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Nr. 172.
Erscheint täglich außer Montags. Preis pränumerando: Vierteljährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 mt, wöchentlich 28 Pfg. fret in's Haus. Einzelne Nummer 6 Pfg. Sonntags- Nummer mit illuftr. Sonntags- Beilage Neue Welt" 10 Pfg. Poft- Abonnement: 8,30 Mt.pro Quartal. Unter Kreuz band : Deutschland u. DefterreichUngarn 2 Mt., für das übrige Ausland 3 Mt.pr.Monat. Eingetr. in der Post- Zeitungs- Preisliste für 1893 unter Nr. 6708.
Vorwärts
10. Jahrg.
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Fernsprecher: Amt I, 4186. Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin Berliner
Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
Ein ungerechter
Vorwurf.
typ gewordene Ausdruck lautet.
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Dienstag, den 25. Juli 1893.
Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.
Politische Uebersicht.
Berlin , den 24. Juli. den 8. Auguſt vertagt. Herr Miquel hat das Messer noch Die Konferenz der Finanzminister ist vom 6. auf nicht scharf genug gewetzt. Es soll so scharf werden, daß nicht scharf genug gewekt. Es soll so scharf werden, daß wie jeder militärfromme Reichsbürger patriotische Wollust empfinden muß, wenn ihm ein Achtmillimeter- Geschoß in oder durch den Leib fährt. Der deutsche Michel hat also zwei Tage mehr Galgenfrist, ehe er auf den Operationstisch gelegt und für die finanzielle Vivisektion vorbereitet
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wird.
und die Unklarheit ihrer Bestrebungen zu verstecken suchen, haben auf die Einbildung verzichtet, die deutsche Sozialdemo fratie im offenen Kampf schädigen zu können, und sie sind von ihren Bourgeoisgönnern auch abgeschüttelt worden. Seit Seit einiger Zeit bemerken wir, daß in Fachvereins- Kurzem sind sie nun auf den Gedanken verfallen, sich der Gewert Versammlungen und auch in Bolks- und allgemeinen Arschaftsbewegung zu bemächtigen und die Gewerkschaften, beiterversammlungen gegen die Sozialdemokratie der Vorwurf indem sie ihnen aufs Lächerlichste schmeicheln und die erhoben wird, sie sehe die Gewerkschaftsbewegung hintan, lächerlichsten Utopien vorspiegeln, gegen die Sozialdemo- es ein wahres Vergnügen ist, damit geschnitten zu werden, vernachlässige sie gegenüber der politischen Bewegung oder tratie aufzuheben. behandle die Gewerkschaften stiefmütterlich", wie der stereo- Wir wissen, es sind nur Wenige, wir wissen es sind Leute, die weder durch Geistes- noch durch Charakter Aehnliches wurde von Solchen, die sich mit Vorliebe Eigenschaften irgend Bedeutung haben, es darf indeß nicht der Gewerkschaftsbewegung gewidmet haben, schon früher übersehen werden, daß sie in dieser neuen Rolle, wie bisher gejagt, allein es waren immer blos vereinzelte Aussprüche, in der alten, die Unterstügung der kapitalistischen Parteien die, der Stimmung des Augenblics entsprungen, im Augen- haben. blick ihre Widerlegung fanden, oder keiner besonderen WiderDem deutschen Michel wird die Herrlichkeit des Freilich-es genügt, das Spiel zu enthüllen, um es neuen Militärgesetzes rasch vor Augen geführt. Da legung bedurften. Jetzt aber wiederholen die Aeußerungen zu vereiteln. Die deutschen Gewerkschaften, die gegen die die erhöhte Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres, wie fich so oft und so regelmäßig, daß wir es für nöthig halten, Bourgeoisie organisirt worden sind, werden sich nicht dazu fie in der Militär vorlage