Mangel an ArbeitSgelegenlieit ist, und daß auch die bloße Berufs-invnliditiit noch nicht genügt, um einen Anspruch auf Invaliden,rente zu begründen.Dieses Echnüfselsystem gegen die Arbeiter und Arbeiterinnenwird für notwendig gehalten, weil die Zurückweisung„nn-berechtigter" Ansprüche im Interesse der Versicherungsanstalt so-Wohl wie der Versicherten liege. Sie soll um so notwendiger sein,als die„Erfahrung" lehre, dah die ohne zureichende» Grundbewilligten Renten in der Regel am längsten bezogen werden.Infolge diese?.Kontroll"syjteins sind denn auch im Berichts-fahr 816 Renten entzogen worden.Räch dein Berichterstatter ist aus denselben Gründen ebensowichtig die Kontrolle der Rentenempfänger, die regelmäßige Be-obachiung ihrer Erwerbsverhältnisse, die Nachprüfung ihres Ge-snndheitszustandes, um entscheiden zu können. ob eine Verände-rung in ihren Verhältnissen, eine wesentliche Wendung zumBesseren eingetreten ist, die sie nicht mehr als erwerbsunfähigund damit nicht mehr als rentenberechtigt erscheinen läßt. DiesesNachfchntiffel», Pardon„Kontrollshstem", bei den Versicherten, sagtder Bericht, führt denn auch nicht fette» zur Entziehung derRente, zumal da selbst bei anscheinend unheilbaren schwerenLeiden und in höherem Alter oft erstaunliche Bcriindernngcn zumBesseren beobachtet worden find. Diese„erstaunlichen" Ver-änderungen bestehen darin, daß der Jnvalidenrentner im Laufeder Jahre, in denen er Rente bezog, sich an seinen kranke» Zu-stand gewöhnt habe» soll. Diese„Gewöhnung" dient— auch wennobjektiv eingetretene Veränderungen nicht nachgewiesen werdenkönnen— dazu, dem armen Teufel die Rente zu entziehen. Dennjetzt— so heißt eö— könne er wieder das gesetzliche Drittel er-werben. Wenn er schließlich auch nicht als Portler, Wächter usw.Lohnarbeit verrichten kann, dann bleibt ihm indessen noch dasweite Gebiet der Landwirtschaft. Hier ist das gesetzliche Drittelniedriger, da kann er durch leichte Gartenarbeit noch die Mindest-grenze erreichen. Das sind die„erstaunlichen Veränderungen".Solche Schnüffeleien stehen mit dem Zweck der öffcntlich-rccht-lichcn Fürsorge, zu der die Empfänger— also die Versicherten—,die Hälfte der Verträge aufbringen, in schroffstem Gegensatz.Wann wird diese skandalöse Art aushören? Zahlen denn dieArbeiter, um ein Heer von Schnüffelbeamten und-ärzten zuunterhalten, oder um eventuell selbst wenigstens eine schmaleRente zu erhalten? Das Kontrollshstem und der BureaukratismuSder Anstalt Berlin werden grell dadurch beleuchtet, daß die Anstaltrn 8L8 Fällen durch das Schiedsgericht verurteilt worden ist, denAntragstellern die Invalidenrente zu zahlen.Und dciZ nennt man„soziale Fürsorge".Euq der partei»Gemeindewahlerfolge.Einen schönen Sieg erfochten die Genossen bei der am Donners-tag stattyefundencn Gemeinderats-Ersatzwahl in Jen a. Derparteigcnössische Kandidat erhielt 1381 Stimmen, während seinGegenkandidat, ein Hosfleischernieister, es nur auf 1833 Stimmenbrachte. Der Sieg ist um so höher anzuschlagen, weil auf denbürgerlichen Kandidaten sich sämtliche Parteien und Vereine ge-einigt hatten. Auch der Fortschrittliche VolksvereinJena wollte dabei iein, um den Sozialdemokraten niederzuringen.Und trotzdem die gewaltige Niederlage der Gegner.Aus dem Herzogtum Gotha find noch folgende Erfolgemitzuteilen: In dem Orte Elgersburg ist zum ersten Malee