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Dr. 287. 27. Zahrgiwg. I SeilW d»Hotwdä" Ittlinft NcksdlR Douaerstitg. 8. Dezember!M Partei- �ngelegenkeiten. Niederschönhaosen-Nordend. Hcutc Donnerstag, von? Uhr abends ab, findet eine Handzettelverbreitung von den bekannten Stellen aus statt._ Die Bezirksleitung. Berliner   J�admebten. In der zweiten Klasse. Der Verkehr nach beiden Richtungen ist unregelmäßig!" Mit gemischten Gefühlen lese ich diese Ankündigung auf der schwarzen Tafel am Eingange des Ringbahnhofes. Also eine Betriebsstörung. Da wird Mutter wieder mal mit dem Abendbrot warten müssen. Alls dem Bahnsteig herrscht ein lebensgefährliches Ge- dränge; besonders vorn und hinten, der Haltestelle der dritten Klasse entsprechend, staut sich ein Knäuel von Wartenden. Wer es heute eilig hat, der mag seine Rockschöße und Hühner- äugen in acht nehmen. Ich ziehe aus dem ach so schwindsüchtigen Portemonnaie wir schreiben den vorletzten Wochentag einen halben Nickel und löse bei dem Stationsvorsteher, vulgo demMann mit der roten Mütze", eine Zuschlagkarte zu meinem Monats- billctt, die mich zur Fahrt in der zweiten Klasse berechtigen soll. Eine Viertelstunde vergeht. Noch eine! Endlich leuchten aus der Dunkelheit die grellen Lichter der Lokomotive; der lang erwartete Zug fährt ein. Rechts und links strömt die Menschenmenge die rotbraunen Wagen. Ich steige mit der Miene eines Mannes, dem die Welt gehört, in das grün angestrichene Heiligtum derer, dieein bißchen was sind". Hier ist gut sein! Kein Geschubbse, kein Herumtrampeln auf den Hühneraugen, keine verdorbene Luft. Wie heißt es doch gleich in dem schönen Liede?: Wer Geld hat, kann auf Polstern sitzen, und wer keins hat, muß auf Brettern schwitzen. Ich kuschele mich behaglich in den weichen Kissen zurecht und sehe mir meine Mitreisenden an. Links sitzen zwei Backfische mit riesigen Feuereimern auf den niedlichen Köpfen. Sie tuscheln eifrig miteinander. Natürlich vonihm". Rechts ein dunkelbärtiger Herr mit demBerliner Tageblatt" vor der kühn geschwungenen Nase. Und gegenüber, fast die ganze Breite der Polsterbank ein- nehmend, zwei Vertreter der weit verbreiteten Familie Protz, mit breiten Ringen an den dicken Fingern und dichthaarigem Pelzwerk auf den Speckhälsen. Ich taxiere die beiden auf ein emeritiertes Schlächterehepaar und auf beiläufig drittehalb Doppelzentner Lebendgewicht. Der siebente Insasse, der noch im letzten Augenblick ein- gestiegen war, ist ein ängstlich und schüchtern blickendes Kerlchen mit zu langen Haaren und zu kurzen Hosen, ein kleiner An- gestellter oder so etwas. Er muß es eilig haben, denn er sieht jeden Augenblick auf die Uhr. Darf ich um die Fahrkarten bitten?" AuS dem Neben- abtetl ist ein Herr mit einer Bahnmütze auf dem Kopfe ge- treten: der Fahrkartenkontrolleur. Ich zücke meine beiden Karten, die Feuereimer öffnen ihre Pompadours, der Mann mit dem Tageblatt krabbelt in der Westentasche und die mann- liche Hälfte der drittehalb Doppelzentner Lebendgewicht zieht mtt unwilliger Miene ein dickleibiges Portemonnaie. Ein kurzer, prüfender Blick des Beamten auf die hingehaltenen Karten, ein höflichesDanke!" Dann wendet er sich mit fragender Miene an den zuletzt Eingesttegenen. Der sitzt wie mit Blut Übergossen. Seine zitternden Hände tasten an den Taschen des abgetragenen Ueberziehers herum. Zögernd reicht er dem Beamten die Fahrkarte. Das ist ja ein Billett dritter Klasse. Haben Sie keine andere Karte?" Nein, ich die dritte Klaffe war überfüllt, und ich ich muß dringend nach Hause." Dann