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In der Presse wurde dieser Tage behauptet, daß man in Regierungskrfisen die Absicht hege, die Neuwahlen im Reichstage erst im Januar 1012 vornehmen zu lassen. Wie wir erfahren, hat v cm ber vorzunehmen." Die Arbeiterschaft wird gut tun, auch diese Meldung nicht alS absolut zuverlässig zu betrachten, sondern ihre Vorkehrungen so zu treffen, daß sie jederzeit den Wahlkamps mit vollstem Nachdruck aufzunehmen vermag. Der vielseitige Freisinn. Zur Agitation im Wahlkreis Labiau-Wehlau läßt der Freisiim eine AnsichtS-Postlarte verbreiten, die in wahrhaft genialer Weise die Fähigkeit dieser Partei des aufrechten Bürgertmns zeigt, als politisches Chamäleon in den wundersamsten Farbenkontrasten zu schillern. Die Karte sieht folgendermaßen aus: ReichStagswahl Labiau-Wehlau am 2. Dezember 1910. Für Kaiser und Reich! Für Boll und Recht l <2 a- o »» S s S Photographie WagncrZ S V c 3» (w Der liberale Kandidat Z, Richard Wagner  , Bürgermeister der Stadt Tapiau   seit 1887. Bürger Bauern Arbeiter Wählt Wagner! DieS reizende Dokument fortschrittlich-volksparteilicher Viel seitigkeit scheint allerdings in freisinnigen Kreisen selbst einigen An stoß erregt zu haben. Darauf läßt wenigstens eine Rede schließen, die unlängst auf dem Bankett, daS nach der Zentralausschußsitzung der Fortschrittlichen Volkspartei   stattfand, Herr Rektor K o p s ch ge- halten hat. Herr Kopsch kam dabei auf die famose Postkarte zu sprechen. Ich weiß, sagte er nach einer uns zugegangenen Mit- teilung, daß daS Motto links oben:Für Kaiser und Reich" manchem von Ihnen nicht gefallen wird. Dafür wird Ihnen der andere SpruchFür Volk und Recht' um so besser gefallen. Und wenn manchem die Parole auf der rechten SeiteGegen die konigS  - und volksfeindliche Sozialdemokratie" nicht recht behagen wird, so wird ihm dafür das MottoGegen den Eigennutz und Hochmut der Junker" um so besser gefallen. Also Herr Kopsch. Frivoler kann man die Absicht skrupelloser politischer Bauernfängerei nicht beschönigen. Hätte der Freisinn das Vertrauen der Volksmassen nicht längst verscherzt, durch solche Mittel würde er es sicher verlieren._ Wie Herr v. Heydebrand zitiert! Genosse Redakteur Wendel teilt uns mit. daß er folgen- den Brief an Herrn v. Heydebrand abgesandt habe: Herrn Dr. v. Heydebrand und der Läse, Mitglied des Reichstages und des Hauses der Abgeordneten. Berlin  , Reichstag  . Geehrter Herr Abgeordneter! Aus den Berichten der Blätter sehe ich. daß Sie am Sams tag im Reichstag eine Rede zitiert haben, die am 1. September 1910 in Frankfurt   a M. gehalten wurde und in der für Könige und Junker die Losung ausgegeben worden sein soll: Kopf ab! Daran haben Sie allgemeine Schlüsse über die revolutionären Tendenzen der Sozialdemokratie geknüpft. Nach den Umständen kann es sich hier nur um eine Rede handeln, die ich am 1. September 1910 hier gehalten habe und die ihrem Wortlaut nach stenographisch aufgenommen worden ist. Ich habe das Vergnügen. Ihnen gleichzeitig ein Exemplar dieser Broschüre, in der die Rede abgedruckt ist, zu übersenden und Sie auf die betreffende Stelle(Seite 8) hinzuweise», die lautet: Nun werden Sie mit Recht fragen: Wie kommt es denn, daß eine Handvoll Schweinezüchter und Schnapsbrenner ein intelligentes und hochentwickeltes Jndustrievolk von 83 Millio- nen ungescheut bis aufs Hemd ausplündern und mit Sporen und Peitsche regieren kann? Das kommt daher, verehrte An- wcscndc, daß wir in Deutschland   niemals eine richtige bürger- liche Revolution gehabt haben.