i n Sozialdemokrat gewählt worden. In Gera gewann unserePartei von vier zu besetzenden Mandaten zwei, davon eins neu,dadurch erhöht sich hier unsere Vertreterzahl auf drei. Die Wählervon Finsterbergeu wählten drei Sozialdemokratenund einem Bürgerlichen, bei sehr starker Wahlbeieiligung. In Hörsel-gau wurden alle drei Mandate der Sozialdemokratie übertragen.Ferner wurden in der Stadt Ruhla von fünf zur Eni-scheidung gestellten Mandaten vier Sozialdemokraten undein Bürgerlicher gewählt. In Engelsbach wurden an Stelleder zwei ausscheidenden Gegner zwei Sozialdemokratengewählt. In E l t e n h a u s ei n siegt» e i n Parteigenosse mitgroßer Mehrheit._Die Entwickclung der bcutschösterreichischen Sozialdemokratiewird in einem soeben ausgegebenen Berichte der Parteivertretungfür da? Jahr 1909/16 geschildert. Wir entnehmen dem ausführ-lichen Bericht folgende Daten über den Stand unserer Brudü-Briefwechsel Friedrich Wilhelms IV. mit Bunsen entsetzt schilderte:„Meine Frau und ich lesen jetzt Friedrich Wilhelms IV. Briefe.Treitschke meinte, die ersteren, von denen er selber drei kompletteJahrgänge hat, seien sehr kastriert. In Wirklichkeit sei der Ein-druck unendlich viel krankhafter und unheimlicher. Mir ist esdoch rätselhaft, wie sich diese Masse ungesunder Religiosität undRomantik in dem einen Menschen hat ablagern können." Späteräußert Nitzsch, ein bismärckisch gesinnter Historiker konservativerRichtung, nochmals sein„Grauen" vor dem Buch, mit dem Rankedem von ihm einst würdelos umschmeichelten König eine tief-sinnige Huldigung zu bringen beabsichtigte. Sind diese Briefe anBunsen, die unverkennbar pathologischen Urkunden eines aus denFugen geratenen Hirns noch abgeschwächt, und wußte das Treitschke,so hat er sein, das unbestechlich strenge Urteil der Geschichte vor-spiegelnde Charakterbild des Königs bewußt gefälscht. Hier warkein edler und großer Geist zerstört. So sehr man geneigt seinmöchte, den königlichen Unhold mit erblicherBelastung zu entschuldigen,so wenig läßt die tückische Niedrigkeit seiner Sinnesart eine ver-zeihende Stimmung aufkommen. Es ist kein versöhnender Zugin dem ganzen Menschen. Alles ist unwahr, feig, hinterhältig.Sein boshafter und verwirrter Eigensinn, den die feudale Kamarilladennoch für ihr Zwecke zu leiten verstand, ward das Schicksal einesgroßen Staates, und seine„phantastische Arbeitsscheu", wie derintimste Freund des Königs, Leopold v. Gerlach, seine Betrieb-samkeit einmal nannte, regierte immerhin fast zwei Jahrzehnteabsolutistisch die deutsche Vormacht.Schon der Knabe enthüllte das Wesen des späteren Königs.Selbst der höfisch dämpfende Bailleu schreibt in seinem Luisenbuchaus der Königsberger Jluchtzeit über den kronprinzlichen Knaben:„Es schien zuweilen, als ob ein böser Dämon ihn treibe, einemnach oem anderen auS seiner nächsten Umgebung zu kränken undzu verletzen; er neckte und quälte Geschwister und Cousinen, bissich alle von ihm zurückzogen und sich weigerten, mit ihm zuspielen." Friedrich Wilhelm selbst hat gelegentlich von sich ge-schrieben, daß er ein häßlicher Knabe gewesen sei, der immer Ge-sichter schnitt. Wie er einst seine Umgebung quälte, so miß-handelte er als Herrscher daS ganze Land; und die Grimassen, dieer als König schnitt, wurden zu Verordnungen und Gesetzen fürden Staat. Friedrich Wilhelm IV. trat seine Regierung