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Gtrahenmanifestation'en verbunden sind. Hiergegen hat ihr Vorstand in dem Schreiben ausdrücklich erklärt, dafc er zu der Verfassungsreform in der vorliegenden Gestaltdenselben ab- lehnenden Standpunkt'1 einnehme wie der sozialdemokratische Verein. Man wird abwarten müssen, ob die Liberalen auch wirklich etwas Ernhaftes tun, um dlesen kritischen Standpunkt gegenüber der Negieruugsvorlage zu beobachten. Mandatsunide? An Stelle des reichSvcrbändleriichen Scharfmachers v. D i r! s e n ist von den Konservativen im Wahlkreise Koltbus-Spreinberg der LandgenchtSdirekror Parlhey-Frankfurt a. O. ausgestellt worden. Dirksen scheint keine Neigung zu verspüren, sich der Gefahr einer Niederlage auszusetzen. In der Stichwahl wurde Dirksen mit 15 667 gegen 8683 Stimmen gewählt. In der Hauptwahl erhielt er 1138-t Stimmen. Auf die Sozialdemokiatie einfielen 9082, aus die Freisinnigen 5531 und auf das Zentrum 120 Stimmen. Erledigtes Neichstagsmaudat. In Jmmenstadt iAllgäu) ist der bisherige Vertreter dieses Kreises, der uliramoutane Abg. Schmidt gestorben. Die Nachwahl wird voraussichtlich zu einem heftigen Kampf zwischen dem Zentrum und den Liberalen führen, die im Jahre 1907 in der Stichwahl unterlegen sind. Im ersten Wahlgang wurden abgegeben 24 651 Stimmen, davon erhielt Schmidt 12 013, der liberale Kandidat 10 633, Genosse Jschniger 1099. In der Stichwahl siegte dann Schmidt mit 13636 gegen 10 831'Stimmen. Nach Bonner   Muster. Kurz nach den Exzessen der Bonner   Borussen verübten ein paar Münchener   Studierende einen groben Unfug ähnlicher Art. Die Münchener   Korps hatten am 22. Juni einen Ausflug gemacht und kehrten von Grohhasiellohe nachts 11 llhr mit dem letzten Zuge nach München   zurück. Kaum war der Zug unter den Klöngen einer von den AuSzüglern mitgebrachten Musikkapelle abgefahren, als der Lokomotivführer auf dem Trittbrett der Maschine einen Studenten bemerkte, der offenbar aus einem der Wagen kommend, die Trittbretter entlang bis zur Lokomotive gelangt war. Um einen Unfall zu verhüten, ließ der Führer den jungen Mann, der offenbar angetrunken war, auf die Lokomotive heraufsteigen, wo er sich aber sehr bald höchst unnütz machte, indem er mehrere Male an den Hebel der Dampfpfeife griff und sie auch wiederholt zum Ertönen brachte. In Solln  , der nächsten Haltestelle, sollte der Student die Maschine verlassen; inzwischen waren noch zwei seiner Kommilitonen hinzugekommen und erst an der Haltestelle Forsteriederstratze konnten die drei Studenten von der Loko» motive entfernt werden. Sie bestiegen den der Lokomotive folgenden Personenwagen, doch erschien der ersterwähnte Student, nachdem sich der Zug in Bewegung gesetzt hatte, plötzlich aufs neue an der Maschine, kletterte während der ganzen Fahrt aussen an ihr herum, schnitt dem Lokomotivführer und dem Heizer Grimassen, bestieg auch das Dach des Führerraumes, zog von aussen mehrere Male die Dampfpfeife und hantierte an dem Sicherheitsventil herum. Im Hauptbahnhof angelangt, wurden seine Personalien festgestellt. Es war der 22 Jahre alte Stud. Jng. Arnold Bockel- mann aus Melde bei Osnabrück  , dem alsbald die Polizei wegen groben Unfugs einen Strafbefehl auf eine WocheHaft zustellte. Bockelmann erhob hiergegen Einspruch. Vor dem Schöffengericht entschuldigte er sein Verhalten mit Trunkenheit und erklärte, er wisse gar nicht, wie er zu dem unbedachten Streich gekommen sei. Der Vorsitzende bemerkte