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fc». n.mm. i. KkilAt des Jotmärts" Inlinet VolksbIM Reichstag 101. S i tz u n s> Mittwoch, den 14. Dezember. mittags 12 Uhr. Am Bundesratstisch: Dr. Delbrück, v. Heeringen, LiSco, V. Lindequist, Mermuth  , v. Tirpitz. Eingegangen ist eine Interpellation Ablaß   n. Gen.(Vp.) betr. Aufhebung der Zündholz st euer. Fortsetzung der Etatsberatung. Abg. Dr. Hcinze(Natl.): Nach der vorgestrigen Rede des Abg. Erzverger muß auch ich auf die Finanzrcform und unsere Stellung dazu eingehen. Wir haben gegen sie gestimmt, weil sie die großen Vermögen so gut wie gar nicht getroffen hat.(Sehr richtig j b. d. Natl.) Die Haltung des Zentrums war in erster Linie von politischen Erwägungen bestin.mit, es stimmte gegen die Erbschaftssteuer, um den Reichskanzler zu stürzen.(Lebh. Widerspr. i. Z.) Auch die Rechte wurde nicht durch volkswirtschaftliche Er- wägungen geleilet, sie wollte die Liberalisierung Deutschlands   ans- halten. Was erreicht ist durch die Finanzreform und was wir nicht lvünschen, das ist die Radikalisierung.(Lebh. Sehr richtig! b. d. Natl.) Unsere Kritik der neuen Militärvorlage scheint Herr Erzberger   objektiv nicht würdigen zu können.(Sehr richtig I bei den Nationalliberalen.) Auf eine Kritik der inneren preußischen Politik könne» wir um so weniger verzichten, weil sie aufs innigste mit der Reichspolitik verbunden ist, und deshalb können wir auf eine Forte itlwftckel ii ng Preußens im liberalen Sinne nicht verzichten, insbesondere nicht auf eine Um- änderung des Wahlrechts im liberalen Sinne.(Lebhafte Zustimmung bei den Nationalliberalen.) Jin Reich verlangen wir eine unab- hängige, über den Parteien stehende Regierung Weiter verlangen wir eine Fortsetzung unserer bewährten Wirlschafts- Politik, Schutz der nationalen Arbeit, aber nicht einseitig, sondern gleichmäßig für die Landwirtschaft und der Industrie. Der badische Großblock, den Herr Pntlitz für die politische Zerrissenheit verantwortlich machen will, spielt für Deutschland   keine erhebliche Rolle. Was aber jeden Frieden unmöglich macht, ist das Vorgeben des Bundes der Landwirte, wie es bei seinen Angriffen gegen uns in Hannover   zutage trat.(Lebhaste Zustimmung bei den National- liberalen.) Hiergegen müssen wir uns wehren durch Angriffe in Preußen.(Sehr richtig! bei den NationaUiberalen.) In der Sozialpolitik wollen wir Fortschritte, aber sie darf nicht unter die Botmäßigkeit der Sozialdemokratie kommen; die vom Staate geschaffenen Institutionen dürfen nicht in die Macht der Sozialdemokratie gelangen, deshalb haben wir auch bei den Arbeits- kammern gegen die Zulassung der Gewerkschaftssekretäre gestimmt. Auch die Krankenkassen können wir unmöglich dem T e r r o- rismuS der Sozialdemokratie ausliefern. In dem idealen Zukunftsstaat würde eS mit der Meinungsfreiheit auch schlecht bestellt lein, das zeigten gestern die Unterbrechungen bei der Rede des Reichskanzlers.(Sehr richtig I bei den Nationalliberalen und rechts.) Wir wollen keine Ausnahmegesetze, aber die bestehenden Gesetze muffen streng gegen den Terror der Sozialdemokraten an- gewendet werden. Wie groß dieser Terror ist, ersehen wir aus den Vorgängen in der Chemnitzer Krankenkasse, die durch gerichtliches Urteil festgestellt sind.