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Wannen 19, die Unionisten 24 und die Arbeiterpartei gewann 4. Sitze. In West- Fifc siegte A d a nl s o n. der Kandidat der Arbeiterpartei, mit 6128 Stimmen über den L i b e» ralen Hope, der 3426 Stimmen erhielt. Da dies ein Sieg der Arbeiterpartei über die Liberalen ist, so verändert er das Stärkevcrhältnis zwischen Regierung und Opposition nicht. Bisher sind im Ganzen 572 Abgeordnete gewählt, so daß noch 98 Mandate zu besetzen sind. Uneinigkeit unter den Konservativen. London , 14. Dezember. In einem grotzen Leitartikel deutet heute die konservative. M o r n i n g Post- die Möglichkeit an. daß sich die Anhänger der Darisreform von der unio- nistischen Partei trennen. Das Blatt erklärt, es sei nicht länger möglich und auch nicht angezeigt, den E r n st d e r L a g e zu verkennen, in welche die unionistische Partei in den letzten vier- zehn Tagen hineingetrieben worden sei, infolge des untun- lichen und unglücklichen Vorschlages BalsourS, die Tarifreform und das Budget einem Referendum zu unterbreiten. Die Anhänger der Tarifreform hätten nichts gegen die alte britische Verfassung, gegen welche Balfour unbewußt seinen Schlag gerichtet habe, und würden die alte Verfassung zum Ausgangspunkt ihres nächsten Feldzuges machen. Auf jeden Fall müßten sie unverzüglich darauf dringen. in ihrer Vereinigung mit der unionistischen Partei freie Bahn zu haben. DaS liberale BlattDaily News" schreibt: Balfour habe am Montag in seiner Rede in Dartford seine Niederlage zugegeben und sich darin gefunden, daß daS nächste Parlament die Vetobill annehmen werde, und fügte hinzu, Balfour sei vollkommen berechtigt, zu erNären, daß er die Bill aufheben werde, sobald er wieder zur Macht gelange. DaS Blatt glaubt aber nicht daran, daß er jemals die Genehmigung der Nation hierzu erhalten werde. Der konservativeDaily Telegraph " begrüßt das Versprechen Balfours, der Annahme der Vetobill im Parlament einen langen, entschlossenen Widerstand entgegenzusetzen- polttifcbe Oebcrficbt. Berlin , den 14. Dezember 1910. Kehraus im Reichstag. AusdemReichstag, 14. Dezember. Wäre es nach dein Wunsch des Schnapsblocks gegangen, so hätte heute nach zweistündiger Debatte der Reichstag sich vertagt. Nach einer demagogischen Schnapsblockrede des Antisemiten Raab sollten die Reickisboten in die Ferien entlassen werdent Es war auf eine Ueberrumpelung der Linken abgesehen. Die Absicht, einen Schlußantrag zu stellen, war geheim gehalten worden. Sie war trotzdem durchgesickert, und so waren denn auch die Fraktionen der Linken zur Stelle, als der Schluß- antrag zur Abstiimnung gebracht werden sollte. Die Vertreter der Liberalen und Sozialdemokrateil protestierten gegen dieses Verfahrens Genosse Singer kennzeichnete den Antrag als den ersten Vergewaltigungsversuch des Schnapsblocks in diesem Sessionsaoschnitt. Herr W i e m e r beantragte nament­liche Abstimmung über den Schlußantrag. Da die Schnaps- blockmehrheit schwächer vertreten war als die Linke, und die Polen als ewige Minderheitspartei gegen den Schluß stimmten, wurde der Antrag mit 113 gegen 112 Stimmen a b- gelehnt. Den Ausschlag hatte noch der kurz vor Schluß der Abstimmung erscheinende Genosse Leber gegeben, der deshalb auch verdientermaßen alsRetter des Vaterlands" gefeiert wurde. Die Debatte nahm nunmehr ihren Fortgang und spann sich bis 19 Uhr