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Nr. 171.

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10. Jahrg.

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Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Fabrikinspektion

und Fabrikanten in Baden.")

Sonntag, den 23. Juli 1893.

Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

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Wörishoffer braucht diese Aufsicht nicht, und wir Staatslebens gerichteten sozialdemokratischen Partei zu fördern wüßten auch nicht, mie sie das badische Mi- oder auch nur als minder bedenklich erscheinen zu lassen." nifterium leisten wollte, fintemalen es keinen in seiner Die gegen die Fabrikinspektion erhobene Beschwerde beruhe Mitte hat, der das Gebiet der Fabrikinspektion irgendwie also im wesentlichen auf mißverständlicher Auffassung" Etwas sehr spät, so ungefähr drei Monate nach der besser übersehen könnte, als Dr. Wörishoffer. Wollte man einer Anzahl in ihren Veröffentlichungen erhaltener Be­Erledigung, theilt jetzt die offiziöse Presse im Großherzog- aber die Oberaufsicht" ohne Sachverständniß und will- merkungen und auf unbestimmten durch die thatsächliche thum Baden den authentischen Sachverhalt darüber mit, fürlich bureaukratisch ausüben, so dürfte der in ganz Handhabung des Aufsichtsdienstes in keiner Weise gerecht­wie der freche Ansturm der Mannheimer   Fabrikanten gegen Deutschland   bekannte Fabrifinspektor wohl Mannés genug fertigten Besorgnisse und die der Fabrikinspektion vom den badischen Fabritinspektor Wörishoffer ausgegangen ist. sein, um den Herren einfach zu sagen: Entweder laßt Ministerium gegebenen Weisungen gäben hinreichend für Wir haben seiner Zeit die bodenlos aumaßende Beschwerde Ihr mich in Ruhe, oder ich lasse Euch in Ruhe." In unparteiische und versöhnliche Berücksichtigung der Interessen der Mannheimer   Unternehmer über die Fabrikinspektion| letterem Falle müßte eben Baden auf den Ruhm ver- beider Theile, sowohl der Arbeitgeber wie der Arbeiter, eingehend besprochen( vgl. unsere Nummer vom 6. April zichten, die beste Fabrikinspektion im ganzen Deutschen   Reiche Gewähr. Da hatten die Mannheimer   Kapitalisten auch d. J.). Bei dem guten Ruf, den sich die badische Fabrifinspektion zu haben. ihren zweiten Wisch ab. Es verschlägt wenig, daß in den durch ihre trefflichen Leistungen weit über die Grenzen Badens Dies zur Erledigung der ersten Fabrikanteneingabe. Ministerialbescheiden ein bischen von der salbungsvollen hinaus erworben hat, fesselte das damalige Vorkommniß Der zweiten ist es freilich nicht besser gegangen. Da hatten Vortragsweise des österreichischen   Zentral- Gewerbeinspektors die allgemeine Aufmerksamkeit aller Kreise, welche sich über- nun die Mannheimer   Unternehmer versucht, namentlich aus eingeflossen ist; daß man nicht gewillt ist, jede einzelne Aeuße­haupt für die soziale Bewegung intereffiren. Darin liegt den Veröffentlichungen des Fabrikinspektors Material für rung und Wendung der Fabrikinspektions- Berichte zu ver­vielleicht die Erklärung, daß man von der Erledigung ihre