hätten Sie eine Zuschlagkarte nehmen sollen." Ja. ich ich wollte den Zug nicht versäumen. Mein Kind ist krank." Der Mann spricht es mit zuckenden Lippen. Das tut mir leid. Aber ich muß Sie melden. Kommen Sie mit zum Stattonsvorsteher." Armer Teufel," sagt der Tageblattmann, als die beiden auf der nächsten Haltestelle den Wagen verlassen haben,der ist seine sechs Emm los. Er sah nicht gerade danach aus, als ob er das Geld so leicht verschmerzen könne." Dann hätte er ebent nich zweite Klasse fahren sollen," pustet die maskuline Hälfte der drittehalb Doppelzentner. Det wäre ja noch schöner, wenn unsereens for sein jutet Jeld schließlich noch stehen müßte." Die komplementäre Hälfte nickt. Ader erlauben Sie mal," sage ich.wie die Umstände heute liegen" Ach wat. Umstände. Die Bahn beschummeln, nich? Andern Leuten die Plätze wegnehmen, nich? Und nachher uff die Zustände schimpfen, nich?" Aber Sie haben ja gar nicht gestanden. Der Mann hat Sie doch nicht gehindert. Uebrigens weil Sie von Be- schummeln sprechen die Bahn macht bei einer Strafe von 6 Mark noch ein gutes Geschäft, jedenfalls ein besseres, als ,»"»,« sie täglich Fahrgäste zu befördern hätte, die für ihre lo Pfennige zwei Sitzplätze beanspruchen." Die beiden Back- fische mit den Feuereimern kichern. Det jcht Jhn'n jarnischt an" Laß Dich doch mit solchen Leuten in keinen Streit ein, das führt ja doch zu nichts", sagte die schwächere(!) Hälfte der drittehalb Doppelzentner, und bemüht sich, die etwas hoch geratene 3!ase noch höher zu heben. Du hast recht, Mathilde, man schmeißt sich bloß weg." Der Zug hält. Ich bin am Ziel. Schade! Ich hätte mich gern mit Herrn und Frau Protz noch länger unterhalten. Na, was nicht ist, kann noch werden. Die Familie ist ja weitverbreitet. Man begegnet ihr alle Tage und aller Orten. Das Ergebnis der Volkszählung. Die Bevölkerungszahl der Stadt Berlin   beträgt nach der gestern beendeten Zählung 2 ltöt 153 gegen 2 040 148 am 1. Dezember 1903. Die Deputation für die städtische Straßenreinigung erweiterte durch Beschluß das den Arbeitern obliegende Pensum durch Aus- nähme von fünf neuen Straßen in den Arbeitsplan. Das von der Universitätsverwaltung vorliegende Ansuchen, die um die Uni- Versität und die neue Bibliothek liegenden Biirgersteige von den Arbeitern der städtischen Straßeureinigung säubern zu lasien, wurde abgelehnt. Buch soll die bisher vorgeuoimnene Reinigung der Bürgersteige an dem alten BibliothekSgebäude seitens der städtischen Slraßenreinigung eingestellt werden. Aach   dem Bericht der. Direktion ist die Frequenz der in Betrieb genommenen unter dem Straßenniveau gelegenen Bedürfnisanstalt an der Schloßbrücke eine stelig steigende. Ihre Rentabilität steht außer Frage. Der Bau einer gleichen Unter den Linden   an der Friedrichstraße ist vorgesehen. Ueber die Lage, Grundriß und Bau soll mit der Tiefbaudeputation in Verhandlung getreten werden. Ist mit derselben eine Verständigung nicht zu erzielen, was nach den gemachten Erfahrungen zu befürchten ist, soll in der Sache die Herbeiführung eines Magistratsbeschlusses au- gestrebt werden. Der Wunsch der Aufseher, ihnen an Stelle der Drillichhose eine leichte dunkle Sonnnerhofe zu liefern, wurde ab- gelehnt. Ein Konsortium verfolgt den Plan eines Bahnbaues von Erkner   nach Storkow  . Die Bahn soll das der Stadt gehörige zirka 30» Morgen große Gelände, das früher als Müllabladeplatz diente, berühren, wodurch eine erhebliche Steigerung des Wertes erzielt würde. Aus diesem Grunde erklärte sich die Deputation bereit, dem Konsortium zu den Kosten der Vorarbeiten eine Bei- steuer von 500 M. zu leisten. An die Hergabe ist Sie Bedingung geknüpft, daß in den Arbeitsausschuß ein Mitglied der Verwaltung zugezogen und ein Bahnhof in der Nähe Spreenhagens angelegt wird. Der nun seiner Vollendung entgegen- geführte Schiller-Park hat nur 20 000 Kubikmeter Müll bon dem Müllabladeplatz in der Miillerstraße absorbiert. 