Hr. 283. 27. Mganz.2. KtilHe drs Joriüirls" Knlim Jollistlatt.Zonnabtttd. 3. DkMbtt M.parlamentarisches.AvS Lex Reichsversicherungsordnnngs-Kommission,'v Schädigung der Arbeiter in den Sonderanstalten.Aus dem geltenden Recht ist in die Vorlage für die Reichsver-sicherungsordnung die Bestimmung übernommen worden: Wenndie Sonderanstalt besondere oder erhöhte Beiträge für die reichs-gesetzlichen Leistungen erhebt, so darf sie diese auf ihre anderenLeistungen nur soweit anrechnen, daß sie durchschnittlich jeder Mit-gliederklasse mindestens den Reichszuschuß zahlt. Diese Bestimmungwurde in das geltende Jnvalidenversicherungsgesetz eingefügt mitRücksicht auf den Allgemeinen Knappschaftsverein zu Bochum. Beiden anderen Kasseneinrichtungen werden entweder besondere Bei-träge für die reichsgesetzliche Invalidenversicherung nicht erhoben,oder, sofern dies der Fall ist, werden die reichsgesetzlichen Leistungenunabhängig von den übrigen Kassenleistungen und ohne Aufrechnunggewährt. Inzwischen hat dies selbst der Allgemeine Knappschafts-verein zu Bochum durchgefuy�t. Trotzdem wollten die Regierungendie alte Bestimmung mit Rücksicht auf die Hinterbliebenenversiche-rung beibehalten. Nur damit erllärten sie sich einverstanden, daßjeder Witwe'oder Waise der volle Betrag des Reichszuschussesstatt des Durchschnittsbetrages zugezahlt werden muß.Die Sozialdemokraten wiesen in der Donnerstagfitzungnach, daß dies eine Ungerechtigkeit gegen die beteiligten Ar-beiter sei. Der Reichszuschuß falle allen Steuerzahlern zur Last.Darüber hinaus müßten die Arbeiter höhere Beiträge für dieInvaliden- und Hinterbliebenenversicherung bezahlen, damit nachihrem Tode ihren Hinterbliebenen eine Rente gewährt wird. DieseRente würde den Arbeitern in den Sonderanstalten nach dem Vor-schlage der Regierungen entzogen, trotzdem sie die höheren Beiträgebezahlen müßten. Deshalb beantragten die Sozialdemo-kraten, daß in jenen Fällen die reichsgesetzlichen Leistungenunabhängig von den übrigen Kasfenleistungen und ohne Auf-rcchnung zu gewahren sind. Der Antrag wurde jedoch gegen dieStimmen der Sozialdemokraten und des Polen abge-lehnt und die Vorlage mit der von den Regierungsvertretern an-geregten Aenderuna angenommen.Ein Antrag der Konservativen, der Rentenent-ziehungskommissionen für das ganze Reich verlangte.wurde nach einer Debatte, in der unsere Genossen auf die Schäd-lichkeit des Antrages hinwiesen, vorläufig zurückgezogen.Anrechnung der Schwangerschaft als Krankheit.' Als Beitragswochen soll, ohne daß Beiträge entrichtet sind, auchdie durch eine Schwangerschaft oder ein regelmäßig verlaufendesWochenbett veranlasste Arbeitsunfähigkeit angerechnet werden. Abernur für die Dauer von höchstens acht Wochen, von denen min-bestens sechs Wochen auf die Zeit nach der Nieder-kunft fallen müssen. Diese letzte Beschränkung wurde aufAntrag der Sozialdemokraten gestrichen.Ein Umfall des Zentrums.Die OuittungSkarte soll binnen zwei Jahren nach dem Tageder Ausstellung zum Umtausch eingereicht werden. Hierzu hattendie Sozialdemokraten in der ersten Lesung einen Zusatzbeantragt, der es ermöglicht, den Arbeitgeber, der die Quittungs-karten seiner Arbeiter liegen läßt, ohne die Marken zu kleben unddie Karten umzutauschen, für den dadurch verursachten Schadenhaftbar zu machen. Schließlich schlug das Zentrum alsKompromiß folgenden Zusatz vor: Ist die Karte im Besitz des Ar-deitgebers, so hat dieser sie dem Versicherten spätestens eine Wochevor Ablauf der Umtauschfrist zu übergeben oder sie selbst umzu-tauschen und dem Versicherten die Bescheinigung auszuhändigen.