Reichstagswahltermin?
Wann finden die nächsten Reichstagewahlen statt? Diese Frage Beschäftigt noch immer die Deffentlichkeit, und bald weiß das eine, bald das andere Blatt näheres über den Wahltérmin zu melden Soch stellt sich hinterher schnell heraus, daß auch dieses Nähere" nur auf bloßer Bermutung beruht. Jetzt weiß wieder die Köln . Vollsztg." aus Berlin zu melden:
Der Gesetzentwurf über die Schiffahrtsabgaben. Der Reichstanzler v. Bethmann Hollweg lehnt es mit Entschiedenheit ab, irgend einen festen Zeitpunkt für die ReichstagsDas Amsterdamet Handelsblatt meldet aus Berlin : Die Auf wahlen zu bestimmen. Er behält sich in dieser Hinsicht völlig freie faffung, der Gesetzentwurf zur Einführung von Schiffahrtsabgaben Hand. Es ist leicht möglich, daß die Parteien überrascht werden. werde scheitern, gewinnt immer mehr an Raum. Der in diesen Biel wird die Entscheidung abhängen von dem Verlauf der Schluß- Dingen gewiß nicht optimistische österreichische Botschafter Szögenyi feffion. In manchen Regierungsfreisen ist man der Meinung, daß Darich sei ebenfalls der Meinung, daß der Gefehentwurf trotz aller es taftifdh aivedmäßig ist, die Reichstagswahlen im späten Frühenderungen eine Mehrheit nicht finden werde. Sollte tider Er jahr stattfinden zu lassen, damit der Reichstag noch zu Anfang des warten der Entwurf doch zum Gefeßze werden, so würden Sommers zu einer furzen Session zusammentreten tann und dann Desterreich und die Niederlande fo viel als möglich bei den Ber so Ver= eine längere Pause eintritt, in der die Parteien vor Beginn der handlungen mit dem Deutschen Reich gemeinsam auftreten. Oefterreich.
Herbstsession zur Ruhe fommen tönnen. Man hält es für bedenklich, daß der nächste Reichstag alsbald unter dem frischen Eindrucke des Wahlkampfes zu größerer Tätigkeit einberufen werden soll. In anderen sehr bestimmt gehaltenen Mitteilungen war der Herbst 1911 als Beitpunkt der nächsten Wahlen bezeichnet worden. Es wird aber doch gut sein, auch mit der Möglichkeit eines früheren Termins zu rechnen und sich auf alle Fälle bereit zu halten."
fähigen Großindustriellen wegfangen. Das hindert natürlich| den Antrag stellte, daß der Trinkbranntwein mindestens 30 Bros. 1 in welchem Umfange die Nachrichten über die Erkrankungen infolge nicht, daß sie sich morgen oder übermorgen wieder den Na- Alfohol enthalten solle. Der Alkoholkonsum sollte auf diese Weise des Genusses von Margarine tatsächlich begründet sind, muß einigertionalliberalen als treueste Bundes- und Kampfgenossen anwesentlich erhöht werden; denn bisher wurde Schnaps verkauft, maßen überraschen und stugig machen. Wo in leichtfertiger oder bieten und aur nationalen Sammelpolitit blasen. der 15-18 und noch weniger Prozent Attohol enthielt. Als über auch nur fahrlässigerweise die Gefundheit und das Wohlbefinden der Ein den Rehbelichen Antrag namentlich abgestimmt werden sollte, tonfumenten in Gefahr gebracht worden ist, da verlangen wir heiteres Spiel! versagte selbst der Fuselblock. Gr war nicht einmal für den ermäßigten Antrag- 25 Bros.- zu haben. Es ist mit energisches Zupaden, nicht die Beschränkung auf polizeiliche, unverSicherheit anzunehmen, daß Nehbel den nächsten Reichstag nicht antwortliche Mitteilungen, die eigentlich wenig besagen, die aber von der mehr gieren wird. Der Wahlkreis Osterode - Reidenburg wurde den intereffierten agrarischen Preffe in strupellofer Weise gegen die geRonservativen schon 1908 abgenommen, und zwar von den National famte Margarineindustrie ausgeschlachtet werden. Nicht aus Interesse liberalen. Jetzt, da diesen die Hilfe des Bauern und Hansabundes