frt Set JuNgfcricheiSe unS am Kanal herumzutreivM pflegk. Von diesen Leuten werde die Gegend zu allen Zeiten auch jetzt noch unsicher gemacht. Auf Vernehmung der Frau G ä r t» er wird von der Ver- teidigung verzichtet, weil der Mann der Zeugin ein Ausländer ist und sie sich vor der Rache fürchtet. Mitzhanblungen. Schlosser Fiedler hat folgende AeoSichiungeu genmchr Eine Schutzmannskette vertrieb die Leute, welche in der Erasmus- strcche vor den Haustüren stauben. Die Leute verhielten sich ruhig. Aujjer ihnen war auch kein Publicum auf der Strasse. Ein Manu kam ganz allein des WegeS. Als er die SchutzmairuSkette sah, ver- steckte er sich hinter einem Gerüst. Da kamen zwei Kriminalbeamte nnd schlugen den Mann mit Stöcken. Nun kamen»»<< zwei nni- formierte Schutzleute hinzu und schlugen mit dem Säbel auf den Mann ein. Schliesslich kam auch noch ein Poll-eileuinant hinzu und versetzte dem Mann auch noch einige Säbelhiebe. Leute, welche dies vom Balkon aus mit ansahen, wiesen t Ed ist nicht genug, daß die Kriminalbeamte!» und die Schutzleute schlagen, jetzt schlägt sogar ein Leutnant. Run verlangten die«chutzleute, daß die Leute vorn Balkon gehen und drohten, sie wttrden sonst schieben. Der Leutnant sagte: Wenn die Leute nicht vom Ballo'- gehen, dann würde er ihre Wohnung räumen lassen. Ferner gibt der Zeuge an: Ein Leutnant, der eine Schutzmannskette führte, komman- dierte: Säbel raus! Die Schutzleute zo�-n blank, riefen: Hurra, Hurra! nnd jagte» hinter den cin.zclilen Mer'ch«n her, die ans der Strahe waren. Zwei Leute wurb.n dabei mit dem Säbek nieder- geschlagen. In einem an*?«!! Falke hat der Zeuge gesehen, daß ein einzelner Mann, der ruhig die Strasse entlang ging, von einem Schutzmann mit dem Säbel geschlagen wuri Dabei rief der Schutzmann: Willst Du machen, dass Tu nach Hause kommst! Der 17jährige Glaser lehrling Renzeh ausen hat sich aus den Ausruf des Polizeipräsidenten als Zeuge g«° meldet. Der Ze:ge hat sich mehrfach in nächster Nähe der� Schutz- Iciile aufgehalten und ist ririk ehelligt in Begleitung seines 12jährigen Bruders h'nter SchutzmannSketten� hergegangen, welche Menschenansammlungen vertrieben. Er sagt, die Menge habe ge- schrien', die Schutzleute beschimpft, aber daß die Schutzleute ge- schlagen haben, hat er nicht gesehen. Einmal in der Rostocker Strasse sah er, daß Schutzleute über die Köpfe der Menge schössen. Die Leute sr-n von den Sckmtzleulen"ertrieben worden, seien aber immer wiedergekommen, halten geschrien, geschimpst und auch ge- warfen, auch Laternen seien«nlzlvei gewo/sen worde''..Weiter erzählt der Zeuge, sein ileiner Bruder wollte in ,. S-'Vosiockcr Strasse ein Ei sei, stuck aufheben. Da kam ein Strolch.Eu sagte: Laß das liegen, das brauchen wir heute abend. An der Ecke der Wittstocker Strasse standen ein paar Kerle, die hatten die Taschen dick voll Steine und sagten, wenn jetzt ein Schutzmann vorbeikommt, kriegt er ein Ding in die Fresse und wir machen uns dünne. Stellmacher Keller sagt u. a.: An der Eckender Tiinn» und Bcusselstrahe wollte ein Mann ruhig an den Schutzleuten vorübergehen. Ein Polizeiosfizier stieß de» Mann mit dem Knie ins Kreuz. Der Mann siel zu Boden, stand wieder auf und sah sich um.» Nun gingen einige Schutzleute aus ihn zu und er inachte, dass er weiterkam. Auf der Gotzkowsktiorücke trieben die Schutz- leute ohne Veranlassung die wenigen Passanten zurück und schlugen