—Dieser Zusatz ist damals einstimmig angenommen worden.Jetzt, in der zweiten Lesung, beantragte Abg. Herold vomZentrum, den Zusatz wieder zu streichen. Vergeblich bemühtensich nicht nur unsere Genossen, sondern auch der Zentrumsabge-ordnete Becker nachzuweisen, daß der Zusatz im Interesse derArbeiter unentbehrlich sei. Vom Zentrum stimmten so viele Ab-geordnete— darunter auch die Herren Dr. Hitze und T r i m-born— mit den Konservativen und Nationalliberalen, daß derZusatz g e st r i ch e n wurde.Am Freitag beendete die Kommission die zweite Lesung derInvaliden- und Hinterbliebenenversicherung, ohne sachliche Aende-rungen vorzunehmen. Am nächsten Freitag beginnt die Kommissiondie zweite Lesung der Krankenversicherung.Aus der Budgetzkommisfion.Die Kommission erledigte in ihrer Freitagsitzung die ersteLesung des Reichsbesteuerungsgesetzentwurfs. Zudem Z 8, der die Heranziehung des Reichs zu den Gemeindesteuernvorsieht, wurde auf Antrag Gröber beschlossen, daß das Ein-kommen aus privatwirtschaftlichen Unternehmungen und die Ge-bäude gleichfalls zur Steuer herangezogen werden. Ein vonunseren Vertretern gestellter Antrag, der in der Besteuerungkeinerlei Unterschied zwischen Reich und Privatpersonenmachen will, wurde gegen die Stimmen unserer Genossen abge-lehnt. Zur Begründung deS Antrages war unter anderkm an-geführt worden, daß es gleich sein müsse, ob Privatpersonen Häuserbauen und Wohnungen vermieten oder ob das vom Reich geschehe.Ebenso bringt die Verpachtung der Bahnhofswirt-f ch a f t e n den Reichseisenbahnen viel Geld ein, das Reich müßteentsprechend der Einnahme zur Steuer herangezogen werden. Der§ 4 des Entwurfs, wonach die Gemeinden von der Rückerstattungder Oktroigebühren für Waren, die von den Militärverwaltungeneingeführt wurden, in Zukunft befreit sein sollen, erhielt auf An«trag Gröber folgende Fassung: Die Erhebung der Oktroivergütungs«gelber(Kasernierungskostenbeiträge) von den oktroiberechtigten Ge-mcinden in Elsaß-Lothringen kommt spätestens mit dem Jnkrast-treten dieses Gesetzes in Wegfall. Nach dem Beschluß der Kom-Mission soll das Gesetz vom 1. April lSH ab Geltung haben.Nächste Sitzung Dienstag(Telephongebühren).AuS der Rcichswertzuwachssteuerkommifsion.In der Freitagsitzung lagen wiederum eine ganze Anzahl Ein-gaben für und gegen das Gesetz vor. Bei Fortsetzung�der General-dcbatte erklärten sich ein nationalliberales und freisinniges Mitglied fürdas Gesetz; beide haben große Bedenken gegen die Bei-beHaltung des Umsatzstempels und wollen im äußersten Falle denStempelbiS 1814 behalcken. Ein Mitglied der Wirtschaft-lichen Vereinigung wünscht eine schnelle Abfertigung des Gesetzes.Eine lange Debatte entstand über die Frage, ob daS GesetzAnwendung auf die Bergwerksbetriebe findet. Abg. Berg-rat Vogel verneint die Frage, den Bcrgwcrksbesitzern sei dasMutungsrecht gegeben, um nach Kohle und Erz unter der Erde zusuchen, es handle sich somit bei den Bergwerken nicht umGrund st ücke, auch bei Veräußerungen könne die Zuwachssteuernicht zur Anwendung kommen. Ein Konservativer stimmte dem zu.Von einem Regierungsvertreter wurde in ausführlicher Weisediesen Anschauungen widersprochen, bei Veräußerungen und Wert-fteigerungen fallen die Bergwerke unter die Best im-M u n g e n des Gesetzes.Mehrere Mitglieder der Kommission schließen sich den Aus-Führungen an.Die§§ 1 und 2 werden mit einigen Abänderungen a n g e-Kommen. Hierauf erfolgt Vertagung.Soziales.Bersicherullgsfragen im Ausschutz des Berliner