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Nr. 169.

Grscheint täglich außer Montags. Breis pränumerando: Viertels jährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 mt, wöchentlich 28 Pfg. frei in's Haus. Einzelne Nummer 6 Pfg. Sonntags: Nummer mit illuftr. Sonntags- Beilage Neue Welt" 10 Pig. Post- Abonnement: 8,30 Mt.pro Quartal. Unter Kreuz band: Deutschland   u. Defterreich­Ungarn 2 Mt., für das übrige Ausland 3 Mt.pr.Monat. Eingetr. in der Post- Zeitungs- Preisliste für 1893 unter Nr. 6708."

Vorwärts

10. Jahrg.

Infertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Bfg., für Vereins- und Bersammlungs: Anzeigen 20 Pfg Inferate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr Nachmittags in Der Expedition abgegeben werden. Die Grvedition ist an Wochens tagen bis 7 Uhr Abends, an Sonn­und Fefttagen bis 9 Uhr Vor­mittags geöffnet.

Fernsprecher: Amt I, 4186. Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin Berliner  

Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Die Sozialdemokratie und die letzte Wahl.

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III.

Freitag, den 21. Juli 1893.

Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

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Unzufriedenheit abschafft, schafft auch die Sozialdemokratie Pfuschmittel, die auf die Beseitigung äußerlicher Folge ab. Die Schwierigkeit ist blos, es zu thun. Wer erscheinungen abzielen, statt die Ursache des Uebels zu feine Heilung zu bewirken vermögen, im aus dem Häckerling des Wenn und Aber Gold zu machen treffen- versucht, hat zwar stets einen beträchtlichen Vorrath an Gegentheil das Uebel verschlimmern,- das bedarf keines Stroh, jedoch Gold hat noch keiner gemacht. Und die Nachweises, das versteht sich für jeden denkfähigen Menschen Die Schlußfolgerung der kapitalistischen   Rosas und Gegner der Sozialdemokratie, welche die Unzufriedenheit ab- von selbst. Blaufärber, daß die deutsche Sozialdemokratie mit der schaffen wollen, können bis zum Ende der Tage ihr leeres Und ist etwa Aussicht vorhanden, daß die Verhält letzten Wahl ihren Höhepunkt erreicht"( Bennigsen'sche Stroh dreschen auch nicht eines Nickels werth an Gold nisse", daß die" Nothlage", welche die Unzufriedenheit". Originalfassung: überschritten") habe, stüßt sich auf die werden sie zu Tage fördern. Insofern freilich haben sie während der letzten Wahlzeit so kräftig förderte, nach Ver­Annahme, daß die legte Wahlbewegung unter außerordent- etwas gelernt, als sie jetzt einsehen, daß die Unzufriedenheit lauf von 3 oder 5 Jahren verschwunden sein wird? Bit­lich günstigen Bedingungen für uns sich vollzogen habe, die Amine der Sozialdemokratie ist, während sie früher stets geben wollen wir gern, daß, bei dem ungeregelten Schwanken und daß die Wiederkehr und das Zusammentreffen gleich das Sprüchlein herunterleierten, die Sozialdemokratie sei der wirthschaftlichen Verhältnisse, ein augenblicklicher Ge günstiger Bedingungen nicht zu erwarten sei. Jufolge der die Urheberin der Unzufriedenheit, welche zu demagogischen schäftsaufschwung, wenn nicht allgemein, doch wenigstens in wirthschaftlichen Nothlage, unpopulärer Geseze u. 1. w. Zwecken von ihr künstlich erzeugt worden. Judeß auch verschiedenen wichtigeren Geschäftsbranchen sehr wohl