29i 000 Kubikmeter lagern noch auf dem Platz, die nunmehr für ein sehr akzeptables Angebot abgefahren und damit der Platz als Bau- land erschlossen werden soll. Die Angebote potenter Unternehmer weise» eine sehr große Differenz auf. Doch ist jeder Zweifel aus- geswlossen. daß der Mindestfordernde die Arbeit nicht in exakter Weise ausführen würde. Und der Mann will doch auch verdienen und verdient anÄ dabei, dafür hat er bei der Ausführung anderer städtischer Arbeiten den Beweis erbracht. Die erste Schneeperiode des Winters, die eine ziemlichwässerige" war, hat trotzdem 5700 Fuhren gekostet, die einen Aufwand von 13 490 M. erforderten. Durch die Benutzung der Kanalisation bei der Schneebeseitigung sind die Kosten dafür von 1,50 M., die früher aufgewendet wurden, aus 0,94 M. gesunken. Die Berhnndlungen der Stadtverordnetenversammlung über die Frage der städtischen Kinderfiirsorge und die im Anschluß daran gepflogenen Beratungen der AnSschußsitzung haben in der Oeffent- lichket erhebliches Aufsehen erregt und die Aufmerksamkeit breiter Schichten auf diese, das Allgemeinwohl lebhaft berührende Frage gelenkt. Von sachverständiger Seite ist das Vorgehen des Magi- strats, der für die Entsendung tuberkulöser und tuberkulosebedroh- ter Kinder nur beschränkte Mittel zur Verfügung stellen will, in der Tages- unid Fachpresse bekämpft worden. Auch der Volksheil- stättenverein vom Roten Kreuz, dessen Hohenlychener Kinderheil- stätten bisher den Hauptteil der kurbcdürftigen Kinder von der Stadtgemeinde Berlin   zugewiesen erhalten haben, hat nunmehr eine Denkschrift ausgearbeitet, die den Magistratsmitgliedern und sämtlichen Stadtverordneten zugestellt worden ist. Es wird darin ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die systematische Beteiligung der Gemeinden an der Tuberkulosebekämpfung ihren Haupt- angriffspunkt bei Kindern aus tuberkulösen Famttien findet. Wie die bürgerliche Press« schwindelt. Die Verbandsversammlung der Wahlvereine von Groß-Berlin hat bekanntlich am Sonntag mit 642 gegen 49 Stimme» beschloss'n, den Monatsbeitrag zum Wahlverein vom 1. Januar ab auf 40 Pf. für männliche und 20 Pf. für weibliche Mitglieder festzusetzen. Ueber diesen Beschluß läßt sich die.Rheinisch-Westfälische Zeitung" aus Berlin   folgendes telegraphieren: Der sozialdemokratische Verband der Wahlvereine für Groß- Berlin beschloß in einer außerordentlichen Generalversammlung, vom 1. Januar t9ll ab den Monalsbeitrag für männliche Mit- glieder auf 40 und für weibliche Mitglieder aus 20 Ps. zu erhöhen. Da der Beschluß mit ganz geringer Mehrheit zustande kam und von den Vertretern mehrerer Wahlvereine angekündigt wurde, daß sie diesen Beschluß nicht beachten würden, so dürfte es wegen dieser Beitragserhöhung zu lebhaften Auseinandersetzungen zwischen den Bereinen und der Bezirksleitung kommen. Die Gegnerschaft plant, eine Gegenversammliing einzuberufen, da eS unmöglich fei, bei der allgemeinen Preissteigerung auch noch er- höhte Beiträge zu leisten, zumal für Wahlzwecke Sondersamm- lungen veranstaltet werden sollen." In diesem Bericht ist so ziemlich alle« Schwindel. Unwahr ist, daß der Beschluß, die Beitragserhöhung