Gewcrfefcbaftlichee. JVTatem! für Husnabtnegefctze sammeln unsere Scharfmacher. Kürzlich wurde ein Schrift- stück einer Firma aus der Metallindustrie bekanntgegeben, in dem zugegeben werden muszte, daß die den Betrieb bestreiken- den Arbeiter keinerlei Ausschreitungen begangen hatten. Trotzdem forderte die Firma Maßregeln zum Schutze der Ar- beitswilligen. Dieses Verfahren wird anscheinend überall angewandt. um„Material" Herbeizuschaffen. Die„Arbeitgeber-Zeitung" g. B. berichtet von einem Streik der Buchbinder und Arbeite- rinnen der Firma Langebartels u. Jürgensen in Altona - Ottensen , wobei es am Schlüsse heißt: „Der Buchbinderverband hat sofort nach Ausbruch diese? Streiks fortdauernd und in großer Zahl Streikposten ausgestellt, durch welche die bei der Firma angestellten Leute auf das Wider- wärtigste behandelt, eingeschüchtert und beleidigt worden sind. An- fangs glaubte die Betriebsleitung auf polizeilichen Schutz verzich- ten zu können, doch haben es die Streikposten selbst in ihrem Uebermut soweit getrieben, daß die Polizei direkt gezwungen wurde, einzugreifen. Es hat sich, wie es in dem uns zugehenden Bericht ausdrücklich heißt, bei dieser Gelegenheit deutlich ergeben, daß ein vermehrter und energischer Schutz der Arbeitswilligen auf gesetzlichem Wege unbedingt erforderlich ist!" Vage Behauptungen, für die ein Beweis nicht erbracht wird und nicht erbracht werden kann, sind es. die in diesem Falle als„Material" dienen müssen. Lediglich die Tatsache, daß überhaupt Streikposten—„in großer Zahl" sagt die„Ar- beitgeber-ZeituvK"— ausgestellt wurden, ist Grund genug, nach Staatsanwalt und Ausnahmegesetzen zu schreien. Da anderes, durchschlagenderes Material wahrscheinlich nicht zu erhalten ist,> sind die Scharfmacherschmoks darauf angewiesen. solches künstlich zu konstruieren. Das jämmerliche Resultat ist aus dem veröffentlichten Beispiele zu ersehen. Berlin und Clmgegcnd. Zur Beachtung für die Delegierten zum Heimarbeiter- kongrest! Dia zu dem am 12. Januar m B e r l i n stattfindenden Heim- arbeiterkongreß bestimmten Delegierten werden gebeten, sich zwecks Besorgung von Logis an den Genossen Alwin K ö r st e n, Berlin , Engel-Ufer 1b, Zimmer 12, zu wenden. Es stehen Logis zur Verfügung in der Preislage von 1,50 bis 3 M., und wird ge- beten, bei Bestellung auch gleich den Preis des gewünschten Logis mit anzugeben._ Achtung, Glasschleifer! Die Werkstelle Maro» u. Bartsch, Verlin, C., Dirksenstr. 41, ist für Glasschleifer, Polierer und Be- leger gesperrt. Die Firma erkennt den im Oktober 1910 ab- geschlossenen Lohntarif nicht an, auch ist von derselben der Arbeits- Nachweis umgangen worden. Die Kollegen haben darauf zu achten, daß keine Arbeit der betreffenden Firma in anderen Werkstellen an- gefertigt wird. Die Ortsverwalwng. Achtung, Metallarbeiter: In der Schraubendreherei von Adolf Mertens, Berlin , Kottbuserdamm 75, haben sämtliche Kollegen die Arbeit niedergelegt.— Der Betrieb ist gesperrt. Deutscher Metallarbeiterverband, Ortsverwaltung Berlin . Achtung! Fensterputzer und Mesfingputzer. Wegen Lohndifferenzen sowie Maßregelung sind mit dem heutigen Tage sämtliche Arbeiter der Fensterreinigungsanstalt Ber- liner Glasermnungsmeistcr, E. G. m. b. H., in den Streik getreten. Zuzug ist afs strengste fernzuhalten! Hoch die Solidarität! . Am Mittwoch, den 4. d. M., abends 6 Uhr, findet in Wilkes Festsälcn in der Sebastianstratze eine öffentliche Versamm- lung der Fen st er Putzer statt, in welcher zu der Bewegung Stellung genommen wird. Deutscher