eintreten -jo wird ausgeführt habe eine allgemeine Unzufrieden mit der neuesten Weisheit ist es nicht weit her. Die Un tann; damit ist jedoch im wesentlichen nichts geändert. Ein heit geherrscht, die sich in sozialdemokratischen Wahlen ge- zufriedenheit, die uns zugestandenermaßen bei der letzten solcher Aufschwung kann nur einzelnen Bolfskreisen zu äußert habe; die Nothlage werde aufhören, und seien die Reichstagswahl vortreffliche Dienste geleistet hat, ist die gute kommen, und in diesen fast ausschließlich den staatserhaltenden Mächte klug, so würde diese Unzufrieden- naturnothwendige Folge von Verhältnissen, die weder vor- Kapitalisten, auf deren Freundschaft wir von heit, die den Nährboden der Sozialdemokratie bilde, sich übergehend noch zufällig sind, sondern in dem Wesen der herein verzichten, und-in Gestalt etwas höherer heben lassen, und damit werde der Sozialdemokratie die fapitalistischen Gesellschaft wurzeln, und mit deren Weiter Löhne den Arbeitern, die in Zeiten der Prosperität" ebenso Möglichkeit des Weiterwachsens und schließlich der Existenz entwickelung sich naturnothwendig so gestalten müssen, fest zur Sozialdemokratie stehen, wie in Zeiten der Krise daß sie immer mehr Unzufriedenheit er- und des Nothstands, und dann sogar größere Opfer für die genommen. Der Wunsch war hier wieder einmal der Vater des Ge- regen. Partei bringen können. Die kleinen Leute in Stadt und dankens. Zu Anfang der fiebziger Jahre sagte ein preußischer Land, deren wirthschaftlicher Untergang die Voraussetzung Daß die Unzufriedenheit uns sehr zu statten gekommen Minister bei Besprechung der Auswanderungsfrage: Man des Sieges der Sozialdemokratie ist, werden von den ist, das leugnen wir nicht. Und wenn unsere Gegner uns muß die Einwohner zufrieden und ihnen das Vaterland Schwankungen der Geschäftslage nur wenig berührt. Ob damit zu ärgern glauben, daß sie sagen, die Sozialdemo- angenehm machen, dann wandern sie nicht aus." Ebenso die Zeiten gut sind, ob die Zeiten schlecht sind: die Ber fratie sei ein Produkt der Unzufriedenheit, so irreu fie sich gut hätte Graf Eulenburg sagen können:" Daun   werden sie bröckelung und Aufsaugung des Kleinbetriebes durch den sehr. Mit diesem vermeintlichen Vorwurf spotten sie, ohne feine Sozialdemokraten." Großbetrieb, des Eigenthums der Kleinen durch das Groß­es zu wissen, thatsächlich nur ihrer selbst und ihrer sauberen Nun, an der Absicht der herrschenden Klaffen, die kapital geht unaufhaltsam voran. Kein Mittel, dies zu Und von der Sozialdemokratie Weltordnung. Aller Kulturfortschritt überall und alle Einwohner nach ihrer, d. h. der Machthaber Façon zu verhindern. ist das Produft der Unzufriedenheit" gewesen. frieden" zu machen, dürfen wir nicht zweifeln. Aber sind gesehen keine einzige Partei, mit einer Zufriedene Menschen führen ein Pflanzen- und Thierleben, die Leute zufrieden" geworden? Nein. Und warum nahme, welche die Grundursache nicht ableugnete, oder und denken an feine Verbesserung ihrer Lage. Unzufrieden nicht? Weil der heutige Staat außer stande ist, die Masse nicht sie geflissentlich zu verhüllen suchte. Sämmtliche auf dem heit ist der Hebel des Fortschritts, die Mutter der Kultur. der Menschen zufrieden zu machen. Boden des Kapitalismus sich bewegende Parteien: Konservative, Und die fapitalistische