an, be-lastet mit der furchtbaren Erbschaft eines gebrochenen Königs-Wortes. Die Verfassung, die nach den, Versprechen FriedrichWilhelms III. der Siegespreis für das blinde Volk sein sollte, dassein Fütstenhaus von dem französischen Cäsar befreit hatte, warsein Vater LS Jahre lang schuldig geblieben. Die überschweng-lichcn Hoffnungen, die dem Sohne entgegcnschlugen, als er nunendlich die dumpfe Gewaltherrschaft des verstorbenen Königs ab-löste, vereinigten sich in dem.inen Anspruch der endlichen Er-füllung jenes Versprechens. Schon die ersten Reden FriedrichWilhelms IV. ließen in ihrem christlichen Schwulst und majestä-tischen Bombast keinen Zweifel darüber, daß es FriedrichWilhelm IV. nicht einfiel, seine von Gott begnadete Alleinherr-schaft durch nn Verfassungspar er zu umwickeln. Als man ihmoas Versprechen seines Vate?«-' k all der geduldigen Untertänig-keit prcußis en Bürg nums ins allerhöchste Ohr zu rufen wagte,erklärte der König kühn, nicht ohne christliche Eidschwüre, daß dasVersprechen mit der für das preußische� Volk gedeihlichen und not-wendigen Anpassung, schon von Friedrich Wilhelm III, eingelöstworden sei. Aber daS verscharrte KönigSwort reckte die Hand auSdem Grabe. Mit neuen Lügen ließ sich das Gespenst nicht bannen.Es gärte revolutionär. Nun entschloß sich Friedrich Wilhelm IV.,Partei: Seit dem letzten Parteitag, der 1909 in ReichenBerg tagte,befindet sich die Partei in der orgauisatorischen Um«bildung von der„freien", losen oder Abonnentenorganifation,wie sie insbesondere in Riederösterreich und Wien bestand, zur Ver-einsorgauisation nach reicbsdeutscher Art. Diese Umbildung, dieallerdings die Kräfte der Partei sehr stark in Anspruch genommenhat, ist nun fast vollendet; von den männlichen Parteimitgliedernsind 86 466 in den Vereinen �Sozialdemokratischer Berein", hierund da auch„Sozialdemokratischer Wahlverein") organisiert: 15 6Waber gehören immer noch der freien Organisation an. Mit den12 198 politisch organisierten Frauen kommt man zu einer Ge-samt Mitglied schaft der Partei von 114316. Be:den ersten Reichsratswahlen unter dem gleichen Wahlrecht entfielenaus die deutschen sozialdemokratischen Kandrdaten gegen 550 060Stimmen, so daß das Organisationsverhältnis 20 Proz. wäre.In Wirklichkeit dürste es noch etwas günstiger sein. Die absolutgrößte Organisation hat Deutschböhmen: 33 352(bei 169 000Stiuimen), dann folgen Wien mit 28 381 Vereinsorganisierte»und weiteren 9000 Abnehmern der„Bolkstribünc", die bisher alsQuittung des Parteibcitrages diente, Steiermark mit 14 033,Riederösterreich ohne Wien mit 10 921 usf. Die Frauen-organisation ist zumeist die von freien Frauensetiiouen, dieim Frauenreichskomitee zusammengesaßt find; in einigen Ländernkonnte man in den Statuten der den Frauen nach dem Bereins-gcsetz von 1862 noch verschlossenen politischen Vereine eine Beftim-mung durchsetzen, die ihnen die Mitgliedschaft als Förderer er-mögltcht. Von den 9098 Mitgliedern des Verbandesjugendlicher Arbeiter Oesterreichs ist der Großteil inBöhmen, wo auch die bürgerlichen Parteien am eifrigsten und mitreichlicher Jnanspruckpiahme von Fabrikanten-, aber auch vonöffentlichen Geldern daran sind, die Arbeiterjugend durch dieBummelvereine der„Jungmannsckmften" für die gelbe, hier sich„natiolml" nennende Sache einzufangen. Der Partei zuzuzählensind ferner 671 