festgesetzt ist, bereits am 1. Ot uns furz mit ihnen zu beschäftigen. mißbrauchen lassen, die Arbeit der Bourgeoisie zu tober d. J. zur Durchführung gelangen soll, so müssen die Daß in den Kreisen der Gewerkschaftler momentan eine verrichten, der es vor allen Dingen darauf ankommt, das nothwendigen Bauten von Baracken, Stallungen, Reitbahnen, etwas gedrückte Stimmung herrscht, das unterliegt keinem deutsche Proletariat vom politischen Schlacht Menage- Anstalten, ferner die Anlage von Schießständen, Zweifel wir sind keine Anhänger des Vertuschungs- felbe zu entfernen. systems; diese Stimmung ist jedoch in den wirthschaftdie Errichtung und Erweiterung von Garnisonlazarethen Und gegen die politische Thätigkeit des Proletariats und Magazinanlagen und alle anderen Einrichtungen un lichen Verhältnissen und deren unvermeidliche Wirkung auf richten sich, bewußt und unbewußt, alle Anstrengungen verzüglich in Angriff genommen werden. Die Vorbereitungen die gewerkschaftlichen Organisationen handgreiflich und Derer, die unseren Arbeitern vorreden, die Sozialdemokratie sind, wie der Rh.- Wests. 3tg." geschrieben wird, von der vollauf begründet. Unter der wirthschaftlichen Noth- vernachlässige die gewerkschaftliche Bewegung über der Heeresverwaltung seit längerer Zeit mit so großer lage leiden unsere Gewerkschaften zwiefach einmal info- politischen. Das ist einfach nicht wahr. fern, als die Betheiligung der Arbeiter, d. h. die deutsche Sozialdemokratie hat niemals die Gewerkschaften als ginnen können. Namentlich müssen die Baracken bis zum Die Umsicht getroffen worden, daß die Arbeiten sofort be Zahl der Mitglieder, infolge mangelnden Erwerbs ab- Stieftinder betrachtet und stiefmütterlich behandelt. Seit wir Ginrücken der neuen Rekruten im November vollkommen nehmen muß, und ferner- vielleicht noch mehr weil die politische Partei sind, haben wir die Gewerkschaftsbewegung bewohnbar fertig gestellt sein. Die Baracken, für die das Macht der Gewerkschaften vermindert, und ihre Machtsphäre gepflegt, den Gewerkschaften jeden möglichen Vorschub geleistet. sogenannte Pavillonsystem vorgeschrieben ist, werden in eingeschränkt ist. Sind doch sogar die englischen Trades- Und wir haben auch niemals der gewerkschaftlichen Backsteinen aufgeführt und sollen nur außer dem Erdgeschoß Unions mit ihren musterhaften Riesenorganisationen in Bewegung eine untergeordnete Stellung gegenüber der noch ein einziges Stockwerk enthalten. In hygienischer dieser Zeit der chronischen Geschäftskrise nicht im stande, politischen zuertheilt. Wir haben allezeit die Nothwendig- Beziehung sollen sie allen wissenschaftlichen Anforderungen die Angriffe des Unternehmerthums und namentlich auch keit und Vollberechtigung der gewerkschaftlichen Bewegung thunlichst entsprechen". Ob sie auch Schuß gewähren gegen rein willkürliche Lohuherabjegungen erfolgreich zurückzus neben der politischen anerkannt. Verwahrung haben wir blos weisen. Wir erinnern blos an den Streit der Baumwollen dagegen eingelegt, daß die Gewerkschaftsbewegung die polis erhöhter Sterblichkeit, z. B. der stärkeren Selbstmordziffer? - Soldatenmißhandlungen und andere Ursachen arbeiter von Lancashire . Daß in einer derartigen Zeit tische überwuchere oder gar verdränge und ausschließe. Arbeiter, die von den Gewerkschaften Uebertriebenes erDaß hygienische Vorsicht noth thut, beweist die Geschichte Mit dem Beispiel des englischen Trades- Unionismus vor der Münchener Epidemie. Mit welcher Geschwindigkeit