Gesellschaft setzt diesen Hebel ohne Die Bismarck  'sche Wirthschaftspolitik stellte sich die Doppel- Nationalliberale, Deutschfreisinnige beider Observanzen nebst Unterlaß und mit eiserner Hand in Bewegung. Könnte aufgabe: einerseits Millionäre zu züchten, anderseits die Mittel- volksparteilichem Schwänzchen und, last not least, auch das Jedermann in Deutschland   es, wie die Richter'sche Spar- schichten zu erhalten und die wirthschaftliche Lage der kleinen Zentrum sind einig im Vertuschen, wie sie im Pfuschen Agues, durch Fleiß und Sparsamkeit nach wenigen Leute in Stadt und Land zu verbessern. Die erste einig sind. Die erste einig sind. Sie geben den Nothstand zu, behaupten aber, Jahren zu einem kleinen Rapitälchen" und einer auskömm der beiden Aufgaben hat sie erfüllt, weil dieselbe der Natur er sei etwas rein Zufälliges und habe mit dem herrschenden lichen sorgenfreien Existenz bringen, und, falls er besonders des modernen Klassenstaats und den Gesetzen des kapita- wirthschaftlichen System nichts zu thun. viel Intelligenz und Thatkraft hat, ein König Stumm listischen Produktionssystems entspricht; die andere hat sie Die alleinige Ausnahme sind die Antisemiten. Einerlei werden oder ein Landmagnat à la Frege, dann gäbe es nicht erfüllt, weil dieselbe mit dem Wesen des Klassenstaats was ihre Triebfedern sind, sie haben es ausgesprochen, daß das sicherlich keine soziale Frage und keine Sozialdemokratie. und des kapitalistischen   Produktionssystems im Widerspruch. Großkapital der Würger des kleinen Mannes ist. Aber da liegt der Hase im Pfeffer. Der Arbeitsamste Dagegen ist durch die planmäßige Büchtung von Millionären wurden durch ihre agitatorische Praxis belehrt, daß mit der und Gescheidteste bleibt heute ein armer Teufel, wenn er die ökonomische Vernichtung der Mittelschichten, wie der einfachen Judenhat keine Geschäfte zu machen sind. Außer tein Kapital ererbt oder ergaunert hat( denn mit ehrlicher Kapitalismus fie mit sich bringt, noch beschleunigt im Hessischen und einigen anderen Landstrichen kann auch eigener Arbeit wird keiner Kapitalist, wie der öster- worden. Millionäre hat die Bismarck  'sche Wirthschafts- der verlogenfte und eisenstirnigste Demagoge die Juden reichische Justizminister vor einigen Jahren gesagt hat); politik zu Tausenden gezüchtet; gerettet auch nicht einen nicht mit dem Niedergang des Bauern- und Handwerker­und umgekehrt kann Jeder, dem eine gütige Fee ein fettes Kleinbauern und Kleinbürger( Handwerker, Krämer), wohl standes in Zusammenhang bringen. So mußte Kapital in die Wiege gelegt hat, ein König Stumm oder aber den Hunderttausenden, die normal zu Grunde gehen der ölige Stöcker, der durch die Judenhatz den gerechten Ritterguts Frege werden, und sei er der elendeste Tropf mußten, noch etliche Zehntausende hinzugefügt. Volkszorn von seinen Gönnern  , den Land- und Schlotjunkeri und Faulpelz. Von dem Fiasko der sog. Sozialreform und der ablenken wollte, seinen konsequenteren und aufrichtigeren Allein richtig ist: wenn es keine Unzufriedenheit gäbe, sonstigen Kurpfuschereien zur Beglückung des Arbeiters und Kumpanen das Feld Das Hepp Hepp gäbe es keine Sozialdemokratie, und der Pfiffikus, der die kleinen Mannes brauchen wir hier nicht zu reden. Daß gilt heute schon den Juden und Junkern, und die