Beschwerden zusammenzuschleppen; sonst konnten sie nur treten"-der Ruhm für die guten Berichte gebührt ja auch Herrn amtlich und halbamtlich nicht allzuviel Aufhebens gemacht noch anführen, daß er allzuhäufig strafgerichtliche Ver- Wörishoffer allein, und das Vertreten" wird ihm seiner­haben will. Vor einiger Zeit verlautete nur ganz im Al- folgungen veranlasse". Und sie erhielten wiederum die seits nicht schwer werden. Er wird sich auch darüber trösten, gemeinen, die Fabrikanten seien mit ihren Beschwerden Antwort, daß ihre Beschwerden im wesentlichen" un daß man ihm empfiehlt, alles zu vermeiden, was die Sozial­glänzend abgefahren und das badische Ministerium habe dem begründet seien. Der betreffende Ministerialerlaß, aus demokratie auch nur als minder bedenklich erscheinen" ausgezeichneten Borstand der Fabrikinspektion einstimmig welchem die offiziöse Presse jezt erst einen Auszug giebt, laffe. Er weiß ja am besten, daß es lediglich die Herren ein Vertrauensvotum" ertheilt. An Letzteres knüpft die datirt bereits vom 21. April d. J. Was die dienstliche Unternehmer und ihre prozenhafte Behandlung der Arbeiter offiziöse Auslassung, die jetzt endlich vorliegt sie hätte auch Thätigkeit der Fabrikinspektion anbetrifft, so wurde be- find, welche unsere Partei auch den Berbohrtesten je länger ruhig hochoffiziell und amtlich sein dürfen!-wie zufällig an. merkt, daß im Hinblick auf die geringe Zahl der seit der je mehr als minder bedenklich erscheinen" lassen. Er braucht Sie besagt, die zu behandelnde Sache habe zu einem besonderen Errichtung der Behörde eingegangenen Beschwerden, die sich nach wie vor nur darauf zu beschränken, dieses Ge­Vertrauensvotum, feinen Anlaß gegeben", weil die badische zum größten Theile unbegründet gewesen seien, ein Anlaß bahren der Herren Fabrikanten objektiv und fachlich zu Fabrikinspektion nach den Ergebnissen ihrer Thätigkeit des zu erheblichen" Beanstandungen nicht vorliege und auch schildern- dann hat er seine Schuldigkeit und genug für selben nicht bedarf". Dem können wir durchaus zustimmen. der Vorwurf einer allzuhäufigen Veranlassung des straf die Arbeiter gethan. Im übrigen aber wird die Abfuhr der Mannheimer   Proßen gerichtlichen Einschreitens wegen Zuwiderhandlungen gegen Die Mannheimer   Affaire scheint inzwischen ein ganz glänzend mit manchen interessanten Einzelheiten bestätigt; die Arbeiterschutz- Borschriften nicht begründet sei. In be- anderes Opfer gefordert zu haben, als dasjenige, auf das man sieht ordentlich, wie schwer es den Zöpfen im Ministerium zug auf die Veröffentlichungen der Fabrikinspektion wurde man anfänglich zielte. Das soll ja bei kapitalistischen zu Karlsruhe   immerhin wurde, die richtige Antwort auf die ausgeführt, es sei zwar das Ministerium nicht gewillt, Unternehmungen solcher Art öfters vorkommen. Es ist be­unverschämte Fabrikanten- Eingabe zu ertheilen; aber der jede einzelne darin enthaltene Aeußerung und Wendung kannt geworden, daß der Syndikus und sozialpolitische Bes Fabritinspektion war nichts anzuhaben, und so mußte deun nach Form und Inhalt unbedingt zu vertreten", rather