betreffend, mitganz ge- ringer Mehrheit" zustande kam. unwahr ist. daß von Vertretern mehrerer Wahlvereine angekündigt wurde, den Beschluß nicht zu beachten, und geradezu unsinnig ist, daß die Gegner der Beitrags- erhöhung eine Gegen- Generalversammlung einberufen wollen. Die bürgerliche Presse kann eben nicht anders, als über unsere Bewegung nur lügenhaft berichten._ Die Geschäftszeit vvr Weihnachten. Nach einer Verordnung des Polizeipräsidenten gelten im Bereich des Landespolizeibczirks Berlin am silbernen und goldenen Sonntag sowie an den beiden Weihnachtstagen folgende Ausnahmen von der gewöhnlichen sonn- täglichen Geschäftszeit: An-den beiden letzten Sonntagen vor Weihnachten, tl. und l3. Dezember, ist die Beschäftigung von Gehilfen, Lehrlingen und Arbeitern im Handelsgewerbe in der Zeit von 8 bis 10 Uhr vor­mittags und von 12 bis 8 Uhr nachmittags gestattet, und zwar in Berlin  , Charlottenburg  , Rixdorf, Wilmersdorf  , Lichtenberg  , Box. hagen-Rummelsbnrg und Stralau. Für Schöneberg   ist die Vc- schäftigung entsprechend dem dortigen Ortsstatut von 39)4 Uhr vormittags und von 11)48 Uhr nachmittags gestattet. Im Handel mit Brennmaterialien, sowie in den Bank-, Wechsel- und Lotterie- geschäften ist jedoch nur die Beschäftigung wie an gewöhnlichen Sonntagen erlaubt. Der Verkauf von Backwaren, Fleisch und Wurst, der MileMjandel und der Betrieb der Vorkosthandlungen ist an den beiden Sonntagen schon von 5 Uhr, der Handel mit Roheis von 0 Uhr früh an zulässig. Am ersten Wcihnachtstage sind fol- gende Ausnahmen von dem allgemeinen, vollständigen Geschäfts- schluß gestattet: im Milchhandel ist der Geschäftsbetrieb von 510 Uhr vormittags und von 122 Uhr nachmittags(in Schöneberg  von 59)4 und von 11)42 Uhr) zulässig; im Handel mit Back- Konditor-, Konfitüren- und Fleischwarcn von 5 10 Uhr vor­mittags(in Schöneberg   von 6 9)5 Uhr vormittags), im Handel mit Kolonial- und Vorkostwaren, mit Bier, Wein und Zigarren von 810 Uhr vormittags(Schöneberg   von 7)2 9)4 Uhr), im Eis- gcschäft von 6 10 Uhr(Schöncüerg von 6 9)4 Uhr), in den Zeitungsspeditionen, auch in Schöneberg  , von 4 9 Uhr vormittags; im Blumenhandel von 9 10 Uhr vormittags und von 12 2 Uhr nachmittags(in Schöneberg   von 8)2 9)4 Uhr vormittags und von 122 Uhr nachmittags) zulässig. Am zweiten Weihnachtstage gelten die allgemeinen Vorschriften über die Sonntagsruhe im Handelsgewerbe wie an den gewöhnlichen Sonntagen. Das zweite Arbeiter-Jngendheim ist gestern in den Große Frankfurter Straße 126 belegenen Räumlichkeiten eröffnet worden. Die Wertzuwachssteuer, so lesen wir in derVossischcn Zei° tung", die am 7. März 1910 in Berlin   in Kraft getreten fft, sollte, wie von einzelnen Berichterstattern ebenso geflissentlich wie beharr- lich verbreitet wurde, vollkommen Fiasko gemacht haben. Es sei nicht daran zu denken, daß der etatsmäßige Ertrag einkommen werde. Der Magistrat hatte den Ertrag für das Verwaltungsjahr vom 1. April 1910 bis 31. März 1911 auf eine halbe Million vcr. anschlagt. Die Stadtverordnetenversammlung erhöhte den Etats- ansah auf eine volle Million. Tatsächlich entspricht der Ertrag bisher vollkommen dem Voranschlage des Haushalts. Eingegangen sind bis Ende November für Rechnung des Etatsjahres 1910 also die Eingänge für die Zeit vom 7. März bis 31. März 1910 nicht gerechnet 535 000 Mk.; ausgeschrieben sind bisher für 1910 bereits rund 900 000 Mk.; wenn nicht Ereignisse eintreten, die die EntWickelung ungünstig beeinflussen, beispielsweise das Eingreifen des Reiches, wird von der städtischen Finanzverwaltung, wie