warteten, sich enttäuscht fühlen, ist nur zu natürlich; und Augen mußten wir vor einseitigem Kultus der Gewerkschafts übrigens die zur Durchführung der Militärvorlage nothdaß man für eigene Fehler und Enttäuschungen Andere organisation warnen, der in England dazu geführt hat, daß wendigen Neubauten hergestellt werden, dafür bringt die verantwortlich zu machen sucht, wird keinem Kenner der die englische Arbeiterklasse, seit dem Scheitern der politischen Frankfurter Zeitung " aus Neu- Ulm folgenden Beleg. Menschennatur wundern. Chartistenbewegung, ein volles Halbjahrhundert Stachdem am Sonnabend, den 15., die Annahme der MilitärAllein der Vorwurf, daß die Sozialdemokratie an der lang auf politischem Gebiet die Schlepp- vorlage von Berlin nach München gemeldet war, traf am gegenwärtigen Flauheit der Gewerkschaftsbewegung Schuld trägerin und Handmagd der Bourgeoisie Sonntag, den 16., der Drahtbefehl hier ein, mit dem Umbau sei, wird seit Kurzem von gewisser Seite mit einer solchen gewesen ist eine unwürdige Rolle, von welcher das der Friedenstaserne sofort zu beginnen. Das geschah am Regelmäßigkeit erhoben, daß wir Plan und Methode darin englische Proletariat jetzt allmälig durch den Sozialis- Montag, den 17., da sämmtliche Arbeiten längst schon ververmuthen müssen. Und wenn wir uns die Sache genauer mus erlöst wird, und vor welcher das deutsche Prole- geben waren. Bis 1. Oktober d. J. wird das Kasernement ansehen, so wird die Vermuthung auch rasch zur Ge- tariat bewahrt zu haben das Verdienst der deut- wohl bezogen werden können.- wißheit. schen Sozialdemokratie ist.
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Die verworrenen und rückständigen Elemente, die hinter den kräftigen Namen„ Unabhängige", Anarchisten", ,, radikale Sozialisten"," Revolutionäre " das Reaktionäre
Feuilleton.
Nabruc verboten.)
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Die Junker thun nichts umsonst. Graf Caprivi hat ihnen versprochen, die Landwirthschaft", d. h. den Großgrundbesitz zu schonen, sie haben mit schwerem Herzen"
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Die Bekehrung André Savenay's. das Juventar der Einrichtung aufzunehmen, während sie eine arbeitete, und hier das Zimmer, in dem er gestorben war.
als sie begriffen hatte, daß daß der Augenblick des D, wie war sie damals entzückt, als ihr Gatte sie, von unvermeidlichen Opfers gelommen war, hatte sie fenfzend einer seiner Reisen heimgekehrt, mit diesem Geschent eingewilligt. Mit ihrer Tochter hatte sie dann schweren überraschte! D, warum hat sie ihn nicht auch dem Schatz Herzens alles ausgewählt, was sie von den Möbeln behalten von Reliquien zugefügt, von denen sie sich nicht wollte. Vernaud, den sie lieber nicht sehen mochte, kam, um trennen wollte. Dort war das Atelier, in dem er Wohnung suchte. Er stellte dabei fest, daß die Gemälde Ruhig und bleich stand sie da, beleuchtet von dem gelben und Vorhänge auf das zweckmäßigste angebracht seien und Schein der Kerzen. Wie sonderbar ist das Herz des beglückwünschte André beiläufig mit grausamer Liebens- Menschen, daß es sich an die Gegenstände hängt, die nicht würdigkeit zu dem Geschmack, mit dem er seinen Salon so nur die Zeugen und stummen Bertrauten seines Glückes, eigenartig ausgestattet habe. Jm Uebrigen benahm er sich sondern auch seiner Leiden waren. als Gentleman. Er beanstandete nichts von dem, was die Die arme Frau, sie wollte aus der Tiefe ihrer Erbeiden Frauen für sich bei Seite gesetzt hatten.
