©ewerhrcbaftlfchee. polfzcUicber Schutz für Verbrecher. Ein schweres Dasein Hat die preußisch-deutsche Polizei Heute im Zeitalter der Zarenbesuche, der Hintze, Ferber und sonstiger Streikbrecherkolonnenfiihrer. Mit Argusaugen hat sie darüber zu wachen, daß die Tageshelden von„Gottes "- und„Unternehmergnaden" kein schiefer Blick trifft. Wir wollen auch denen, die sich bei derartigen Anlässen besonders„aus- gezeichnet" haben, die verliehenen„Auszeichnungen" von Herzen gönnen; nur hat die Sache leider für das große Publikum einen schweren Haken: die Sicherheit von Person und Eigentum leidet darunter. Während die zum Schutze des Zaren zusammengezogene Polizei den: Verbrechertum, welches es gar nicht auf das Leben des Zaren, wohl aber auf das Eigentum anderer Leute abgesehen hat, hinreichend Zeit und Gelegenheit bot, seinem dunklen Gewerbe mit Erfolg nachzugehen, scheinen anderwärts Polizei und Gendarmen vor lauter„Schutz der Arbeitswilligen" keine Zeit mehr zu haben, sich um die schwersten Verbrecher und deren Steckbriefe zu kümmern. Einen drastischen Beweis hierfür, der auch zugleich ein grelles Licht auf die„Findigkeit" der Polizei wirft, brachte die Gerichtsverhandlung in Gießen ans Licht, wo der zwanzigjährige Friedrich Werner aus Kaiserslautern zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt wurde. Nachdem Werner alle seine Verbrechen, wie Raub- Mordversuch, Versuch eines Bombenattentats auf einen Bankier. die Dynamitexplosion im Friedeberger Rathaus und anderes mehr begangen hatte, kam er nach Köln . Hier war in der Maschinenfabrik von H. Kammelrath Cie in Köln- Müngersdorf Streik ausgebrochen, und unter den„nütz- lichen Elementen", die in der Streikbrecherkolonne des Agenten Ferber in dem bestreikten Betriebe arbeiteten, befand sich auch der Verbrecher Werner! Das Heitere an der Sache ist nun. daß Werner während der ganzen Zeit unter dem beson- deren Schutze der heiligen Hermandad gearbeitet hat! Bei einer Zahl von fünfundzwanzig streikenden Arbeitern war zeitweilig ein Aufgebot von sieben Gendarmen, drei Schutzleuten, zwei Ortspolizisten und zwei Feldhütern zum Schutze der Arbeitswilligen vorhanden. Tag und Nacht waren Gendarmerieposten vor und in der kleinen Fabrik aufgestellt; aber keiner der„Hnter der öffent- lichen Ordnung" fand den steckbrieflich verfolgteu Verbrecher Werner! Das blieb der Barmer Polizei vorbehalten, die den Burschen, nachdem der Streik beigelegt und die Arbeitswilligen- kolonne abgedampft war. verhaftete. Vierzehn Vertreter der bewaffneten Macht bei fünfundzwanzig Streikenden I— und dabei ist bei dem sieben Wochen dauernden Streik keine einzige Anklage erfolgt— aber keiner entdeckte den gesuchte» Ver- brecher! Verlin iincl Clmgegenci. Achtung, Mitglieder des Metallarbeiter-Berbandes! Bei der Wahl von vier neuen Angestellten, die am 13. d. Mts. stattfand, sind gewählt: Fritz Carl, Wilhelm Graewe, Carl S e l l r i ch und Gustav W e g e n e r. Deutscher Metallarbeiter-Verband. Ortsverwaltung verlin. Kündigung des Tarifs der Geldschrankschlosser. Die Arbeiter in den Geldschrankfabriken nahmen zu der Frage der Kündigung des Tarifvertrages Stellung in einer Versammlung, die am Sonntag morgen in Frankes Festsälen, Badstvaße, statt- fand. Der jetzige Vertrag wurde schon im Juni!9t>ö mit dem Deutschen Metallarbeiterverbande abgeschlossen, er wurde dann mit unwesentlichen Aenderungen im August 1999 erneuert. Damals brach ein Streik aus, da die Unternehmer Verschlechterunge» ein- führen wollten, lvährend die Arbeiter Verbesserungen erwarteten. Die Arbeiter klagen auch jetzt wieder, daß die Verhältnisse in mancher Beziehung sich verschlechtert haben und daß die Akkord- preise so niedrig