(Sehr richtig! und Beifall.) Denn Aufgabe der bürgerlichen Klasse war es, mit den feu- dalen Raubrittern des Mittelalters aufzuräumen. Die bür- gerliche Klasse Frankreichs   hat das mit den französischen   Jun. kern gründlich besorgt, die vor 1789 die Massen genau so brande schätzten wie unsere ostelbischcn Junker. Sie trugen der fran. zösischen Bourgeoisie den Kopf zu hoch, und da hieß es ganz einfach: Kopf ab! Das Bürgertum nahm selbst die Zügel der Herrschaft in die Hand. In Deutschland   aber hatten wir 1848 nur eine Revolution im Schlafrock und Pantoffeln.(Heiterkeit und Zustimmung.) Hier schloß die Bourgeoisie sofort mit den Junkern wieder ein Kompromiß, aus Angst vor der sozialen Revolution, und bald war das Junkertum, das viel konse- quenter, zäher und frecher«st, als je die Bourgeoisie, wieder obenauf und setzte der bürgerlichen Klasse den Absatz in den Nacken. Die bürgerliche Klasse Frankreichs   hat auch mit dem Gottesgnadcntum reinen Tisch gemacht. Auch das trug ihr den Kopf zu hoch und auch da hieß es: Kopf ab! Sie können daraus ersehen, daß es sich um einen rein histo- rischen Exkurs ohne jede Nutzanwendung auf die Gegenwart handelt, und daß ausdrücklich von der bürgerlichen Klasse be- bauptet wird, sie habe früher die Losung: Kopf ab! angewandt. Daß die Sozialdemokratie diese Losung aufgreisen solle, davon steht in der ganzen Rede kein Wort. Ohne die revolutionären Bestrebungen der Sozialdemokratie bestreiten zu wollen, möchte ich doch nicht, daß meine Aeußcrung in einem Sinn, der, wie Sie nach Kenntnis des Wortlauts wohl selbst zugeben werden, hinfällig ist, gegen meine Partei aus- genützt wird. Von Ihrer Loyalität darf ich darum wohl erwarten, daß Sie gelegentlich diese Ihre Aeußerung rektifizieren. Mit Hochachtung ergebenst Hermann Wendel  . Redakteur und Stadtverordneter. DerVorwärts" hat in seinem Leitartikel vom Sonntag die Zitiermethode des konfervatwen scharfnmcherhäuptlings bereits gekennzeichnet. Der Januschauer legt sei» Laudtagsmandat nieder. Herr v. O l d e n b u r g- I a n u s ch a u hat sein Landtags- Mandat für Elding-Marienburg niedergelegt. Er will seine Kraft ganz in den Dienst des Reickstags stellen. Schade daß dem Junker- Parlament die bewährte komische Kraft verloren geht. Hoffentlich sorgen die Junker wenigstens für vollwertigen Ersatz, da sonst die Anforderungen an die Herren Kreth und Malkewitz zu große werden dürsten._ Kommunale Selbstverwaltung  . , Am 8. Februar 1910 beschloß auf Antrag der sozialdemokratischen Stadtverordneten die Stadtverordnetenversammlung in Elberfeld  . die Stadthalle der sozialdemokratischen Partei auch zu politischen Versammlungen zur Verfügung zu stellen. Der mehr als zehn jährige Kampf der Elberfelder   Parteigenossen um die Stadthalle setzte gleich nach der Fertigstellung des Lokals ein und hat die ver- schiedensten Phasen durchlausen. Immer erklärte der Oberbürgermeister Funck, er habe nicht nur kommunale, sondern auch staatliche Interessen wahrzunehmen, und deshalb verweigere er der sozial- demokratischen Partei das städtische Lokal. Dieses Diktum setzte er auch dem oben erwähnten Beschluß der Stadtverordneten entgegen. Er beanstandete formell den Beschluß, und da die Stadtverordneten- Versammlung auch bei der nochmaligen Beratung auf ihrem Stand- punkt verharrte, ging die Sache an den Bezirksausschuß. Dieser hob den Beschluß der Stadtverordnetenversammlung auf und der nun angerufene Provinzialrat als letzte Instanz schloß sich der Entscheidung des Bezirksausschusses an. In dem jetzt vorliegenden schriftlichen Urteile lautet der entscheidende Teil: Die sozialdemokratische Partei und die sozialdemokratischen Vereine bekämpfen, wie allgeniein bekannt ist, die bestehende RechtS- und Staatsordnung und suchen sie zu unter- graben. Die Ueberlasinng der Etberfelder Stadthalle an sie würde eine Förderung dieser Bestrebungen, also eine Gefährdung des Staalswohles bedeuten." Die bestehendeRechts- und Staatsordnung" findet ihren Ans- druck in den Gesetzen. Der Z 54 der Rheinischen Städte ordmmg be- sagt