hierzu. Trunkenheit sei für einen gebildeten Menschen keine Entschuldigung und sein Be- nehnien sei um so tadelnswerter, als erst kurz vorher die Bonner Studentenexzcsse in der ganzen Presse abfällig erörtert worden seien. Das Gericht sah, um den Angeklagten nicht in seinem Fortkommen zu schädigen, von einer Freiheitsstrafe ab und er- kannte auf eine Geldstrafe von 80 M. oder 8 Tage Haft. In der Urteilsbegründung wurde ausgeführt, dass ihm die Geldstrafe bei seinen nicht gerade günstigen finanziellen Per- Hältnissen empfindlich treffe. Als straferschwerend komme in Betracht, daß seine Handlungsweise eines gebildeten Menschen durchaus unwürdig sei und nicht allein ihn selbst, sondern auch die Mitfahrenden gefährdet hätte. Die beiden anderen Studenten sind nicht zu ermitteln gewesen. Was hätte wohl ein Arbeiter erhalten, der sich ähnliche ge- fährliche Streiche erlaubt hätte? Tie Parteien des Abgeordnetenhauses haben zurzeit folgende Stärke: Konservative 149, Freikonservative 61, Nationalliberale 66, Fortschrittliche Volkspartei 37. Zentrum 102, Polen   15, Sozialdemokralen 6. fraklionslos 8. Erledigt sind vier Mandate und zwar: 1. Köslin  , 4. Oppeln  . 1. Danzig   und 4. Königsberg._ Silvesterprophezelungen. DirNational-Ztg.11 hat sich den ernstgemeinten Silvester- scherz geleistet, bei Parlameniariern eine Rundfrage über die Aus- sichten der Parteien bei den ReichStagswahlen zu veranstalten. In der ersten Veröffentlichung in der NeujahrSnummer kommen zunächst die Herren Strcsemann, Erzberger und Potthoff zum Wort. Herr Stresemann schreibt, viele Politiker stünden unter der Suggestion«ineS grossen und gewaltigen Sieges der Sozialdemokratie. Man spreche von 130 Mandaten, welche diese Partei erobern würde. und von der roten Flut, durch die wir hindurchmüssten. Ich halte diese Aussichten sür völlig übertrieben. Die Sozialdemokratie wird gewiss einen Stimmenzuwachs aufweisen. Neuerdings zeigt sich aber die Wirkung des Magdeburger Parteitage», der Tumulte in Moabit  und der nach wie vor unnachsichtigen Orthodoxie im Parteiregiment in einem Abflauen der sozialdemokratischen Bewegung... Wenn eS ihr daher gelingt, die Mandatsziffer des Jahres 1903 nur um weniges zu überschreiten und auf 90 Mandate anzuschwellen, so wird sie alle« erreicht haben, was der gegenwärtige Zeitkauf ihr bietet. In Verlust dieser von der Soziakdemokralie etwa zu erobernden 4050 Mandate werden sich die Parteien ausserhalb deS Zentrums testen müssen.. Herr Eroerger hat keine Lust zum Prophezeien, daein einziges weltpolitisches Ereignis' alle Kombinationen über den Hausen werfen könnte. AlZ   sicher nimmt er an, dass die Zahl der Stichwahlen sehr erheblich sei und im ersten Wohlgang 90 Zentrum«. abgeordnete gewählt werden. Die Sozialdemokraten würden der- stärkt wiederkehren, aber nicht in der Zahl von 120 oder 140. Herr P o t t h o f f glaubt, dass der Liberalismus bei den nächsten Wahlen eine große« Anzahl von Sitzen(Grossstädte und Industrie- Plätze) an die Sozialdemokratie verlieren wird. Die Liberalen könnten die Verluste ausgleichen, wenn sie in Dutzende von konfer- valivcn und nltramontanen Kreisen eine aufklärende Agitation nach Art derer von Oletzko   und Labiau tragen. Die katholische Kirchs»ls Ttaatsfeindi«. In einer Zeit, wo sich bei uns in Deutschland   die katholische Kirche   mit der reaktionären Staatsgewalt aufs innigste zur Niederzwingung der aufstrebenden Volksmassen verbündet hat. ist der NachiveiS nicht uninteressant, dass