init den» Säbel auf sie ein. Dabei erhielt eine Frau einen so kräftigen Säbelhieb in die Seite, dass sie lmit weinte. Auch ein Munn wurde bei dieser Gelegenheit geschlagen. Lehrer und Organist Siebcrt hat teils von seiner Wohnung, teils als Strasscnpassant die Vorgänge auf der Strasse an inehreren Dogen beobachtet. Er ist der Meinung, dass der Polizei kein Borivurf gemacht werden könne. Sie habe sich der auf- geregten, schimpfenden und schreienden Menge gegenüber ruhig und sachgemäss verhalten. Am 24. September habe die Menge versucht, einen Arrestanten aus der Gewalt von drei Schutzleuten zu be- freien. Die Schutzleute hätten de» Mann laufen lassen und die Wenge sei darauf in ein BeifallSgeheul ausgebrochen. Am Abend des 29. ist der Zeuge auf dem Nachhausewege in eine lärmende Menge geraten. Junge Leute zertrümmerten die Laternen, die Wiclefstrahe war infolgedessen ganz dunkel, aber kein Schutzmann loar in der Nähe. Als später cvchutzleute kamen, verzog sich die Menge. Ein einzelner junger Mann, welcher der Aufforderung eines Schutzmannes, weiterzugehen, nicht Folge leistete, wurde mit dem flachen Säbel geschlagen. Der Mann wandte sich mit der Faust gegen den Schutzmann, der Schutzmann wehrte sich mit Faustschlägen und der Mann fiel daraus hin wie leblos. Nun wurde von allen Fenstern auf die Schutzleule geschimpft. Man rief auch: Tragt ihn poch zu dem Pfaffe» I Schliesslich stand der am Boden Liegende wieder auf und wurde fortgebracht. Am 27., sagt der Zeuge, wurde an der NeformationSkirche die Menge von den Schutzleuten vertrieben. Als die Leute dann wieder zurück- kamen, gab es blutige Köpfe. Ebenso war c? am folgenden Tage. Auch vom Balkon sei geworfen worden und daraus hätten die Schutzleute verlangt, dass die Leute vom Balkon geben. DaS scharfe Vorgehen der Schutzleute am Dienstag und Mittwoch habe zur Folge gehabt, dass es an den näckssten Tagen verhältnismässig ruhig war. Ein Geichäftsmann, der auf Arbeiterkundschaft angewiesen sei, habe seine Töchter dahin instruiert, dass sie nichts sagen sollten, wenn sie von Kriminalbeamten gefragt werden. Diesen Rat des Vaters hätten die Töchter auch befolgt. Auf Be- Befragen des Vorsitzenden gibt der Zeuge an, er habe nicht ge- sehen, dass einzelne Personen geschlagen wurden. Nur wenn sich verdächtige Leute ansammelten, sei es vorgekommen, dass sie von den Schutzleuten mit dem Säbel geschlagen wurden. Wäscherin Frau Kunze la»i am 28. um 7 Uhr mit ihren Kindern von der Arbeit. Als sie die Sickingenstrasse passierte, waren viele Schutzleute und auch viel Publikum da. Es hiess, die Feuerwehr kommt. Da zogen die Schutzleute blank und hieben aus die Menschen ein. Auch die Kinder der Zeugin bekamen Hiebe und stürzten zu Boden. Als die Attacke vorüber war, nahm sich die Zeugin ihrer Kinder an, suchte ihre Hüte vom Erdboden auf und ging nach Hause. Dann ging sie wieder auf die Strasse, um Einkäufe zu machen. Sie fragte einen Polizeileutnant, ob sie ungehindert weitergehen könne. Der Leutnant sagte: Ja, gehen Sie»ur! Als die Zeugin einige Schritte gegangen war, kam ein Schutzmann hinter»hr nnd rief ihr zu: „Hure, mach baß Du tvegkommst!'' Gleichzeitig bekam die Frau einen Säbelhieb. Bei dieser Gelegenheit sah die Zeugin noch, daß ein etlva sechzehn- jähriger junger Manu, der ruhig seines Weges ging, ohne Ver- anlassung von Kriminalbeamten geschlagen wurde, die sich hinter einem Gerüst