Ter alte Bernaud, der von seinem Sohne von der Aninnerung die geringsten Kleinigkeiten, die sich an alles, gelegenheit unterrichtet worden war, bat André, in seinem Der Kaufvertrag war unterzeichnet. André ließ alles, was sie umgab, knüpften, hervorschöpfen. Ihr Auge nahm Bureau vorzusprechen. Nach einigen banalen Worten, die was er nicht verkauft hatte, verpacken. Morgen sollte die all die schönen und deutlichen Bilder auf, die sie später sein Beileid ausdrücken sollten, sagte er plöglich zu ihm: Familie Savenay das Haus verlassen. Sie hatte bereits jeder Zeit vor ihrem Geiste ausleben lassen wollte. Es " Anstatt daß ich Ihnen 435 000 Frants auf Ihr Haus das letzte Mittagsmahl in dem Speisesaal, den der Vater ist ihr, als verlore sie mit diesem Hause eine ihr liebe leihe, möchte ich es für 440 000 Frants kaufen. Ich kenne erbaut, eingenommen. Sie hatte den letzten Abend in dem Person, die von nun an in ihrer Erinnerung neben all den es. Ich könnte es vielleicht billiger bekommen. Sie könnten Salon verbracht, der ihr dreißig Jahre lang gehört hatte. Theuren, die für immer von ihr geschieden, einen Platz es vielleicht theurer verkaufen, aber ich erspare Ihnen die Un- Es war ein trauriger Abend, an dem jeder mit gepreßtem haben müsse. tosten und Unannehmlichkeiten einer gerichtlichen Abschätzung. Herzen vor sich hinbrütend dasaß und schwieg aus Furcht, Am andern Tage wollte die alte Schwäche sie wieder Ich bezahle baar. Die Möbel und einige Gegenstände, auf die die Traurigkeit der anderen zu vermehren. Früh hatte übermannen, als sie bei dem letzten Blicke auf das Haus, Sie besonderen persönlichen Werth legen, lasse ich Ihnen natür- man sich dann getrennt. Aber Frau Savenay wollte das sie verlassen hatte, den Namen ihves Gatten über dem lich. Wir werden darüber noch eingehender verhandeln. dem Hause, in dem fie fo viel von ihren Portal las. Aber schon brachte der Wagen sie nach ihrer Am fünfzehnten trete ich meinen Besitz an. Ist es Ihnen liebsten Grinnerungen zurückließ, zum letzten Male neuen Wohnung. Es war sehr bescheiden, dieses neue Heim. so recht?" Lebewohl sagen. Mit einer Kerze in der Hand ging André hatte ihr gejagt, daß sie nicht mehr als 1000 Frants André bat um zwei Tage Bedenkzeit. Er fragte seinen sie langsam durch das öde, schweigende Haus, das mit seinen für Wohnungsmiethe ausgeben dürften, und schließlich hatte Dukel um Rath, der das Auerbieten zufriedenstellend fand. Herren zu trauern schien. Tieftraurig irrte sie in den großen, sie sich ergeben in das Unvermeidliche gefunden. André Was seine Mutter betraf, so war sie, da man ja doch an dunklen Zimmer umber, die sich für sie mit geliebten Phan- hatte ein Quartier gewählt, das einen sehr freundlichen einem oder den anderen Tage das Haus verlassen mußte, tomen belebten. Bei jedem Schritt berührte ihr Fuß die Eindruck machte. Er fühlte wohl, wie wichtig es war, den damit einverstanden, daß alles so schnell wie möglich er- Trümmer und Fehen ihres vergangenen Glückes. beiden Frauen das Gefühl ihres Verlustes so wenig wie ledigt wurde.
In dieser Nische, die ihr Lieblingsplatz war, mußten möglich zum Bewußtsein kommen zu lassen. Die Wohnung Die Furcht vor der Operation ist ja bei einer Kranken an der Wand noch die Striche zu sehen sein, die für jedes befand sich in einem neuen Hause, nicht weit von ihrem oft schlimmer, als die Operation felbst. Anfänglich freilich Jahr angaben, wie groß die Kinder geworden waren. Hier alten Heim, wenige Schritte vom Bois entfernt auf einem sagte Frau Savenay : Wie! So bald!" Dann aber, blieb sie vor einem alten, normannischen Schranke stehen. Boulevard, dem Boulevard Péreire, den man, ohne erröthen