(Erregte Zurufe bei den Sozial demokraten: Das ist alles Schwindel.) In der zweiten Instanz hat man sich verglichen, aber die einzelnen Punkte sind sestgeftellt.(Rufe bei den Sozialdemokraten: Das ist unwahr I) Der Reichskanzler hat sich in seiner Rede zu denselben Punkten bekannt wie wir: Unabhängigkeit der Regierung. Festhalten an der Wirtschaftspolitik, keine Ausnahmegesetze. Weil wir ihm deshalb Öffentlich zustimmten, sagt man, er locke uns auf den Leim, er will ein Ausnahmegesetz auf Umwegen. Er hat von ganz konkreten Dingen gesprochen, von der Beschleunigung des gericht- lichen Verfahrens und einer anderen Formulierung bestimmter Paragraphen des Strafgesetzbuches, die Erregung darüber begreife ich nicht.(Lebhaftes Bravo! bei den Nationalliberalen.) Abg. Fürst Hatzfeldt(Rp.>: Die Finanzreform hätten meine Freunde ja etwas anders gewünscht; aber wir müssen zugeben, daß wir in einer Zeit des wirtschaftlichen Auf­schwungs leben, an dem auch die minder bemittelten Klassen teil k)umor. Heinz Sperbers sozial-ästhetifche Betrachtungen haben in Partei- genössischen Kreisen manchen Widerspruch gefunden, einmal sogar eine regelrechte Entgegnung imVorwärts". Auch ich habe nicht jede seiner Ansichten geteilt, mich aber im allgemeinen über sein forsches Zupacken gefteut. Wer so frischfröhlich dreinhaut, wird manchmal daneben hauen. Das ist nicht schlimm und vermag meine Sympachien nicht zu mindern. Aber wenn Heinz Sperber so eigen- artige Ausfassungen verficht, wie in seiner letzten EpistelHumor", so erscheint mir dagegen der schärfste Widerstand geboten. Nicht nur der Sache, sondern auch Heinz Sperbers selbst wegen. Der Sache wegen, weil eS kompromittierend wäre, ohne Protest An- schauungen für proletarische Aesthetik ausgeben zu lassen, die jedes freie künstlerische Schaffen gefährden müßten. Heinz Sperbers wegen, weil er durch fein letztes Feuilleton seine eigenen verdienstlichen Absichten diskreditiert, seine Absichten, der in Klassenvorurteile» und schulmeisterlich-doktrinärer Enge erstarrten Bourgeoisästhetik eine sozialwissenschaftlich fundierte Kunst anschauungSlehre entgegenzusetzen. Also: Heinz Sperber hat sich diesmal gründlichst verhauen. So- wohl in den Abstraktionen seiner Theorie, als in dem zur Erhärtung seiner Theorie herangezogenen Musterbeispiel. Zunächst seine Theorie. Humor im dichterischen Sinne ist ihm die Kundgebung eines guten mitleidigen Menschen. Diese Definition ist nicht falsch, wenn auch gerade nicht erschöpfend. Umfassender hat Guido Weiß, wie wir dem Reuter-Artikel Mehrings enwehmen, den Begriff Humor dahin erläutert, daß erdie langsam reifende Frucht der Studien an sich selber und an der Welt" und einesinnige Resignation" sei. Humor, sagt Heinz Sperber weiter, könne und dürfe nie ver- letzen, er lasse mitlächeln. Schön, er läßt mitlächeln; nur freilich nicht jedermann, sondern den. der Leben und Dinge humoristisch zu sehen vermag. Humor ist die Kunstgattung für das reifere Alter, das die Dinge und nicht zuletzt sich selbst mit künstlerisch-realistischem Behagen und einem guten Schuß wehmütiger Resignation belächeln gelernt hat. Der leidenschaftliche Drang der Jugend gibt dem stürmisch drängenden Palhos, dem feurigen Ethos und der