versteckt hatten. Diese Kriminalbeamten schlugen mit ihren Stöcken jeden, der vorbeikam und etwas sagte. Ein junger Mann, der vorbeikam, der weder etwas gesagt noch getan hatte, bekam von einem Kriminalbeamten eine Ohrfeige. Später stand die Zeugin vor der Haustür, um ihren Mann zu erwarten. Bei ihr standen noch einige andere Hausbewohner. Als sich Schutz- leute näherten, gingen die Bewohner alle ins HauS und schloffen die Tür und zogen sich in den Hintergrund des Hausflurs zurück. Da schlug ein Schutzmann die Tsirscheibe ein. Schlosser Unverzagt gibt an, dass er am 26. September gegen Abend, als Schutzleute gegen das Publikum in der Sickingenstrasse vorgingen, in das Lokal von Lanzerat hinein- getrieben wurde. Als er drin war, habe draußen ein Schutzmann gerufen:„Wer rauskommt, wird niedergeschlagen!" Gleich ldarauf kamen die Schutzleute herein und trieben die Gäste hinaus. Mich packte ein Schutzmann am Halse und würgte mich. Aber damit nicht genug, ich bekam auch noch einen Fußtritt, und der war sehr wuchtig, denn die Schutzleute tragen bekanntlich keine Wallschuhe.— Vorsitzender: Solche Bemerkungen können Sie unterlassen.— Weiter sagt der Zeuge: Ich lief nun Schleunigst fort, sonst hätte ich noch mehr bekommen. Auf der fefcwfce ich ohnmächtig. jy| ich g>iej>er zu Wir gekommen war, ging ich nach der Polizeiwache in der Waldstrasse und be- schwerte mich dort bei dem Polizeikeutnant. Der sagte aber zu mir: „Tns schadet Ihnen gar nichts. Wenn Sie noch mal dahingehen, wo Radau ist, dann kann es Ihnen noch schlimmer gehen." Bei emerc anderen Gelegenheit hat der Zeuge gesehen, dass an der Ecke der Turm- und Oldenburger Strasse ein Manu, der ganz allein debertam, von Schutzleuten niedergeschlagen und,«l? er am Boden lag, noch getreten wurde. Hier hat der Zeuge auch einen Mann in Zivil gesehen, der sich inmitten des angesammelten Publikums befand und Bluthunde rief. Wenn die Menge dann von Schutzleuten vertrieben wurde, stellte sich dieser Mann ans HauS, erhob den Arm und die Schutzleute ließen ihn unbehelligt. Daraus schliesst der Zeuge, daß es sich um einen 51riminalbeamten handelte. An der Ecke der Turm- und Beuffelstrasse sah der Zeuge einen Taubstummen, der Zeichen mit der Hand machte. Ein Kriminalbeamter erhob drohen den Stock und rief dem Taub- stummen zu:„Verfluchter Lausejunge, mach, daß T« wegkommst!" — Infolge einer Bemerkung der Vorsitzenden macht Rechtsanwalt Ros en fe ld darauf ausmerksam, dass die Angabe dieses Zeugen betreffs des Kriminalbeamten, der Bluthunde rief usw., mit den Beobcuhtungen des Zeugen Oslath genau übereinstimmt. Obertelegraphenassistent Eifert schildert das Verhalten der Poiizei als tadellos und einwandfrei und sagt unter anderem: Als Arbeiter das Strassenpflaster ausbesserten, welches verher aufgerissen war. habe ein Mann zu den Arbeitern gesagt: Willem, man n:ch so feste, heute abend brauchen wir det wieder.— Rechtsanwalt Rosenfeld fragt den Zeugen, ob er wisse, dass ein Oberpostassistent» der Blnthnnde rief, sistiert, aber nicht angeklagt wurde. WeShalb sind Sistierte nicht angeklagt? Im Anschluss hieran beantragt RechtsanwaltLieb- knecht, die Akten einzufordern über alle Fälle, wo Leute wegen flrafbcrer Handlungen sistiert, aber kein Verfahren gegen sie eingeleitet wurde. Die Staatsanwaltschaft habe ja darauf hin- gewiesen, dass ihr über 266 Straftaten angezeigt worden seien, dass sie aber nur die verhältnismässig wenigen Anfälle gegen die An- geklagten vor Gericht gebracht habe. Auch der Fall W e i d e m a n n sei ja bekannt. Die Verteidigung sei der Meinung, dass die Staats- anwaltschaft aus anderen als �objektiven Gründen diese Auswahl getroffen habe. Die Staatsanwaltschaft habe augenscheinlich den Anschein erwecken tvollen, als ob nur organisierte Arbeiter Straf - taten begany-en haben.