abends fort. Einen Hauptteil der Sitzung nahm ein katholisch-protestantisches T h e o- logiegezänk in Anspruch, an dem sich Gröber vom Zentrum, von den Nationalltberale» Everling und von den Freisinnigen Schräder beteiligte. Auch sonst verlief sich die Debatte vielfach in Nebensächlichkeiten, weil die bür- gerlichen Parteien sich untereinander ihre Wahlsünden und Llbstinnmmgssünden gegenseitig unter wachsender Erbitterung vorrechneten. Auf die bedeutsame Auseinandersetzung zwischen dem Reichskanzler und der Sozialdemokratie brachte erst in einigen kurzen Auseinandersetzungen Genosse Frank die Debatte zurück. Er rechnete dabei mit dem nationalliberalen Herrn H e i n z e ab, der sich nicht gescheut hatte, in das reaktionäre Gezeter über sozialdemokratischen Mißbrauch der Kranken- kassen einzustimmen. Den halben Rückzug des Kanzlers in der Moabiter Sache erklärte er damit, daß der Versuch, d-n Prozeß als politischen Tendenzprozeß umzuschlachten, jetzt schon mißglückt sei. Er erinnerte dann daran, daß, wie Bethmann jetzt die Moabiter Exzesse der Sozialdemokratie, so einst Bismarck den Attentäter Kullmann dem Zentrum an die Rockschöße hängen! wollte. Damals habe das Zentrum, wie gestern die Sozialdemokratie, der Entrüstung über ein solches Verfahren kräftig Ausdruck verliehen. Frank faßte dann sein Urteil über die gegenwärtige RegierungSmethode dahin zusammen, es sei das System von Gummi und Blech. Mehrere Stunden ging dann die Debatte noch hin, bis schließlich 10 Uhr abends der Etat der Budgetkom- Mission überwiesen werden konnte. Dann vertagte sich das Haus bis zum 10. Januar. Herrn v. Bethmanu Hollwegs gottgewollte Abhängigkeit. Herr v. Bethmann Hollweg , der fünfte Kanzler des neuen Deutschen Reiches nicht nur der Reihenfolge nach, sondern auch bezüglich der geistigen Qualität hat in seiner EtatSrede vom 10. d. MtS. erklärt, daß er zwar gegen so- genannte Ausnahmegesetze sei, aber das geltende Recht nicht für ausreichend halte, um deraufhetzenden und aufreizenden Tätigkeit" fanatischer sozialdemokratischer Agitatoren. wirksam entgegentreten zu können deshalb beabsichtige die Re- gierung, in das zur Beratung stehende neue Strafgesetz einige Bestimmungen gegen Aufwiegelung und gegen Verherrlichung vergangenerVer brechen sowie ferner zun: Schutz des persönlichen Selbst- b e st i m m u n g s r e ch t s hinein zu praktizieren. In der Presse sind diese Aeußerungcn recht verschieden gedeutet»vorden. Eine als offiziös geltende Korrespondenz gibt deshalb näher bekannt, wie sich der langgestreckte konfuse Protagoras von Hohenfinow die Verhunzung des neuen Strafgesetzbuches denkt. Sie schreibt: Während daS bisherige Gesetz nur die Aufforderimg zu be« stimmten Handlimgen für strafbar erklärt, soll in Zukunft dem Auffordern das Aufreizen gleichgestellt werden. Die Wahrnehmungen, daß gerade die gefährlichsten VolkSmifwiegler die Form der Aufforderung vermeiden und dafür die bisher straflose Anreizung wählen, lassen eS als notwendig erscheinen, einen wirksameren Schutz zur Abwehr von Angriffen gegen die Sicherheit deS Staates zu schaffen. Dabei soll nicht nur die Auf- fordcruug zur Begehung von Verbrechen oder Vergehen. sondern auch die Anreizung zur Auflehnung gegenGesetze oder rechtsgültige Verordnungen und gegen die von der Obrigkeit innerhalb ihrer Zuständigkeit ge- troffenen Anordnungen unter Strafe gestellt