Truppen zu den Revolutionären übergegangen ist. Die Negierung läßt dagegen offiziell erklären, daß die Unruhen unsinnig überlrieben und sie ivieder Herr der Lage sei. Mndero Gegenpräsident. New Jork  , 24. November. Madero proklamierte sich als Präsident der provisorischen Regierung Mexikos   und fordert seine Anhänger auf, etwas gegen die Ausländer zu unter- nehmen. Lt'afiUen. Meuterei der Flotte. In der Hauptstadt Brasiliens   sind ernste Unruhen aus­gebrochen. Eine offiziöse Meldung aus Rio de Janeiro  berichtet, daß die Mannschaften der meisten Schiffe der Flotte gestern abend gen: entert haben. Es scheine sich um eine Insubordination ohne politischen Charakter zu handeln. Doch spricht eine andere Meldung offen von der revolutionären Be- wegung, deren Zweck der Sturz des nougewählten Präsidenten Hermes da Fonseca   sei. Die Mannschaft zweier Kriegsschiffe habe gemeutert und die Offiziere ermordet. Sie verlangen Solderhöhung und Abschaffung der körperlichen Züchtigung. Auf die Stadt wurden Kanonen- schüsse abgegeben. Die Lage sei ernst und der Handel stocke. Es seien jedoch zwischen Seeoffizieren, die sich an Land be- finden sollen, und den Meuterern Verhandlungen im Gange. Da strenge Telegrammzensur geübt wird und die Regierung bestrebt ist, die Lage möglichst günstig darzustellen, läßt sich der Charakter der Bewegung schwer erkennen. Abflauen der Bewegung. Rio de Janeiro  , 24. November. Die Nacht ist ruhig verlaufen. Die Schiffe der Meuterer warten außerhalb der Barre auf einen A m n e st i e b e s ch l u ß des Kongresses, der um 1 Uhr nachmittags zusammentreten wird. Alles läßt erwarten, daß tzi? Lage sich bessert. Eue der parte!* Die Emiischenmg der Genossin Julie Bebel   findet bereits am heutigen Freitag statt. Die Hinterbliebenen bitten, von Blumen- spenden und Kondolenzbesuchen Abstand nehmen zu wollen. Das Partei- und GewerkschaftshauS in Hannover  . Ein neues eigenes Heim besitzt jetzt auch die hannoversche Arbeiterschaft. In ganz kurzer Zeit schon wird der Vau völlig be-, endet sein. Es ist gelungen, ein Grundstück an einem der belebtesten Punkte der Stadt zu erwerben. Die Gesamtausgaben für den Neubau, mit dem im Sommer lS09 begonnen wurde, werden zirka 1630 000 M. betragen, wovon 615 000 M. auf den Anlauf des rund 5400 Quadratmeter großen Bauplatzes entfallen. Energisch sich in die Höhe reckend, erhebt sich der massige Bau über die umliegenden Häuser, ein Schmuck für die Gegend. Die Hauptfassadc nach der Nicolaistratze zu ist aus gelblichem Sandstein hergestellt und nur mit wenig figürlichem Bildwerk über dem Portal versehen. Da? Vorderhaus hat eine besonders geschmackvolle Inneneinrichtung aufzuweisen. Aber auch im Mittelhause hat man eS nicht an kunstvoller Ausstattung fehlen lassen, ebenso- wenig wie in der sich anschließenden Herberge. Ueberall weite. lichte ArbeitSräume. denen durch eine tecknisch vollkommene Ventilationsanlage ständig frische Luft zugeführt wird. Zentral- Heizung und elektrische Beleuchtung erhöhen die Annehmlichkeit. Eine eigene elektrische Kraftanlage erzeugt die für Arbeits- und Beleuchlnngszwecke erforderliche Energie. In den untern Räumen des Vorderhauses befinden sich außer der Expedition desBolkswillen" und der neueröffneten Volksbuchhandlung die Restauration, welche, mit gediegener Ausstattung versehen, den Gästen angenehmen Aufenthalt gewährt. An