Transportarbeiter-Verbcmd, Bezirksverwaltung Groß-Berlin. I. A.: F. Lambrecht. Oeurfcbes Reich. Der Kampf in der Delmenhorster Waggonfabrik dauert nun schon ein halbes Jahr. Der Betrieb wurde von der Streikbrecherlieferantin Auguste Müller- Hamburg wiederholt vollständig besetzt. Die Firma konnte aber mit diesen„Vassermann- schen Gestalten" wenig anfangen, denn eben so viele Leute, wie„ge- liefert" wurden, erhielten auch ihre Entlassung. Prügeleien im Bc- triebe sind, solange diese Gesellschaft dort haust, an der Tages- Ordnung. Die Wirtschaften sind diesen Leuten fast alle verboten. Trotzdem drangen sie in ein Lokal ein und demolierten das ganze Inventar, bedrohten auch den Wirt, so daß dieser in der Notwehr von der Schußwaffe Gebrauch machen mußte und einen der Ein- dringlinge niederschoß. Anstatt, daß die Polizei nun die den Ueber- fall ausführenden Elemente hinter Schloß und Riegel brachte, wurde der überfallen« Wirt wochenlang in Untersuchungshaft behalten! Er mußte jetzt jedoch freigelassen werden und ist das gegen ihn an- hängig gemachte Verfahren inzwischen eingestellt. In den letzten Wochen find einige Trupps, die bis dahin in der Delmenhorster Fabrik„arbeiteten", nach Rastatt geschafft worden. Der Streikbrecheragent, der sie nach Delmenhorst gebracht hatte, Holl» sie auch wieder von dort ab. um die Vermittelungsgebühren für dieselben Leute zweimal einzustecken. Von den Streikenden sind nur noch 7 Mann am Orte. Die Arbeiter sind überzeugt, daß, wenn die Delmenhorster Waggonfabrik noch ein weiteres halbes Jahr so„fleißig liefert", wie im letzten, dann werden die Aktien bis inS Ungemessene steigen. In der Waggonfabrik in Rastatt sind außer den Delmenhorster Rausreißern Arbeitswillige nicht vorhanden. Von Auguste Müller wurde ein Transport von 120 Arbeitswilligen zwei Tage vor Weih- nachten geliefert, die für Metallarbeiter ausgegabc-n wurden. Die Direktion der Waggonfabrik wird bald einsehen, daß mit dieser Gesellschaft nichts anzufangen ist. Die Streikenden stehen auch in Rastatt einmütig zusammen._ Gescheiterte Einigungsverhandlungen. Die Feilenarbeiter in Remscheid stehen bekanntlich seit 20 Wochen in einem Streik um Verbesserung ihrer Lohn- und Arbeitsbedingungen. Aus Veranlassung des Oberbürger- meister Dr. Ja r r e s und unter dem Vorsitz desselben fanden dieser Tage Einigungsverhandlungen zwischen Arbeitgebern und Arbeit- nehmern statt, die sich aber resultatlos zerschlugen, da die Vorschläge der Arbeitgeber, welche nicht das geringste Entgegenkommen ent- hielten, für die Streikenden unannehmbar waren. In einer darauf- folgenden Versammlung beschäftigten sich die streikenden Feilen- arbeitcr mit der Lage des Streiks. Es sollte festgestellt werden, ob Geneigtheit besteht, den Kampf abzubrechen. Von den 608 noch im Kampfe stehenden Feilenarbeitern— die andern sind bereits seit längerer Ze:t untergebracht— st i m m t c n 002 für die Wetterführung des Kampfes und 4 für Beendigung des Streiks, 2 Zettel waren ungültig. Dies Resultat ist um so bemerkenswerter, als die Leitung sich jeder Stimmungsäußerung enthielt und den Entschluß völlig den Streikenden überließ._ Tarifabschluft in der südwestdeutschen Konfektions- Industrie. Der Verband der Schneider, Schneiderinnen und Wäsche- arbeiter hat im Dezember mit dem im Verbände süddeutscher Klei- Berantw. Redakt.: Richard Barth , Berlin . Inseratenteil verantw.: derfabriken organisierten Arbeitgebern der Konfektionsbranche einen neuen Tarifvertrag abgeschlossen. Das Vertragsgebiet umfaßt die Städte Frankfurt a. M., Mainz , Darmstadt , Heidelberg , Speyer und Worms . Hierzu gehören ferner die umfangreichen Land- bezirke des'Taunus , Rheinhessens , von Oberhessen , des Odentvaldes, Badens und der bayerischen Pfalz . Insgesamt kommen ungefähr 1500 meist in der ländlichen Hausindustrie-beschäftigte Arbeiter in Frage. Der Tarif tritt am I. Januar 1911 in Kraft und endet am 31. Dezember 1914. Zur Erledigung von Streitigkeiten sind zwei paritätische Tariftommissionen vorgesehen, eine mit dem Sitze in Frankfurt a. M. und eine mit dem Sitze in Speyer . Bei Diffe- renzen, die den ganzen Tarifbezirk berühren, entscheiden die beiden Kommissionen gemeinsam. Dasselbe geschieht, wenn sich während der Dauer des Tarifvertrages die tarifliche Festlegung neuer Ar- betten erforderlich macht. Die Lohnerhöhung selbst beträgt 12—17 Prozent auf die Grundpreise. Hierzu kommt noch eine Neuregelung der Extra- arbeiten, die seither etwas lückenhaft waren. Alles in allem also ein Erfolg, mit dem die Heimarbeiter Südwestdentschlands sehr zu. frieden sein können. Er ist um so höher einzuschätzen, da er ohne Kampf, lediglich auf dem Unterhandlungswege erreicht worden ist. Leicht ist allerdings den Vertretern des Schneidcrverbandes der Erfolg nicht gemacht worden. Acht volle Tage waren nötig, bevor die annähernd 200 Positionen des Tarifs restlos aufgearbeitet waren. Oft waren die Verhandlungen leidenschaftlich bewegt, und es platzten die Gegensätze mit voller Heftigkeit aufeinander; es gelang aber immer wieder, da die Arbeitgeber, wie anerkannt wer- den mutz, Entgegenkommen zeigten, die Beratungen in ein ruhi- geres Fahrtvasser zu lenken. Die Konfektionsarbeiter, die sich in den letzten Monaten wieder zahlreich der Organisation angeschlossen haben, nahmen in einer Reihe von Versammlungen zu dem Tarifabschlutz Stellung, fast ausnahmslos gelangte er einstimmig zur Annahme. Für verschiedene Werkstattbctriebe wurden noch eine Reihe Sonderabschlüsse mit noch höheren Lohnpositionen vereinbart. KusUmd. Die Bergarbeiterbewegung im Lütticher Bergwerksbecken nimmt schnell einen größeren Umfang an. Auf einer Reihe von Zechen fahren kaum zehn Prozent der Belegschaften an. Die Zahl der streikenden Bergleute beziffert sich jetzt schon auf über 10 000. Die Bürgermeister der im Streikgebiet gelegenen Ort- schaften haben Ansammlungen von Personen auf offener Straße untersagt. Die Gendarmen sind aus den nahegelegenen Städten, wie Verviers usw., verstärkt worden. Am Neujahrstage haben zahlreiche Versammlungen von Ausständigen stattgefunden, worin die Zurücknahme des neuen Arbeitsreglements verlangt und be- schlössen wurde, den Ausstand so lange fortzusetzen, bis den Berg- leuten volle Genugtuung gegeben worden sei. Ein neues Uebereinkommen der Strastenbahner in Kristiania. Der Streik oder vielmehr die Aussperrung der Straßen- bahnangestellten in Kristiania ist noch kurz vor Neujahr abgewehrt worden. Durch Vermittelung des Stadtverordnetenvorsitzenden Bang, des Vertreters der Stadt bei der Strahenbahndirektion, ist ein neues Uebereinkommen erzielt worden, das die Zu- stimmung-beider Parteien gefunden hat. Dem Fahrpersonal ist darin eine Lohnerhöhung von 150 Kronen im Jahre, und vom 1. Januar 1914 ab um weitere 50 Kronen gewährt worden, wofür jedoch eine Tantieme von iVs Proz. der Bruttoeinnahme, die dem Personal mit 120 Kronen jährlich garantiert war, in Fortfall kommt, so daß die eigentliche Lohnzulage sehr gering ist. Der Lohn ist nun für das erste Dienstjahr auf 1310 Kronen festgesetzt und steigt in 12 Dienstjahren nach und