werden. Damit werden alle strafgcsctzlichen, also auch die Neber- tretungSverbote u m f a ß t I Neu eingefügt in daS Strafgesetzbuch soll eine Vorschrift gegen das VerHerr- lichen begangener Verbrechen werden. Wer eine Verbrechenstat als erlaubt darstellt oder rühmt, kann dies in einer Weise tun, daß er zur Begehung der Tat andere aufreizt. In diesem Falle ist er auch heute bereits strafbar. Dieser Nachweis ist aber selten zu führen, zumal gerade den ge- schulten Agitatoren gegenüber, da diese sich auS Klugheit an der Tatsache der Verherrlichung, von der sie die Wirkung von selbst erhoffen, genügen lassen, ohne sonstigen Beweise für ihren An- reizungsvorsatz zu liefern. Gegen dies Verfahren, die sogenannte agitatorische Glorifikation, sollen nun Strasbestimmungen geschaffen werden, denen derjenige verfällt, der öffentlich oder durch Verbreitung von Schriften begangene Verbrechen verherrlicht. Dieser Vorschlag beruht auf der Erwägung, daß in steigendem Maße in einem Teil der Tagespreffe und in öffentlichen Versammlungen Morde an Fürsten und Staats- männern in einer Weise verherrlicht wurden, die in iveiten Kreisen der Bevölkerung An st und Entrüstung erregt hat. Diesem Treiben entgegen- zutreten, war bei der Lage der gegenwärtigen Gesetzgebung nicht möglich. Solche Erwägungen haben bereits in anderen Ländern in großem Umfang dazu geführt, Strasbestimmungen gegen die Verherrlichung von Verbrechen zu schaffen, so in Frankreich , Italien , Italien , Oesterreich, Spanien , Norwegen usw. Auch in Deutsch - land ist ein gleicher Versuch bereits im Jahre 1804 durch eine dem Reichstag vorgelegte Novelle zur Aenderung und Ergänzung des Strafgesetzbuches gemacht worden. Dieser Versuch ist allerdings mit dem ganzen Entwurf gescheitert. Seitdem sind jedoch die da- mals beobachteten Mißstände in so vermehrtem und verstärktem Maße hervortreten, daß eine Wiederholung der früheren Forde- rungen geboten erscheint." Diese Andeutungen genügen, um zu zeigen, wie sehr Herr v. Bethmann Hollweg , der komischerweise den Anspruch erhebt, über den Parteien zu stehen, im Schlepptau der konservativen Macher segelt. Man braucht nur die obigen Ausführungen mit den von derKreuzztg.". derKonserv. Korresp." und Herrn v. Heydebrand gestellten Forderungen zu vergleichen, um sofort zu erkennen, daß sich Deutschlands genialer Kanzler mit erstaunlicher Anpassungsfähigkeit in dem Zeitraum von kaum einer Woche den konservatien Wünschen unterzuordnen verstanden hat wahrscheinlich weil er in den preußischen Junkern die gottgegcbencn Gewalten erkannt hat, von denen sich unabhängig machen zu wollen, gegen seine schöne Philosophie der gottgewollten Ab- hängigkeiten verstoßen würde. Ein große Philosophie fügt sich bekanntlich willig in das Gottgewollte und Unvermeidliche, zumal wenn er in seiner eigenen Unzulänglichkeit das Maß aller Dinge erblickt. Fraglich ist nur. ob die Regieruug mit ihren Versuchen Glück haben wird. Sicher, die Konservativen machen mit, ebenso auch der größte Teil der National- liberalen: aber daS Zentrum dürfte doch wohl wenig Neigung verspüren. die alte Umsturzvorlage an- zunehmen, selbst wenn diese nach Heydcbrand-Bethmann- schem Rezept schematisch in das neue Strafgesetzbuch hineingearbeitet wird. Möchte das Zentrum sich auch gerne die Freundschaft der Konservativen erhalten und besitzt auf seine Entschlüsse auch heute der