stach- ligen Satire, die letzten Endes dem gleichen Seelenquell entspringt wie das Pathos, den Vorzug. Nun stellt Heinz Sperber aber ein paar besondere Thesen auf, die ganz und gar unrichtig sind. Der bürgerliche Humorist, der proletarische Verhältnisse behandelt, bleibt, so sagt er, unbedingt in den Auffassungen seiner Klasse stecken; dieser Bourgeoishumor ist darum dem Arbeiter ekelhaft. Deshalb: ein Bourgeois kann sich humoristisch nur über einen Bourgeois äußern, ein Arbeiter über einen Arbeiter. Nein I Ein echter Bourgeois, ein in den kapitalistischen   Klassen- Vorurteilen aufgehender Bürgerlicher, wird auch die Bourgeoisie nicht im Lichte dichterischen Humors schildern können. Ist er ein seriöser Charakter, so wird er die Dinge in verlogener Weise ver- herrlichen; ist er ein Zyniker, so wird er karikieren und in Zynisinen schwelgen. Wer aber bürgerliches Leben wirklich humoristisch zeigt, der ist eben kein Bourgeois, sondern ein Dichter. Und der nehmen. Den Ritz mit den Liberalen bedanern wir; sie werden ja mit den Konservativen keinen Pakt schließen können. Wenn sie von der Rechten aber auch eine tiefe Kluft trennt, so von der äußersten Linken ein unüberbrückbarer Abgrund.(Lebhafte Zustimmung rechts.) Die Sozialdemokraten sind ausgesprochen Republikaner  , aber noch nicht die Hälfte ihrer Wähler sind mit ihnen einverstanden. (Lachen bei den Sozialdemokraten.) Mit Freude haben wir gehört, daß der Reichskanzler kein Aus- nahmegesetz will; mit Ausnahmegesetzen haben wir immer nur schlechte Erfahrungen gemacht. Aber mit allen Mitteln muß die staat- liche Autorität aufrecht erhalten werden.(Lebhafte Zustimmung rechts.) Bei einer Politik der ruhig fortschreitenden Entwickelung werden wir stets mitarbeiten.(Bravo I bei der Reichspartei.) Abg. Raab(Antis.) polemisiert gegen die Nationalliberalen. DieMorgenpost  " hat sehr richtig geschrieben: Die oppositionelle Stellung der Nationalliberalen war eine Jiitereffenbegeisterung schlimmster Art. Das Kapitel der Techtelmechtel der Nationalliberalen mit der Sozialdemokratie schwillt von Tag zu Tag an. Der Rekord der Wandelbarkeit, den die Nationalliberalen aufgestellt haben, wird sicher nie geschlagen werden. Die nationalliberale Partei macht es wie jenes Tier, das an der einen Seite einen weißen an der anderen Seite einen roten Sack Mehl hat. Vizepräsident Schultz: Sie dürfen eine Partei dieses Hauses nicht mit einem Tier vergleichen, das verstößt stark gegen die O r d n u n g des Hauses. Abg. Raab fortfahrend: Herr Dernburg   ist hier von liberaler Seite sehr gelobt worden. Redner wendet sich gegen einen Artikel imBerliner Tageblatt". Der schwarzblaue Block ist nichts als ein Prodult der orien talische it Phantasie der Liberalen. Die Liberalen haben dem Fürsten Blllow die Treue gc- brachen. Es war wohl ein Fehler, ihnen den Preis im voraus zu bezahlen mit dem Börsengesetz. Man sollte mit ihnen Ge- schüft e nur Zug um Zug machen.(Heiterkeit rechts/ Freisinn und Sozialdemokratie kann man ja heute unter einer Ueberschrift behandeln. Früher hat man auch auf libe- raler Seite in das Wort von den vaterlandslosen Gesellen gegen über der Sozialdemokratie eingestimmt, heute kann man bald von vaterlandslosen Meistern und Gesellen sprechen.