KaufmauusgerichtsDer Ausschuß des Berliner Kaufmannsgerichts beschäftigte sichin seiner letzten Sitzung mit den am 13. d. M. beim Kauf-mannsgericht eingegangenen Anträgen des Zcntralverbandes derHandlungsgehilfen und Gehilfinnen Deutschlands, die Verbesse-rungen zur Reichsvcrsicherungsordnung fordern. In der General-diskufston forderten die bürgerlichen Kaufleutebeisitzer von unseremVertreter betr. der Alters- und Invalidenversicherung sowie derWitwen- und Waisenversicherung eine prinzipielle Erklärung, daßdiese im Anschluß an die Reichsversicherungsordnung erfolgen solle,anderenfalls würden die Kaufleutebeisitzer es ablehnen, überhauptin eine Diskussion der Vorschläge einzutreten. Ter Beisitzer desZcntralverbandes brachte hierauf folgenden Antrag ein:„Da durch eine besondere Pensionsversicherung die Verwal-tungskosten übermäßig gesteigert werden, verlangen wir, daß auSdiesen und anderen Gründen die Versicherung der Privatangestell-ten auf dem Wege des Ausbanes der bestehenden staatlichen Ber-sicherungszweige erfolge."Für diesen Antrag stimmten 9 Kaufleutcbeisitzer und 3 Hand-lungsgehilsen. 5 Handlungsgehilfen(Deutschnationale und Leip-ziger Verband) stimmten dagegen. Der Vertreter des Vereinsder jungen Kaufleute enthielt sich der Abstimmung. Nachdemder Antrag angenommen war, wurde in die Spezialberatung derAnträge eingetreten.Es wurde die Beseitigung der Vorschrift in der Krankender-sicherung gefordert, nach der die Handlungsgehilfen nur bis zueinem Jahreseinkommen von 2088 M. versicherungspflichtig sind'.Hierzu lag ein Abänderungsantrag von feiten der bürgerlichenKaufleutebeisitzer vor, die Gehaltsgrcnze auf 4888 M. festzusetzen,von feiten der Handlungsgehilfen wurde als Grenze 5888 M.verlangt. Für den letzten Antrag stimmten 9 Handlungsgehilfenund der Vorsitzende, dagegen 3 Kaufleutebeisitzer.(Der sozial-demokratische Kaufleutebeisitzer mußte bei der Abstimmung alsJüngster ausscheiden, da von der Gehilfenseite der Beisitzer desVereins für Handlungskommis von 1858 fehlte, für ihn auch keinErsatzmann zur Stelle war.) Eine Ergänzung zu dem vorigenAntrage, welcher verlangte, daß die Mindestleistungen der 5kranken-kassen erhöht werden, wurde mit den Stimmen der 8 Kaufleute-beisitzer und der Stimme des Vorsitzenden gegen 8 Stimmen derHandlungsgehilfen abgelehnt, ebenso ein Antrag, die heutige Zer-splitterung der Versicherungsträger(Gemeindekrankenversicherung,Orts-, Betriebs-, Bau- und Jnnungskassen) zu beseitigen unddafür einheitliche Krankenversichexungskassen zu schaffen. Fürdiesen Antrag sprach sogar ein bürgerlicher Kaufleutebeisitzer(Mit-glied im Vorstande der hiesigen Ortskrankenkasse der Kaufleute).Nur dieser und der Vertreter des Zentralverbandes stimmten fürden Antrag, der Vertreter des Vereins der jungen Kaufleute ent-hielt sich der Abstimmung, alle anderen Beisitzer und der Vor-sitzende stimmten dagegen. Einstimmig angenommen wurde fol-gender Antrag:„Die Krankenkassen haben das Recht der Freizügigkeit insofernzu gewähren, als dem Versicherten alle bei irgend einer Kasse er-wordenen Ansprüche ebenso wie die zurückgelegte Wartezeit vonderjenigen Kasse, die für den Bezirk seines etwaigen neuen Wohn-ortes besteht, angerechnet werden müssen."Ein weiterer Antrag verlangt, daß die Vorschriften über dieUnfallversicherung auf alle kaufmännischen Angestellten ohne Unter-schied der Geschäftszweige und des Gehalts ausgedehnt werden.Hierzu beantragen die bürgerlichen Kaufleutebeisitzer wieder, eineGehaltsgrenze für den Versicherungszwang von 4888 M. pro