nach auf 1730 Kronen. Es werden 14 Tagen Sommerferien gewährt, und außerdem ist jeder 11. Wochentag sowie jeder 4. Sonntag frei. Für das Re- servepersonal sind die Stundenlöhne um einige Oere erhöht worden, so daß sie jetzt im ersten Jahre 35, im zweiten 37 und im dritten 40 Oere betragen. Die Arbeitszeit ist so geregelt, daß sie 9 Stunden täglich nicht übersteigt. Das neue Uebereinkommen soll bis zum 1. Januar 1917 gelten. Die Beileidungsfrage soll noch durch Verhandlungen mit dem Personal geregelt werden, besonders mit Rücksicht auf das Verlangen des Personals nach einer leichteren Sommerkleidung. „Intelligente" Streikbrecher. In Helsingfors kam es zu einer Bewegung der Setzer in den Druckereien des Unternehmcrverbandes. In den Zeitungen fungieren nach bürgerlichen Mitteilungen Frauen und Männer der „Intelligenz" als Streikbrecher. Die Herrschaften werden dabei die Erfahrung machen, daß der Beruf eines Setzers außer der Intelligenz noch schwere körperliche Arbeit und eine jahrelange Ausbildung und Uebung erfordert. Die Unternehmer scheinen übrigens der Intelligenz nicht anzugehören, sonst würden sie ihr kostbares Material nicht hergelaufenen Laien zur zweifellosen Vernichtung ausliefern._ Die Ausstandsbewegnng in Barcelona . Dem Ausstand der Hafenarbeiter haben sich nun auch die Fuhrleute angeschlossen. Der gesamte Hafenverkehr ist lahm- gelegt. Die Bürgerwehr bewacht die im Hafen und in den Bahn- Höfen aufgestellten Waren. Soziales« Sargschiffe. Bon den drei Slomann-Danipfern ist, wie unsere Leser wissen. die„Palermo " mit Mann und Maus untergegangen. Aber noch zwei andere Dampfer derselben Reederei,„ S a v o n a" und „Genua " find längst überfällig. Leider ist fast mit Sicherheit anzunehmen, daß auch diese Dampfer auf dem feuchten Grunde ruhen. 65 Menschen hätten danach ihren Tod im Meer gefunden. Es wirst sich die Frage aus: Trägt niemand an dem Menschenverlust schuld? Waren die Schiffe hinreichend seetüchtig. Unser Bruderorgan, das„Hamburger Echo", gibt über die Schiffe einige Auskünfte, die die Vermutung rechtfertigen, daß die untergegangenen Schiffe für Sachkennner als Sargschiffe erkennbar waren. Die Dampfer waren 35, 34. 33 Jahre alt. Ein See- befahrener, der die vorletzte Reise mit der„Palermo " mitmachte, schrieb damals: der Kasten ist reif zum Versaufen. Die TodeSfahrt auf der„Palermo " lehnte er deshalb ab und hat so sein Leben gerettet. Ein mit der„Savona " wahrscheinlich ertrunkener Maschinist sprach vor der Abreise die Be- fürchtung aus, der alte Kasten sei nicht mehr seetüchtig. Von der Fahrt aus berichtete er. daß die Maschine schwer in Gang zu bringen sei. Sind die Schiffe vor ihrer Abreise von ber Reederei und den zuständigen Behörden einer gründlichen Untersuchung auf ihre Seetüchtigkeit unterworfen worden? Wir fürchten, nein. Zu dieser Befürchtung gibt uns der Untergang dieser drei Schiffe, ihr Alter, die wiedergegebenen Aeußerungen und die Tatsache Anlaß, daß ein anderer Dampfer derselben Reederei,„Amalfi ", gleichfalls dem Untergang geweiht gewesen wäre, wenn nicht die Feuerleute von der zuständigen Behörde eine Untersuchung der lecken Kesseln verlangt und eS durchgesetzt hätten, daß die Ausreise deS Klapperkastens verboten wurde. Die behördliche Untersuchung solch' alter Schiffe mußte aufs peinlichste vorgenommen werden. Sie kann heute oft von der Mannschaft nicht in der wünschenswerten Weise unterstützt werden, 'H. Glocke, Berlin . Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdr. u. Verlagsanstalt i weil nach den Gepflogenheiten der Großreederelen Maschinisten und Offiziere fürchten müssen, wenn fie reden, ihre Stellung zu verlieren und außerdem auf die schwarzeListezu kommen. Dies System der schwarzen Listen ist nicht nur die ärgste Terrorisierung Arbeits- williger. Sie setzt auch, wie der Verlust der drei Sargschiffe zeigt, das Leben von Menschen frevelhaft aufs Spiel. Das seit Jahr- zehnten von der Sozialdemolratie erhobene Verlangen, die Ver- Wender schwarzer Liste» zu bestrafen, stellt sich immer dringender als vom Allgemeininteresse geboten dar. Will der ReichSlanzler endlich dem Verlangen entsprechen? Die Abnahme der Bleikrankheit. Ueber die Verbreitung der Bleikrankheit in den gewerblichen Betrieben sind in jüngster Zeit zwei Arbeiten erschienen. In der einen wird die Bleivergiftung nach den Berichten der deutschen Ge- werbcinspektoren und der Berliner Malerkasse von Abelsoorf dargestellt. Die bisherigen Erfahrungen lassen immer dringlicher die gesetzliche Anzeigepflicht der Bleikrankheit(und anderer gewerb- lichen Vergiftungen) fordern, denn die Zahl der zur Kenntnis der Behörden kommenden Fälle entspricht bei weitem nicht der Wirk- lichkeit. Ebenso wurden aus allen sogenannten Bleigelverben eine ansehnliche Zahl von Vcrgiftungsfällen bekannt. Die Ortskranken- kasse der Maler weist allerdings einen, wenn auch geringfügigen Rückgang der Bleivergiftungen auf. Abelsdorf verlangt besonders die vermehrte Beiziehung des ärztlichen Elements zur Gewerbe- Hygiene. Wenn auch neue Kosten dabei erwachsen, so sei doch der Ausspruch Mangonos dabei zu beherzigen:„Keine Geldsumme ver- mag den moralischen Niedergang sowie die physische Degeneration eines Volkes auszugleichen, wobei besonders an den Einfluß der Bleikrankheit aus Zeugungsfähigkeit und Nachkommenschaft zu denken ist." Nach Kaup sind die bekannt gewordenen Fälle von Blei- Vergiftung bei allen preußischen Krankenkassen von 1050 im Jahre 1904 auf 900 im Jahre 1908 zurückgegangen, die Krankheitstage von 27 943 auf 21 150. Die einzelnen Regierungsbezirke Preußens weisen jedoch erhebliche Unterschiede auf. Im allgemeinen glaubt Kaup einen erfreulichen Rückgang der Bleivergiftung konstatieren za können. Beleidigung eines achtjährigen Kindes. Die Inhaberin einer Plättanstalt, Frau Teynaß, hatte die Plätterin B. nach kurzfristiger Beschäftigung am 3.' Dezember wieder entlassen. Sie wurde deshalb von Frl. B. beim Gewerbe- geeicht verklagt, vor dem gestern Termin in der Sache anstand. Die Klägerin forderte eine zweiwöchige Lohnentschädigung von 30 M. Die Beklagte hielt die Entlassung für berechtigt, weil ihre Tochter, ein achtjähriges Kind,— von der Klägerin beleidigt worden ist, indem diese sagte:„Du Rotznäse, mach daß Du fortkommst. Wir brauchen keinen Aufpasser." Der Vorsitzende, Magistratsrat Dr. Leo, erblickte in diesen Worten eine die sofortige Lösung des Ar- beitsverhältnisses berechtigende Beleidigung eines Familienange- hörigen des Arbeitgebers und hatte deshalb Beweisaufnahme an- geordnet. Gestern wurde die 13jährige Nichte der Beklagten als Zeugin vernommen, die die oben erwähnte, von der Klägerin ent- schieden in Abrede gestellte Aeußerung bekundete. Das Kollegium schloß sich jedoch der eigenartigen Ansicht des Vorsitzenden nicht an. Es hielt wohl jene Aeußerung als eine sehr grobe Ungehörigkeit, die vom Schöffengericht vielleicht mit Strafe geahndet werden würde. Die fristlose Entlassung wird aber durch eine einfache Be- leidigung nicht berechtigt. Es müsse schon eine grobe Beleidigung sein. Eine solche sei aber jene Aeußerung