BildungS-, Sport-, Gesangs- und Gcsclligieitsver-eine mit 40 704 Mitgliedern. Hier herrschte vielfach bedauerlicheKräftezersplittehung. Die Versammlungstätigkeit ist zwar einegroße, doch rügt der Parteibericht, daß zuviele interne, zu wenigöffentliche, agitatorisch wirksame und auch fürdiesen Zweck geeignet vorbereitete Versammlungen abgehaltenwerden. Ter monatliche Parteibeitrag schwankt zwischen16 und 52 Heller; doch hebt die weitaus überwiegende, fast dieGesamtheit darstellende Zahl der Organisationen 20— 25 Hellermonatlich ein: 17— 20 Pfennig«, also äußerst wenig. In den Ge,meindevertretungen haben unsere Genossen insgesamtetwa 1300 Vertreter. Bekannt ist die Rückständigkeit der Partei-presse trotz ihrer inhaltlichen Vvrtrefflichkeit: Zu Beginn 1911wird die Partei über Tagesblätter verfügen in Wien. Graz. Linzund Salzburg(diese neu), über dreimal wöchentlich erscheinende inTeplitz, Aussig und Innsbruck, die anderen 20 Blätter kommen nurzwei- oder einmal in der Woche heraus, doch sollen demnächst auchin Innsbruck und Prag Tageszeitungen erscheinen. Die politischenVerfolgungen bestanden meist in Zeitungskonsiskationen und inVerurteilungen wegen Flugblattverbreitung, Preßdelikten und Ver-einsübertretungen. Einige schwerere Strafen wurden über Ge-nassen verhängt, die deutschnationale Gewalttätigkeiten zurückzu-schlagen gewagt hatten. Gerade in den letzten Tagen hat einKonfiskationsfeldzug gegen die Parteiblätter eingesetzt,die die Nicküerledigung der Vorlage betr. das Verbot du Nacht-arbeit der Frauen durch das Herrenhaus kritisieren.Ausbau des Kopenhagenrr„Socialdemokraten".Das Hauptorgan der dänischen Parteigenossen, der in Kopen-Hägen erscheinende„Socialdemokraten", wird von Neujahr ab ineiner neuen Gestalt erscheinen. Das Format, das jetzt fast vier-mal so groß als das des„Vorwärts" ist, wird aufdie Hälfte verkleinert und dadurch natürlich weit Hand-licher gemacht. Der Inhalt soll weit reichhaltiger gestaltet werdenund die Seitenzahl der Zeitung wird deshalb auf mehr als daSDoppelte gebracht. Zur Herstellung des Druckes ist bereits eineneue Rotationsmaschine vufgestellt, die in riner Stunde60 000 Exemplare liefert. Die Neujahrsnummer soll fürAgitationszwecke in 90 000 Exemplaren gedruckt werden. UnsereParteigenossen werden am Neujahrötage eine allgemeine Haus-a g i t a t i o n für das Blatt entfalten. Es haben sich bereits1400 Genossen und Genossinnen gemeldet, die diese Arbeit ausführenwollen. Jetzt ist„Socialdemokratens" tägliche Auflage 56 000Exemplare; man hat sich zum Ziele gesetzt, sie mit dem neuemJahre auf mindestens 60 000 zu bringen.das bereits eingelöste Versprechen doch auch selber einzulösen, in-dem er es mit plumper List zu betrügen suchte.?lls er am 3. Fe-bruar 1347 den vereinigten Landtag einberief, verkündete er:„Wirerkennen in dieser Angelegenheit eine der wichtigsten Aufgabendes von Gott uns verliehenen königlichen Berufes." Aber nach derPariser Februarrevolution hatte man auch in Preußen keine Lustmehr, in dem Popanz einer seudalständiichen GelegenheitSver-sammlung die Erfüllung des Verfassungsversprechens zu sehen.Vor der Märzempörung seines Volkes bricht der Mann sowürdelos zusammen, wie fem Vater vor Napoleon. Der Gottes-gnadenrausch ist über Nacht verflogen. Wenn er nur noch vonVolkes Gnaden fein bißchen Königsdasein bewahren kannl Auchdie