gehalten werden, daß sie oftmals nicht den Stum- denlohn von 69 Pf. erreichen. Bei den großen Firmen wie P a n- z e r und A r n h e i m, besteht viel Unzufriedenheit unter den Ar- beitern. Sie sind es überdrüssig, von„schlechtem Geschäftsgang" zu hören und sich Abzüge gefallen zu lassen, wenn sie auf der andern Seite von hohen Dividenden hören, welche die Fabriken zahlen können. Die Vertrauensleute und die Kommission machten der Versaminlung keinerlei Empfehlung, die Arbeiter sollten selbständig zu der Frage der Kündigung Stellung nehmen. In der Diskussion erklärten sich alle Redner gegen die Fortdauer des bisherigen Ver- tvages; auch der Vertreter des H.-D. Gewerkvereins, Joseph, sprach sich für die Kündigung aus. Nach einer Ansprache des Ver- treterS vom Deutschen Metallarbeitervertande, Behrend, der betonte, daß eine Verbesserung der Lage der Arbeiter in den Geld- schrankfabriken notwendig geworden sei und errungen werden könnte, wenn die Arbeiter fest zusammenhalten und ein ernstes Bestreben darauf richteten, wurde die Abstimmung vorgenommen. Mit allen gegen 5 Stimmen wurde die Kündigung beschlossen. Der Vertrag läuft am 31. März 1911 ab. Die Versammelten wählten eine Kommission von zehn Mitgliedern, um die nächsten Aufgaben der Tarifbewegung vorzubereiten. Der Versammlung lag dann noch eine wichtige Frage, den Ar- beitsnachweis betreffend, vor. Der Deutsche Metallarbeiterver- band hat die folgende Aufforderung an die Schlosserinnung ge- richtet: „Die Berliner Schlosser-Jnnung hat den bisherigen paritäti- scheu Arbeitsnachweis in der Rückerstraße aufgehoben. In denselben Räumen, in welchen bisher der Nachweis der Innung war(Rückerstraße 9), ist nun seit dem 1. September 1919 «in neuer paritätischer Arbeitsnachweis errichtet worden. Dieser neue paritätische Nachweis ist allein maßgebend für unsere Or- ganisativn, und ersuchen wir alle Verbandsmitglieder, nur diesen Nachweis, Rückerstraße 9, zu besuchen. Jeder andere Nachweis ist zu meiden." Die Innung hat ihren Nachweis dem der Metallindustriellen dngegliedcrt und ihre Mitglieder durch ein Rundschreiben davon in Kenntnis gesetzt, daß der bisherige Nachweis aufgehoben sei. Gegen diese willkürliche und ungesetzliche Maßregel protestierten die Ar? beiter sofort und beschwerten sich dann bei der Gewerbedeputation. Von dort erhielten sie auch einen günstigen Bescheid; die Maßnah- men der Innung wurden nicht anerkannt, die Innung wurde ange- wiesen, erst einmal mit dem Gesellenausschuß zu konferieren. Die Konferenz soll am 18. Januar stattfinden.— Di« Versammelten waren mit der Aufforderung des Verbandes, nur den Nachweis in der Rückerstraße 9 in Anspruch zu nehmen, einverstanden.— Der Vorsitzende machte darauf aufmerksam, daß die Betriebsbesprechun- gen in der nächsten Zeit sehr wichtig sein werden und ersuchte die Anwesenden, für eine vollzählige Teilnahme an diesen Besprechun- gen lebhaft zu agitieren._ Der„konstitutionelle" Arbeitgeber k Die bürgerliche Presse durchläuft gegenwärtig ein Waschzettel des„ReichSverbandeS zur Bekämpfung der Sozialdemokratie". welcher aber nur unter Mitwirkung des Herrn F r e e s e. Jalousie- und Holzpflasterfabrik in Nieder-Schönhausen, um dessen Betrieb eS sich handelt, zustande gekommen sein kann. Selbstverständlich werden, wie nicht anders zu erwarten, die Dinge auf den Kopf ge- stellt. Zur Klarstellung der ganzen Sache ist folgendes zu sagen: Mit der Firma Freese wurde im Jahre 1995 vom Holz- arbeiterverband ein Vertrag für die Jalousie fabrik vereinbart. Dieser Vertrag wurde im Jahre 1997 von den Arbeitern des Be- 'ffexonttp. Vi-dakt.: Richard Barth , Berlin . Inseratenteil verantw., triebes bis zum Jahre 1911 verlängert; er