nicht. Die Beklagte,— die zuvor einen Vergleichsvorschlag des Vorsitzenden auf Enlschädi» gung einer halben Woche abgelehnt hatte—, wurde dem Klage- antrage entsprechend verurteilt. Hus der frauenbewegung. Gegen die Mieltschincr Greuel. Der Berein„Frauenwohl" und der Verein für Frauenstimm- recht hatten zu gestern abend eine Versammlung nach den „Arminhallen" in der Kommandantenstraße einberufen, um gegen die Vorgänge in der Erziehungsa» stall Mieltschin zu protestiere». Zunächst sprach Frau Minna Cauer über die Erziehung der Für- sorgezöglinge und erklärte zum Schluß, daß nach dem gerichtlichen Urteil gegen Breithaupt man überzeugt sein könne, daß eS eine Klassenjustiz in Preußen gebe. Stadtverordneter Dr. A. B e r n st e i n nannte das Fürsorge- erziehungSgesetz ein ekelhaftes Zerrbild der Pädagogik und nannte Breithaupt den Typus der entarteten Pädagogen. Solange unsere Erziehung in Abhängigkeit zum pfäffisch-militärischen Wesen.stehe, sei an eine grundlegende Aenderung des Systems nicht zu denken. Wohl trügen auch die städtischen Behörden einen Teil der Schuld und der Verantwortlichkeit, aber er müsse zu» geben, daß gerade die Waisendeputation brüderlich, ohne einen Unterschied zwischen den Parteien zu machen, arbeite. Der Redner forderte eigene Anstalten für die Schwachsinnigen, Epileptiker und und Psychopathen. Er schloß mit den Worten: Fort mit allem brutalem Zwang in der Erziehung, her mit gutem Beispiel und her mit den Frauen in die städtischen Behörden. Nachdem noch Frau Adele Schreiber-Krieger ge» sprachen, wurde folgende Resolution angenommen: Die am 2. Januar in den„Arminhallen" versammelten Männer und Frauen geben ihrer Entrüstung über die Borkomm- nisse in Mieltschin Ausdruck, die neben anderen schlimmen Folgen auch eine lebhafte Beunruhigung darüber hervorgerufen haben, daß auch in anderen Erziehungsanstalten ungeeignete Methoden. zur Anwendung gelangen. Die Versammlung spricht die Erlvar- tung aus, daß Magistrat und Stadtverordnete alles daran setzen werden, um über alle ihnen unterstellte Fürsorgeeinrichwngen volle Klarheit zu schaffen und ähnlichen Vorkommnissen für die Zukunft vorzubeugen. Die Versammlung hält es für unbedingt notwendig, daß sowohl zur Leitung wie zur ständigen Beauf- sichtigung aller zur Fürsorge gefährdeter Jugend getroffenen Ein- richtungen Frauen hinzugezogen werden, und verlangt für die Frauen Siy und Stimme in der Stadtverordnetenversammlung sowie in allen Deputationen und Körperschaften, die mit der Durchführung der Fürsorgeerziehungsgesetze betraut sinds Hetzte ftachricbten« Zur Befreinnq Durands. Paris , 2. Januar. (W. T. B.) Der Allgemeine Arbeiterverband hat heute beschlossen, auf vollständige Befreiung des zu einer Gefängnisstrafe von 7 Jahren be- begnadigten Syndikatssekretärs Durand zu dringen und hat seinen Generalstrcikausschuß beauftragt, eine allgemeine Bewegung der organisierten Arbeiter in die Wege zu leiten« Explosion im Strasienbahnhof. San Sebastian , 2. Januar. (W. T. B.) Durch eine Explosion im hiesigen Straßenbahnhof wurde eine Person getötet, zwei andere wurden verletzt. Konstantiüopel, 2. Januar. (W. T. B.) Wie« der Ober- kommandierende der türkischen Truppen bei K e r a k telcgraphisch meldet, wurden bei Zusammenstößen der Truppen mit den Auf- ständischen, welche sich weigerten, die im Verlaufe der letzten Er- eignisse geraubten Sachen herauszugeben, 18 Aufständische getötet, Zaul Singer öc Co., Berlin L>V. Hierzu 2 Beilage»«.Unterhaltungsbl«'
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