Preußen werden plötzlich für mündig erklärt. Alle Freiheitensollen sie haben I O. wie liebt Friedrich Wilhelm dieses revo-lutionär geadelte Volk! Zitternd entblößt er sein Haupt vor denLeichen der Märzgefallenen und bettelt um Pardon, dieweil seineGemahlin, die gute Landesmutter, sich so angegriffen fühle. Derverhaßte Bruder, der eben noch entgegen dem königlichen Ver-sprechen die Truppen gegen daS vertrauensselige Volk hetzenwollte, verwandelt sich aus einem Prinzen Wilhelm in einenKaufmann Lehmann, der bei Nacht und Nebel fluchet. Auch diedeutsche Frage ist auf einmal gelöst. Die preußische Armee mußsich die deutsche Kokarde anstecken, und Friedrich Wilhelm reitetdurch die Straßen Berlins, dem großen Tag huldigend, da Preußenin ein einiges und freies Deutschland aufgegangen. Der Königentweicht nach Potsdam, und als er gewahrt, daß seine Garde-offiziere meutern, weil sie nicht im Blut der Kanaille watendurften, hält er vor ihnen eine Rede, in der er die Berliner feiert,denen er seine Rettung verdanke. Aber als er sieht, daß das revo.lutionäre Volk ganA harmlos vertraut, kommt Gottes Gnade wiederüber ihn. Bald bort man von ihm daS Wort, daß die Eiterbeuleausgequetscht werden müsse, und über daS revolutionäre Gesindelergießt er den ganzen Unflat seiner Zunge. Als die Fülle neuerFreiheiten über das Volk flutet, ist daS alle? schon mit dem ge-Heimen Vorbehalt ihrer gewaltsamen Aufhebung gewährt. Die„Kreuzzeitung" wird gegründet, und die Soldaten Wrangels endi-gen die paar Traummonate, in denen es ein freies Preußen gab.Der Eidbruch von Gottes Gnaden regiert, und die Schreckens-Herrschaft eines zerstörten, rachsüchtig boshaften Gehirns beginnt.Das preußische Junkertum benutzt den königlichen Wahn, umPreußen nicht nur binler 1843 zurückzuwenden, sondern noch hinler 1806.Preußen geht nicht mehr in Deutschland auf, sondern wirdder Henker deutscher Freiheit und Einheit. Die Wissenschast muhchristlich umkehren. Die Polizei übernimmt die Leitung der Politik.Das Standrecht und das Zuchthaus werden das Schicksal der Frei-heitskämpfer. Die besten Patrioten und bedeutendsten Geistergehen ins Exil. Friedrich Wilhelm, der erst an die wüstesten Ver-schwörungsmärchen geglaubt, solange er noch Furcht harre, fabri-ziert jetzt, wo er sich sicher fühlt, als gekrönter Lockspitzel höchst-selbst finstere Verschwörungen; wir kennen seinen Brief, in demer seinen Polizeistieber anweist, dem Publikum das willkommeneSchauspiel einer entdeckten Verschwörung zu bieten, und Stieberfälschte darauf den Kölner Kommunistenprozeß zusammen.I» der Politik herrscht die fixe Idee, ein läppisch pomphafterSpuk abenteuerlicher Wahngeburtcn. Das Gottesgnadentum ent-faltet sich immer hemmungsloser, und erst, als der kranke Mannkaum noch lalle» kann, fetzt man ihm einen Stellvertreter. Als ervor 50 Jahren starb, wußte alle Welt, daß ein Wahnsinniger seitILIO Preußen regiert hatte.Die unselige Figur eines gersteskranken Fürsten, der in seinemKommunalwahlerfolge der schwebischen Sozialdemokratie.Im Monat Dezember haben in den schwedischen Land- undStadtgemeinden, mit Ausnahme von Stockholm, die Kommunal-wähle» stattgesunden. Die Sozialdemokratie hatte dabei weitmehr Aussicht auf Erfolg als früher, weil inzwischen zwar nichtdas gleiche Wahlrecht eingeführt ist, jedoch das alte empörendeWahlunrecht insoweit