Jahrfestzusetzen, während von Gehilfenbeisitzern die Grenze auf 5888Mark beantragt wird. Der Antrag ohne Gehaltseinschränkungwurde mit den Stimmen von 8 Kaufleutebeisitzern gegen 4 Stim-men der Handlungsgehilfen(5 von letzteren enthalten sich der Ab-stimmung) abgelehnt, dagegen der Antrag mit der Gehaltsgrenzevon 5888 M. mit 8 Stimmemn der Handlungsgehilfen und derStimme des Vorsitzenden gegen die 8 Stimmen der Kaufleutebeisitzer(welche für 4888 M. waren) angenommen.Der letzt« Antrag verlangt, daß„bei der Alters- und In-validenversicherung sowie der Witwen» und Waisenversicherung dieVorschrift gestrichen wird, wonach nur solche Handlungsgehilfenversicherungspflichtig sind, die ein Einkommen bis zu 2088 M.haben. Die Versicherungsleistungen sind zu erhöhen und höhereLohnklassen einzuführen." Gegen diesen Antrag wandten sich diedeutschnationalen Handlungsgehilfen und der Vertreter deS Leipziger Verbandes. Nach den Worten des Vertreters deS Reichs-kanzlers im Reichstage, führten sie auS, fei an einem besonderenPensionsgesetz für Privatbeamte nicht mehr zu zweifeln. Diesessei für die Handlungsgehilfen zweckmäßiger, weil die Gefahren-klassen, die durch die Arbeiter der Bau- und Metallindustrie in dieVersicherung hineingebracht werden, die Handlungsgehilfen zu sehrbelasten! Man solle nicht alles in einen Topf bringen wollen,die Anträge feien für sie undiskutabel, weil man erst die Novellezur Versicherungsordnung der Privatbeamten abwarten will,eventuell könnte man dann nach Ablehnung dieser mit Anträgenkommen.Der Antragsteller sowie der sozialdemokratische Kaufleutebei-sitzer traten für die Anträge ein, ebenso die bürgerlichen Kaufleute-beisitzer. letztere auS den Gründen, weil eine Sonderversicherungden Handel, der zurzeit und auch durch die neue Reichsversicherungs-ordnung bereits außerordentlich belastet wird, noch mehr belastenwürde.Auch hier wurde von den Kaufleutebeisitzern wiederum der An-trag eingebracht, eine Gehaltsgrenze von 4888 M. festzusetzen,während von Gchilfenseite prinzipiell verlangt wurde, jede Ge-Haltsgrenze zu beseitigen, eventuell dieselbe aber auf 5888 M. zuerhöhen.Von den Kaufleutebeisihern wurde zum letzten Antrage nochein Zusatzantrag eingebracht, welcher verlangt, daß derzenige.welcher aus der Versicherung ausscheidet oder selbständig wird,das Recht auf Wciterversicherung behält.Der Antrag, die Gehaltsgrenze völlig zu beseitigen wurdemit 8 gegen 3 Stimmen(6 Gehilfenbeisitzer enthielten sich derStimme) abgelehnt und dann der Antrag mit dem Zusatzantragund der Gehaltsgrenze von 4888 M. mit 8 Stimmen der Kauf-leute, des Vorsitzenden und des Vertreters des Zcntralverbandesangenommen, die übrigen Beisitzer(1 Kaufmann und 8 Hand-lungSgehilfen) enthielten sich der Stimme.In der Hetze gegen das Selbstverwaltungsrecht der OrtS»krankenkassenist auch der Prozeß des Leipziger OrtSkrankenkassenSorsitzendenPollender gegen einige bürgerliche Redakteure ausgeschlachtet wor-den. Von der ganzen Reichsverbandspresse wurde, nachdemPollender gutmütig genug gewesen, die Beleidiger mit einem Ver-gleich laufen zu lassen, die folgende perfide Fälschung des Sach-Verhalts verbreitet:„Das Gericht ist in vier Punkten zu einer Freisprechung desAngeklagten gekommen, indem es folgende Behauptungen alserwiesen ansah:Bei den vom Kasscnvorstande angeordneten Beamtenprüfun-gen fehle es an jeder Garantie dafür, daß diese Maßregel inneutraler und unparteiischer Weise gehandhabt werde, und daßdiese Garantie unbedingt nötig sei, solange die Krankenkassenunter