aber klipp und klar:Alle Einwohner des Stadtbezirks sind zur Mitbenutzung der öffentlichen Gemeindeanstalten der Stadt b e- rechtigt." Unser Parteigenoffe Lands erklärte zutreffend in der letzten Stadtverordnetensitzung:Das ganze Verfahren erhellt mit einem geradezu blendenden Schlaglicht die Situation und den jämmerlichen Zustand unserer Selbstverwallung." Die Landtagswahl in Reust j. L. bat bekanntlich mit einem prächtigen Siege der sozialdemokratischen Partei geendet. ES wird uns dazu geschrieben: In Gera   war der alte Hotlentottenblock in die Brüche ge- gangen. Den fortsckrittlichen Kandidaten haben Nationalliberale, Konservative, Mittelständler, Deutschsoziale, evangelischer Arbeiter- verein und die Vereinigung der reichslreuen Textilarbeiter besondere Kandidaten entgegengestellt und zwar den siockkonservativcn Ober- bürgermeister und Geheimen Regicrungsrat, einen Mittelständler und einen gelben Weber. Die Fortschrittlichen markierten über diesen Bruch große Freude, daß eS ihnen aber nicht so wohl dabei war, verriet der Führer der reußischen Fortschrittler, Zeichenlehrer a. D. Kalb, der erklärte: Mit radikal.« ni Vorgehen sei nichts zu erreichen, nur durch St achgeben. Kompromisse mit der Regierung seien das beste Mittel, dabei könne man noch immer entschieden liberal bleiben. Nun sind sie alle hereingefallen, der schwarzblaue Block und die kompromißsüchtigen Fortschritller. In den sechs Wahlbezirken, in denen daS Resultat bekannt ist, hat die Sozialdemokratie fünf Mandate erobert; in dem letzten Be- zirk stehen wir in günstiger Stichwahl. Gegenüber den letzten Wahlen haben wir in den sechs Bezirken drei Mandate gewonnen. Gewählt sind die Genossen Fiedler, Rohmann, Better- lein. Leven, Kahnt; in Stichwahl steht Genosse Drechsler. Es erhielten im ersten Kreis Sozialdemokratie 2647, die Gegner 583, im zweiten Kreis Soz. 2905, Gegner 502. dritten Kreis Soz. 1372, Gegner 293. vierten Kreis Soz. 2330, Gegner 1070, fünften Kreis Soz. 1074, Gegner 391, sechsten Kreis Soz. 543, Gegner 608. Dieser Kreis ist uns in der Stichwahl sicher. Insgesamt wurden für die Sozialdemokraten abgegeben 7425 Stimmen, daS sind 2000 mehr als bei der letzten Wahl. Die Fortschrittler, die Kon- servativen und Agrarier haben je ein Mandat verloren. Oesterreick. Die TcurrnngSdebatte. Wie«, den 29. November. Abgeordnetenhaus. Bei der Debatte über den Bericht des T e u e r u n g s a u S s ch u s s e s erklärte der Handelsmini st er, er erhebe gegen die Anträge des TeuerungSausschusses keinerlei Einwendungen, dagegen- könne die Regierung dem Beschluß der s o z i a l d e m o- kratischen Minorität, eine quantitativ unbeschränkte Einfuhr überseeischen Fleisches zu gestatten, nicht zustimmen. Der Minister legte aufs neue dar, daß Oesterreich bezüglich der Fleischeinfuhr aus überseeischen Ländern im Einvernehmen mit der ungarischen Regierung vorgehen müsse, wie eS auch umgekehrt geschehe. Hinsichtlich der Erklärung des ungarischen HandelsnnuisterS über geheime Abmachungen konstatierte der Minister, daß es sich hierbei um nichts Geheimnisvolles handele, sondern einzig und allein um Abmachungen über die Höhe des JmportkontiugentS aus den Balkanländern, die den Unterhändlern für die Vertragsverhandlungen als Instruktion dienen. Die Regie- rung nähme nicht den geringsten Anstand, diese Abmachungen bekannt zu geben. Der Minister ersuchte das Haus aufS neue, den serbischen Handelsvertrag möglichst rasch zu erledigen, und sprach die Hoffnung aus, daß daS bewilligte Kontingent argen- tinische» Fleisches nebst dem Import aus den Ballanländern über die Fleischnot hinweghelfen werde. frankreicd. Gegen das Streikrecht. Paris  , 29. November. Die Regierung wird am Donners- tag über den Gesetzentwurf zur Unterdrückung derSabotage und zur Sicher ungdesEisenbahn- d i