läuft erst am 1. März 1911 ab. Im letzten Sommer wurde mit den übrigen Jalousie- fabrikanten Berlins ein neuer Vertrag vereinbart, der Herrn Freese gelegentlich einer Rücksprache durch einen Vertreter des Holzarbeiterverbandes überreicht wurde, und kam man dahin über- ein, daß dieser Vertrag bei den neuen Verhandlungen als Grund- läge dienen sollte. Weiter wurde vereinbart, daß die Verhand- lungen über das neue Vertragsverhältnis mit den Arbeitern des Betriebes vor sich gehen und im Dezember beginnen sollten. Un- wahr ist also, daß der Holzarbeiterverband der Firma Freese Forderungen übermittelt hat. Wahr dagegen ist, daß die übrigen Jalousiefabrikanten Berlins den Arbeitsnachweis des Deutschen Holzarbeiterverbandes anerkannt haben, sofern er in der Lage ist, innerhalb 24 Stunden geeignete Arbeitskräfte zu übermitteln. Das ist aber gar nichts Neues, da die Anerkennung des Verbands- Arbeitsnachweises von einer ganzen Reihe Arbeitgeberorganisa- tionen erfolgt ist. Im Oktober dieses Jahres fand nun eine Ge- burtstagsfeier statt, an welcher eine Anzahl Arbeiter des Freese- scheu Betriebes teilnahmen. Unter den Arbeitern kam es zu Aus- einandersetzungen über Dinge, die Herrn Freese nichts angingen. Herr Freese Erlaubte sich jedoch am anderen Tage, den Arbeiter- ausschuß vorzuladen, und wollte von diesem eine genaue Darstellung des privaten Streites haben. Der zweite Vorsitzende des Arbeiter- auSschusses zog es vor, Herrn Freese Auskunst nicht zu geben, in der Annahme, daß Herr Freese sich um diese Dinge gar nicht zu kümmern hätte. Herr Freese kündigte darauf diesem 13 Jahre im Betriebe beschäftigten Arbeiter das Arbeitsverhältnis. Als ein Vertreter des Holzarbeiterverbandes dieserhalb bei Herrn Freese vorstellig wurde, erklärte derselbe, daß bei der Kündigung einzig und allein persönliche Verhältnisse maßgebend gewesen seien, und erklärte sich auch bereit, an Stelle des Entlassenen ein anderes Mitglied des Holzarbeiterverbandes vom Arbeitsnachweis zu be- ziehen. Für den Holzarbeiterverband war damit die Angelegenheit erledigt. Das wurde auch in einer Versammlung des Betriebes, welche am 23. November stattfand, ausdrücklich festgestellt. In dieser Versammlung wurden nun verschiedene Mängel, welche auch im Betriebe des Herrn Freese noch vorhanden sind, besprochen, ins- besondere, daß, falls der Inhaber des„konstitutionellen Betriebes" ableben würde, man keine Sicherheit habe für die den Arbeitern gutgeschriebenen Gelder. Diese Besprechung fand statt unter den bei Freese beschäftigten Arbeitern, und wurte darüber nichts in die Oeffentlichkeit gebracht. Tagegen wurde sie Herrn Freese durch Zwischenträgerei bekannt, welcher dann Anlaß nahm, den Arbeiterausschuß aufs neue vorzuladen und diesem wie auch den übrigen Arbeitern zu empfehlen, ihren Austritt aus den„sozial- demokratischen Verbänden" zu erklären. Es kommen im Betriebe außer dem Holzarbeiterverband noch der Fabrikarbeiter-, Trans- lportarbeiter- und Metallarbeiterterband in Frage. Am 28. No- vember wurde eine Versammlung von den Verbänden einberufen und dort festgestellt, daß Differenzen irgendwelcher Art mit der Firma nicht beständen. Inzwischen waren die„Aasgeier des Schlachtfeldes", die Hirsche und Christen, auf dem Plane erschienen. Die Vertreter derselben gingen bei Freese ein und aus, um das Feld für ihre Verrätertaktik zu sondieren. Daß sie hierbei Glück haben würden, war vorauszusehen, und als Erfolg derselben darf folgender Anschlag, der am 3. Dezember erfolgte, gelten: „1. Infolge des auf der Generalversammlung vom 28. v. M. bekannten Vorgehens des„Deutschen Holzarbeiterverbandes", sehe ich mich genötigt, die Herren Beamten meiner Firma zu ersuchen, Mitglieder dieses Verbandes nicht mehr einzustellen. 