die katholische Kirche   gegcbenenialls auch nicht davor zurückschreckt, dem Staate den erbittertsten Krieg zu erklären und seine Existenz durch die rücksichtsloseste Staatsfeindschaft direkt in Frage zu stellen. Diesen Nachweis nun erbringt auS neuester Zeit dieKölnische Zeitung  ' durch folgende Reminiszenzen: In feierlicher Enzyklika verurteilte Pius X  . am 11. Februar 1906 daS durch die legitimen gesetz- gebenden Faktoren ritv zustande gekommene französische   Trennuugsgesetz: Eingedenk unseres opoftolische» Amtes verurteilen und verdammen wir kraft der böcksten Autorilät, die unS Gott  verliehen hat. das in Frankreich   angenommene Ge- setz über Trennung von Staat und Kirche. Wir verurteilen und verdammen es..., weil eS im Widerspruch steht mit der götilichen Verfassung der Kircke, mit ihren wesentlichen Rcchlen und mit ihrer Freiheit.... Wir protestieren feierlich und auÄ allen unseren Kräften gegen die Einbringung, gegen dns Votum und gegen die V e ö f i e n t l i ch u n g dieses Gesetzes und erklären, dass es niemals wird an- geführt'werden können gegen die unveräusserlichen und unabänderlichen Rechte der Kirche, um sie zu schwächen l.Ger- mania' vom 20. Februar 1906). Am 2t. Februar desselben JahreS wiederholt Pius X  . diese Verurteilung(Germania  ' vom 25. Februar 1906). Am 10. August desselben JahreS fügt der Papst einer neuen Verurteilung des Ge- setzes die bezeichnenden Werte hinzu: Die Katholiken Frankreichs   haben jetzt unsere Verurteilung dieses gottlosen Ge° seyeS und seiner Anwendung gehört; nun mögen sie, wie es ihre Pflicht ist, uns Ge- h o r s a m leisten.'(Kölnische VolkSzeNung' vom 15. August 1906.) Diese den Ungehorsam gegen ein StaatSgesetz direkt fordernden Worte Pius X.   veranlassten Briand, der damals Kultusminister war. zu erklären:Der Papst hat durch sein Verbot, dem TienuungSgesetz sich zu fügen. die französische  Geistlichkeit aus der Gesetzlichkeit hinaus- gestossen; er zwingt sie, die Landesgesetze zu verletzen. Er handelt nicht mehr als geistliches Oberhaupt der Katholiken, er wirft sich zu ihrem politischen Ober- Haupt auf.'(Germania  ' vom 11. Dezember 1906.) Die alte, bekannte Geschichte. Bei Gefährdung ktrch- l i ch e r Interessen wirft die katholische Kirche dem Staat rücksichtslos den Fehdehandschuh hin für den Schutz der Rechte der Besitzlosen rührt sie nicht die Hand. Im Gegenteil, dann ist ihre Losung:Wer Knecht ist, soll Knecht bleiben!"_ Das Militär als Konkurrent der Privatunternehmer. In Speyer   o. Rh. soll über einen Bach eine hölzerne Brücke von 200 Zentner Tragkraft hergestellt werden. Das in Speyer  garnisonierende Pionierbataillon stellte nun an den Stadtrat den Antrag,im Juteresie der Ausbildung der Mannschaften dem Militär den Bau zu übertragen.' Der Voranschlag war auf 3400 M. festgesetzt, das Angebot des Pionierbataillons ging um 800 M. unter diesen Preis. Bei Vergebung der Arbeit durch den Stadtrat stimmten nur die Sozialdemokraten gegen daS Angebot der Pionier«, denen die Arbeit durch die Stimmen der Liberalen und des Zentrums zugesprochen wurde. Ocftemlcb. Protest gegen die Fleischnot. Trieft, 2. Januar. Gemäss einem in einer gestern abgehaltenen Versammlung gefahten Beschluß halten die Fleischer heute ihre Geschäfte als Protest gegen die Fleischnot geschlossen. fratihrefcb, Für Durand. Paris  , 1. Januar.  (Eig. Ber.) Der Kampf für die Be­freiung Durands ist in den Vordergrund des politischen Interesses getreten. Durand ist begnadigt worden, aber selbst abgeseh endavon, daß 7 Jahre Gefängnis noch immer eine erschreckende Strafe für ein paar heftige Worte wären, ist die Begnadigung überhaupt keine Lösung. Die Arbeiterklasse wird die fauleHumanität", die die Gerechtigkeit mit der bürgerlichen Abschreckungspolitik aus- gleichen will, nicht akzeptieren. Sie fordert die Revision des Prozesses und wird zur Erreichung dieses Zieles die Macht ihrer Organisation ins Feld führen. Natürlich nimmt sie die Hilfe der bürgerlichen Idealisten mit Freude wahr und läßt nichts unversucht, um die sittlichen Antriebe in den Volks- massen zu entfesseln. Darum ist auch die vom radikalen Deputierten Meunier begonnene Aktion besonders wertvoll. Herr Meunier hat in Havre   Erhebungen über Durands Verhalten während des Kohlenverladerstreiks angestellt, und ihr Er- gebnis, das er imMatin" mitteilt, ist der Beweis für Durands vollständige Unschuld. Meunier hat eine Menge Zeugen einvernommen: solche, die vom Untersuchungsrichter. nicht aber vor den Geschworenen verhört worden sind; solche, die der Polizeichef, aber nicht der Untersuchungsrichter vor- geladen hat, endlich solche, die überhaupt noch nicht Gelegen. heit gefunden hatten, auszusagen. Nicht weniger als 3 0 0 Arbeiter hatten ihre Arbeit verlassen, um ihren Unglück- lichen Kameraden zu retten. Sie alle haben den Ge- Werkschaftsversammlungen beigewohnt und bezeugen, daß Durand, weit entfernt davon, zu Gewaltakten aufgefordert oder gar jenes wahnwitzigeTodesurteil" zur Abstimmung gebracht zu haben, stets zur Mäßigung, Selbst- beherrschung und Nüchternheit ermahnt hat. Von den zw ö l f Zeugen aber, auf deren widerspruchsvolle Aussagen hin Durand in Ronen   verurteilt worden ist und von denen ein einziger die Geschichte von derAbstimmung" bestätigt hat. ist gerade dieser vonMeunierderLügeüberführt worden. Dieser Zeuge, Leprestre, hatte ausgesagt:Das Todesurteil ist in der Vollversammlung der Streikenden von Durand zur Abstimftrung gebracht worden. Von 353 An. wesenden haben 352 die Hand erhoben, bei der Gegenprobe ein einziaer, namens M o u l y. der übrigens taub ist." Nun hat Leprestres eigene Schwester erklärt, daß er ihr vor dem Prozeß in Ronen   bekannt habe, daß er über die Affäre nur wisse, was ihm die Kameraden erzählt hätten! Meunier hielt Leprestre diese Aussage vor. Nach einigem Leugnen erklärte Leprestre wörtlich:Ich habe mit eigenen Ohren Durand erklären hören, daß man sich von Dongs trennen ümsie." Auf die Frage Meuniers:Ist daS alles?" antwortete er:Ja, das ist alles!" Meunier hat in dieser Aussage das neue Faktum ge- fundcn. dasdieRevisiondesProzesses möglich und notwendig macht. Also auch die Hinweise auf die formalen Bedingungen des Justtzverfahrens sind hinfällig geworden. Di« Kämpfer für die Revision des Prozesses haben nicht nur das materielle, sondern auch das formale Recht auf ihrer Seite. Die lauen Gnadenanwälte des Radikalismus werden ja ja, nein nein sagen müssen. Wie anders war es... Paris  , 30. Dezember.