hohe Klerus einen größeren Einfluß als jemals zuvor, so muß es doch auf die katholischen Arbeiter Rücksicht nehmen; und diese zu reizen, nur um die Macht der ostpreußischen Krautjunker und der junkerlichen Burcaukratie zu stärken, fällt dem Zentrum schwerlich ein. Freisinnig-nationalliberales Wahlabkommen für die Provinz Brandenburg . Während die konservative und klerikale Presse urteilslos die alberne Erfindung derHalleschen Ztg." weiterverbreitet, die Sozialdemokratie hätte mit der Fortschrittlichen Volks­ partei einen geheimen Wahlpakt abgeschlossen, sind die Frei- sinnigen und Nationallibcralen in den verschiedensten Teilen des Reiches an der Arbeit, sich über ein gemeinsames Vor- gehen bei der nächsten Reichstagswahl zu verstäudigen. Auch für die Provinz Brandenburg ist am Sonntag in einer Konferenz der brandenburgischen Provinzial- leitungen der nationalliberalen Partei und der Fort- schrittlichen Volkspartei ein solches Wahlbündnis verein- bart worden. Es wurde, wie freisinnige Blätter melden, be- schlössen, ein gemeinsanics Vorgehen beider Parteien für die nächsten Reichstagswahlen herbeizuführen, damit jede gegen- fettige Bekämpfung liberaler Kandidaturen vermieden werde. Zugleich kündigt der Vorsitzende der nationallibcralen Partei der Provinz Brandenburg , Dr. E. L e i d i g, in den Nationalliberalen Mitteilungen" an: Den Parteifreunden bringe ich folgende? zur Kenntnis: Zwischen den Provinzialvorständen der Fortschrittlichen Volks- Partei und der Nationalliberalen Partei in der Provinz Branden- bürg ist für die nächsten Reichstagswahlen ein Uebcreinkommen dahin getroffen worden, daß in jedem Wahlkreise nur «in liberaler Kandidat aufgestellt wird. Zwischen den beiden Vorständen ist auch gleichzeitig eine Einigung darüber herbeigeführt worden, welcher der beiden Parteien die einzelnen Wahlkreise zur Aufstellung der Kandidaten überwiesen werden. Diese Uebereinkunft wird nunmehr schleunigst den Organi- sationen der einzelnen Wahlkreise zur Genehmigung vorgelegt werden. Der Vorsitzende der Nattonalliberalen Partei in der Provinz Brandenburg . Dr. Leidig. Verwandte Seelen finden sich zu Wasser und zu Land. Es ist mit Sicherheit darauf zu rechuen, daß bei der nächsten Reichstagswahl in einer ganzen Reihe von Provinzen und Bezirken die Fortschrittler und Nationallibcralen gemeinsam ihre Kandidaten aufstellen werden. Uns kann's recht sein. Die preußisch« Wahlrechtsvorlage. Die«Deutschen Nachrichten", die enge Beziehungen zu Beamtenkrcisen haben, wissen mitzuteilen, daß in der Wahl- rechtsfrage sofort nach dem Wiederzusanimentriit des Land- tags durch eine Erklärung der leitenden Stelle ein bestimmter Entschluß mitgeteilt werden soll. Diese leitende Stelle kann nur der Ministerpräsident Herr v. Bethmann Hollweg sein. Ueber die Richtung, in welcher sich der gefaßte Entschluß be- wegt, vermag das Blatt näheres nichts mitzuteilen. Die Hochanstandkgen. DieDeutsche Tageszeitung" veröffentlicht folgende»Bericht!