2. Das gleiche gilt für: den Deutschen TranSportarbeiterver- band, den Deutschen Fabrikarbeiterverband und den Deutschen Metallarbeiterverband , die sich sämtlich dem Vorgehen des zuerst genannten Verbandes gegen mich angeschlossen haben. 3. Ist die Einstellung von Arbeitern in der Fabrik oder anderSwo nötig, sind die sich meldenden Personen nach ihrer VerbandszugehSrigkeit zu fragen. Ergibt sich, daß sie einem der vorgenannten Verbände angehören, so ist von der Einstellung Abstand zu nehmen. 4. Ich lege Wert darauf, daß bei Anstellungen möglichst die Mitglieder a) der deutschen Gewerkvereine(Hirsch-Duncker), b) der christlichen nationalen(evangelischen) oder christlichen Arbeiterverbände berücksichtigt werden. Sowohl beim Hauptgeschäft wie auswärts sind zunächst die Arbeitsnachweife dieser Organisationen zur Entsendung von Ar- beitern jeder Art aufzufordern. Bei auswärtigen Arbeitern ist es ratsam, den Bedarf an Arbeitern schon vorher bei dem Ar- beitsnachweis dieser Verbände anzumelden. Erst wenn diese nicht genügend Arbeiter beschassen können, dürfen Nichtorganisierte Arbeiter oder solche aus andere» Ver- bänden eingestellt werten unter Ausschluß der umstehend ge- nannten vier Verbände, die durch ihr rücksichtsloses und gewalt- tätiges Vorgehen den Frieden unseres Betriebes gestört haben. 5. Arbeiter, die nach§ 4 Absatz 1 der Arbeitsordnung ohne Kündigung emgestellt sind, sind vor Unterzeichnung des neuen Eintrittscheines zu fragen, welchem Verbände sie angehören. Das Ergebnis ist dem obersten Betriebsleiter vorzulegen, ehe die Unterzeichnung des Eintrittsscheines erfolgen darf.— Ich be- daure sehr, daß ich zu diesen Maßnahmen genötigt worden bin, deren gewissenhafte Ausführung ich allen Beamten besonders empfehle. Nieder-Schönhausen, den 3. Dezember 1919. (gez.) Freese." Der„Gewerkverein" und der gelbe„Bund" stimmen jetzt schon ein Freudengeheul über diesen neuen„Sieg" an und schimpfen gehörig über die sozialdemokratischen Gewerkschaften und ins- besondere über den Deutschen Holzarbeiterverband . Ob hierzu nach der gegebenen Darstellung irgendwelche Veranlassung vorliegt, darüber kann sich jeder Einzelne ein Bild machen. Auch darüber, ob es sich bei dem Vorgehen dieses„konstitutionellen liberalen" Ar- beitgebers um eine„empfindliche Niederlage der Sozialdemokratie" handelt. Von den Verbänden und den Arbeitern wurde weiter nichts als ihr gutes Recht ausgeübt, nämlich Agitation zu betreibe» und ihre Arbeitsverhältnisse zu besprechen. Interessant ist es, daß gerade Herr Freese, der seit lange» Jahren sich besonders viel auf seine„sozialpolitische Einsicht" zugute tut, in dieser Weise verfährt. Das Urteil hierüber überlassen wir gern der Oeffent- lichkeit. Die hartleibigen Bauunternehmer. Da? Einigungsamt des Gewerbegerichts in Potsdam an- gerufen haben die Bauunternehmer. Sie wollen sich den Eni- fcheidungen des Schiedsgerichls in Dresden gelegentlich der dies- jährigen Bauarbeiteraussperrung nicht fügen. Die Zulage von 5 Pf. innerhalb der Gültigkeitsdauer ist ihnen zu hoch Die Potsdamer Unternehmer möchten also ein Extrawürftchen haben. Beide Parteien haben dem Gewerbegericht bereits die Namen ihrer Unparteiischen eingereicht. Deuttebes Reick). Der Streik bei der Firma Wizemann in Obertürkheim , Fabrik für künstliche Butter, sogenannte Palmbutter, ist durch Unterhand- lungen mit den Beteiligten, Organisationen der Fabrikarbeiter und Metallarbeiter, am Mittwoch, den 15. Dezember, beigelegt worden. Ttz.GIvcke, Berlin . Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdr. u. Berlag»ansta0 Die schriftlich niedergelegten Abmachungen wurden zn re» sanunlung der Streikenden mit Mehrheit angenommen und erfolgt die Wiederaufnahme der Arbeit von einem Teil der beteiligten Arbeiter und Arbeiterinnen am Montag, den 19. Dezember. Die übrigen werden etappenweise wieder eingestellt, soweit sie nicht bereits anderwärts in Arbeit stehen. ZZuslanck. Die amerikanischen Baugewerkschaften bilden seit drei Jahren einen großen Verband, der der American Federation of Labor an- geschlossen ist. Die vielen heftigen Grenzstreitigkeitcn unter den einzelnen Verbänden und die dadurch bedingte Zersplitterung der Kräfte gegenüber den Unternehmern haben schließlich die Nolwen- digkeit erwiesen, sich zu einem alle Baugewerkschaften umfassenden Verbände zusammenzuschließen. Wie weit diese Vereinigung ge- diehen ist, wurde auf dem jüngst abgehaltenen Verbandstag in St. Louis gezeigt. Angeschlossen haben sich 29 internationale und 2 Staatsvcrbände, sowie 125 örtliche Zcntralkörper. Die Mit- gliederzahl beträgt 492 864._ H119 der Frauenbewegung. Die geschlechtliche Erziehung. Unter dey Führung priesterlicher Kulturträger hat die Psyche der Menschheit einen grotesken Purzelbaum geschlagen und das Geschlechtsleben offiziell in Acht und Bann getan und eine Erb- sünde daraus gemacht., Das Geschlechtsleben ist nach der herrschen- den Anschauung etwas Niedriges, Unanständiges und die Mehrzahl der Menschen, die vom Geschlechtsleben sprechen, können davon nur in ekelhaften, widerlichen Zoten sprechen. Das Geschlechtsleben und die Geschlechtsorgane an sich können gar nicht niedrig und irgendwie„sündhaft" sein. Sie dienen dem Leben, sie sind Ouellen des Lebens und daran ist gewiß nichts Schlechtes oder Verwerfliches. Tie geschlechtliche Erziehung unserer Jugend ist von falschen Anschauungen ganz und gar beherrscht und das Uebel, der Ge- schlechtsmißbrauch in jeder Form wird dadurch grenzenlos ge- fördert und Gesundung, Reinheit und„Reinlichkeit" des Ge- schlechtsleben» ganz unmöglich gemacht. Soll es anders werden— und es muß anders werden, das ist eine Kulturpflicht, daran müssen und daran können wir alle arbeiten— also, soll es anders werden, dann vor allen Dingen in die Rumpelkammer mit der „Erbsünde" und mit den Zoten, dann vor allen Dingen die An« schauung unserer Jugend vom.Geschlechtsleben umgewandelt in eine keusche, rein und reinliche— dann, erst dann kann der Miß- brauch selbst betänipft werden. Denn erst dann haben wir ihm den Boden entzogen, auf dem er heute so üppig gedeiht. Die Mütter haben es nun vor allen Dingen in der Hand hier umwälzend und bahnbrechend zu wirken und den Kindern eine natürliche und reine, eine ganz keusche Anschauung vom Geschlechts- leben zu geben. Tu heißt es allerdings zuerst: Fort mit allen Lügen! Fort mit allem Verstecken und Heimlichtun! Fort mit allen Zoten! Nie dulde die Mutter eine Zote, weder gegenüber sich, noch gegenüber dem Kinde, noch vom Kinde selbst! Nie dulde die Mutter, daß vom Geschlechtsleben zweideutig, unanständig, gemein gesprochen oder dieses als etwas Schmutziges, Gemeines dargestellt werde. Nie mache die Mutter ein Geheimnis aus den Geschlechtsdingen. Nie lüge die Mutter dem Kinde etwas vor vom Storch oder anderen albernen Dingen. Jede Frage des Kindes beantworte die Mutter ruhig und einfach ohne viel Getue mit reinem Gemüte, wahrheitsgemäß, entsprechend der AuffassungS- kraft des Kindes. Z. B. das Kind fragt die Mutter, wo es her- gekommen sei, dann antworte die Mutter: Sieh, so wie die Blumen aus der Pflanze wachsen, die Frucht aus dem Baume, so bist auch Du aus der Mutler herausgewachsen und deshalb bist Du mein liebes Kind, das ich so lieb habe. Man lasse die Kinder auch ruhig zusehen, wenn die Haustiere ihre Jungen werfen; hier» bei kann nian anknüpfen