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öFer doch wieder ans Fenster gegangen und hat dann gesehen, daß icder, der aus den Straßenbahnwagen stieg und jeder, der an der Haltestelle auf eine» Wagen wartete, von Schutzleuten aufgefordert wurde, sich sofort zu entfernen. Die Leute taten das. Aber wenn sie einige Schritte gegangen waren, stürzten sich Kriminalbeamte auf sie und hiebe» fürchterlich auf sie ein. Jeder, der sich auf der Straße blicken ließ, wurde auf diese Weise geschlagen. Hunderte von ruhigen Strahenpassanten, sagt der Zeuge, sind so verhauen worden. Es ist zu bedauern, daß sich nicht alle gemeldet haben, die Prügel bekamen. Rechtsanwalt Heine: Es habe« sich über Süll gemeldet. Weiter hat der Zeuge von seinem Bcobachtungsposten aus gesehen, daß eine Anzahl von Polizeibeamten kamen, das Haus betrachteten und sagten: Hier ist es richtig. Dann gingen sie in ein in dem Hause befindliches Schanklokal und kamen bald darauf mit einigen Leuten heraus. Ein Militärschriftsteller für Schläge auf Borschuf!. Militärschrift st eller Freiher von Binder- K r l e g e l st e i n ist einmal am 28. September nach Moabit ge- gangen. Er sagt, seine Wahrnehmung sei für die Polizei die allergünstigste. Er habe als Korrespondent schon öfter derartige Szenen miterlebt. Er sei bei der russischen Revolution zugegen gewesen und müsse auf Grund der dort gemachten Wahrnehmungen sagen, daß sich die Polizei in Moabit durchaus korrekt verhalten habe. Ter Zeuge sagt, er habe an der Ecke der Wald- und Turm- straße eine Menschenmenge von zehntausend Personen gesehen. Die Menge habe gepfiffen und geschimpst und geworfen. Ein Schutzmann sei durch die Hand geschaffen worden. DaL hat der Zeuge aber nicht selbst gesehen, sondern nur aus einer Meldung entnommen, die einem Polizeileutnant gemacht wurde. Einmal hat der Zeuge auch gesehen, daß junge Leute von Kriminalbeamten geschlagen wurden. Er hatte die Empfindung, daß die jungen Leute zu Unrecht Prügel kriegten. Das sagte er einem Polizei- Offizier. Dieser aber wies auf die jungen Leute und sagte: «Bitte, sehen Sic sich doch mal an, was das für Leute sind." Nun nahm der Zeuge die jungen Leute näher in Augenschein und bekam den Eindruck, daß man ihnen wohlzutrauen könnte, sie würden Radau machen", und nun hielt er es auch für richtig, daß sie Prügel von den Polizeibeamten bekamen. Das sei eine berechtigte Präventivmahregel gewesen, meint der Zeuge. Arbeiter Brombach wurde, als er abends nach Hause kam, zunächst ungehindert durch eine Schutzmannskctte hindurch- gelassen. Als er dann ganz allein auf dem Bürgcrsteig ging, kamen Schutzleute hinter rhm her und schlugen ihm mit dem Säbel. Der Zeuge drehte sich um und bekam nun noch ein paar Säbelhiebe von vorn. Die Verletzungen des Zeugen hatten eine lötägige Kur im Krankenhause zur Folge. Fünf Wochen war er arbeitsunfähig. Er hatte Verletzungen am Arm und am Kopf und kann einen ver- letzten Finger� heute noch nicht wieder gebrauchen. Lehrerin Fräulein Müller hat von ihrer Wohnung in der Wiclefstraße die Beobachtung gewacht, daß die Menschen- menge auf die Schutzleute fchimpste, von den Schutzleuten vertrieben wurde, sich wieder sammelte, wieder schimpfte und nochmal ver- trieben wurde. Die Polizei sei dabei immer maßvoll vorgegangen. Die Zeugin hat nie gesehen, daß jemand von Schutzleuten nieder- cschlagen wurde. Als ein Polizeileutnant vorbeigLritten kam, ätteu Leute, die vor einem Hause standen, durch Schreien