(Große Unruhe links.) Präsident Graf Schwerin  -LSwitz: Ich nehme an, daß Sie damit kein Mitglied dieses Hauses gemeint haben. Abg. Raab fortfahrend: Nein.(Heiterkeit rechts). Ich will nur noch anführen, daß Bismarck   gesagt hat, an den Freisinnigen sei Hopfen und Malz verloren.(Ahg. David: Wählt Sab orl) Die Sozialdemokratie ist ja freilich nicht so leicht zu besiegen. (Zuruf bei den Sozialdem.: Sie werden es nicht fertig kriegen.) Heiterkeit.) Denn eS gibt Dinge, die werden immer bestehen, das ist die Unzusriedenheit der Menschen, das sind Krankheiten, Schwäche usw. und das ist vor allem die Dummheit(Lautes Lachen bei den Sozialdemokraten, lebhaftes Bravo I rechts.). Und wenn nur zu- gerufen wurde, auch ich würde die Sozialdemokratie nicht besiegen, so antworte ich: Gegen Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens. (Große Heiterkeit rechts.) Bei der Wahlagitation sagen Sie immer nur kritisierend was Sie nicht wollen, nie positiv was Sie wollen, denn dann würden Sie manchen Mitläufer verlieren.(Zuruf bei den Sozialdemokraten: Triolet) Dieser Zwischenruf ist Hunds- gemein. Präsident Graf Schwerin  : Ich rufe Sie zur Ordnung. Abg. Raab(fortfahrend): Nim zur Kopfab fache. Die Neue Welt" schrieb 1893, eine junge Republik   muß zu ihrer Sicheo heit die Tyrannen töten, und in demselben Tone klingt es aus allen anderen ihrer Organe. Herr N o§ k e wies auf Portugal   bin. Nun anders würden sich deutsche   Fürsten   jedenfalls benehmen wie der König Manuel  . Sollten Sie je die Gelegenheii haben, gar zum deutschen   Kaiser jemanden mit der Abdankungsulkunde zu schicken, so bestimmen Sie dazu ja nicht einen Familien- vater. denn es ist ein gefährlicher Auftrag.(Lachen links, B r a V o I rechts.) Es läuft ein S ch l u ß a n t r a g ein, der von den Konservativen und dem Zentrum unterstützt wird. Abg. Dr. Müller-Meiningen  (Vp.)(zur Geschäftsordnung): Es ist im höchsten Matze bedauerlich, daß die einzige Gelegenheit, die für das deutsche   Parlament besteht, die gesamte politiswe Situation Arbeiter, der das proletarische Leben wirklich mit dichterischem Humor schilderte, ohne theatralische Schminke und mit feinem Sinn siir das Menschlich-Allzumenschliche auch im begeistertsten Klassenkämpfer. der wäre als Literat hinwiederum nicht in erster Linie Kläffern kämpfer und Sozialdemokrat, sondern-- Dichter! Daß Klassenzugehörigkeit auch gewisse Beeinflussungen durch die Klasienpshche mit sicki bringt, werde ich, der das selbst in literarischen Besprechungen unzählige Male nachzuweisen versuchte, zu allerletzt bestreiten. Aber daß das Seelenleben deS Proletariates etwas so ganz Eigenartiges und Geheimnisvolles sein sollte, daß es sich dem aus bürgerlichen Kreisen stammenden Dichter nicht zu verwechseln mit demBourgeois" I nicht erschlösse und umgekehrt auch die Psyche des Bürgertums nicht dem Verständnis des Dichters von proletarischer Herkunft, ist eine geradezu maßlose Uebcrtreibung! Danach wäre zum Beispiel der Dichter der drei gerechten Kammacher kein Humorist, weil er nicht selbst Kammacher gewesen, und Ludwig Thomas prachtvolle Humoresken aus dem Kleinbürger- und Bauernleben wärendurch und durch schlechte Bücher", weil ja Thoma nicht Handwerksgeselle oder Bauer, sondern als