gemildert wurde, als jetzt in Stadt undLand der einzelne Wähler entsprechend seiner Steuerleistung überbis zu höchstens 40 Stimmen verfügen kann, wogegenfrüher das Äommunalwahlrccht in den Städten lOOgradig.auf dem Lande sogar 5000gradig abgestuft war. DaSErgebnis der Wahlen ist denn auch, daß die Sozialdemokratiein einer ganzen Reihe von Gemeinden, wo sie früher keinerleiEinfluß auf die Gemeindevertretung hatte, jetzt Wenigstens einenoder auch mehrere Sitze gewonnen hat. und haß sie in anderenStädten weit stärker als früher im Stadtparlamcnt vertneten ist.Einen entscheidenden Einfluß aus die Gemeindeverwaltung zugewinnen, ist allerdings, wie leicht begreiflich, der Arberterschaftauch bei dem gemilderten Wahlunrecht noch nicht möglich, jedochhat sie es in einer großen Anzahl von Gemeinden zu ansehnlichenMinderheiten gebracht, so daß eS den bürgerlichen Reaktionsparteicnnicht mehr möglich sein wird, so rücksichtslos wie bisher zu wirt»schatten. In M a l m ö sind z. B. 10 Sozialdemokraten und 1? Bür-gerliche gewählt, in Eökilstuna sind 7 Sozialdemokraten neu»gewählt, und im ganzen verfügen unsere Genossen jetzt in diesepStahlwarenindustriestadt Schtvedens über 12 von den 50 Stadtverordnetenmandaten; in der südlich von Stockholm gelegenen Klein-stadt Södertälje haben unsere Genoffen 11 von den 33 Sitzenim Stadtparlament erobert, in Göteborg sind 4 Sozialdcmo-kraten gewählt, von denen 3 dem Stadtparlament bisher noch nichtangehörten, in der Kleinstadt Västeras sind 4 Sozialdemokratenund 5 Kandidaten der bürgerlichen Parteien gewählt. Daß esauch aus dem Lande vorwärts geht, beweisen die am Dienstag voll-zogenen Wahlen in einer Anzahl von Lapdgemeinden in der Um-gegcnd von S u n d s v a l l, wo die Sozialdemokratie in den ver-schiedencn kommunalen Körperschaften eine ziemlich starke Ver-tretung erhalten hat.Wie ungerecht auch daS neue 40gradige Kommunalwahlrechtnoch wirkt, dafür sei nur ein Beispiel angeführt. In E s k i l st u n awurden in dem einen der beiden Wahlkreise, in die die Stadt ein-geteilt ist, von 433 Moderatenwählern 10 063 Stimmen abgegeben.von 1114 Wählern der Arbeiterpartei 9276 Stimmen und von 40?liberalen Wählern 5712 Stimnien. Die Moderaten erhielten indiesem Kreise 4 Stadtverordnete gewählt, so daß auf je 109 ihrerWähler 1 Mandat kommt, die Liberalen 2 gleich I Mandat auf 203Wähler, die Sozialdemokrat«!! 8 Stadtverordnete, also 1 Mandataus 371 Wahler.Jugendbewegung.Arbeiter-Jngend.Die soeben erschienene Nr. 27 hat unter anderem folgendenInhalt: Bilanz 1910.— Die Gewerkschaften seit 1890. VonWilhelm Schröder.—..Wie werde ich Mjaschinenschlosser?" VonG.. Finke-Bülter.— Die Entwickelung der Flugtochnik.(MitIllustrationen.) Von H. Ströbel.— Aus der Jugendbewegung.— Die Gegner an der Arbeit usw.Beilage: Verachte Deinen Bruder nicht. Von A. Hackmann.— Ach. nur ein Mädchen! Von Emmy Freundlich.— Junker-Wirtschaft vor 500 Jahren.(Mit Illustrationen.)— Der Weg zurSozialdemokratie. Von P. Nieland.— Bauern, Ritter und Lands,knechte. Gedichte von H. von Ncder.