— Erster Staatsanwalt: Die Leute, die vernommen wurden, waren alle verwundet. Wir haben in den Fällen, wo kein Strafverfahren eingeleitet wurde, nicht ge- fragt, welchem Stande die Leute angehöreu und ob sie organisiert sind. Es waren alles Verwundete, bei denen das Verfahren ein- gestellt worden ist.— Rechtsanwalt Cohn: Ich erweitere den� Antrag des Kollegen Liebknecht dahin, dass der Polizei- Präsident und der Kriminalkommissar Kuhn darüber vernommen werden, dass in zahlreichen Fällen Personen deshalb nicht der Staatsanwaltschaft übergeben wurden, weil sich herausgestellt hat, daß sie zwar strafbare Hand- l u n g e n begangen haben, dass sie aber Beamte sind. Gleich- zeitig beantrage ich, vom Landgericht I, sowie von den Amts- gerichten Berlin-Mitte und Cbarlottenburg die Akte» einzu- fordern über alle Strafverfahren, die aus Anlaß der Moabiter Vorgänge anbängig gemacht worden sind. Dadurch soll bewiesen werden, daß die Auswahl der Angeklagten nicht nach objektiven Gesichtspunkten, sondern nach der Stellung der betreffenden Per- sonen erfolgt ist.— Rechtsanwalt Rosenfeld: Der Fall des Angeklagten Weidemann beweist doch, dass das Verfahren gegen ihn nur. weil er der Sohn eines Kriminalbeamten ist, eingestellt werden sollte, wenn er 25 M. an die Kasse der Scbutzmannschaft zahlt. Bei dem Oberpostassistcnten scheint es ebenso zu liegen. Dieser ist unmittelbar, nachdem er Bluthunde gerufen hatte, sistiert wvrden Als sich herausgestellt hatte, dass er Oberpostassistent ist, wurde er freigelassen.— Rechtsanwalt Cohn: Daß die Staatsanwaltschaft nicht objektiv zu Werke gegangen ist, das werden die Akten im Falle Weidemann ergeben. Aus den Akten ist zu er- sehen, dass die Anregung, den Strafantrag gegen Weidemann zurück- zunehmen, wenn er 25 M. an die Schutzmannskasse zahlt, von der Staatsanwaltschaft ausgegangen ist.— Erster Staatsanwalt: Die Anregung, den Strafantrag gegen Weidemann zurückzunehmen, ist lediglich deshalb erfolgt, weil er seinen eigenen Vater beschimpft hat. Wir haben diesen Fall dem Polizeipräsidenten unterbreitet und ihm anheimgestcllt, zu ertrügen, ob eS nicht an- gebracht ist, von einem Strafverfahren Abstand zu nehmen, wenn Weidemann sich bereit erklärt, eine Busse zu erlegen. Von einer bestimmten Summe ist dabei keine Rede gewesen.— Rechts- anwaltCobn: Es ist dabei die Rede von einer Zuwendung an die Kasse der Schuhmannschaft, ohne Nennung einer Summe. DaS Gericht zieht sich zurück, um über die soeben gestellten An- träge der Verteidiger zu beraten. Nach kurzer Beratung verkündet der Vorsitzende den Beschluß: Sämtliche Anträge werden abgelehnt, weil sie mit dem gegen die Angeklagten schwebenden Verfahren in gar keiner Beziehung stehen und für die Entschließung des Ge- richts von gar keiner Bedeutung sind. Damit schließt die Sitzung. Am Montag 9% Uhr werden die Verhandlungen fortgesetzt. vie Hölle von Mieltlchin. Gestern wurde zunächst in der Erörterung des. Falles Winkler fortgefahren. Zeuge Ehrlich, der