Oberförsters- söhn Studio und Assessor gewesen I An der ganzen Theorie Heinz Sperbers ist also nur so viel richtig, daß ein gelegentlich schriftstellerndcr Bourgeois den Arbeiter und ein gelegentlich literarisch tätiger Arbeiter den Bourgeois nicht realistisch und humoristisch, sondern satirisch oder karikaturistisch dar- stellen würde. Handelt eS sich aber nicht um zufällig schreibende Bourgeois und Arbeiter, sondern um wirkliche Humoristen und Dichter, so werden diese Poeten auch daS Seelenleben solcher Per­sonen tiefgründig zu erfassen vermögen, die nicht ihrer Klasse an- gehören. Daß nicht alle Dichter Humoristen sind, daß es andererseits auch echte Dichter gibt, die Tendenzdichter und bewußte Vorkämpfer einer jeweiligen Klasse sind, darüber bin ich mit Heinz Sperber natürlich ganz, einer Meinung. Diese Tendenzdichter sind dann aber entweder Satiriker(Aristophanes  , Heine) oder Pathetikcr(der junge Schiller, Fbeiligrath), nickt aber Humoristen. Wobei ick unter cineni Humoristen natürlich immer nicht etwa einen Witzbold. Spaßmacher und Schwanlfabrikanten, sondern einen echten Dichter verstehe. Wie die Theorie Heinz Sperbers, so geht bei näheren» Zusehen auch sein typischer Schulfall in die Brüche. Georg Hermanns Kubinke" soll eindurch und durch schlechtes Buch" sein, weil es proletarisches Leben nur aus derLiebe und Güte zur Bourgeoisie" heraus schildere und einen Humor zeige, den diehumoristisch be- trachteten Arbeiter nur mit Ekel enipfanden". Gleich diesemEkel" wage ick ein dickes Fragezeichen zu widmen. Freilich, es fragt sich, welche Arbeiter Heinz Sperber im Auge hat. Von den Hedwig, Pauline und Kubinke bezweifle ich allerdings, daß sie von dem Buch erbaut sein würden. Um sich selbst im Spiegel einer humoristischen Dichtung genießen zu können, dazu bedarf es allerdings einer geistigen titeife, die nicht jeder primitive Mensch besitzt. Zun, dichterischen Verständnis gehört nun einmal eine höhere geistige Kultur. gleichviel. wie sie immer erworben sein möge. Das primitive Individuum ist am empfänglichsten für möglichst plump aufgetragene Romantik; das reale Weltbild erscheint ihm öde und entgöttert. Möglich zu behandeln und zwischen den Parteien eine Aussprache herbeizu- führen, durch einen solchen Schlnßantrag verkürzt wird. Nach dem gestrigen Verhalten der Parteien mußten wir annehmen, daß die gestern gemeldeten Redner noch zu Worte kämen.(Sehr wahr! links.) Nach den mit einem parlamentarischen Ausdruck gar nicht zu bezeichnenden fanatischen Angriffen des Vorredners gegen die Linie mit ihren ungeheuerlichen unwahren Behauptungen bedeutet ein solcher Schlußontrag eine ganz ungeheuerliche Ver« gewaltig» n g der' Minderheit, gegen die wir mit aller Entschiedenheit protestieren.(Unruhe rechts, lebhafte Zustimmung links). Abg. Evcrling(natl.): Es ist ja verständlich, daß Ferienstimmung im Hause herrscht, aber ich glaube doch, daß es Pflicht der Abgeord- neten ist, hier noch auszuhalten.(Sehr richtig! links.) Wie mir ältere Parlaniemarier gesagt haben, ist bisher eine solche Art und Weise, die erste Lesung des Etats abzubrechen, im Hause nicht üblich gewesen. Ich protestiere ebenfalls gegen den Antrag und hoffe, daß sich keine Mehrheit für ihn findet. Abg. Singer(Soz.): Es handelt sich hier um die erste Aktion des schwarzblauen Blocks in dieser Session.