- gung" des Hansa-Bundes: An die Redaktion derDeutschen TageS-Zeitung", Hier. Nachdem wir Ihnen mitgeteilt haben, daß daS angebliche Rundschreiben Nr. 53 des Hama-Bundes. welches Sie von eineni Unbekannten abgedruckt haben, nicht erlassen worden ist, veröffentlichen Sie in Ihrer Nr. 592 unrer der Ueberschrist: Zirkular 53 des Hansa-BundeS" ein Schreiben eben dieses oder eines anderen mit ihm Hand in Hand arbeitenden Unbekannten. und fordern uns zu einer Erklärung über dessen Inhalt auf. Wir teilen Jbnen ergebeust mit, daß wir gern bereit sind, Ihnen die gewünschte Erklärung abzugeben, sobald Sie UNS den Namen jenes Schreibers angegeben haben. Daß wir auf anonyme Zuschriften offizielle Erklärungen abgeben sollten, dürfte wohl niemand von uns verlangen oder erwarten können. Unter Bezugnahme auf§ 11 des Preßgesetzes ersuchen wir um Aufnahme dieser Berichtigung. Hochachtungsvoll ergebeust (gez.) Knoblauch. Mit der ihm eigenen eingebildeten Ueberlegeuheit fügt in seiner gespreizten Weise daSJntelligenzblatt des Bundes der Landwirte" hinzu: Der Name deS Briefschreibers tut wahrhaftig nichts zur Sache. Wir verlangen keine andereoffizielle Erklärung" als lediglich die, daß im Haniabunde das bekannte Rundschreiben nicht verfaßt worden ist. Die Erklärung, daß es nicht erlassen tvorden sei, genügt nicht. Ob es talsächlich erlassen worden war, konnten wir nicht Iviffen. Wir bleiben aber dabei, daß das Rundschreiben, daS wir wortgetreu veröffentlichten, im Hansabnnde verfaßt worden ist. Weshalb man schließlich davon abgesehen hat, es zu erlassen, kann man sich wohl denken; aber auch darauf kommt es nicht an." Der jetzige Streit zwischen Hansabund undDeutsche Tages- zeitung" interessiert uns im ganzen recht wenig; aber wir verstehen nicht, wie das ehrsame,h o ch m o r a l i s ch e" Bündlerblatt ohne weiteres ein Zirkular abdrucken konnte, über dessen Entwendung aus dem Bureau des Hansabundes es durchaus nicht im Zweifel sein konnte, zumal die Veröffentlichung nicht im geringsten eine Wahrnehmung allgemeiner Volksinteressen bedeutet, sondern lcdig- lich den Zweck hat, die Leitung des HansabundeS zu diskreditieren! Wenn früher derVorwärts" ihm zugegangene Schriftstücke auS den Bureaus der Regierungen und Behörden veröffentlichte, um dort geschmiedete reaktionäre Pläne zu enthüllen, dann bekam diehochanständige"Deutsche Tageszeitung" rcgel- mäßig einen moralischen Wutkrampf, schimpfte über Moral-, Ge­wissens- und Skrupellosigkeit deSVorwärts" und bezeichnete ge- wohnlich das Schriftstück alsgestohlen" undergaunert". Nun ihr aber selbst ein geheimes Schriftstück auf den Redaktionstisch fliegt, nimmt sie trotz ihres ausgeprägten Moralsinncs keinen Anstand, dieses Schriftstück zu veröffentlichen, obgleich es sich in diesem Fall absolut nicht um die Wahrung irgendeines Volks- interesses handelt; ja sie hat die Veröffentlichung desgestohlenen" oderergaunerten" Zirkulars so eilig, daß sie sich nicht mal die Mühe nimmt, nachzuforschen, ob denn auch dieses Zirkular wirk- lich abgesandt worden ist. Die Möglichkeit, dem Hansabund einL auszuwischen, ergriff dermaßen das empfindsame Gemüt der Redaktion des Bündlcrblattes, daß sie alle ihre heiligen gefestigten Moralprinzipien vergaß und schmunzelnd dem jesuitischen Grund- sah folgte:Der Zweck heiligt die Mittel!" Faseleien. Die.Hallesche Zeitung", die den Schwindel von dem sozial- demokratisch-fortschrittlichen Wahlbündnis in die Welt gesetzt hat, besitzt die Unverschännheit, allen Dementis zum Trotz ihre Tartaren- nachricht nicht bloß aufrecht zu erhalten, sondern sie auch noch zu ergänzen. DaS alberne Blatt schreibt nämlich: Das Abkommen ist natürlich nicht in die Form eines schrift- lichen Vertrage» gebracht worden. ES ist auch absichtlich nicht zwischen den Parleivorständen