sein Pferd scheu machen wollen. Der Leutnant habe die Leute ins Haus getrieben, dann sei ein harter Gegenstand, der aus einem Fenster geworfen wurde, unmittelbar vor ihm niedergefallen. Von ihrem zwei Treppen hoch gelegenen Balkon will die Zeugin abends bei spärlicher Straßenbeleuchtung gesehen haben, daß zwei Männer vorbeigingen, welche Steine von Mosaikpflaster in den Händen trugen. Ein andermal hat sie gesehen, daß einige junge Leute mit Schutzleuten sprachen und von diesen zurückgewiesen wurden mit den Worten:Wenn Sie da wohnen, dann kommen Sie auch durch." Die Leute seien immer wieder an die Schutzleute heran- getreten und immer wieder sei ihnen gesagt worden, sie kämen durch,.wenn sie da wohnen. Als die Leute sich schließlich entfernt hatten und einer von ihnen nochmals zurückkam, bekam er von einem Schutzmann eins hinter die Ohren. Hierauf werden mehrere Zeugen vernommen über die Vor- gänge bei der Ausräumung des Lokals von LandSrat . Es handelt sich um den Fall, den der Zimmermeister Otto in der vorigen Sitzung angegeben hat. Polizeileutuant Folte sagt, er sei es, den Herr Otto um Schutz ersuchte, als er von einem Schutzmann angefaßt wurde. Daß der Zeuge Otto ge- schlagen wurde, habe er nicht gesehen. Die Räumung des Lokals sei erfolgt, weil er, der Polizeileutnant Folte, vom Polizeileutnant Heck II die Meldung erhielt, aus dem Lokal sei geworfen worden. Er selber hat nicht gesehen, daß geworfen ist, er hat auch nicht ge- sehen, daß bei der Ausräumung des Lokals jemand geschlagen wurde. Es seien nur Leute angefaßt worden, um sie hinauszu- bringen. Der Zeuge kann sich auch nicht entsinnen, daß die Hinaus- gebrachten draußen von Schutzleuten geschlagen wurden. Polizeileutnant Heck II gibt an, er habe gesehen, daß Leute, die auf der Straße nach der Polizei geworfen hatten, sich in das Lokal von. Landsrat flüchteten und dag auch aus dem Lokal selbst von Personen, die in der Tür standen, nach den Beamten mit Biergläsern und Steinen geworfen wurde. Er meldete das dem Polizeileutnant Folte und erhielt von diesem den Auftrag, das Lokal zu räumen. Er ging mit etwa acht Schutzleuten hinein. Weiter gibt der Zeuge an, er habe sich nach seinem Eintritt in das Lokal an eine Person gewandt, die er für den Wirt hielt und ihn ersucht, die Gäste zum Verlassen des Lokals aufzufordern. Der Wirt habe eingewandt, das könne er aus Geschäftsrücksichten nicht tun. Jetzt habe er, der Zeuge, selber die Gäste aufgefordert, das Lokal zu verlassen. Mit Hohngelächter, Schimpfen und Johlen sei diese Aufforderung beantwortet worden. Er habe seine Aufforde- rung noch zweimal wiederholt, aber die Gäste hätten ihm durch Redensarten Widerstand entgegengesetzt. Dann habe den Befehl gegeben, von der Waffe Gebrauch zu machen. Darauf hätten die Gäste eilig das Lokal verlassen. Von seinen Beamten hat der Zeuge erfahren, daß, als sie im Lokal waren, die Gäste auf sie geworfen hätten. Er selbst hat es nicht gesehen. Rechtsanw. Heine: Im Lokal ist geworfen worden? DaS ist ja ganz neu. Der Zeuge wird hierdurch in seinen Angaben unsicher und sagt schließlich: Aus dem Lokal oder vor dem Lokal wurde geworfen. Zimmermeister Otto wird dem Polizeilcutnant gegen- übcrgestellt. Er erklärt mit großer Bestimmtheit: es ist keine Auf­forderung zum Verlassen des Lokals erfolgt. Sowie die Beamten hereinkamen, bekam ich Prügel. Es ist auch nicht wahr, daß wüst gejohlt und geschimpft wurde, als die Schutzleute im Lokal waren. Restaurateur