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an sie steuern und zwar nimmt sie von jedem mehrere Mark monat- lidj." �Schallende Heilerkeit.) Ztun weiter, nodlssss odligs:.von diesem Gelde leben die Parteisekretäre und Agitatoren, und wahrscheinlich ganz angenehm". DnS ent­blödet sich nicht, Männer unS entgegenzuwerfen, deren ganze Politik im Zeichen des großen Portemonn aieS steht, deren ganze Politik darauf gerichtet ist, die Reichen noch reicher, die Armen noch ärmer zu machen.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Das sind die Freunde des Herrn Abg. Gans E d l e r z u P u t l i tz, und die Herren klagen über Roheit, Lügen, kulturwidriges Agitieren der Sozialdemokratie.(Sehr gut I bei den Sozialdemokraten.) Hier ist noch ein konservatives Flugblatt, das durch seinen ganzen Stil geradezu ein Blitzlicht auf die sozialen Berhältuisse in jenem Kreise wirft. Da heißt es:.Wer sorgt und müht sich ab, um Euch und Euren Familien das notwendige Stück Brot zu verdienen? Euer Herr!(Schallende Heiterkeit.) Wer kleistert für Euch, daß Ihr im Alter etwas habt? Nicht der Herr Wagner und nicht der Herr Linde aus Königsberg , sondern tirarr Herr!"(Erneute Heiterkeit.) Und zuni Schluß heißt es:.Eures Herrn Brot ist Euer Brot I" (Erneute stünnische Heiterkeit.) DaS ist ein Flugblatt, mit welchem die Konservativen glauben, Tausende von Wählern zu gewinnen. Spricht daraus nicht der Geist des Feudalismus in nacktester Form zu uns l Haben wir nicht ein Stück Mittelalter vor unseren Augen, wo es heißt: Wir sind die Herren, Ihr seid die Knechte. Wenn dann ein sozialdemokratischer Agitator den Arbeitern sagt, sie sollen vergleichen, was sie durch ihre Arbeit gewinnen, mit dem Leben der Herren, und was für ein ungerechtes System es ist, in welchem sie als Knechte behandelt werden, so werden Sie begreifen, daß diese Leute nicht wieder für Sie zu gewinnen sind. Der Ausfall der Wahl in Labiau -Wehlau wie überhaupt die Nachwahlen sind überaus wert- volle Zeichen der Zeit. Sie künden an den Znsammenbrnch drs Fundaments, auf dem Ihre Macht in Preußen beruht. Sie zeigen, daß die Massen sich der Beeinflussung durch den Terror entziehen. Einzelne wagen ja nicht, gegen den Stachel zu löten: wenn sie aber sehen, daß Massen gegen ihre Herren marschieren. dann schließe» sich Massen an. Wenn dwse Massen aufwachen und zum Bewußtsein kommen, dann können Sie(nach rechts) einpacken. Ohne diese unaufgeklärten Massen sind Sie nichts. Denn mit Ihrer Intelligenz und Leistungsfähigkeit werden Sie in Preußen-Deutschland keinen Einfluß erlangen.(Lebhafte Zu- stimmung bei den Sozialdemokraten.) Herr v. B e t h m a n n H o l l w e g spricht jedesmal, wenn eine Kundgebung gegen ihn erfolgt, in verächtlichem Ton von der M a s s e. Wenn er sich dagegen auf etwas zu seinen Gunsten bezieht, dann spricht er von der Nation.(Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.) Welches Recht hat der Reichskanzler, im Namen der Nation zu sprechen? Die Nation hat ihn nicht an seine Stelle gesetzt, sondern die Person, die er als seinen Herrn bezeichnet. Niemand aber kann zween Herren dienen. Ist es richtig, daß er die Befehle semeS Herrn anerkennt, so kann er sich nicht als Mandatar der Ration hinstellen. Wenn ein englischer Ministerpräsident im Namen der Nation spricht, so hat er ein Recht dazu, denn die Nation hat ihn mit ihrer Mehrheit ein Mandat dazu gegeben, aber Bureaukraten, die von der Gnade oder Ungnade eines Herrn an ihren Platz und wieder wegkommen, haben das Recht nicht. Der Reichstag in seiner Gesamtheit kann im Namen des deutschen Polles sprechen. Die Regierung hat dem Parlament zu dienen, weil daS Parlament in sich die Mandate der Nation vereinigt. Meint die Regierung, daß die Mehrheit des Parlaments nicht mehr die Mehrheit des Volkes darstellt, dann hat sie daS Recht und die Pflicht, das Parlament nach Hause zu schicken und dieNation von neuem zu befragen. Die Masse, das Volk m seiner Gesamtheit kann natürlich nicht selbst die Exekutive sein. Die Masse ist selbstverständlich genötigt, sich repräsentieren zu lassen. Dadurch erscheint eine Auslese von Intelligenz als Mandatare der Masse im Parlament. Daß der Reichskanzler über den Parteien steht, glaubt vielleicht außer ihm gewiß kein Mensch. Seine Taten und seine Reden zeigen, daß er ein Gefangencr des schwarzblanen Blocks ist, der Ritter und Heiligen. (Zustimmung links. Lochen rechts und in der Mitte.) Es muß ja den Konservativen wehe tun, es ist ihnen immer noch etwas genant, Verbündete des Zentrums zu sein, und ebenso dem Reichskanzler, aber(zum Zentrum) das müssen Sie ihm austreiben.(Große Heilerkeit.) Was er ist, soll er auch scheinen, und wenn Herr Erzberger gestern gesagt hat, daß mau in der Politik auch feste Preise haben muß: Sie vom Zentrum haben doch auch feste Preise und haben gewiß auch schon Ihren Preis kuraut beim Reichskanzler abgegeben. (Heiterkeit und Sehr gut I links.) Wir können Sie nicht schonen, denn S t e ziehen die Religion in den politischen Kampf hinein. (Lebhafte Justin, mung links.) Wir könnten Ihnen mit Bergen von Material beweisen, wie Geistliche von der Kanzel herab, im B e i ch t st u h l agitieren.(Widerspruch im Zentruni.) In meinem Wahlkreise hat man auf diese Weise Abonnenten für katholische Blätter geworben. Sehr amüsant ist die in den Zentrums« blättern geführte Diskussion, ob das Zentrum eine konfessionelle Partei sei. Natürlich ist davon gar keine Rede.(Heiterkeit links.) Deshalb hat wohl auch Graf Oppersdorfs vor wenigen Tagen eine Broschüre geschrieben, worin der Aufnahme des Prof. Spahn in die Zentrumsfraklion damit widersprochen war, iveil Spahn Bestrebungen unterstütze, die darauf abzielen, das Zentrum zu entklerikalisiereir. Wenn man keine konfessionelle Partei ist, wie kann man denn da ent- klerikalisiert werden?(Große Heiterkeit links.) Sie haben wohl auch in dem PreiSkuraut, den Sie dem Reichskanzler Vorgelegt haben, die Aufhebung des Jesuitengesetzes, wofür Sie wahrscheinlich eine Gegenleistung bieten wollen. Sie wissen, daß ivir zu jeder Zeit mit Ihnen gegen Ausnahmegesetze für die Katholiken gekämpft haben. Man sollte daher erwarte», daß auch Sic jedes Ausnahmegesetz gegen eine politische Partei. gegen die Sozialdemokratie ablehnen. Nun weiß man ja. daß Sie beim Sozialistengesetz durch Abkommnndicriingen für seine Verlängerung gesorgt haben. Nun erscheinen wieder Aus- nahmegesetze am Horizont, aber in der langen Rede, in der Herr Erzberger gestern über so vieles gesprochen hat, hat er kern Wort über die Stellungnahme des Zentrums zu den Ankündigungen des Herrn Bethmann Hollweg über Verschärfungen des �traf- gesetzeS gesprochen.