wir erfahren, mit Sicherhett angenommen, daß der Etotsansatz erreicht wird. Güterbeförderung auf dem Teltowkanal. Am 28. November hat die Menge der in diesem Kalenderjahre auf dem Teltowianal beförderten Güter eine Million Tonnen überschritten. Im Btonat November dieses Jahres wurden mehr als 128 000 Tonnen beför- dert; es ist dies die höchste Monatszahl seit der Inbetriebnahme des Kanals._ Ein städtischer Mcdizinalrat. Eine Subkommission der städtischen KrankenhauSdeputation von Berlin   hat beschlossen, dem Plenum der Deputation nachfolgenden Anttag für die Stadtverordnetenversammlung zu unterbreiten: Die Versammlung wolle beschließen, folgendes Ersuchen an den Magistrat zu richten: Die der Stadt auf dem Gebiete der Gesund- beilspflege obliegenden Verpflichtungen und die von ihr auf diesem Gebiete freiwillig übernommenen Aufgabe» haben in letzter Zeit einen derartigen Umfang und eine so erhebliche Bedeutung für den StadthanS- halt angenommen, daß es geboten erscheint, für den Magistrat neben den hochverdienten, im Ehrenamt tätigen Mitgliedern eine weitere, in allen einschlägigen Fragen hervorragend erfahrene Kraft zu ge- Winnen und ihm sür längere Zeit zu sichern. Die Versammlung ersucht daher den Magistrat um seine Zustimmung zur Schaffimg der Stellung eines besoldeten städtischen Mcdizinalrats mit dem Ge« halt technischer MagistralSmitglicder" Der Antrag ist hervorgegangen aus Beratungen der Kranken» hauSdeputation aus dem ablehnenden Verhalten des Magistrats gegen wiederholte Beschlüsse der Deputation. Ihm liegt der Ge- danke zu Grunde, daß im Magistrat die Wahrung der gesundbeit- lichen Interessen der Berliner   Bevölkerung bisher nicht in dem Maße erfolgt ist, wie man das allgemein wünschen muß. Bemerken wollen wir, daß die sozialdemokratische Fraktion seit vielen Jahren einen Medizinalstadtrat gefordert hat und daß in neuerer Zeit unsere Nachbarstadt Charlottenburg   auf diesem Gebiete voran' gegangen ist._ In der gestrigen Sitzung der Tiefban-Deputation wurde be- schlössen, von den Grundstückseigentümern in den an das Scheunen- viertel angrenzenden Straßen in Höhe von 75 Proz. des durch die Verbreiterung der Straßen entsteheirden Mehrwertes Beiträge nach I 9 des Kommunal-Abgabengesetzes zu erheben. Die Deputation beschloß ferner die Festsetzung einer neuen Fluchtlinie für die Nordseite der Neuen Königstraße und die Ver- vreiterung derselben auf 24 Meter den Gemeindebhörden vorzu. schlagen. In der Deputation wurde die Frage der Festsetzung von rsluchtlinien für die Privatstraße am Johanmstisch angeregt. Man war der Ansicht, daß für diesen lediglich Privatinteressenten die- nenden Weg die Festsetzung von Fluchtlinien weder erforderlich noch notwendig sei. Außerdem beschäftigte sich die Deputation mit dem Projekt einer Verbindung zwischen dem Viehhof auf der Südseite der Landsberger Allee   und der Erweiterung des Viehhofes auf der Nordseite der Landsberger Allee  . Das Kuratorium des städti» scheu Vieh- und Schlachthofes beabsichtigt unter der Landsberger Allee   neben der Ringeisenbahn eine Unterführung zwecks Verbin» dung des Viehhofes mit der Ertveitcrungsanlage herzustellen. Die Unterführung soll ein Gleis und eine daneben liegende Viehtrift enthalten. Das Gleis soll auch für die in der dortigen Gegend in Aussicht genommene Zentral-Markthalle als Verbindungsbahn dienen. Die Kosten sind auf 88 000 Mark veranschlagt. Die De» putation stimmte der Ausführung dieses Projektes zu. Die Depu- tation beschäftigte sich auch mit der Frage der Architektur der