Landsrat, der Inhaber des Lokals, be- kündet, daß sein Lokal an dem betreffenden Abend zweimal aus- geräumt wurde. Nachdem die erste Ausräumung erfolgt war, hielt er die Tür zm und ließ keinen Fremden hinein. Nur solche Gäste, die er persönlich kannte, nahm er auf. Zu diesen gehörte auch der Zimmermcister Otto. Bald nachdem dieser eingetreten war, rissen Schutzleute die Tür auf und riefen: Raus die Hunde! Und da hi»«>»n s,, auch schon ans die Gäste ein. Einige Gäste baten den Polizeilcutnant um Schutz, andere flüchteten nach der Retirade, die Schutzleute verfolgten sie, schlugen sie und brachten sie hinaus. Rechtsanw. Heine: Unmittelbar vor der zweiten Räumung soll auS Ihrem Lokal geworfen sein? Zeuge: Das ist ganz aus- geschlossen. ES waren höchstens 1520 Gäste da, die ich meist per- sönlich kannte. Die Tür war ja auch immer geschlossen und ich selbst hielt sie zu. Nur wenn ich einen Gast zu bedienen hatte, entfernte ich mich auf kurze Zeit von der Tür. Rechtsanw. Hein«: Ein Polizeileutnant hat hier gesagt, er habe vor der Räumung mit Ihnen verhandelt und sie aufgefordert, die Gäste zum Verlassen des Lokals zu veranlassen. Sie hätten das aber ab- gelehnt. Zeuge: Das ist unwahr. Die Beamten kamen herein und ohne ein Wort zu sagen, hat gleich der erste mit dem Säbel lpsgeschlagrn..Vorsitzender: Das nehmen Tie auf Ihren Eid? Zeuge mit großer Bestimmtheit: Ja. Auf weitere Fragen gibt der Zeuge an, daß jeder von den Gästen, der durch die Tür hinaus- ging aus die Straße, von Schutzleuten, die an der Tür standen, ge- schlagen wurden. Rechtsanw. Heine: Also war es sozusagen ein richtiges Spießrutenlaufen? Zeuge: Jawohl. Der Erste Staatsanwalt richtet eine Reihe von Fragen an den Zeugen, die dahin gehen, ob der Zeuge bei seinen bestimmten Angaben bleiben will oder ob er in dem einen oder anderen Punkte einen Irrtum zugeben wolle. Konfrontation des Polizeileutnants mit dem Wirt. Hierauf wird Polizeileutuant Heck II dem Zeugen Landsrat gegenübergestellt. Beide bleiben bei ihren entgegenstehenden Aus- sagen. Polizeileutnant Heck sagt allerdings: Was zu Anfang im Lokal geschehen sei, könne er nicht wissen, toeil er nicht als erster das Lokal betreten habe, sondern einige von seinen Schutzleuten zuerst hineingegangen seien. Aber als er das Lokal betrat, habe er sogleich den Wirt aufgefordert, die Räumung zu veranlassen. Der Wirt habe sich geweigert und dann sei das wüste Schimpfen und Johlen losgegangen. Rechtsanwalt Cohn bemerkt hierzu: Die e r st e Aus- sage des Polizeileutnants Heck mußte zu dem Schluß führen, daß er an der Spitze der Beamten als erster das Lokal betrat. Jetzt sagt der Zeuge, vor ihm seien einige Schutzleute hineingegangen und er könne deshalb nicht sagen, ob vor seinem Eintritt ins Lokal jemand geschlagen wurde. Ferner hat der Polizeileutnant Heck zuerst gesagt, er tvandte sich an eine Person, die er für den Wirt hielt, jetzt sagt er, er habe mit dem Wirt gesprochen. Rechts- anmalt Heine sagt zum Polizeileutnant Heck: Sie wissen doch auch, woraus es ankommt. Wenn Sie uns gleich gesagt hätten, daß Sie nicht als erster das Lokal betreten haben, dann loäre ein großer Teil unserer Erörterungen überflüssig gewesen. Warum haben Sic uns das nicht gesagt? Ehe der Zeuge eine Antwort gibt, greift der Vorsitzende ein mit der an den Zeugen ge- richteten Frage, ob er seiner Aussage noch etwas hinzuzufügen habe. Rechtsanwalt Heine wendet sich an den Vorsitzenden mit dem Bemerken: Wenn Sie die Antwort