und der Kinder"Fragen beantworten. Die Mutter bedenke immer: wenn sie das Kind belügt und ihm nicht eine reinliche Anschauung vom Geschlechtsleben gibt, dann kommen aber totsicher andere und klären ihr Kind zu seinem großen Schaden in schmutzigster Weise auf. Und dann ist etwaS im Kinde zerbrochen und zertreten, was nie wieder gut zu machen und der Verführung zu geschlechtlichen Verirrungen und Lastern ist ein Weg bereitet, der nicht so leicht wieder verbaut werden kann. Gerade die schmutzige Aufklärung ist häufig die Ursache, daß namentlich die Knaben sehr frühzeitig der geschlechtlichen Aus- schweifung verfallen und damit auch den ekelhaften und gefähr- lichen Geschlechtskrankheiten, während die jungen Mädchen nicht selten durch ihr vages Halbwissen, das gewipenlose Schurken aus» nutzen in Schande und Not getrieben werden. Sobald das Verständnis der Kinder es zuläßt, etwa mit Ein» tritt der geschlechtlichen EntWickelung vom 12., 13. oder 14 Jahre an, erkläre die Mutter den Kindern die Wichtigkeit, die große Bedeutung der Geschlechtsfunktion hinsichtlich der Fortpflanzung. Sie sage ihnen aber auch, daß die Geschlechtsfunktion auch die Aufgabe habe, die Nervenkräftc der erwackssenen Menschen zu. erhalten und zu steigern. Sobald aber der Mensch mit der Ge» schlechtsfunktion Mißbrauch treibe, also ausschweifend lebe, würden seine Nervenkräfte in schädlicher Weise verbraucht, schädlich für ihn und seine Nachkommen, während ein gesundes, mäßiges Geschlechts« leben ihn und die Nachkommenschaft sehr fördere, ihn und die Nachkommen zu starken Menschen mache. Die Erziehung muß in den Kindern, namentlich auch in den Knaben ein starkes geschlecht« liches Verantwortlichkeitsgefühl wecken, die feste Ueberzeugung: als vernünftiger und sittlicher Mensch bin ich für jeden Geschlechts. akt verantwortlich, niemals darf ich Geschlechtsmißbrauch treiben, jeder Geschlechtsmißbrauch ist eine Kulturschande. Erreicht die Mutter durch ihre Erziehung das, dann hat sie erreicht worauf es ankommt: reines, gesundes Denken und reine? gesundes Handeln in allen Geschlechtsdingen. Dann hat die Mutter eine Kulturtat allerersten Ranges geleistet. Denn ein gesundes Ge- schlechtsleben trägt ungemein dazu bei das Proletariat körperlich und sittlich stark zu machen. Und das starke Proletariat allein kann die politische Macht erobern und behalten und den Kapita» lismus stürzen. Also, ihr Mütter, voran in den Kampf gegen den Geschlechtsmißbrauch. Eure Kinder aufgeklärt und zu reioe.»- starken Menschen erzogen. letzte JVachrkbtcn. Drei Kinder erstickt. Köln , 19. Dezember. (W. T. B.) In W i e S d o r f sind heute nachmittag drei Kinder eines Arbeiters, die vermutlich mit dem Ofenfeuer gespielt. hatten, in der Wohnung erstickt. Die Mutter, die die Kinder auf kurze Zeit allein gelassen hatte, fand bei ihrer Rückkehr'die Stube verqualmt, die Ofenbank brennend und die Kinder leblos i» einer Ecke vor. Verzollung von Taschenfeuerzcugen. Paris , 19. Dezember. (W. T. B.) Die Deputierten» kammer hat den Gesetzentwurf betreffend die Verzollung von eingeführten Taschenfeuerzeugcn, Anzündern für Gas- und Azetylcnlicht, Zündhütchen und anderen Materialien, die zu deren Herstellung dienen, mit 445 gegen 65 Stimmen angenommen. Verhängnisvoller Gerüsteinsturz. Budapest , 19. Dezember. (B, H.) In der Wienstraße stürzte heute nachmittag das Gerüst eines Neubaues ein, wodurch ein Arbeiter getötet, drei schwer und mehrere leichter verletzt wurden._. Die Cholera in der Türkei . Koustantlnopel, 19. Dezember. (W. T. B.) Heute find 3? Er- kranlungen und 17 Todesfälle an Cholera zur Anzeige gebracht worden.__ Maul Singer& Co,, Berlin SW, Hierzu 3 Beilagen«. Unterhalt»«»»«.