in Mieltschin mit Winkler und Karnal einen Fluchtversuch gemacht hat, schildert den Vorfall, der bei ihrer Wiedereinliefcrung sich ereignete. Auf dem Wege vom Bahnhof zur Anstalt sei Brcithaupt ihnen entgegengekommen und habe so- fort mit seinem Spazierstock eingehauen, besonders auf Winkler, obwohl der sich bei dieser Gelegenheit keineswegs frech benommen habe. Zeuge bekundet weiter, Winkler habe einmal, weil er beim KartoffelschLlen sich gesetzt hatte, von Engels über 56 Hiebe mit der Klopfveitsche erhalten, die damals noch länger gewesen sei. Vor dem Untersuchungsrichter hat Ehrlich noch angegeben, dass Winkler 56 Hiebe wegen Sprechens und 66 Hiebe wegen Brotdiebstahls be- kommen habe. Er hält auch diese Angaben aufrecht. Zeuge Karnal macht über den Empfang nach der Wieder- crgreifung dieselben Bekundungen. Winkler habe gelacht, als er den Pastor kommen sah, aber keine freche Acußcrung getan, und dennoch habe der Pastor auf ihn eingrliauen. Im Arrest sah Zeuge den Winklev, wie er mit der großen Kette angeschlossen war. W. habe weder sich setzen noch sich legen können, schliesst Karnal aus Beobachtungen, die er mal bei dem in gleicher Weise angeschlossenen Zögling Preuße gemacht hat.— Verteidiger Rechtsanwalt Hirsch- seid: Fanden Sie es nicht in Mieltschin immer noch besser, als in Ihrem jetzigen Aufenthalt?— Zeuge: Ja, besser war'S da, bis auf die Prügel. Ich bin jetzt in der Anstalt Skicklingen. Da kriegen sie auch Keile, aber nur, wenn sie nicht arbeiten wollen. Der Zögling Pckel hat gesehen, wie Winkler noch bei seiner Entlassung aus dem Arrest ein blaneS Ange hatte. Bei einer Be- strafung habe Winkler um Innehalten gebeten, Breithaupt aber habe gesagt:„Ach waS, immer weiter!" Auch Pekel hat vor dem Untersuchungsrichter noch manches mitgekbilt, was ihm jetzt nicht mehr so erinnerlich ist, aber auf Vorhalten von ihm bestätigt wird. — Vors.: Aus den Sch'ägen machte Minkler sich wohl nicht viel? — Zeuge: Er biß die Zähne zusammen und krümmte sich dann immer noch ein bisschen.— Pckel bestätigt, in Mieltschin sei eS „sonst ganz gut" gewesen, bis auf die Schläge. Er selber ist als Erster geschlagen worden, und die gebrauchte Peitsche wurde nach ihm„Pckel" genannt. Wiiikler schildert noch eine Züchtigung, die im Arrest an ihm vollzogen wurde, während ihm die Hände gefesselt waren. Ter Herr Pastor habe mit einem Stock ihn ins Gesicht und über die Hände geschlagen, so dass Winkler laut aufschrie. Breithaupt erklärt daS für unwahr. Zögling Keilich klagt, ihm habe es in Mieltschin nicht gefallen, wieder nur wegen der Prügel. Auch er sei gezüchtigt worden, einmal mit 25 Peitschenhieben wegen Sprechens bei der Arbeit, nnd dann:„Man mnßte da? immer mit ansehen!" Bestrafungen Winklers sah er mehrfach mit an und bei einer mußte er ihn halten. Ein Zögling hatte dem Winkler Brot geschenkt, dafür bekamen sie beide ihre Hiebe, der. der's ihm geschenkt hatte, und Winkler, der's gegessen hatte. Für ein anderes Stück Brot, das Wintler sich einmal angeeignet hat. gab es 75 Peitschenhiebe. Als Winkler mit einer neuen, vom Ausseher Lostander gefertigten Peitsche gezüchtet wurde, kamen Pastor Breithaupt und Schwester Olga und„sahen sich das an". Vors.: Da wurde wohl die neue Peitsche eingeweiht?— Zeuge: Ja. Es war eine zusammengeflochtene Klopfpeitsche. Winkler schrie.