aus diese Frage ab- schneiden, dann sage ich: Keine Antwort ist auch eine Antwort. Der Vorsitzende erwidert, er habe keine Antwort abgeschnitten. Der Verteidiger habe keine Frage gestellt. Rechtsanwalt Heine: Doch, ich habe eine bestimmte Frage an den Zeugen gerichtet. Vorsitzender: Das ist eine Frage, durch deren Be- antwortung sich der Zeuge rechtfertigen soll. Hier hat sich kein Zeuge und auch die staatsanwallschast nicht zu rechtfertigen. Frau Korsch hat von draußen gesehen, daß die Beamten in das Lokal von LandSrat eindrangen, drinnen mit den Säbeln herumfuchtelten. Ein Mann, der aus dem Loial kam, wurde von draußenstchenden Schutzleuten geschlagen. Er fiel hin und wurde von drei bis vier Schutzleuten weiter geschlagen. Was alles ein Schutzmann sah. Schutzmann Walter war an der Räumung des Lokals beteiligt. Mit großer Bestimmtheit yibt er an, Leutnant Heck habe den Wirt ausgefordert, die Gäste zum Verlassen des Lokals zu bewegen. Der Wirt habe gesagt, er könne das nicht, er müsse Rücksicht auf sein Geschäft nehmen. Dann habe der Leut- nant die Gäste aufgefordert, hinauszugehen Wir, sagt der Zeuge, faßten dann die Gäste an und wollten sie hinausbringen. Nun wurden wir geschimpft, Spitzbuben, Schweine- Hunde, Bluthunde, von allen Seiten wurde aus uns geworfen, ich wurde mit einem Bierglas auf die Hand geschlagen und bekam davon eine Verletzung am Daumen, auch an der Kniescheibe bin ich verletzt worden. Siner der Gäste hob sogar einen Stuhl hoch und wollte uns damit schmeißen. Nun kommandierte der Leutnant: Ein hauen! Wir trieben dann die Leute mit der Waffe hinaus. Vorsitzender: Wer hat zuerst das Lokal betreten? Der Zeuge antwortet ohne Besinnen und mit großer Bestimmtheit: Ter Herr Leutnant. Vorsitzender: Wissen Sie das ganz bestimmt? Der Zeuge antwortet etwas unsicher: Ich glaube, der Herr Leut- nant war der erste. Auf weitere Fragen antwortet der Zeuge. Ich bin ziemlich sicher, daß der Leutnant uuS voraus war, die Säbel hatten wir schon ans der Straße gezogen. Zimmermeister Otto wird vorgerufen und gefragt, ob er bei seiner Aussage bleibe. Der Zeuge erklärt mit großer Be- stimmtheit: Was ich gesagt habe, ist richtig, aber was der Schutz- mann gesagt hat, das ist nicht wahr. Schutzmann Walter gibt auf Befragen noch an, daß bei der Räumung des Lokals keiner von den beteiligten Beamten ohne Befehl oder vor dem Befehl des Leutnants eingehauen habe und daß vor dem Einhaucn die Gäste auf die Schutzleute geworfen. Rechtsanw. Heine fragi den Zeugen, ob jemand über die Aussage, die er hier machte, vor der Vernehmung mit ihm gesprochen hat. SchutzmannWalter gibt zunächst eine ausweichende Antwort und als Rechtsanwalt Heine nochmals fragt, ob jemand dienstlich mit ihm über seine Aussage gesprochen habe, antwortet der Zeuge: Darüber gibt das Polizeipräsidium Auskunft. Rechtsanw. Heine: Ich verlange von Ihnen eine Antwort. Schutzmann Walter zögert und wird dann auch vom Vorsitzenden aufgefordert, zu ant- Worten. Dann sagt er: Das Polizeipräsidium hat dir Beamten festgestellt, die an diesem Borfall beteiligt waren und hier als Zeugen geladen werden könnten, damit nur die geladen werden, die von der Sache etwas gesehen haben. Ich bin verhört worden durch einen Polizeioffizicr. Aus weitere Fragen der Verteidiger antwortet der Zeuge: Bei diesem Verhör sei Polizeilcutnant Heck nicht zugegen gewesen. Es sei dem Zeugen auch nicht mit- geteilt worden, was Polizeileutnant Heck ausgesagt hat. Rechtsanw. Heine: Es ist doch merkwürdig, daß Ihre Aussage nicht nur in der Sache, was ja öfter vorkommt, sondern auch fast Wort für Wort mit der Aussage des Polizeileutnants Heck übereinstimmt, und daß Sie Ihre Aussage so geläufig machten, als ob sie eingelernt wäre. Schutzmann Walter: ES ist uns gesagt worden, daß einer ausgesagt hat, er sei geschlagen worden und da wurden wir gefragt, ob wir etwas davon wissen. Ter Zeuge Walter wird von den Verteidigern in ein längeres Verhör genommen. Er bleibt dabei, daß vor der Aufforderung das Lokal zu räumen, niemand geschlagen worden sei. Auf die Frage, wer von den Beamten zuerst das Lokal betreten habe, ob Leutnant Heck oder die Schutz- leute, antwortet der Zeuge: Als zweiter oder dritter habe Leutnant Heck bestimmt das Lokal betreten. Als dem Zeugen vorgehalten wird, Leutnant Heck habe ja die Möglichkeit zugegeben, daß vor seinem Eintritt ins Lokal einer der Gäste von einem der zuerst eingetretenen Schutzleute geschlagen worden sein könne, antwortet er sogleich ohne Besinnen: Ich glaube ziemlich sicher, daß ich vor dem Leutnant drin war.?lls kurz darauf nochmals dieselbe Frage an den Schutzmann Walter gerichtet wird, antwortet er: Ich bin vor dem Leutnant drin gewesen. Rechtsanw. Rosen- selb hält dem Schutzmann Walter aus dem Protokoll seiner polizeilichen Vernehmung vor, daß Walter gesagt hat: Mit dem Herrn Leutnant an der Spitze betrat ich das Lokal. Rechts- anwalt Cohn fragt den Zeugen, ob er schon vor der Räumung des Lokals Leute geschlagen habe. Der Verteidiger macht den Zeugen aufmerksam, daß er die Antwort auf diese Frage ablehnen könne. Aber noch ehe der Verteidiger ausgesprochen hatte, fiel ihm der Zeuge ins Wort mit der im kräftigen Tone ausgesprochenen Bemerkung: Ausgeschlossen, ich habe nicht geschlagen. Auf eine Frage des Rechtsanwalts Heine bestätigt Polizeileutnant Heck, er habe daL Lokal betreten mit den Worten: Wer hier der Wirt ist, der soll die Gäste auffordern, das Lokal zu verlassen. An eine bestimmte Person habe er sich also nicht gewandt. Schutz- mann Walter sagt dagegen, der Leutnant wandte sich nn dir Person, die hinter dem Buffett stand und die man für den Wirr halten konnte. Hierauf werden noch zwei Augenzeugen des Vorfalles ver- nommcn. Der eine derselben, Oberkontrolleur Keller. ist auf der Straße bei einer Attacke umgeworfen worden, hat dabei einen Schlag oder Stoß gegen den Kopf bekommen, der für kurze Zeit ihm die Besinnung raubte. Dann begab er sich i» das i'- bekannte Lokal von Landsrat. Dieser Zeuge hat bei der Slusräumung des Lofals yichts Aufregendes he- merkt. Nach seiner Angabc ha! sich die Räumung ganz ruhig vollzogen. Nachdem er sich an den Leutnant gewandt, habe er ruhig stehen bleiben können, während die anderen Gäste hinaus- getrieben wurden. Tann aber habe ihn einer der Schutzleute auf- gefordert, das Lokal zu verlassen. Darauf sei er dann gegangen. Kontrolleur« t e h r hat bei der Ausräumung des Lokals auch einen Säbelhieb über den Arm bekommen und ist hinausgebracht worden. Auf der. Straße sagte er in Gegenwart von Schutzleuten: Mein Gott, hier kriegt man ja«schlage, ohne daß man was getan hat. Taraus erwiderte der Schutzmann: Mach, daß Du wegkommst, sonst gibt e» noch mehr. Ter Zeuge hat nicht bemerkt, daß die Gäste vor der Ausräumung vom Polizeileutnant zum Hinaus- gehen ausgefordert wurden, er hat auch nicht gesehen, dax nach den Schutzleuten geworfen wurde. Hier wurde die Zeugenvernehmung abgebrochen und