der Mannheimer   Fabrikanten- und Handelswelt, die Züchtigung der Unternehmer vor sich gehen. tönne aber andererseits nicht anerkennen, daß auch nur der Sekretär der dortigen Handelskammer und wahrschein Die erste Beschwerde- Resolution der Mannheimer   Proßen eine der vom Fabrikantenverein angeführten Stellen dazu liche Verfasser der jetzt so schmählich abgewiesenen Fabri­vom März dieses Jahres war so allgemein gefaßt und bei berechtige, gegen die Fabritinspektion jene Vorwürfe zu er- fanteneingaben, sich von seinem Posten zurückziehen wird, aller unverschämtheit in der Form doch so inhaltlos, daß das heben. Daß ein stetiger und einheitlicher Verkehr der der ihm mit mancherlei kapitalistischen   Nebenämtchen wahr­Ministerium es ablehnte, mit Rücksicht auf die Form sowie Fabrikinspektion mit den sozialdemokratischen Zeitungs- scheinlich in einem Jahre mehr eingebracht hat, als die auf die mangelnde Bezeichnung der Beschwerde- Thatsachen" organen und Agitatoren stattfinde, wie der Fabrikanten zehnjährige Besoldung des badischen Fabrikinspektors be­näher auf dieselbe einzugehen. Um den Fabrikanten ein verein behaupte, sei nicht richtig. Wenn die Fabrik- trägt. Wenn ein Zusammenhang zwischen diesem Ereigniß Pflaster auf die Wunde zu legen, wurde hinzugefügt, das inspektion in ihrem Berichte über die soziale Lage der Ar- ganz lokaler Natur und dem Schicksal der Mannheimer  Ministerium werde auch in Zukunft unter Wahrung des beiter in Mannheim   behufs Darstellung der den sozial- Rapitaliſteneingaben gegen die Fabritinspektion besteht, und der Fabrikinspektion nach der Natur ihrer Aufgabe gegebenen politischen Zwecken dienenden Arbeitervereinigungen einer das ist nicht unwahrscheinlich, so hätte hier einmal die freien Spielraumes durch Ausübung der Oberaufsicht dafür aus ihrer Mitte gebildeten Beschwerdekommission die sorg- Nemesis ihres gerechten Amtes gewaltet, und der Fall wäre Sorge tragen", daß die Fabrikinspektion ihr Ziel, eine fältige Prüfung der von dort her kommenden, in das typisch für das Allgemeine. Er bewiese, daß Diejenigen Vertrauensstellung gegenüber beiden Theilen zu erstreben, Arbeiterschuß- Gebiet einschlagenden Anträge zugesagt habe, abgewirthschaftet haben, die sich dauernd der sozialen beständig im Auge behalten werde". Wir hoffen, daß es so könne darin eine Ueberschreitung der von der Fabrik Wahrheit entgegenzustemmen versuchen fie müssen sich bei diesem Betonen der Oberaufsicht" den Fabrikanten inspektion zu beobachtenden Rücksichten nicht gefunden werden. vom Gang der Zeit abfertigen lassen, wie die Schulbuben, gegenüber sein Bewenden hat. Denn Fabrikinspektor mübrigen sei es selbstverständlich Sache der Fabrikinspektion und der eine oder andere kapitalistische Dienstknecht verliert wie jeder anderen Behörde, bei ihrem dienstlichen Wirken dabei auch noch seine Stelle. Die Fabritinspektion aber alles zu vermeiden, was geeignet sei, auch nur mittelbar wird sich mit der Zeit trotz allen Anfechtungen immer mehr die Thätigkeit der auf Umsturz der Grundlagen unseres ausbilden zu jenem Arbeitsamt, das unsere Partei schon