das Restaurant schließt sich der Speisesaal an, der auch für Vorträge und Sitzungen bestimmt ist. In den drei oberen Geschossen befinden sich die Redaktion de?Volkswillen", das Arbeiter- und GewerkschaftSfekretariat, das Bureau des Sozialdemokratischen Wahlvereins, dem augenblicklich gegen 18 000 Mitglieder angehören, sowie die Bureaus«amtlicher Gewerkschaften, die insgesamt rund 38 000 Mit- glieder zählen. In der am Sonntag dem Verkehr übergebenen öffentlichen Lese- Halle stehen dem Leser neben den 100 Zeitungen aller politischen Parteien etwa 75 Zeitschriften sowie eine Handbibliothek zur Ver- fügung. Kein Geldopfer hat man gescheut, alle Einrichtungen in diesem Ientralpunkt der Hannoverschen Arbeiterbewegung den Anforderungen der Neuzeit entsprechend zu gestalten. Auch für die Druckerei, die gegenwärtig täglich denValkswillen" in einer Auflage von 31 300, denProletarier" einmal wöchentlich in einer von 166 000 Exemplaren zu drucken hat, sind bedeutende Neuanschaffungen gemacht. Eine neue 32«'eisige Rotationsmaschine, eine neue Schnellpresse und mehrere neue Setzmaschinen vervollkoinmenen fortan die technische Ausrüstung. In dem massiven Gebäudekomplex, der sich bis zur Odernstraße erstreckt, ist, getrennt von den andern Räumlichkeiten, die Herberge untergebracht. In den weiten Schlafiälcn und den einzelnen Freindenzimmcrn sind mehr denn 100 Betten aufgestellt; die unteren Räume sind mit Badeeinrichtungen versehen. Eine inustergültige Eiimchtm«g, die allen hygienischen Anforderungen ge- recht wird. lieber die vorzügliche Einrichtung hat selbst die Polizei bei der Besichtigung ihre Bewunderung ausgesprochen, und auch der erbittertste Feind gesteht die Vorttefflichkeit der Her- berge zu. Mit Stolz kaim die Hannoversche Arveiterschaft auf ihr neues Heim blicken, das ein Merkzeichen organisatorischer Zusammen» fassung der Arbeiterschaft darstellt. Gcmeindttvahlerfolge. Bei der Stadtverordnetenwahl in Mainz   wurde der seit- herige Besitzstand der Sozialdemokratie geivahrt. Wir hatten einen Stiinmenzuwachs von 800, obgleich wegen Steuer- rück ständen 1000 Wählerzurückgewiesen wurden. Die Stadtverordnetenwahlert in Worms   ergaben die Wahl der Kandidaten des schwarzblauen Blocks. Unsere Kandidaten vereinigten aus sich 600700 Stimmen mehr als bei der vorigen Wahl. Bei den Stadtverordnetentvahlen in Gießen   wurden zwei Sozialdemokraten gewählt, von denen einer neu g e w ä h l t ist. In Hohenlimburg  (Kreis Aiena-Jserlohn) siegte bei der Stadkverordnetemvahl die Liste der vereinigten Sozialdemokrateir und Demokraten über die Lilie der Vereinigten Freisinnigen, National- liberalen und Klerikalen. Es wurden ein Sozialdemokrat und ein Demokrat gewählt. In Schönhaide  , einem Jndustriedorfe, in dem die Gelben besondere Anstrengungen machten, siegte die sozialdemokratische Liste mit 300 Stimmen; die Gelben brachten eS nur auf 100. In N e u h a n s e n im Erzgebirge   gewannen wir in der 3. Klasse ein Mandat neu. In C a l l n b e r g gewannen wir zlvei neue Mandate. In H o h e n st e in- E r n st t h a l gewannen wir drei und in Stolberg   ebenfalls drei Mandate. Die GemeindcratSwahl in Köppelsdorf   i. Thür, ergab die Wahl von z w e i S o z i a l d e m o k r a t e n. Im Gemeinderat sitzen nunmehr fünf Genossen. In Tilsit   vereinigten sich auf die sozialdcmolratischen Kandi- daten 500 bis 523 