— Angeklagter Schüler: Sie sagten mir mal, in Mieltschin gefalle es Ihnen Jchcm deshalb besser, weil hier die Beamten mehr Autorität hätten, in Lichtenberg aber seien die Aufseher eigentlich gar keine Aufseher.— Zeuge: Das bestreite ich.— Staatsanwalt Reiner erklärt, die Frage nach den Schläge« auf die Fußsohlen sei ihm besonders wichtig. Keilich hat solche im Fall Winkler nicht beobachtet. Wrobel sagt, wenn so etwas vorgekommen sei. so sei es„gewissermaßen nur wegen Etrampelns" geschehen.— Vors.: Gel. ssermassen nur wegen Strampelns? Soll daS heißen, dass Sie dachten: Nun, wenn er es nicht anders haben will, dann kriegt er es auf die Fusssohlen?— Wrobel: Jawohl.— Wrobel hat im Oktober 1909 Anzeige gegen Breithaupt eingereicht und darin auch von Schlägen aus die Fußsohlen gesprochen. Im Dezember hat er dann vor dem Untersuchungsrichter erklärt, das habe er our im Aerger angegeben. Zögling Krüger bekundet, dass mehrfach auf die Fußsohlen geschlagen worden sei. Das habe nicht nur Winkler, sondern auch Schwarzenberg erdulden müssen. Schlvarzenberg habe nicht die Füße gehoben, dennoch habe der Herr Pastor besohlen:«Nun auf die Fusssohlen!" Winkler sei einmal in der Scheune gepeitscht worden, wobei er sich über die Krippe legen mußte. Zeuge gibt an. auch ihn selber habe der Pastor wegen unbegründeten Flucht- Verdachts schlagen lassen, und zwar durch BrosinSktz. Dieser be- streitet das und hebt hervor, dass er hier von Anfang an erklärt habe, nie geschlagen zu haben.— Vors.: Dieser Fall steht gar nicht zur Anklage. Für Sie handelt eS sich wohl nur um Ihre Ehre?— Brosinsky: Jawohl.— Zeuge Krüger gibt weiter an, bei einer Züchtigung habe Winkler unaufgefordert zu zählen begonnen, da habe Engels gerufen:„Mund halten! Dich schlage ich, so lange ich den Arm rühren kann!— Ueber das Sitzvcrbot sagt Brcithaupt, das sei keine besondere Strafe gewesen, sondern habe eben zur Strafkolonne gehört.— Vors.: Wie dachten Sie sich denn das. nun, wenn ein Zeuge bei der Arbeit nicht sitzen durfte und auch beim Essen nicht sitzen durfte. Welches Bild machten Sie sich denn, wie einem solchen Jungen zumute sein mußte?— Breithaupt: Es wurde mit dieser An- ordnung in Wirklichkeit gar nicht so scharf genommen.— Engels: DaS war nur angeordnet worden, um das Ausreißen zu ver» hindern. Tie Jungen sollten ordentlich müde sein. Daß auch Winkler einmal Schläge aus die Fußsohle« bekam, bestätigt Zögling Mertens. Er hat den Eindruck gehabt, dass Winkler. wenn er etwa die Füge hob, sie nur deshalb hob, weil die Schläge auf das Gesäß ihm zu weh taten. Zögling Bollbrrcht sah, dass Winklcr wegen verbotenen Spreche«? mehr als 36 Peitschenhiebe auf die Fußsohlen bekam. Zögling Schwarzenberg hat derartiges nicht bemerkt. Er be- kündet aber, dass Winklcr wegen jeder Kleinigkeit gefckjlagen wurde, z. B. einmal wegen eines Stückes Brot.— Vors.: Wie wirkte daS auf ihn?— Zeuge: Er hat schön gebettelt. Der ehemalige Zögling Piaskowski, der jetzt bereits beim Mili- tär steht und in Uniform erscheint, gibt an: In der geflochtenen Klopfpeitsche solle noch ein Stahldraht gewesen sein, das habe man wenigstens vermutet. Diese Peitsche, mit der zuerst Winkler ge- schlagen wurde, sei von Breithaupt„Winkler" getaust worden. Ein Arbeiter Janowitz, der in der Anstalt beschäftigt war, berichtet über den Empfang, den Mnkler, Karnal und Ehrlich bei ihrer Rückkehr von der Flucht von Breithaupt bereitet erhielten. Er sah, daß der Pastor den Winkler