— Der Kohlenwagen. BonL. Thoma.Mit der vorliegenden Nummer beschließt die„Arbeiter-Jugend" ihren zweiten Jahrgang. Unser Jugendorgan hatte zumBeginn des JahreS 32 000 Abonnenten und eS tritt mit mehrals 54 000 Abonnenten in sein drittes Jahr ein. Dieseserfreuliche Wachstum ist der beste Beweis dafür, daß sich das Blattbei der arbeitenden Jugend gut eingeführt hat, und es ist anderer,seits die vernichtende Quittung, die unsere freie Jugendbewegungder Polizei und Justiz für ihre Auflösungen und Drangsalierungcnausstellt.Wahn das Instrument aller reaktionären Mächte wurde, könntain gnädiger Vergessenheit versunken sein, wenn mit seinem Todedie Tragikomödie zu Ende gewesen wäre. Aber es hat sich daSUnheimliche, Unbegreifliche begeben, daß das Werk des krankenKopfes ihn überdauerte. Friedrich Wilhelm IV. blieb leben. E rlebt heute noch! Denn alles, was in Preußen politischesRecht ist, wurde einst unter dem Terror der Gegenrevolution auSdiesem verstörten Hirn ganz persönlich erzeugt. Und diese geistigenVerfallsprodukte und königlichen Racheakte sind unverändert inPreußen Recht geblieben. Ja, es erweckt gespenstische Gefühle,zu beobachten, wieviel sogar noch von dem fendal-nbsolutistischenGeist der königlichen Verordnung für den vereinigten Landtag deSVormärz selbst in den Grundrechten deS Deutschen Reiches erhaltengeblieben ist.'Wann endlich erfolgt die geschichtliche Beisetzung FriedriHWilhelms IV.?_kleines f euilleton.Mufik.Ausschließlich dem Klavier und Werken von Franz LiSztgewidmet war das Konzert, daS am Freitag im BeethovensaaleLeo Kestenberg veranstaltete. Ter Konzertgeber, uns feitlängerem durch fein populäres Wirken rühmlich bekannt; zeigt einesehr beachtenSiverte Ausbildung seiner Klaviertechnik. Kam aucheiniges— wohl durch zuviel Pedalgebrauch— nicht völlig klarheraus, so war doch vor allem daS singend Weiche seinesAiiscblages erfreulich. Sein Piano ist ganz besonders schön, seinFortissimo nicht stechend und viel weniger gewaltsam, als man es beider gegenwärtigen Spielweise.neudcutscher' Klaviermusik hinzu-nehmen gewöhnt ist.Eine solche Gewöhnung gibt aber gar sehr zu denken. DaSKlavier bleibt nun doch das klangloseste aller besseren Instrumente undist bei starkem Anschlag wohl nur dem dagegen abgestumpften er-träglich. Und seit seine Ausdrucksfähigkeit gerade von LiSzt vollendetworden ist, darf man doch frage», ob sich weiterbin die Widmungvon soviel komponierenden, ausübenden und zuhörenden Kräftenan den vielleicht wertlosesten aller Bestandteile der Kunst, an dasKlaviersolospiel lohnt.Kestenbergs Programm war lang und durch LiSztS breite,lastende Koinposüionsweise großenteils ermüdend. Di«„Poetischenund religiösen Harmonien" des französischen Dichters Lamartine, auSdenen mehrere Stücke von LiSzt in Klavierphantofien dargestelltwerden, mit eigenarliger Stiinmungsmalerei fallender Tränentropfenusw., sind allerdings ein grandioses Werk; und da» vorgelegte Pro-grammbiichlein war ein guter Führer. Daß aber all derlei Kunstund Kunstpflege nur eben ein Interesse für Spezialisten hat, sollnicht vergessen werdea._ sz.Notizen.— Zeitschriftenvereinigung. Mit dem 1. Januar1911 werden die beiden ältesten und verbreitetsten geographischenZeilschristen in deutscher Sprache. PetermannS Geogr.Mitteilungen" und„ G l o b u S" unter gemeinsamem Titel miteinander verschmolzen und unter der Leitung von Prof. Paul Lang-hanS im Verlage von Justus Perthes in Gotha erscheinen.— DaS Marionetten-Theater Münchener Künstler inden Ausstellungshallen am Zoologischen Garten hat sein hiesigesGastspiel verlängert. In den Nachmittagsvorstellungen gelte»von nun an für die Jugend halbe Preise.