Stimmen; eS ist Stichwahl notwendig, doch ist uns ein Mandat sicher, da zwei Genossen gegeneinander in die Stichwahl kommen. Drei weitere Mandate werden wahr- scheinlich gewonnen werden. Vor zwei Jahren erhielten die sozial- demokratischen Kandidaten 107 Stimmen, seit dieser Zeit also ein glänzender Fortschritt. Soziales* Oberflächliches Gutachten einesVertraueilsarzteS". Welch un-geheure Schwierigkeiten oft dein auf dein Schlacht- felde der Arbeit verwundeten Arbeiter bei seinein Kampfe um die so schmale Unfallrcnte j>enntnislosigkeit eines Vertrauensarztes, des Schiedsgerichts und Oberflächlichkeit des Arztes und des Ge- richts bereiten, zeigt ein jetzt zugunsten des Arbeiters vom. Reichs- Versicherungsamt entschiedener Fall. Der Arbeiter Friedrich P. glitt am 6. Januar 1008 im Betriebe auf der Treppe aus und schlug dabei mit der rechten Seite auf eine Treppenstufe auf. Er mußte die Arbeit sofort einstellen und den Arzt aufsuchen. Seit dem Tage hatte er fortgesetzt über Kreuz- schmerzen zu klagen. Die Norddeutsche Textil-Berufsgenossenschaft wies den Antrag des völlig erwerbsunfähig gewordenen Arbeiters auf Unfallrente ab. Denn eS fei der Unfall nicht erwiesen, auch keine Unfallfolge mehr nachweisbar. Gegen diesen dem wirklichen Sachverhalt ins Geficht schlagenden Bescheid legte der Verletzte beim Schiedsgericht für Arbeitervcrsiche- rung für den Stadtkreis Berlin   Berufung ein. Das Schiedsgericht holte von seinem Vertrauensarzt Dr. Engel ein ärztliches Gutachten ein. Dies kam zu dem von keinerlei ärzt- sicher oder allgemein menschlicher Kenntnis getrübten Ergebnis: P. mache einen greisenhaften Eindruck und leide an Verhärtung der Schlagadern und allgemeiner Schwäche. Unfallfolgen bestehen keine. Seine Beschwerden seien auf das Alter zurückzuführen. Ohne ein- gehende Bewciaufnahme wies das Schiedsgericht unter dem 29. 12. 1908 die Berufung mit folgender Begründung gurück:Die Untersuchung durch Dr. Engel hat ergeben, daß bei P. ein vor- geschrittener Grad der Vergreisung, Verhärtung der Schlagadern und allgemeine SchN'äche besteht. Ein Nervenleiden materieller Art liegt nicht vor, ebensowenig Hüftweh. Auch ist keine auf einen Un- fall zurückzuführende Sieifigkeit der Wirbelsäule erkennbar. Aeußere Anzeichen eines Rippenbruches sind schon von den erst be- handelnden Aerzten Dr. W. und Dr. K. nicht festgestellt worden. Selbst wenn man annimmt, daß der Unfall sich in der vom Ver- letzten angegebenen Art zugetragen hat, so hat er keine Folgen hinterlassen. Die Beschwerden, unter denen der Verletzte zu leiden hat, sind eine Folge-seiner unabhängig von dem Unfall bestehenden Altersleiden." Das Reichsversicherungöamt ordnete auf erhobenen Rekurs weiteren Beweis an. Der Arbeitgeber bekundete:P. ist voll nnd ganz erwerbsfähig gewesen, hat die gleiche Arbeit wie jeder andere Arbeiter verrichtet und auch den gleichen Lohn erhalten." Ein Mit- arbeiter des P. erklärte:P. wollte etwas forttragen. Er entfernte sich aus dem Arbeitsraume und kehrte nicht wieder. Nach einer Stunde habe ich mich nach dem Verbleib des P. erkundigt, da wurde mir von Arbeitern gesagt, daß P. aus den von meinem Arbeits- räum nach dem Hofe führenden zwei Stufen ausgerutscht sei und sich deshalb nach seiner Wohnung begeben habe." Die Ortskranken- lasse bestätigte, daß P. vom Jahre 1905 bis 1907 nur einmal, und zwar vom 12. Dezember