oder den Parteileitern abgeschlossen tvorden, damit diese die Möglichkeit haben, e» abznstreiten. Aber diejenigen, die als Vertreter der Parteien bei dem Abschlüsse tätig gewesen sind, sind auch von der anderen Seite überzeugt worden, daß die Parteileitungen im Ernstfälle nach dem Abkommen her- fahren werden. Natürlich sollte dasselbe möglichst vor den ein- zelnen Wahlkreisen nnd namentlich vor der Menge der Wähler geheim gehalten Iverden. Seine Durchführung ist so gedacht, daß von der Zentralstelle in die anfgegebenen Wahlkreise kein Geld und keine Redner geschickt würden." Sogar die Wahlkreise werden namentlich aufgeführt, die an- geblich von der Sozialdemokratie den Fortschrittlern überlassen werden sollen. Es sind das die Kreise: Osterburg -Stendal , Jerichow , Liebenwerda-Torgau, Schweinitz-Miteiiberg, Sangcrhausen-EckartS- berga, Morseburg-Ouerfurt, Nordhauscn und Mülhausen -Langensalza « Weißensee. Wir haben bisher auf diese neuen naiven Märchen derHall. Ztg." nichts erwidert, da erstens die freisinnige Presse sofort mit Dementis geantwortet hat, und wir zweitens trotz unserer Geringschätzung der geistigen Qualitäten der Blätter vom Schlage derKreuzztg." und derDeutschen TageSztg." nicht anzu- nehmen vermochten, daß irgendein Blatt so einfältig sein könnte, die Fabeleien derHall. Ztg." ernst zu nehnien. Wie wir ober gestehen müssen, haben wir doch den politische» Verstand der Leiter dieser Organe überschätzt. Sie halten tatsächlich die naiven Faseleien deS Haller Blattes nicht nur für möglich, sondern sogar für höchst wahrscheinlich. So meinte zum Beispiel die.Kreuzzeitung", in ihrer Dienstag- Abcndimmmcr, indem sie eine neue Mitteilung derHalleschen Zeitung" weitergibt, der zufolge die Sozialdemokratie der Fortschrittlichen Volkspartei den Wahlkreis Labian-Wehlau dadurch absichtlich in die Hände gespielt hat, daß sie von vornherein eiven Teil ihrer Wähler freisinnig wählen ließ: «Die Mitteilungen find so bis ins einzelne gehend, daß eine ganz beiläufige ableugnende Bemerkung desVorwärts"(in einer Besprechung der Wahl in Labian-Wehlau) und kurze, die Ver- legenheit zu deutlich verratende Bemerkungen derFreisinnigen Zeitung", eS handele sich um ein Märchen, nicht alS genügend erachtet werden können, um die Meldungen als völlig unbegründet erscheinen zu lassen." Wir können darauf nur mit aller Bestimmtheit erklären, daß die ganzen(die älteren wie die letzten) Angaben derHall. Ztg." über ein sozialdemokratisch-freisinnigeS Wahlbündnis leere Fabel find. Schon die Zusammenstellung der Wahlkreise, die wir an- geblich dem Freisinn überlassen wollen, muß jedem politisch Denk- fähige» das Hirnverbrannte der aufgestellten Behauptung zeige». In den meisten der Kreise, auf die die Sozialdemokratie angeblich verzichten will, standen wir in Stichwahl mit den Gegnern. Mag die ehrsame.Kreuz-Ztg." uns auch von ihrem schönen politischen Moralstandpunkt für noch>o verworfen halten, so sollte sie doch nicht glauben, daß wir so dumm sind, einen derartigen Pakt abzu- schließen. Es ist total verkehrt, wenn das konservative Hauptorgan von seinem eigenen Verstand aus den anderer Leute schließt. Aus dem mecklenburgischen Landtag. Ans dein mecklenburgischen Landtage wurde durch den Bund der Bürgermeister die Regierungsvorlage zur Ablehnung gebracht, die aus der LandeSsteuerkiisse einen Zuschuß von 1 800 000 M. für die