die Ver- Handlung auf heute um£% Uhr vertagt. Die Wie von Uielttchin. Fünfter Tag. Gestern wurde bor Eintritt in die Verhandlung vom Gericht dem vorgestern vom Staatsanwalt Reiner gestellten Antrag zuge- stimmt, mit der Strafsache gegen Breithaupr, Engels usw. die zu- nächst abgetrennt gewesene Strafsache gegen Lang nunmehr zu ver- biniciu Vernommen wurde dann der Angeklagte Lang, der in Mieltschin gegen 30 Mark Monatsgehalt nebst freier Station zur Beaufsichtigung der Zöglinge angenommen worden war. Bei Züch- tigungen will er nur dreimal zugegen gewesen sein, beteiligt habe er sich nur auf Befehl. Seine Schilderung über die Zuslände in Mieltschin ergibt das schon bekannte Bild: für geringe Vergehen zahlreiche Peitschenhiebe und dann Arrest bei Wasser und Brot, das waren dieErziehungsmittel" für ungehorsame Jungen. Im übrigen bezeichnet er den Pastor Breithanpl als einensehr guten Mann", der mit den Jungen spielte, wenn sie gehorsam waren. Böse konnte Breithaupt nur werden, wenn er züchtigte, und dann waren die Züchtigungen reichlich". Lang selber habe einmal dem Zögling Piaskowski in Breithaupts Gegenwart auf Engels Befehl 20 Peitschenhiebe gegeben; im ganzen habe Piaskowski damals 100 Peitschenhiebe bekommen. Es wird dann wieder.in der Beweiserhebung fortgefahren, die sich jetzt dein Fall Ehrlich zuwendet. Hier werden drei verschiedene Züchtigungen erörtert, doch sind Gegenstand der Anklage nur die erste und die dritte. Wegen Fluchtabsichten bekam Ehrlich 50 Hiebe, von Breithaupt 25 mit dem Spazierstock und von Engels 25 mit der Pritsche. Die An- klage behauptet, daß hier im ganzen sogar 75 Hiebe gegeben worden seien, aber Breithaupt bestreitet das, so sehr er sonst geneigt sei, lieber ein paar Hiebe mehr einzuräumen". Vors.: Kamen Ihnen denn keine Bedenken, mit dem Spazierstock zu schlagen? Angekl.: Nein. Bei einer anderen Gelegenheit gab er dem Ehrlich gleichfalls Hiebe mit dem Spazierstock, docl,höchstens 25", weil Ehrlich, den er vor Gericht alssehr rohen Patron" bezeichnet, den Trcnske geschlagen habe. Die dritte Züchtigung diktierte er dem Ehrlich nach einer Flucht zu, 50 Peitschenhiebe, die Engels und Wrobel verabreichten. Daß Ehrlich im Arrest, der dann über ihn verhängt wurde, zwei Nächte mit auf dem Rücken gefesselten Händen zugebracht habe, bestreitet Breithaupt. Auch den Vorwurf, daß er Ehrlich, nachdem er bei der Arbeit einen Bruch eines Mittelsuß- knochens erlitten hatte, sogleich habe weiter arbeiten lassen, weist Breithaupt zurück. Ehrlich selber habe es im Bett nicht aushalten wollen, und auf eigenen Wunsch sei ihm erklärt worden, dem Kal- faktor bei der Arbeit zu helfen. Engels gibt die Ausführung dieser Züchtigungen zu. Von der zkveiten Züchtigung, die auf Breithaupts Konto allein kommt, weiß Engels nichts. Da aber Breithaupt selber sie erwähnt und eingc- X&pnt hat,, sp. bemerkt Staatsanwalt Reiner, die Staatsanwaltschaft iei nicht den Angaben der Zeugen gefolgt, sondern denen von Engels, weil sie die für glaubwürdiger gehalten habe. Wrobel gibt die Beteiligung zu, bestreitet aber, daß Ehrlich im Arrest mit den Händen aus dem Rücken gefesselt worden sei. Brosinskh bezeichnet Ehrlich als einen widerspenstigen Burschen, der gelogen und andere zur Flucht zu verleiten gesucht habe. Zögling Ehrlich erklärt in seiner Zeugenaussage, es wäre in Mieltschinja so weit ganz gut gewesen, wenn nicht die Hiebe ge- wescn wären". Nach seiner Bestrafung wegen Fluchtabsichten habe er zwei