e n st c 3 endgültig Beschluß fassen. Sabotage und Auf- reizung dazn sollen mit einem Monat bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft und entweder vom Zucht- Polizei- oder vom Schwurgericht abgeurteilt werden. Eisen- b ah na n gestellte, die den Dienst verweigern, sind mit sechs Monaten bis zn z w e i I a h r e n Gefängnis zu bestrafen. Es ist den Eisenbahnangestellten untersagt, in den A u s st a n d z u t r e t e n. Der Gesetzentwurf sieht die Errichtung lokaler Ausschüsse und eines Zentralausschusses zur Beilegung von Streitigkeiten vor. Ferner soll ein Schiedsgerichts Hof gebildet werden, der aus Abgeordneten beider Parteien, aus zwei von der Kammer und aus einem vom Senat ernannten Schiedsrichter besteht. Die Entscheidungen dieses Gerichtshofes werden der B e st ä t i- gung de-s Parlaments unterliegen. Ein Justizmord. Paris  , 27. November.(Eig. Ber.)-Das Urteil des Schwurgerichts von Noucn stellt� die schlimmsten Leistungen preußischer und sächsischer Klassenjustiz in den Schatten. Der Tatbestand, der zu dem fürchterlichen Urteil Veranlassung gab, ist folgender: Während des Streiks der Kvhlenverkader war ein Streikbrecher, der total betrunken in einem Wirts- Haus und auf der Straße exzedierte, von gleichfalls bctrunkc- nen Ausständigen angegriffen und auf grausame Weise er- schlagen worden. Der traurige Vorfall, der wieder einmal die fürchterlichen Wirkungen des Alkohols bezeugt, wurde von der reaktionären Bourgeoisie aufgegriffen, um die Gewerk- schaftsbewegung zu kompromittieren und an ihren Führern ein Exempel zu statuieren. Darum wurden nicht nur die der Teilnahme am Totschlag verdächtigen Arbeiter, sondern auch der Sekretär der Gewerkschaft, Durand, wegen Anstiftung zum Mord angeklagt. Wochenlang Prä- parierte die bürgerliche Presse ihr Publikum, indem sie ihm die Schauermär von einer Strcikversammlung vorsetzte, in der die 353 Anwesenden in einer Abstimmung einstimmig Dongä zum Tode verurteilt hätten. Das Ergebnis der Zeugeneinvernahme war, daß nicht einmal der Staatsanwalt in seinein Plaidoyer die Wahrheit dieser albernen Berichte zu behaupten wagte, trotzdem mehrere versoffeneGelbe" in freilich höchst widersprechenden Angaben sie bestätigten. Aber ibm genügten als Beweis für die intellektuelle Urheber- schaft Durands einige angeblich von ihm gebrauchte mibe- stimmte Drohworte, wie. daß man sich Dong6sentledigen" müsse. Durand bestritt diese Aeußerungcn auf das ent- schiedcnste und eine Reihe von Zeugen, darunter ein Arzt, stellten ihin das Zeugnis aus, daß er in Streikversammlungen sehr maßvoll gesprochen habe. Trotzdem bejahten die Geschworenen die auf ihn bezüglichen Schuldfragen ohne Zubilligung mildernder U m st ä n d e. Durand wurde demgemäß zum Tode verurteilt, drei der Ausführung der Tat Beschuldigte zu 15 und 8 Jahren Zwangs- arbeit, drei andere Angeklagte wurden freigesprochen. Nach der Urteilsverkündung erklärte der-Obmann der Ge- schworenen dem Vorsitzenden, daß sich die �sury über die Trag- weite ihres Spruchs getäuscht und nicht eine solche Strafe im Auge gehabt habe. Sämtliche Geschworene unterzeichneten ein Gnadengesuch. Durand aber schwur, daß er unschuldig verurteilt sei. In darHumanitö" sagte Jaurds kurz und treffend:Durands ganzesVcrbrechenist, daß er der Sekretär der Gewerkschaft, daß er ein A r- b e i t e r f ü h r c r ist. Auch wenn seine Strafe gemildert wird, bleibt seine Verurtcilimg abscheulich." Bürgerliche Rachgier und proletarische Würde. Paris  , LS. November.