sozialdemokratischer Verwaltung im Fahrwasser der Partei-Politik gehalten würden.Bei der Anstellung von Beamten spielte die politische Ge-sinnung eine Rolle. Die Krankenkaffenkontrolleure wurden mitVorliebe sozialdemokratischen Parteigängern entnommen.Die Verquickung von Verwaltung und sozialdemokratischerParteipolitik habe auch in der Leipziger Ortskrankentasse zuernsten Mißständen geführt.Als Berufskontrolleure würden mit Vorliebe„Genossen"angestellt. Notorische Streikführer ohne berufliche Vorbildunghätten Anstellung im Dienste der Kasse gefunden."Pollender hat nun unter Berufung auf das Preßgesetz dieZeitungen aufgefordert, folgende Berichtigung zu bringen:„Es ist unwahr, daß die von mir gegen mehrere sächsischeBlätter angestrengte Privatklage, nachdem der Prozeß verschiedeneStadien durchlaufen, mit der Freisprechung der Beklagten in vierPunkten„ihren Abschluß gefunden", indem das Gericht die dies-bezüglichen Behauptungen als erwiesen angesehen hätte. Wahr istvielmehr nur, daß die Freisprechung in vier Punkten in erster In-stanz durch das Schöffengericht erfolgte, während es wegen derübrigen Anklagepunkte zu einer Verurteilung gelangte. Soweit dasschösfengerichtliche Urteil zu einer Freisprechung kam, wurde vonmir Berufung eingelegt, und zwar um so mehr, als ich davon über-zeugt war und noch bin, daß der einzige im Schöffengericht sitzendeBernfsrichter das Urteil selbst für falsch hielt, also von den mit-wirkenden Schöffen, ein paar Arbeitgebern, überstimmt sein mußte.Das Landgericht als Berufungsinstanz hat in der Anklagesache zwardrei Verhmchlungen von jedesmal längerer Dauer abgehalten, ohneaber von neuem Beweis zu erheben. Es beschränkte sich, gestütztauf das schöffengerichtliche Berhandlungsprvtotoll und die zeugen-eidlichen Aussagen vor dem Schöffengericht, allein darauf, denganzen Streit durch Vergleich abzuschließen, durch den, wie dasLandgericht selbst betonte, nicht nur das schösfengerichtliche Urteilselbst, sondern auch die im Urteil erfolgten„Feststellungen" beseitigtwurden! Dieser Vergleich ist in der Landgerichtsvcrhandlung vom18. November zustande gekommen. Er stellt fest, daß die Beklagtenihre Behauptungen im guten Glauben erhoben, sich aber durch dieBeweisaufnahme davon überzeugt haben, daß sie sie nicht in allenPunkten aufrecht erhalten konnten. Ferner kommt in dem übrigensvom Gericht selbst formulierten Vergleich zum Ausdruck, daß sichder Privatkläger gegen die beleidigenden Behauptungen verwahrtund erklärt hat, daß er jederzeit bestrebt gewesen sei, die LeipzigerOrtskrankenkasse in völliger Ucbereinstimmung mit den übrigenVorstandsmitgliedern nach rein sachlichen Gesichtspunkten zu leiten."Für Wahrheitsliebende wäre eS ausgeschlossen, nach diesemVergleich wieder auf das beseitigte schöffengerichtliche Urteil zu»rückzugreifen. Wird diese Klarstellung die Reichsverbavdspresseabhalten, weiter zu verleumden?Unterliegt ein geschlossenes Gewerkschaftsvergnügen ber Lnst-barkeitssteucr?Die Zahlstelle Finsterwalde des Deutschen Holzarbeiter-Ver-bandes hatte im Lokal von Bauer in Finsterwalde ihr<�tiftungS-fest abgehalten, zu dem nur die Mitglieder und ihre Angehörigennebst einigen eingeführten Gästen Zutritt hatten. Der Magistratzog die Zahlstelle zur Lustbarkeitssteuer heran, weil das Ver-gnügen einem öffentliche» Vergnügen gleich zu achten sei, das nachder Steuerordnung der Besteuerung unterliege.Die Zahlstelle klagte auf Freisprechung. Sie machte geltend.daß die Festlichkeit als geschlossene der Lustbarkeitssteuer nichtunterliege.Der