Hansabrücke und kam zu dem Beschluß, daß die Brücke in der von den Gemeindebehörden genehmigte» Weise mit dem BrückenhäuS- chen, wie es zurzeit als Architeltur-Modell auf dem Pfeilerausbau der Brücke steht, anSzuführcr'. Gesundheitspflege in der Fürsorgeerziehung. Die»Deutsche Gesellschaft für öffentliche Ge- sundheitSpflcge" verhandelte in ihrer letzten Sitzung, die sie gemeinsam mit demBerliner   Verein für Schul- gesundheitspflege" abhielt, über die Beziehungen der Ge- sundheitspflege zur Fürsorgeerziehung. Die Wichtigkeit der Frage nach dem Gesundheitszustand der Fürjorgezöglinge wird jetzt immer mehr auch von Fürsorgeerziehern begriffe», und selbst den ver- ranntesten Schwärmern für die Gcwaltpädagogik dürfte allmäh- lich die Erkenntnis aufgedämmert sein, daß der Erfolg der Für- sorgeerziehung denn doch nicht mit bloßer Anwendung des Knüppels oder der Arrestzelle und der Hungerkur erzwungen werden kann. Die Gesundheit vieler Fürsorgczöglinge, die Kürpergesundheit und oft auch die Gcistesgesundheit läßt so viel zu wünschen übrig, daß der Fürsorgeerziehung hieraus die Pflicht einer ganz besonders sorgsamen Behandlung erwächst. Ueber die geistig nicht normalen Fürsorgezög- linge, deren Zahl sehr erheblich ist, referierte Geh. Medizinalrat Prof. Dr. M 0 e l i, der Leiter der Berliner   Irrenanstalt Herzberge. Er zeigte die verschiedenen Abstufungen der teils ererbten, teils in der Kindheit durch äußere Einflüsse entstandenen Krankheits- erscheinungen, die hier vorkommen, von bloßer Verstimmung des Gemütslebens oder Minderwertigkeit der.-Intelligenz bis zu fast vollendetem Irrsinn. Gegenüber den meisten dieser Zöglinge könne der Erzieher trotz aller Mühe wenig erreichen, weil ihre starke Ueberempsindlichkeit gegen erzieherische Maßregeln und der immer wieder hervorbrechende Wunsch nach einer Aenderung ihrer Lage es überaus schwer mache, eine feste Ordnung aufrecht zu erhalten. Moeli betonte, daß hier nur eine früh einsetzende Fürsorge noch einigen Erfolg erwarten lasse. Es sei aber nötig, solche Zöglinge ständig durch den Arzt beaufsichtigen und behandeln zu lassen, und zu diesem Zweck sie in besonderen Heilanstalten oder mindestens in besonderen Abteilungen der Erziehungsanstalten unterzubringen. Pastor Seiffert. der Direktor der Provinzial-ErziehungS- anstalten in Strausberg  , erörterte die Frage der Körper» gesundheitspflege an Fürsorgezöglingen. Minder- wertig sei in der Regel auch die Körperbeschaffenheit der Zöglinge, weil die Mehrzahl aus armen und zerrütteten Familien komme. und den meisten seien die einfachsten Regeln der Hygiene völlig unbekannt. Seiffert suchte zu zeigen, wie mau eS mache, die Zög­linge auch in dieser Hinsicht zu bessern, sie an eine gesundheit» gemäße Lebensweise zu gewöhnen, sie möglichst zu auch körperlich widerstandsfähigen Menschen zu erziehen. Was er hierüber sagte, klang alles so schön und fast großartig, daß die von dem Herrn Pastor geleiteten oder beaufsichtigten Anstalten wie ein rechtes Jugendparadies erscheinen konnten. Er schilderte, wie da für die Kinder gesorgt werde, wie ihnen ein ausreichender Schlaf. eine stärkende Körperpflege, eine kräftigende Ernährung gewährt werde. Sehr hübsch machte sich sein Ausspruch, daß die Hausord- »ung die Zöglingeohne Schelten und Strafen gewöhnt", siesozusagen lautlos erzieht". Pastor Seiffert trug das alles in dem, wie man so sagt, zu Herzen   gehenden Ton vor, über den er ver- fügt. Nur einmal schlug er für einen kurzen Augenblick einen merklich anderen Ton an. das war an der Stelle, wo er mit den