(Eig. Ber.) Die Pariser   Sektionen der einst während der Dreyfus-Kampagne gegründeten Liga der Menschenrechte wollen jetzt an dt«Intellektuellen" appellieren, wn die Aktion der Lrdeiterschast fix die Befreiung Durands zu unterstützen. Sie hatten auch schon die Veranstaltung einer grossen Versammlung beschlossen, die im Saale desGrand- Orient  ', der grossen Freimaurer  -Vereinigung, stattfinden sollte. Die Verwaltung des Gebäudes aber hat auf Weisung des Ordensrats den Saal verweigert. Diese tückische Bos- heit, die übrigens mehr ihre Urheber kompromittiert, als sie die Sache, gegen die sie gerichtet ist, schaden kann, ist zweifellos daS Werk des Herrn L a f f e r r e, der das Oberhaupt der Freimaurer  und das Faktotum der Briandfchcn Scharfmacherei ist. Spanien  . Neubildung des Ministeriums. Madrid  , 1. Januar Ministerpräsident C a n a l e j a s bot dem König die Gcsamtdemission des Kabinetts an. Der König sprach Canalejas aufS neue fein Vertrauen aus, gab ihm Vollmarbt, in der Zusammensetzung des Kabinetts die von ihm für erforderlich erachtete Veränderung vorzunehmen und billigte die Richtlinien der von Canalejas   vorgeschlagenen Politik. Die neu zu ernennenden Minister werden sein: Gasse t für die öffentlichen Arbeiten, Alfonso Castrillo für das Innere und LlmoS Salvador für den öffentlichen Unterricht._ Hue der partei* Ein Parteiveteran. Unser alter lieber Harburger Parteigenosse Heinrich B a e r e r feierte am Neujahrstage seinen siebzig st en Ge- b u r t S t a g. Der brave alte Genosse erfreut sich noch Verhältnis- mässig guter körperlicher Rüstigkeit und bester geistiger Frische. Fast zwei Menschenalter, seit seinen Jünglingsjahren, hat er in der Arbeiterbewegung gestanden und viele Jahrzehnte hindurch in der Front derselben, wo ihn mancher schwere Schlag, von reaktionärer Polizeibrutalität geführt, getroffen hat. Viel schwere Opfer hat er seiner proletarischen, sozialdemokratischen lieber- zeugung bringen müssen. Aber immer wieder raffte er sich empor und setzte sich mit dem ihm eigenen goldenen Humor über alle Fährlichkeiten und Polizeischikane hinweg, auch über die schwere, schwere Zeit des Schandgesetzes, in der ihn und seine Familie der Ausweisungsbefehl traf. Seit den siebziger Jahren hatte er sich auf speziellen Wunsch des Parteivorstandes, für den Genosse Bebel an ihn schrieb, den Harburger Parteigenossen für die Reichstagskandidatur zur Verfügung gestellt. Und er hat auf diesem Posten seine Schuldigkeit getan noch bei der letzten Wahl. Wir wünschen dem tapferen alten Genossen noch ewen weiteren frohen Lebensabend._ Der Erfolg ber Denunzianten. Gegen den Genossen Hermann W e n d e l- Frankfurt a. M., ist jetzt wegen seiner Kaiserreden.Rede und-Broschüre offiziell An- klage wegen Majestätsbeleidigung erhoben worden. Heyde- brand und Wagner werden lebhaft bedauern, dass der Herr Staats» anwalt sich vergeblich bemühte, in Mendels Ausführungen auch noch Hochverrat zu entdecken. DieFrankfurter Volksstimme" bemerkt zu der Anklage: DaS Delikt der Majestätsbeleidigung ist so künstlich kon- struiert, dass man fast sagen könnte, nicht die Wendelsche Schrift, sondern die Anklageschrift enthält die wirkliche Beleidigung der Majestät, indem sie in eine Stelle willkürlich einen Sinn hinein- interpretiert, der gar nicht darin steckt. Wir sind gespannt, ob die Staatsanwaltschaft auf diesem Glatteis ausrutschen wird, wir halten es aber für ausgeschlossen, dass irgendein Gericht der Welt auf Grund dieser Konstruktion zu einer Verurteilung kommt." Gemeindewahlcrfolge. In GrossrückerSwalde   und G o r n a r, zlvei Orten deS 20. sächsischen Wahlkreises, in denen noch nie Sozialdemokraten im Gemeindeparlament fassen, wurden in der Klasse der Unansässiaen die Kandidaten unserer Partei nach heftigen Wahlkämpfen gewählt. Personalien. In die Redaktion derZittauer VolkS-Zeitung" tritt an Stelle des ausscheidenden Genossen Uhlig der Genosse Rauch- Bremen._ Hub Industrie und