bis 19. Dezember 1906 an Hexenschuß krank und arbeitsunfähig war. Das Reichsversicherungsamt forderte ein ärztliches Obergutachtcn vom Geheimen Mcdizinalrat Professor Dr. H.. Direktor der l. medizinischen Universitätsklinik, ein. Das Reichsversicherungsamt kam dann zu einem dem Kläger   günstigen Urteil. Die Norddeutsche Textil-BerufSgenossenschaft wurde ver­urteilt, dem P. vom Tage der Entschädigungspflicht eine Rente von 75 Proz. zu zahlen. In den Urteilsgrllnden des erkennenden Senats heißt es unter anderem:.... hat das Reichsversicherungsamt die Ueberzeugung gewonnen, daß-der Kläger   tatsächlich am 6. Ja- nuar 1908 den von ihm behaupteten Unfall erlitten hat. Wenn auch Augenzeugen nicht zugegen gewesen sind, so hat er doch an dem- selben Tage dem von ihm in Anspruch genmumenen Arzt Dr. W. den Unfall geschildert. Dr. W. hat auch erhebliche äußere Anzeichen von Verletzungen gefunden, darunter einen Bruch oder eine Knickung der linken Rippe. Da auch der Kläger   bei verschiedenen Gelegenheiten stets die gleiche Schilderung von dem Unfall gegeben bat. und da er vor dem Unfälle, von geringen vorübergehenden Erkrankungen abgesehen, stets voll arbeitsfähig gewesen ist, so muß der Unfall als erwiesen gelten. Durch diesen hat der Kläger   aber nach dem Gutachten des Geheimen Medizinalrats Professor Dr. H. in Berlin   vom 16. Mai 1916 derartige Verlesungen an der Lenden- wirbelgegend und der reckten Lcndengcgend, einschließlich eines Bruches des einen Brustwirbels erlitten, daß er hierdurch in seiner Erwerbsfähigkeit um 75 Proz. beeinträchtigt ist. Da gegen die Richtigkeit dieses Gutachtens einer hervorragenden ärztlichen Autorität keine Bedenken bestehen, so war dem Rekurse stattzu- geben." Aus dem Obcrgutachten interessiert der Teil, der die falschen Ansichten des Vertrauensarztes Dr. Engel korrigiert. Es heißt dort u. a.: In-seinem Wesen und Verhalten macht P. durchaus nicht den Eindruck vorgeschrittener Greisenhaftigkeit.... Ferner kann ich das Bestehen von IdrankheitSzuständen nicht anerkennen, die andere Gutachter als vorliegend und zum Teil als Quelle der ge- klagten Beschwerden angenommen haben. Dazu gehören einmal -die Arteriosklerose: eine solche ist weder durch Verhärtung der fühlbaren Schlagadern, noch durch Verbreiterung der Hauptkörper- schlagader, noch durch die Beschaffenheit ihrer Töne, noch endlich durch Erhöhung des Blutdrucks nachweisbar, und schließlich konnte ich mich von dem Vorhandensein einer durch sie bedingten vor» geschrittenen Vergreisung bei P. nicht überzeugen." In diesem Falle ist ja schließlich dem Verletzten nach 2ichsähri- gem aufreibendem Kampfe durch die Instanz sein Recht geworden, die die Reichsversicherungsordnunq dem Arbeiter rauben will. In wie wenigen Fällen aber gelingt es, so offensichtliche Unrichtigkeiten, die einVertrauensarzt" für das Ergebnis wissenschaftlicher Er- fahrungen hält, nachzuweisen? Werden auch die wenigen Fälle, in denen eine sorgfältige Beweisaufnahme in letzter Instanz die Oberflächlichkeit des Verfahrens und die Voreingenommenheit gegen den Arbeiter Faktoren, die in vielen Fällen das schiedsgerichtliche Verfahren kennzeichnen zungunsten des Ärbeiters durch Gesetz unmöglich, dann läßt sich ohne Uebertreibung leider behaupten: in der Mißhandlung des Rechts des verletzten Arbeiters steht Deutschland   an der Spitze aller Nationen,