(Eig. Ver.) Die Witwe des im Rauf- Handel getöteten Kohlenverladers Dongs hat an den Verteidiger des von den Geschworenen zum Tode verurteilten Gewerkschafts- sckretärs Durand einen Brief gerichtet, der die über das schänd- liche Urteil jubelnde bürgerliche Presse aufS tiefste beschämt. Ter Brief lautet: Nach Beendigung der Assisenvcrhandlung fühle ich mich gedrängt, mich denen anzuschließen, die gegen das Urteil p r o t e st-i e r e n. Ich habe während der Verhandlung mich als Privatbeteiligte darauf beschränkt, das- Recht meiner Kinder. der Opfer des an meinem unglücklichen Mann begangenen Tot- schlagcs, zu verteidigen und es mir versagt, auch nur die ge- ringste Beschuldigung gegen jemanden zu erheben. Aber i ch möchte keinen Anteil an der Verurteilung Durands zum Tode haben, die um so unbegreiflicher ist. als er Wohl gleich anderen, die straflos geblieben sind, un- bedachte Worte geäußert, aber doch nicht selbst Gewalt geüht l)at. Ich bin selbst Arbeiterin und iv ü n s ehe das Gnadengesuch für Durand zn unterzeichnen. EL wäre mir ein Trost in meinem Unglück, zn hoffen, baß alle Welt verstehen wird, daß ich, indem ich für meine Töchtcrchen vor Gericht pflichtgemäß Ersatzansprückic stellte, doch auch die Pflicht empfand, nicht zu vergessen, daß ich selb st der Welt der Arbeiter angehöre, die so mühselig um ein Stückchen Brot mehr und um etwas harte Behandlung weniger ringen." Spricht ans diesem Briefe einer Proletarierin. die den Ec- danken der blutigen Rache zurückweist und der Gemeinschaft mit allen Leidenden auch dann bewußt bleibt, wenn die unglückseligen Verkettungen des noch nicht zur Klarheit gelangten Klassen- kampfes ihr den Ernährer ihrer Kinder geraubt haben, tausend- mal mehr Menschlichkeit und sittliche Gesinnung, als aus den Artikeln der bürgerlichen Presse, die den Leichnam des Streik» brechers in erheucheltem Mitleid und in erheuchelter Entrüstung politisch ausschlachtet? Der Protest der Gewerkschaften. Paris  , 29. November. Der Allgemeine Arbeitsver­band hat beschlossen, mittels Maueranschlages gegen das Urteil des Schwurgerichts in Ronen Einspruchzu erheben und am nächsten Sonnabend in Paris  , Renne?, Lyon  , Marseille   und le Havre   Protest Versammlungen abzuhalten. In le Havre  wurden gestern schon mehrere Protc st Versammlungen und Straßenkund gedungen veranstaltet, an denen sich 5000 Ar- bester beteiligten. Mehrfach kam es zwischen Schutzleuten und De- monstranten zu Zusammenstößen. Fünf Personen wurden verhaftet. SugUmä. Gegen Home-Rnle. Belfast  » 20. November. Gestern abend fand hier unter freiem Hiinmel eine große u n i o n i st i s ch e Kundgebung statt, an der sich mehr als 20 000 Personen beteiligten. Die Redner erklärten, wenn die Home- Rule den Anhängern der eng- lischen Herrschaft in Nord- Irland   aufgezwungen werden sollte, so würden diese sich dadurch widersetzen, daß sie die Zahlung der Steuern verweigerten oder, wenn es nötig wäre, zu noch schärferen Maßnahmen griffe». Eine interne Beratung der Anhänger der englischen Herrschaft be-- schloß, eine Geldsammlung zu veranstalten, alle ihre Parteigänger zu einem Regiment zusammenzustellen, Waffen zu kaufen und sich der Einführung der Home-Rnle m i t G e w a l t zu wider- setzen. Die Subskription ergab sogleich 10 000 Pfd. Sterl. Kandidaturen. London  , 29. November. Die Anhänger O'BrienS stellen 25 Kandidaten gegen die Anhänger Red mondS auf. Joses Chamberlain und Georg Wynhain sowie drei unionistische Kandidaten, die ohne Gegenkandidaten geblieben sind, werden bereits am Freitag als gewählt proklamiert werden. Sonnabend finden Wahlen in 10 Londoner   und in 1V Provinzbczirlen statt. In zahlreichen Provinzbezirken haben die Unionisten keine-Gegen« kandidatcn. Hmerifta. Revolution in Honduras  . New Aork, 29. November. Nach einer telegraphischen Meldung aus Tegucigalpa   sind die atlantischen Häfen im Departement Co» mayagua(Honduras  ) von Revolutionären unter Führung des früheren Präsidenten Bonilla besetzt worden. Die zur Wieder- erobernng der Hafenorte auSgesandten RegierungStruppen sollen sich dem Feinde angeschlossen haben.