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) S. unfere Notiz in der Politischen   Uebersicht der vor­geftrigen( Freitags-) Nummer. R. d. V.

Feuilleton.

Nadbrud verboten.)

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tann, seine schönste Hoffnung zu verwirklichen. Ich ich Ihnen in irgend etwas meine herzliche, unveränderliche erlaube mir noch hinzuzufügen, daß ich damit ebenso im Sympathie zeigen könnte." Interesse Germaine's wie in dem meines Sohnes handle.". Frau Savenay   erwiderte nur trocken: Frau Savenay   lächelte halb ironisch- schmerzlich, halb verächtlich- ungläubig. Dusaule, der es bemerkte, fuhr sal

Die Bekehrung André Savenay's.bungsvoll fort:

Sozialistischer Roman

von Georges Renard.

Autorisirte Uebersehung von Marie Runert.

" Ich danke Ihnen, mein Herr." Und ohne die Hand zu beachten, die Dusaule ihr entgegenstreckte, blieb sie mit starren Augen und unbeweglichem Gesicht, als wäre sie in Ach! Ich weiß, unsere beiden unglücklichen Kinder tiefes Nachdenken versunken und hätte dabei ganz vergessen, werden zuerst schwer darunter leiden. Sie werden es nicht wer da war, ruhig sizzen. Dusaule, der innerlich über diese fassen, daß wir sie zu ihrem eigenen Besten von einander Kränkung seiner schönen, weißen Haare sehr erregt war, trennen. Sie können ja unsere Erfahrungen noch nicht ergriff seinen Hut mit der Miene der beleidigten Würde haben. Ich werde zweifellos die Gefühle meines Sohnes und zog sich majestätisch zurück. Wie der Kranke, der operirt wird, in dem Augenblick, bekämpfen, ich werde von meiner väterlichen Autorität Einige Minuten später lagen Germaine und Frau wo die kalte Pincette in das zuckende Fleisch dringt, so saß Gebrauch machen müssen. Aber ich weiß, was ich vor meinem Savenay einander schluchzend in den Armen. O diese ersten fie regungslos da. Dusaule stieß einen tiefen Seufzer aus Gewissen verantworten kann, und ich bin sicher, daß er es Enttäuschungen, die uns in der Seele derjenigen, welche wir und fuhr fort: mir eines Tages danken wird, daß ich mich seinen Wünschen lieben, einen Abgrund von Schmutz entdecken lassen! Sie " Was wollen wir alle beide? Das Glück unserer entgegengestellt habe. Auch Sie, verehrte Frau, werden, sind so bitter, so bitter, daß das Herz von da ab einen theueren Kinder, nicht wahr? Wir hatten geglaubt.... wenn Sie erst Zeit zum Ueberlegen gefunden haben werden, ewigen Abscheu vor ihnen behält. Berlassen zu werden, wir hatten darauf gerechnet, fie glücklich zu machen die Klugheit dieses meines unerschütterlichen Entschlusses weil man heute weniger Geld befigt, als am Tage vorher, dadurch, daß wir sie verheiratheten. Aber Sie wissen wie billigen." welch roher Augriff auf die Schätzung des eigenen Werthes, ich, daß das Leben fein Roman iſt, verehrte Frau Savenay   hatte nichts mehr für ihre Tochter zu welche grausame Kränkung, die uns zwingen möchte, Frau, und Sie haben seinerzeit mit Rücksicht hierauf hoffen. In ihrem Zartgefühl und ihrem Stolz aufs tiefste an uns selbst zu zweifeln! Der schwerste Schmerz ist viel­flug verlangt, daß Henry sich erst eine Stellung erringen verwundet, sagte sie nur: leicht der, den Glauben an andere zu verlieren, Menschen­solle, ehe Sie ihm die Hand Ihrer Tochter geben würden. Das genügt, mein Herr, ich gebe Ihnen Ihr Wort verachtung zu lernen, den schönsten Traum des Herzens Sie hatten Recht, hundert Mal Recht. Die Eltern dürfen zurück. Es giebt Dinge, über die man nicht erst lange für immer vernichtet zu sehen. Germaine weint um ihre ihre Kinder nicht der Noth aussehen, sie dürfen es nicht spricht. Uebrigens war ich auf Ihre heutige Auseinander Liebe, die in der Knospe ertödtete, um die Achtung, die sie dulden, daß fie Sorgen bei der Begründung eines Haus- fegung gefaßt." vor ihrem Verlobten hatte, um das strahlende Bild, das

halts auf sich nehmen, in die sie sich vielleicht mit der" Das beweist mir, wie natürlich und vernünftig fie sie von ihm im Herzen getragen und das nun ein unaus­Unbesonnenheit, die ihrem Alter eigen ist und in der ist," sagte Dusaule. Er that, als ob er die Spitze, die löschlicher Fleck verdunkelt und entstellt hat. Sie denkt: thörichten ersten Liebesgluth stürzen würden. Sie werden in ihren Worten lag, nicht verstanden hätte. Und auf- So hält also die Liebe eines Mannes, der in den Augen mit mir als richtig anerkennen, das hoffe ich sicher, daß stehend fügte er noch hinzu: der Welt ein Ehrenmann ist, stand! Die Zukunft liegt

ich unter den neuen Verhältnissen, in die uns eine ebenso Ich stehe Ihnen darum nicht weniger gern zu Diensten, öde vor ihr, wie eine dürre Haide, die sich unfruchtbar und ungewohnte wie bedauernswerthe Katastrophe versetzt wie früher, verehrte Frau. Berfügen Sie über mich und einförmig unter dem unendlichen, bleigrauen Himmel dahin­hat, daß ich da meinem Sohne nicht mehr gestatten meinen Einfluß. Ich würde mich glücklich schäßen, wenn sieht. und sie nerbirgt das Haupt in den Kleidern der