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zeichnet zu finden. Aber man mußte in diesem Falle nehme Verwaltungsräthe, das war sicher nur eine Bagatelle wohl glauben, daß das Gold die Dunkelheit liebte, denn zu nennen. von diesen Unbekannten hatten sich einige mit drei- Fast zu gleicher Zeit sah man riesige Anschläge sich hunderttausend Franks, andere mit fünfzehntausend über ganze Mauern in der Stadt ausbreiten. Frauts eingezeichnet. Wenn man die Adressen aufgesucht

Die Bekehrung André Savenay's. hätte, die sie hinter ihren Namen angegeben, so wäre man

Sozialistischer Roma u

von Georges Renard.

Autorisirte Uebersetzung von Marie Kunert  . Zweiter Theil.

7. Rapitel.

Wie es zuging, daß die Familie Savenay   mit einem Male ruinirt war? Mein Gott, auf die einfachste, gewöhn lichste, alltäglichste Art.

Phosphate aus den Cordilleren. Gesellschaft mit 40 Millionen Kapital. überrascht gewesen, im vierten Stock eines mehr als ein- Und darunter leuchteten grell in rothen, halbfußlangen fachen Hauses in einem abgelegenen Stadttheil hier einen Buchstaben die Namen der ehrenwerthen Verwaltungs­kleinen Beamten mit höchstens 3000 Frants Einkommen, räthe. Danach stießen die Zeitungen regelmäßig etwa dort einen Verkäufer aus einem großen Geschäft, der seine einen Tag um den andern in die Reklametrompete, zweihundert Frants im Monat bekam, zu finden. Alles D diese Phosphate! Welche reiche Ernte sollte arme Teufel, welche der mächtige Wille des Herrn Baron aus ihnen erblühen! Welch unerschöpfliches Re­und eine kleine Gratifitation in Gelegenheitsmillionäre und servoir immer neuen pflanzlichen Lebens! Die ganze Subskribenten verwandelt hatte! Erde konnte man mit ihnen fruchtbar machen! Ganze Das that aber nichts! 20,000 Aftien, jede zu 500 Gebirge waren von diesem edlen Stoffe vorhanden! Dann Frants, waren unter zweihundert Personen glücklich ver- folgten chemische Analysen, Beschreibungen des Landes, Ein bedeutender Finanzmann, der Baron von Türk- theilt. Ein Viertel des Kapitals, sagen wir sechs Millionen, Berichte südamerikanischer Fugenieure, feffelude Details waren, wie das Gesetz es vorschreibt, auf einer Bank de über die begonnenen Arbeiten, enthusiastische Artikel über heim, hatte die Idee gehabt, ein großes Unternehmen zu ponirt. Eine notarielle Aufnahme hatte den Abschluß der den sicher zu erwartenden, ungeheuren Profit. Die Aktien begründen. Es sollte wirklich etwas Großartiges, Außer- nothwendigen Formalitäten bescheinigt. stiegen an der Börse von Tag zu Tag. Mau wußte, daß gewöhnliches sein. Man hatte damals in den Kordilleren die Gesellschaft am Schluß des ersten Jahres eine große Phosphatlager entdeckt. Nun ist das Phosphat ein wunder- Dann waren die zweihundert Aktionäre, oder richtiger Dividende vertheilt hatte. Fünfunddreißig Franks Gewinn bares Düngemittel, und es wäre geradezu Wahnsinn, wenn nur fünfzig von ihnen, welche die Uebrigen vertraten, in auf 125 Frants! Das Geld hatte hier also 30 pCt. gebracht. man diesen natürlichen Schatz unbenutzt liegen ließ. Nur einem feinen Restaurant zusammengekommen und hatten, Besser konnte man es nicht unterbringen. rajch! Jetzt galt es, die köstlichen Schätze auszubeuten und nachdem sie sich durch Wein gehörig gestärkt, einen Ver- Auch gab es auf die Aktien Prämien von 200 Fr. die Welt mit ihnen zu überfluthen. Eine anonyme Gesell- waltungsrath auf die Dauer von drei Jahren ernannt. Das war der Moment, in dem Herr Bressucre, der Bankier schaft hatte sich im Oktober 1885 hierzu mit einem Rapital Sie, die selbst mannigfach dekorirt waren, dienten wieder der Frau Savenay  , in dessen Händen sich ihr ganzes Ver­von 40 Millionen konstituirt. Ein Dugend Freunde etwa, trefflich zur Dekoration des Unternehmens! Da waren mögen eine Million ungefähr befand, dem Baron Bantiers, Börseaner und bekannte, gutfituirte Leute zumeist, Offiziere der Ehrenlegion, ehemalige Stadträthe, Senatoren von Türkheim   begegnete. Er bewunderte den Baron, dem hatten die ersten sechs Millionen gestellt. Wenn man jedoch und Abgeordnete, ein General a. D., ein Herzog von altem er zu Dank verpflichtet war. Er spielte an der Börse, und auf die Liste der übrigen Gründer einen Blick geworfen Adel und selbstverständlich einige Finanzgrößen. Unter dank den Rathschlägen des Herrn Baron hatte er mehr hätte, so würde man sicher erstaunt gewesen sein, nur eine ihnen war auch der Baron, ebenso Herr Bernaud, Alfred's als einen guten Roup gemacht. Menge ganz unbekannter, obsturer Namen auf ihr ver- Bater. Hunderttausend Franks jährlich für zehn so vor Fischlein hinter einem Haifisch herschwimmt und dabei

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Es war, wie wenn ein