Tage im Arrest nichts zn essen gehabt, weil er das ihm gc- reichte Brot nicht habe essen können. Für die Nacht habe man ihm mit einerAcht" die Hände auf den, Rücken gefesselt, so daß er nicht hätte liegen können, wenn er nicht, die Beine anziehend, die gc- fesselten Hände unter ihnen hinweg nach vorn gezwängt hätte. Als ihm später ein Fluchtversuch mit Winkler und Karnal zunächst gelungen, sie aber dann wieder ergriffen worden seien, habe Breit- Haupt sie schon außerhalb der Anstalt mit Prügeln empfangen und mit seinem Wcichselstock cingchauen, so daß er Winklcr unter dem Auge traf, lieber eine frühere Züchtigung sagt Ehrlich,� er habe 50 Hiebe bekommen sollen, habe aber bei 20 falsch gezählt, und nun sei von.vorn angefangen worden, so daß er 70 Hiebe bekam. Seine Prügelei mit Drenske sei weiter nichts als eine Backpfeife gewesen, für sie dann Breithaupt ihn, dem Zeugen, mit dem Weickselstock ans das Gefäß geschlagen habe. Bezüglich des Bruches eines Mittelfußknochens bekundet Ehr- lich, Kreisarzt Dr. Boehnke aus Witkowo habe die Sache für nicht schlimm erklärt und einen Verband angelegt, und schon nach drei bis vier Tagen habe dann er. Zeuge, wieder anfstehcn und dem Kalfaktor helfen müssen. Allerdings habe er nicht gesagt, daß er noch Schmerzen hatte. Vors.: Warum nicht? Zeuge: Weil ich fürchtete, daß ich Hiebe kriegen tvürdc wegen Arbeitsverweigerung. Dem Angekl Brosinskh bestätigt Zeuge, daß er gut zu den Jungen gewesen sei und ihnen sogar manchmal seine Stulle gegeben habe. Sachverständiger Dr. Bernstrin hat in Mieltschin vci Ehrlich Narben gesunden, vermag aber nicht zu sagen, ob die Verletzungen durch Stockhiebe oder durch Peitschenhiebe entstanden sei» können. Sachverständiger Dr. Eteinbrück. der den später nach der Anstalt Warsow(bei Stettin ) überwiesenen Ehrlich dort behandelt hat, be- merkte gleichfalls nock Narbe» und fand vor allem den Bruch des Mittelfustlnochens noch ungehcilt. Lehrer Hentjchel hat in Lichten- berg Ehrlich nicht für gewalttätig, sondern für einen rührigen Menschen gehalten, der nach Ausweis der Akten allerdings zum Umhertrcifcen geneigt habe. Zu dem Fall Karnal, der dann herangenommen wird, erklärt Breihaupt, er gebe zu, daß er dem Zögling Karnal wegen Flucht durch Engels 50 Peitschen- hiebe habe geben lassen und daß Karnal noch mehrfach und von ihm selber geschlagen»vordcn sei. Aber es sei ausgeschlossen, daß Breithaupt ihm, wie die Anklage behauptet, einmal 50 Stockhiebe gegeben habe.Ich nehme." sagt er,ja ganz gerne auf mick», daß ich 20, auch 25 Stockhiebe gegeben haben kann, aber Über 25 niemals". Für Karnal, der ein flinker Junge sei, habe er immer eine besondere Sympathie gehabt, und es habe ihm, dem Breit« Haupt,immer weh getan, wenn 5iarnal gezüchtigt werden mußte". Karnal habe ihm einmal unmittelbar nach einer Züchtigung gesagt: Herr Pastor, ich danke Ihnen, uft habe«8 verdient, ich will wieder artig sein." Als Br. Zweifel äußerte, habe Karnal erklärt:Herr Pastor, ich wette mit Ihnen um eine Kiste Zigarren." Br. ver- sicOent, er have überhaupt zu seinen Jungen mit wenigen Aus- nahmen in einem durchaus vertraulichen Verhältnis gestanden, Brosinökv bestreitet, daß er bei einer Abstrafung Karnals mitgc schlagen habe; er habe ihn nur gehalten, um ihn am Entweichen zu hindern. Zögling Karnal beginnt seine Zcugcnausiage mit der Klage, in Mieltschin sei es ihm immer schlecht gegange», nur«in paar Tage sei es nygl gut gewesen. Auch er wurde einige Male ge-