Kandel  . Esst Zucker anS Patriotismus! Eine der widersinnigsten, volksfeindlichsten Steuern ist die VerbrauchSabgabe auf Zucker. Dank der famosen Arbeit der Schnapsblockbiüder bei der Reichsfinanzreform beträgt die Steuer immer noch 7 Pf. pro Pfd. Zucker. Früher war sie noch höher, sie betrug 10 Pf. Diese Steuer diente dazu, den Znckerbaronen Export- Prämien zu zahlen. Der inländische Konsument musste dem aus- ländischen Verbraucher den deutschen   Zucker billig machen. War dach infolge der hohen JnlandSsteuer und der Exportprämie der deutsche Zucker in England bis zu 30 Pf. pro Kilogramm billiger als in Deutschland  . Und diese Einrichtung hatte nur den Zweck, unseren Zuckerfabrikanten gute Gewinne zu garantieren. Die Plünderung der deutschen   Konsumenten zugunsten einer Handvoll Dividenden- schlucket, führte zu so unleidlichen Zuständen auf dem Weltmarkt, dasszum Leidwesen unserer Zuckerpatrioten, auf Drängen deS Aus- landes, die sogenannte Brüsseler Konvention die Ausfuhrprämien- Wirtschaft beseitigte. Nun hatten die deutschen   Zuckerproduzenten nicht mehr das bisherige Interesse an den hohen Verbrauchsabgaben, denn nun muhte die Julandsproduktion gesteigert werde», oder man war gezwungen, die Produktion erheblich einzuschränken. Eine Konsumsteig-rung liehe sich sehr leicht durch eine beträchtliche Steuerherabsetzung erreichen. Der Reichstag hatte auch bereits die Ermässigung vis auf 10 M pro Zentner beschlossen. Doch war der Beschluß an die Voraussetzung der Erschliessung einer anderen Steuerqnelle gebunden. Die Reichsstnanzreform zerstörte diese Voraussetzung, indem die Junker sich weigerten, eine Erhöhung der Erbschaftssteuer zu akzeptieren Deshalb bleibt eS bei der Steuer von 7 Pf. pro Pfund Zucker. Damit die Besitzenden, die Reichtümer erben, von «wer kleinen Abgabe verschont bleiben, müssen die Konsumenten die un- geheuerliche Steuer auf eines der allerwichtigsten Lebensmittel tragen. Nun meldet sich ein Angestellter der Zuckerbarone imTag" (80. Dezember) mit der Aufforderung an die Zuckerkonsumenten, sie sollten aus Patriotismus viel Zucker essen, nicht weil das gesund ist, sondern weil man damit Steuern zahlt. Der Verfasser, ein Fabrik- direktor Dr. K. Ulrich, Magdeburg  , schreibt: Eine Steigerung des Zuckerverbrauchs ist aber schliesslich auch mit Rücksicht auf unsere Reichsfinanzen recht wünschenswert. Unter unseren Verbrauchssteuern nimmt bekanntlich die recht bc- deutende Zuckersteuer, welche zurzeit immer noch 14 M. pro Doppelzentner beträgt, neben der Branntweinsteuer den ersten Platz ein und führt dem Reiche doch recht bedeutende Summen zu. wie folgende Zahlen beweisen: 1901 106 186 200 M. 1906 138404800 M. 1902 93 166 200 1907 138 365 400 1903 101 905 100 1908 144 085 600 1904 128 211200., 1909 149 204 800. 1903 112 908 000 lOiö 150 000 000 geschZtzt. ES ist deshalb schliesslich Sache jede« Patrioten, dem doch an einer guten Finanzlage deS Reiches gelegen sein muh. zur weitere» Hebimg deS ZnckerverbrauchS beizutragen." . ES ist doch ein starkes Stück, das unter der Last der Lebens- mittelsteuern seufzende arme Volk aufzufordern. auS Patriotismus noch mehr Steuern aufzubringen, während die Liebesgabenschlucker. d'e au« der Bewncherung des Volkes Millionengewinne erraffen. damit drohen, dass alle Familtenbande gesprengt, die Vaterlands- liebe, das monarchtswe Gefühl bei den Reichen vernichtet werde. wenn dre lachenden Erben»»cht von einer höheren Erbschaftssteuer verschont oueven.