(Sehr wahr! links.) Ob der Antrag angenommen oder abgelehnt wird, die bloße Tatsache, daß ein Schlußantrag in diesem Moment kommen konnte, beweist, daß der schwarzblaue Block bei der Vergewaltigung der Minderheit in die Spuren seines Vorgängers zu treten gewillt ist.(Sehr wahr! bei den Sozialdeniokraten.) Abg. Wicmer(Vp.) beantragt nanrentliche Abstimmung über den Schlnßantrag.(Bravo  ! links.) Der Antrag auf namentliche Abstimmung wird von der ganzen Linken einschließlich der Nationalliberalen unterstützt. Die Abstimmung ergibt 112 Stimmen siir den Schlußantrag, 112 dagegen bei 5 Stimmenthaltungen. Der Scklußantrag ist also abgelehnt. Das Resultat wird von der Linken mit großer Heiterkeit begrüßt, die sich erneuert, als auch ein darauf gestellter Antrag Speck  (Z.) auf Vertagung abgelehnt wird. Dagegen stimmen auch die Polen   und Antisemiten. Abg. Dr. Böhme(Bauernbund) polemisiert gegen die Wahltaktik der Rechten, ist aber bei der noch herrschenden Erregtheit auf der Tribüne zunächst nicht verständlich. Von rechts werden erregte Zwischenrufe gemacht. Präsident Gras Schwerin: Herr Abg. Pauli, ich bitte Zwischen- rufe zu unterlassen. Abg. Dr. Böhme(fortfahrend): Herr v. Putlitz   sprach über ame- rikanische Wahlpraktiken in Labiau  -Wehlau  . Wenn man davon sprechen will, so doch nur von den Wahlmanövern der Kon- servativen. So wurde in einer Versammlung Freibier ge- geben und den Leuten ausdrücklich gesagt: daS ist konservatives Bier. (Hört I hört I links.) Der Redner wendet sich dann zur WlrtschaftS- Politik und den Getreidczvllen, die Deutschland   in der Getreide« Produktion vom Ausland unabhängig gemacht haben. Wir wollen an dem Zolltarif von 1302 festhalten; dann darf man aber die In- dustrie nickt unnötig angreifen. Eine Gesundung unscrei. Verhält- nisse kann nur durch innere Kolonisation eintreten, durch eine Aenderung der Grundbesitzverhältnisse im O st e n. Abg. Dr. Müller-Meiningen  (Vp.): Herr Raab hak uns vor­geworfen, mit der Sozialdemokratie zu paktieren. Ich halte ihm solgeude vier Feststellungen entgegen. Im Jahre 1993 hat Herr Raab in seinem Wahlkreise den Sozialdemokraten ein Wahlbündnis angetragen, das diese jedoch znrückgcivicscn haben.(Abg. Raab: Da sind Sie schon hereingelegt, Herr Doktor I) Mit Ihnen mich sonst irgendwie einzulassen, daran würde mich schon mein Reinlich« k e i t s g e fühl verhindern, wenn Sie mich nicht dazu gezwungen hätten. (Sehr gut! bei der Vp.) Zweitens, die Darstellung de? Herrn Raab bezüglich der Abstimmung meiner Freunde beim Jesnitengesetz ist unwahr. Die Mehrheit meiner Freunde unter der Führung von Eugen Richter   hat gegen die Aushebung des§ 1 deS Jesuitengesetzes gestimmt. Drittens: Die Darstellung der Verhandlungen des frei- sinnigen Gegenkandidaten des Herrn Raab ist unwahr, und zwar hat Herr Raab diese unwahre Darstellung wider besseres Wissen ge- geben. Vizepräsident Schultz: Hierin liegt eine schwere Kränkung und Beleidigung eines Abgeordneten. Ich rufe Sie zur Ordnung. (Bravo  ! rechts.) allerdings, daß es auch manchen intelligenteren, politisch gescknlteren Proletariern fo ergeht, wie Heinz Sperber selbst, daß ihm der Humor desKubinke" unsympathisch