(Hört! hört I links.)...,-, Das Zentrum ist der ausschlaggebende Faktor m diesem Hause. Sollte es so sein, daß Sie bei dieser Sache ein Handelsgeschäft machen wollten: Jesuitengesctz weg, dafür sind wir bereit, die dortigen Wünsche zu erfüllen so würde das auch dazu beitragen, den letzten freiheitlichen Schimmer, den Sie vielleicht noch bei Leuten haben, die den reaktionären Kern Ihrer Partei nicht kennen. Ihnen zu nehmen.(Lebhaste Zustimmung links.) Herr Erzberger hat erklärt, es sei durchaus unwahr, daß die Zentrmnspartei oder der ihr entsprechende Teil der Kirche irgendwie die Gewissens-, Geistes» und Forschungsfreiheit einschränke. Nun. Herr Erzberger hat ja hier dein Kriegsminister die Borteile der geistlichen Exerzitien für Rekruten vorgeführt. (Abg. Erzberger: Das geht Sie gar nicht« an. Große Unruhe links.) Wenn Sie das vortragen, geht das mich an und daS ganze Haus.(Sehr wahr! links.) Erst sagen Sie, es sind inner- katholische Angelegenheiten.(Zuruf links.) Wenn es Ihnen paßt. Dann tragen Sie es dem Kriegsminister vor. Und schließlich sagen Sie anderen Parteien, das geht Sie doch gar nichts an. Nach einer Mitteilung der deutsch -evangelischen Korrespondenz schreibt eine in Koblenz erscheinende, sich selbst als katholisch- politisch be- zeichnende Zeitschrift.(Zurufe auS dem Zentrum.) DaS ist Ihnen nicht augenehm, aber ich kann es Ihnen nicht ersparen.(Große Heiterkeit.)In katholischen Kreisen wird häufig Stimmung und Propaganda für Exerzitien aller Art ge- macht, für Väter, Mütter, Söhne und Töchter, Gastwirte und Handwerker usw., nur von einer Art Exerzitien wird nicht gesprochen, die sehr, sehr notwendig wäre, nämlich von Exerzitien für Abgeordnete. (Große Heiterkeit links. Zahlreiche Rufe: Erzberger , Erz« berger, Exerzitien für Bescheidenheit, Herr Erzberger 1) Damit ihnen die Moralgrundsätze, nach denen sie im Parlament zu handeln haben, klargestellt werden, und Exerzitien für Beamte, in denen diese daraufhin- gewiesen werden, daß sie unter keinen Umständen ungerechte Gesetze durchführen dürfen.(Hört! hörtl linls.) Durch diese Art von Exerzitien käme auch sofort der enge Zusammenhang zwischen Politik und Moral ans Licht, und man würde leicht erkennen, daß die Politik katholischer Abgeordneter im Einklang st e h e n m u ß mit d e r k a t h o l i s ch e n W e l t a n s ch a u u ir g." Weiter heißt es darin, daß diese Volksvertreter auch die Pflicht haben, für die Rückgabe der der Kirche einmal weggenommenen Güter einzutreten. Und dieses Blatt bringt weiter folgendes Zitat über die Bedeutung der Exerzitien aus dem Statut des Ordens Jesu, Rom 1870:Unter gänzlicher Beseitigung des eigenen Urteils muß der Geist stets bereitgehalten werden, die katholischen Kirchenlehren zu befolgen. Wenn unserem Auge etwas weiß erscheint, was die Kirche als schwarz definiert hat, ist daS gleichfalls als schwarz zu erklären." (Stürmische Heiterkeit links.) Nach solchen Kostproben für ihren Geist begreife ich, daß sich Herr Bethmann Hollweg geniert, vor dem ganzen Reiche als Zentrumskanzlcr dazustehen. Jetzt, wo er zum Doktor der Philosophie ernannt ist, kann doch niemand daran zweifeln, daß er ein Philosoph ist.