mehreremale»o« hiute« mit dem Stock schlug und ihn auch auf den Kopf traf. Kreisarzt Dr. Bochnke aus Witkowo , der in Mieltschin d«n Pastor Breithaupt persönlich näher getreten ist, wird als Zeuge und zugleich als Sachverständiger vernommen. Er hat von Breit- Haupt„im allgemeinen einen durchaus günstigen Eindruck gehabt"? Schon vor der Aufdeckung der Mieltschiner Zustände hat er mit Breithaupt über seine Erziehungsmethode gesprochen und dabei die Prügelstrafe als System verworfen. Breithaupt hat sich aber auf seine„Erfahrung" berufen und erklärt, ohne Prügel gehe es nicht.— Vors.: Er hatte ja nicht dir Spur von einer Ahnung, wie eS in FürsorgeerziehungSanstalten zugeht.— Breithaupt: Ich habe mich nicht so gegeben, wie wenn ich der Erfahrene wäre.— SllS der Vorsitzende ihm vorhält, daß gerade Dr. Boehnke al» Arzt schon seit langem ein grosse« Interesse für die Fürsorgeerziehung gehabt habe, erklärt Breithaupt mit erhobener Stimme: Ich bin fest überzeugt, wenn ich heute noch in der Anstalt wäre, käme ich ohne Prügel auS. Ich habe nichts von dem zurückzunehmen, was ich getan habe.— Vors.: Ob Sie etwas zurückzunehmen haben, das behalten Sie lieber für sich. Dr. Boehnke bekundet weiter, er habe Breithaupt militärisch kurz und sehr selbstbewußt gefunden. Auch habe Br. sich wohl manchmal von seinem Temperament hinreißen lassen. Nach den Zeitungsartikeln habe er sich sehr deprimiert gezeigt. Dr. Boehnke, der bei Bedarf als Anstaltsarzt benutzt wurde, hat verschiedene Zöglinge in der Anstalt untersucht, hat aber an ihnen keine erheb- lichcn Spuren von Prügeln gefunden.— Ein Beisitzer fragt: Suchten Sie sich denn die Zöglinge selber aus?— Dr. Boehnke: Stein, Breithaupt gab sie mir, doch sagte mir keiner etwas über Mißhandlungen.— Bei Winkl« hat Boehnke allerdings eine ganze Reihe von Prügelspuren gefunden, als er ihn nach den Veröffent- lichungen untersuchte. Er stellte bei ihm auch eine— Magenübrr» ladung fest, so daß er ihm strenge Diät verordnete. Zu dieser Magenüberladung bemerkt der- Vorsitzende: Er ist ja lange auf Wasser und Brot gesetzt gewesen, doch hat er sich auch heimlich andere Nahrung verschafft, da wag er wohl auS Hunger etwas viel gegessen haben.— Zu der Frage, ob die gebrauchten Peitschen gefährliche Werkzeuge im Sinne de» Gesetzes sind, erklärt Dr. Boehnke als Sachverständiger: Erhebliche Verletzungen sind möglich, eS kommt aber auf die Zahl der Schlage und auf ihre Art an. Ueber die Zahl habe ich nicht mit Pastor Breithaupt ge» sprachen. WaS ich in den Zeitungen darüber gelesen habe, hielt rch für Ucbertreibung.— Zur Sprache kommt noch, daß auch Dr. Boehnke einmal dem Winkler einen Arrest verordnet hat. Er habe das für nötig gehalten, weil Winkler nach seiner„Magen» Überladung" sich den ärztlichen Vorschriften nicht gefügt habe.— Magistratsrat Dr. Voigt hat als Mitglied der UntcrsuchungZ» koimnission der Stadt Berlin bei seinem Aufenthalt in Micltschin gefunden, dass„Winklcr sich mißhandelter stellte, als eS der Fall war". Winkler habe überhaupt den schlechtesten Eindruck auf ihn gemacht; daher habe er ihm nicht geglaubt. Sachverständiger Dr. Bernstein hält Winklcr für einen Psycho- pathen, der sich wohl einige Uebertreibungen zuschulden kommen lasse. Psychopathen seien cndeS milde zu behandeln, während in Mieltschin gegenüber Winkler v»» Milde keine Rehe gewesen sei.
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