ist. Liegt dock in dieseni Humor so gar kein Kampfzorn, aber umso mehr stille Resignation. Ja, ein Lesebuch für den proletarischen Klassenkampf ist die tragikomische Gesckichte von dem unselig- seligen Frisenrgehilfen Kubinke freilich nicht! Aber dazu taugt überhaupt kein Werk der humoristischen Literatur! Ein so erfreuliches Zeichen für die jugendlich ungestüme Vegeisternng mancher Arbeiter und Arbeiterinnen aber auch diese Abneigung gegen eine humoristische Wellbetrachtung sein mag, so wenig beweist sie doch gegen den Hunior an sich. Es heißt deshalb das Kind mit dem Bade ausschütten, wenn Heinz Sperber aus den von ihm auseinandergesetzten Gründen denKubinke" eindurch und durch schlechtes Buch" nennt. Total rätselhaft ist mir, waS die Schilderung des sozialen Elends der Friseurgehilfen in Sperbers   Aufsatz bezweckt. Nirgends ist imKubinke" auch nur der leiseste Anhalt für die Annahme ge- geben, daß Hermann das Los der Frisenrgehilfen etwa für ein be- neidenswertes halte. Ja, der Verfasser läßt die zwei oder drei Friseurgehilfcn auch dieses besseren Geschäfts in Berlin   W. arm­selig genug in einer Bodenkammer Hansen. Nirgends wird auch nur mit einer Silbe für die Prinzipale gegen die Gehilfen, für dieHerr- schaften" gegen die Dieifftboten Partei ergriffen. Der Roman will überhaupt nichts die soziale Frage traktieren, sondern nur ein Stück Menschenleben schildern. Ein Stück Menschenleben, bei dem der menscklicke Urtrieb, die Liebe, die Hauptrolle spielt, ein Stück Menschenleben, bei dem sich nicht das Laster erbricht und die Tugend zu Tisch setzt, sondern ein gutes, harmloses Menschen- kind unter die plumpen Räder eines groteSk-brutalen Schicksals gerät. Gerade deshalb ist der Humor desKubinke" echt, weil ihm die tragische Note nicht fehlt, weil ihnsinnige Resignation" durch- zittert. Ganz unwahr ist es, daß der Humor des Romans in Bourgeois- spaßen über Friseurgehilfcn, Dienstboten, Portiers, Briefträger und Schlächtergesellen bestehe. KnbinkeS Prinzipal und dieHerrschaften". die Familien Löwenberg und MarkowSki, werden von dem Lickt des Humors gleich intensiv bestrahlt. Ob der Verfasser deSKubinke" und derJettcken Gebert" es in seinen Lebensumständen zum Bourgeois" gebracht hat, weiß ich nicht und kümmert mich nicht; in seinemKubinke" ist er es nicht, sondern der Dichter, der alle seine Geschöpfe mit der gleichen Liebe umfaßt. Der Dichter desKubinke" hat dazu hat er seiner ganzen Anlage nach auch schwerlich das Zeug nicht kämpfende Proletarier, nicht organisierte Friseurgehilfen, nicht zum Klassenbewußtsein er- wachte Dienstboten geschildert, sondernGesinde" jenes alten Schlages, wie es das alte patriarchalische System erzeugte. Aber ist schon deshalb ein Dichter ein Bourgeois, ein Spatzmacher des Mast- bürgertums, weil er aus einigen Proletarierschickten Typen heraus- gegriffen hat, die leider I noch immer die Mehrheit dieser Schichten bilden? Aber es fällt Georg Hermann   gar nicht ein, diese Dienstboten usw. lächerlich oder verächtlich zu machen. Oder ist die derbe Sinnlich- keit der Hedwig, die Lust am Wohlleben und an schicken Kleidern, die bei der langen Emma hervorsticht, etwa an sich ein Verbrechen? Und find nicht vollends die gemütvolle rotblonde Panline und der