(Große Heiterkeit.) In seinem Dankschreiben an die Universität Berlin hat er erklärt, daß er sich sehr geehrt fühle und in diesem Sinne eintreten werde(Heiterkeit) für eine starke, stolze, freie Kultur. (Hört! hörtl links.) Nun soll der Mann mit der Fahne, auf der eine stolze, starke, freie Kultur prangt, geschmückt mit dem philo- sophischen Doktorhut vor der Zentrumsfraltion herziehen.(Erneute Heiterkeit.) Um vor oller Welt zu beweisen, daß er nicht abhängig von Hehdebrand, Oldenburg und deren Freunden ist, hat der Kanzler hier neulich energisch dem Hehdebrand eine Absage er- teilt. Man war ja im erste» Moment erst erstaunt, aber nachher rasch wieder geheilt. Ich persönlich bin fest überzeugt, daß der Wortlaut dieser Absage vorher zwischen Heydebraud und dem Reichskanzler vereinbart war(Schallende Heiterkeit links. Bewegung) und ich schließe das daraus, daß die von dem Reichskanzler nachher gebrauchten Wendungen fast identisw sind mit den Erklärungen des Herrn von Heydebrand auf dem konservativen �Parteitag für Pommern zu Stettin wenige Tage vorher abgegeben hat.(Hört I hört! links.) Die Ab- sage war notwendig. Man muß doch daS Gesicht wahren, ins­besondere dann, wenn man etwas macben will, was man nur schwer vor dem Volke verantworten könnte. Herr v. Heydebrand hat in Stettin gesagt, wir wollen leine Ausnahmegesetze. Was wir wollen, sind nur Lerschärfungen des gemeinen Rechts. Und Herr v. Bethmann Hollweg sagt: Ich schlage Ihnen keine Ausnahmegesetze vor, was die Regierung ins Auge gefaßt hat, sind nur Berschärsuilgrn deS gemeinen Recht«.(Stürm. Hört 1 hört 1 links.) Das ist eine verblüffende Geistesgemeinschaft. Ich habe mich wirklich gewundert, daß sich die Liberalen täuschen lassen. Man sagt, wir wollen keine Ausnahmegesetze und fährt fort, indem man diese Ausnahmegesetze ankündigt. Kein Mensch mit gesundem Verstände kann in den angekündigten Verschärfungen des gemeinen Rechts etwas anderes als Ausnahmegesetze sehen. Und ich schätze auch die Intelligenz deS Reichskanzlers so hoch ein, daß auch er das be­greift. Er verlangt Verschärfungen des Strafgesetzes für Auf- wiegelung und für Verherrlichung begangener Verbrechen. Wer glaubt, daß solche Strafbestimmungen jemals gegen Freunde der Regierung angewendet werden wurden? Aller Welt ist klar, daß diese Herren fortwährend aufwiegeln. Haben Sie nicht in der.Kreuzzeitung", imReichsboten� zum Staatsstreich aufgewiegelt, zum Verfoffungsbruch? Ist das keine Aufwiegelung zum Verbrechen und verherrlicht man dabei nicht vergangene Slaatsreiche? Meinen Sie, daß die Strafgesetzverschärfunge» gegen diese Vergehen gemeint sind?(Lochen links.) Nur wer daS glaubt, kann der Meinung sein, daß das keine Ausnahmegesetze gegen die politische Opposition und namentlich die Sozialdemokratie sein sollen. Ist nicht von dieser Stelle aus die Verletzung des Duellparagraphen, also ein Vergehen oder gar Verbrecken zum mindesten nicht verurteilt sondeni toleriert worden?(Znruf bei den Sozialdemokraten: Für notwendig erklärt.) Will man auch die Hochschullehrer treffe», die sich vor aller Welt mit der Pistole bedrohen. Nein es soll zweierlei Recht geschaffen werden. Wir haben hier oftmals Fälle von Klassenjustiz vorgeführt. Aber wir haben hier erklärt, daß die Richter sich dessen nicht bewußt sind, sondern daß sie den Dingen fremd sind, und aus einem Milieu stammen, wo sie die Dinge, über die sie zu urteilen baden, verzerrt sehen. Wir haben das psychologisch erklärt. Aber waS Sie hier schaffen