Bezirksausschuß wies die Freistellungsklage mit folgenderBegründung ab:Da nur Mitglieder und ihre Angehörigen im wesentlichen Zu-tritt hatten, so hänge die Entscheidung der Frage, ob eS sich umein öffentliches Vergnügen handelte, hier lediglich davon ab, obsich die Zahlstelle als ein geschlossener Verein darstelle, oder ob eSsich um eine sogenannte lose Organisation handele, deren auch aufden Mitgliederkreis usw, beschränkte Veranstaltungen stets alsöffentliche zu behandeln feien. Der Deutsche Holzarbeiter-Ver-band erstrecke sich nun aus ganz Deutschland und sei als ge-schlosiener Verein nicht anzusehen, da unter der Gesamtheit derMitglieder wechselseitige persönliche Beziehungen nicht entstehenkönnten und das gemeinschaftliche Streben nach günstigen Lohn- undArbeitsbedingungen allein keineswegs ein inneres Band sei. DieVoraussetzungen für einen geschlossenen Verein könnten nun aller-dings bei Ortsvereinen solcher Verbände zutreffen, die den allge-meinen Vereinszweck in örtlich abgeschlossener Wirksamkeit zu für-der» haben. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen sei aber hiernicht dargetan. Die Zahlstelle sei alö selbständige Organisationnicht anzusehen, da sie in wesentlichen Punkten vom Hauptverbandabhängig sei.(Es wird auf verschiedene Paragraphen des Statutsverwiesen, die die Befugnisse des Hauptvorstandes und deS Ge»samtverbandeS regeln.) Was die Zahlstelle Finsterwalde selber an-gehe, so habe im Jahre 1988 die Zahl ihrer Mitglieder 378 be-tragen und sei 1888 auf fast 488 gestiegen. Infolge des Zu- undWegzug? wechselten jährlich durchschnittlich ein Drittel der Mit-glieder der Zahlstelle. Weder die Organisation, noch die Bedin-gungen des Verlusts der Mitgliedschaft entsprächen dem Charaktereines geschlossenen Vereins. Ferner mache der große Wechsel derMitglieder wechselseitige persönliche Beziehungen unter der Ge»samtheit der Mitglieder der Zahlstelle zur Unmöglichkeit. Dem-gegenüber könne es nicht in Betracht kommen, daß die Mitgliederein paarmal im Jahre gesellig zusammenkämen, daß die Zahlstellegewisse eigene Aufgaben habe, und daß ihre Mitglieder in Lohn-fragen sich solidarisch erklärten. Der Beweis, daß die Zahlstelleein geschlossener Verein sei, wäre nicht erbracht.Der Vorstand legte Revision ein, die Rechtsanwalt Roth in ein-gehenden RechtSauSführungen vor dem Oberverwaltungsgerichtvertrat.Das Obervrrwaltungsgericht verwarf baS Rechtsmittel. DieGründe gingen dahin: Der Bezirksausschuß habe zunächst geprüft,ob es sich bei der Zahlstelle überhaupt um einen selbständigen Ver-ein handele oder lediglich um einen Teil des großen Verbandes,und dann, wenn man ersteres annehme, ob die Zahlstelle ge-schloffen war, d. h. ob es sich bei ihren Mitgliedern um einen nachaußen bestimmt abgegrenzten Kreis von innerlich miteinander ver-bundenen Personen handelte. Ein wesentlicher Mangel deS Ver-fahrens sei dem Bezirksausschuß nicht vorzuwerfen. Und soweit sichdie Entscheidung aus tatsächliche Feststellungen berufe, sei sie derNachprüfung durch die Nevisionsinstanz, als welche in diesem Falledas Oberverwaltungsgericht funktioniere, entzogen. Es könnedahingestellt bleiben, ob die Zahlstelle ein selbständiger Verein sei.Ohne Rechtsirrtum sei jedenfalls festgestellt, daß sie fein ge-schlossener Verein sei._eingegangene Druchrcbrlften.Handbuch für Heer und Flotte. Lieferung SS— St. Herausgegebenvon<Ä. v. Alten. Lieferung 2 M. Bong u. Co, Berlin W. 57.Die Bedeutung der Charitas für das Heilverfahren.von Dr. P.Kirschner. 1.50 M. 4. Ebering. Berlin MW.?.