wollen, ist Sanktionierung der Klassenjustiz. Sie wollen die Justiz zu einer Dirne der jeweiligen politischen Macht herabwürdigen. (Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Weiter verlangt der Reichskanzler Sckutz der persönlichen Freiheit und Selbstbestimmung, d. h. auf deutsch ein Arbeitswilligcngesetz, ein Ausnahmegesetz gegen die Arbeiter, die im Kampfe um bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen und gegen Verschlechterung ihrer Arbeitslöhne sich des Mittels der gegenseitigen Verständigung, des StreilpostenstehenS usw. bedienen.(Sehr wahr I bei den Sozial- demokraten.) Ein nationalliberales Blatt, die.Münchener Neuesten Nachrichten " vom vorigen Donnerstag, weist mit Recht daraus hin, daß nicht nur die Arbeiter, sondern auch die Angehörigen jeder anderen Gesellschaftsklasse sich der Mittel de« Boykotts usw. bedienen. Die« Blatt weist auch daraus hin, daß unter den Arbeitswilligen mehr und mehr h ö ch st u n- erfreuliche Elemente hervortreten, die in normalen Zeiten keine Arbeit finden, weil sie wenig leisten oder aber von Ort zu Ort ziehen, weil sie sittlich bemakelt sind. AuS diesen Menschen rekrutieren hauptsächlich gewisse Agenturen ihre Kolonnen von Arbeitswilligen, die sie, natürlich gegen hohe Bezahlung, überall hin- schicken, wo ein Streik ausgebrochen ist. Meist ist der Arbeitgeber froh, sie nachher mit guterManier wieder loszuwerden, denn ihm liegt weniger an der Arbeit, als an gewerbsmäßigem Streikbruch. Sie sind mit Knüppeln ausgerüstet und im Moabiter Prozeß hat sich auch wieder gezeigt, daß diese Arbeitswilligen mindestens ebenso gehauen haben, wie die Streikenden und zwar nicht nur in der Verteidigung, sondern auch im Angriff. Bezeichnend ist auch die Tatsache, daß alle wirklich großen Arbeitökämpfe in Deutschland sich in vollster Ruhe und Ordnung abspielen. Angesichts dieser Tatsachen will der Reichskanzler ent- sprechend den Einbläsereien der Scharfmacher mit einem neuen Arbeitswilligen- Gesetz, einer neuen Zuchthaus - vorläge kommen.(Zuruf bei den Sozialdemokraten: Lex H i n tz e I) Dafür,. daß bei großen Arbeitskämpfen die Sache meist ruhig abläuft, haben wir auch daS Zeugnis des G r a f e n P o f a d o w S k y, der am 1. Februar ISOS gelegentlich des großen BergarbeiteraiisstandeS in Westfalen , als in der scharf- macherischen Presse auch die Arbeiter wieder bezichtigt wurden, zu Ungesetzlichkeiten gegriffen zu haben, erklärte: Ich kann nicht umhin, den Arbeitern dort das Anerkenntnis zu er­teilen, daß dieser Streik bisher in aller Ruhe und Gesetzmäßigkeit verlausen ist. Ich habe aus dem Munde des Herrn preußischen Handelsministers selbst ge- hört, daß die Behauptung, es hätte ein Ausschreiten gegen Arbeits- willige stattgefunden, entweder vollkommen aus der Luft gegriffen ist, oder daß es sich nur um ganz gewöhnliche Vor- gänge handelt, die beim Zusammensein großer Arbeilermassen fast täglich vorkommen, und die nun von einer gewissen Presse aus- gebauscht sind.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Aber Herr B u e ck und seine Freunde, Herr G a m p, die Vertreter der Schwer- industrie, haben vor wenigen Tagen im Hotel Adlon eine Resolution gefaßt, worin sie die Regierung zu den schärfsten Maßnahmen zum Schutze der Arbeitswilligen auffordern, und der Reichskanzler ist der Gefangene dieser Herrschafte«. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Der Reichskanzler bedenkt wohl auch gar nicht, daß ein solches Gesetz nicht nur die freien Gewerkschaften treffen würde, sondern ebenso die Christlichen und Hirsch-Dunckerschen. Das wird zur Ausklärung dieser Leute beitragen und sie von der Notwendigkeit überzeugen, daß die Arbeiter auch politische Macht bekonimen. Wenn Sie behaupten, es wäre kein Ausnahmegesetz gegen die Arbeiter ge- plant, so frage ich Sie: Wollen Sie auch diejenigen Arbeits- willigen schützen, die von Arbeitgebern zu Tausenden ausgesperrtwerden?(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Wollen Sie auch die Leute schützen, die aus die schwarzen Listen gesetzt werden? Wollen Sie etwa auch den JunkerterroriS» m ii s dadurch treffen? Das glaube ich kaum. Herr v. H e y d e- b r a n d hat in Stettin gesagt, man müsse sich schützen gegen den sozialdemokratischen Terrorismus, der die freie Meinungsäußerung auch bei den Wahlen unterdrücke.(Heiterkeit bei den Sozialdemo- kraten.) Das sagt ausgerechnet ein Führer der konservativen Partei. Da ist mir ein vertrauliches Rundschreiben des Vorsitzenden des konservativen Wahlvereins im Wahlkreise deS Herrn v. Heydebrand in die Hand ge- fallen, in dem vor allem empfohlen wird, denBrcS- lauer Generalanzeiger" zu boykottieren,(Hört! hörtl links) und worin weiter die Bitte ausgesprochen wird, daß alle Gasthäuser, in denen sozialdemokratische Bersamm- lungen stattfinden, unter keinen Umständen mehr besucht werden. (Hört I hört I bei den Sozialdemokraten.) Der Vorsitzende des kon- servativen Wahlvereins bittet, ihm auch die Namen solcher Ga st Häuser mitzuteilen.(Hört! hört I bei den Sozialdemokraten.) Also wenn Herr v. Heydebrand die Insassen seines eigenen Wahl- kreiseS schützen wollte vor TerroriSmus, vor wirtschaftlicher Be- drückung, wenn er ihre freie politische Gesinnung sicher stellen will. dann sollte er doch einmal mit dem Vorsitzenden dieses konservativen WahlvereinS ein ernstes Wort reden.(Sehr gut I bei den Sozialdemokraten.) Und weshalb wehren sich denn die Konservativen so sehr dagegen, daß in Preußen die öffentliche Wahl beseitigt wird, damit es ihnen ermöglicht wird, jeden, der sich in Prenßen miß- liebig gegen sie macht, der gegen sie stimmt, wirtschaftlich und gesell- fchaftlich zu boykottieren. (Sehr'wahr I bei den Sozialdemokraten.) Sie sind ausPrinzip Terroristen, und da beschweren Sie sich über die Sozial- demokratie. Wenn Sie glauben, daß von der Sozialdemokratie TerrorismuZ ausgeübt werde, so sichern Sie doch daS Wahlgeheimnis in Preußen und im Reiche.(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Dieselbe Aufforderung möchte ich auch an das Zentrum richten, die Herren können ja jetzt Forde- rungen stellen, feste Preise.(Heiterkeit.) Ich erinnere Sie an Jb»<n früheren Antrag auf Sicherung des Wahlgeheimnisses, den scheine». Sie ganz vergessen zu haben.(Sehr gut! bei den Sozialdcmolraten.) Auch die N a t i o n a l l i b e r o l e n haben einen ähnlichen Antrag früher eingebracht. Sorgen Sie dafür, daß die nächsten Wahlen bereits unter einem geschützten Wahlgeheimnis stattfinden. Die Frage ist aktuell, und Sie haben die Pflicht, dafür zu sorgen, daß Ihr Antrag jetzt Gesetz wird.(Sehr gut! bei den Sozialdemokrat.) Dann verlangte der Reichskanzler beschleunigtes Bcrfahren bei Bergeheu gegen die öffentliche Ordnung, das ist, kurz gesagt, ein Standrecht gegen die Arbeiter bei Vergehen, die im Zusammenhang mit Streiks und Aussperrungen stehen. Ein Standrecht, das natürlich nur gegen Sozialdemokraten zur Anwendung kommen soll und nicht etwa gegen Korps- brüder des Herrn v. Bethmann Hollweg und deS Kaisers, gegen die Bonner Borussen.(Sehr gut! bei den Sozial- demokraten.) Dies beschleuniate Verfahren ist dann gerechtfertigt worden durch den Hinweis auf den Moabitcr Krnwnllprozeß. DaS beschleunigte Verfahren bedeutet gar nichts anderes, als daß das Urteil, WaS als fertiges Urteil bei den ersten Nach- richten in der konservativen und sonstigen arbeiterfeindlichen Presse geschöpft wird, möglichst bald vom Gericht gefällt werden soll. Ein solches Urteil wird gebildet auf Grund der Nachrichten einer feilen Presse, die im engen Zusammenhange steht mit der Polizei, und die Be- richte, die aus Polizeibureaus stammen, ihren Lesern vorsetzt, ohne daS zu sagen und damit den Eindruck erweckt, als seien eS Berichte objektiver Zuschauer. Im Moabiter Prozeß haben die Verteidiger verlangt, daß die Polizeibeamten vernommen würden da» rüber. daß von der Polizei Berichte an die Presse gegeben werden. Der Polizeipräsident ha» seinen Beamten die Geiichmigimg zur AuS- sage hierüber verweigert.(Zurufe bei den Sozialdeinolraten: Er weiß warum? Das ist das böse Gewissen!) Die Leser dieser Blätter hätten ja stutzig werden müssen, als das Ereignis mit den vier englischen Journalisten kam. Da mußte doch jeder denkende Mensch, auch wenn er nur auS der Polizei­presse, nur aus demLokal- Anzeiger"(Sehr gut l bei den Sozialdemokraten) informiert war. sich sagen: wie kann denn so etwas vorkommen. Aber gewisse Leute sind auch dadurch nicht stutzig geworden, und wenn es an sich schon nicht schön ist, wenn man blindlings solchen tendenziösen Mitteilungen glaubt, so ist es noch viel schlimmer, wenn man den Anspruch erhebt, als Staatsmann ernst genommen zu werden und trotzdem heute nock, nach- dem die Berichte über die Verhandlungen wochenlang ins Land gegangen sind, an denselben Vorstellungen haftet, wie sie durch die von der Polizei breinflußtr» Presse hervorgerufen werden.(Sehr wahr l bei den Sozialdemokraten.) Aber»och viel schlimmer ist es, wenn dieser Mann als oberster Beamter des Reiches und als preußischer Ministerpräsident hier ein fertiges Urteil abgibt in einem Prozeß, der noch draußen in Moabit seinen Gang nimmt. Der Reichskanzler hat sich damit entschuldigt, mein Fiaktions- kollege Scheidemann habe ihn dazu gezwungen. Das ist nicht ernst zu nehmen, denn mein Freund Scheidemann hat nur mit wenigen Bemerkungen dieAusschlacktungSversuche zurück» gewiesen, die von konservativen Rednern beim Arbeitskammer- geletz betrieben wurden. Daraus will der Reichskanzler daS Recht ableiten, als oberster Vorgesetzter der Ttaatsauwaltschaft ein Urteil abzugeben, bevor das Gericht gesprochen hat. Das ist ein ganz unerhörtes Vorgehen.(Sehr richtig l bei den Sozialdemokraten.) Ich will ihm nicht darin folgen, indem ich auch ein fertiges Urteil abgebe über Schuld oder Nichtschuld der dort Angeklagten. Aber ich muß zurückweisen, was er im Zu- sammenhang gegen die sozialdemokratische Partei gesagt hat. Als Philosoph ist er natürlich theoretisch immer gründltch und hat