für das Algemeinwohl, sondern als Ausfluß des trassen zur Verfügung steht, werden fie wahrscheinlich noch leichter über die Egoismus, der die agrarische Sippe in Deutschland auszeichnet. Agrarkonservativen flegen. Deren Kampf gegen die Margarine hat sich ja stets in der gehäffigsten Form geäußert. Man braucht da nur Jan die Forderung der latenten Färbung und ber gefonderten Verkaufsräume für Margarine au erinnern, Forderungen, die gang unbestritten darauf hinaustiefen, der Margarine die Konkurrenzfähigkeit zu erichweren. Mit der gesetzlichen Vorschrift der rot bebänderten Wargarinefäffer ist den Junfern nicht Genige geschehen, sie finden aber bei der Regierung verständnisvolles Entgegenkommen, indem diese der natürlichen Butter Frachtvergünstungen gewährt, die der Margarine verfagt bleiben. Bir betrachten die Margarine als ein notwendiges bersagt bleiben. Wir betrachten die Margarine als ein notwendiges lebet, das uns der unverschämte Lebensmitteltucher der SchnapsBlocBrüder Bescherte. Es wäre wahrlich mit Freuden zu begrüßen, wenn alle Surrogate verfchwinden fönnten und ausschließlich natürliche Butter fonfumiert würde. Gerade weil die Margarine ein notwendiges lebel ist, dürfte deren Produktion und Verschleiß nicht fünstlich verteuert werden. Aber, wie überall, werden die Armen für ihre Armut noch eytra beftraft, indem man ihnen den billigen Ersatz für vollgültige Rahrung im Interesse der unerfättlichen gratier verteuert. Und die jetzige Häßliche, ben verwerflichsten Motiven entsprungene Kampagne gegen die Margarine, die teilweise den Stempel der Mache an ber Stien trägt, hat ja auch nur den Zweck, den Begehr nach natürlicher Butter, die übrigens in zahl reichen Fällen verfälicht auf den Markt kommit, sowie den Berbrauch Höhe zu treiben. Erklärlicherweise hauen die Margarine- Intervon Tierfetten zu steigern und dadurch die Preise noch weiter in die effenten in der Abwehr der verwerflichen Heze von der anderen Seite auch leicht etwas über die Schnur; aber bie Gerechtigkeit und das Intereffe der notgedrungen auf den Konsum der Margarine Angewiesenen erheischt es, wenigstens von den fachlichen Einwänden, die von den Margarinefabriken in Abwehr der gegen die gesamte Industrie geschleuderten Beschuldigungen und der Misdeutung ausgesetzten Verwarnungen erhoben werden, Notiz zu nehmen. Wir glauben folcher Verpflichtung zu entsprechen, indem wir einem eingehenden Artikel in der, Margarine- Industrie"( Nr. 1 1911) folgendes entnehmen: Wenn überhaupt ihr Zusammenhang( ber gemeldeten Er franfungen) mit den Erzeugnissen der Ottenser Fabril der heute noch nicht erwiesen ist fefigestellt wird, dürfte ein großer Teil der Gebresten auf die unter ben Verbrauchern erregte Panit oder auf normale Ursachen zurückzuführen sein.
Genehmigte Straßendemonstrationen.
Die Polizeibehörde in Mülhausen hat die von der sozialdemokratischen Parteileitung beabsichtigten Straßendemonstrationen, durch die gegen die von der Regierung geplante Verfassungsreform protestiert werden soll, genehmigt. Dem Reichstagsabgeordneten Emmel ist am 2. Januar folgen des Schreiben zugestellt worden: Mülhausen , den 30. Dezember 1910.
Ueber Ihre Anzeige vom heutigen Tage, wonach von der So zialdemokratischen Partei anschließend an eine öffentliche Verjammlung in der neuen Markthalle am 8. Januar 1911, bormittags halb 11 Uht, ein öffentlicher Umzug durch die Belforter, Straßburger, Colmarer, Graben-, Zeughaus-, Lange-, Linné-, Fabrik und Dornacher Ettage, mit Auflösung an der Ueber Sedungsstrede beabsichtigt wird, erteile ich Ihnen gemäß§ 7 Reichsvereinsgesetz und den dazu erlassenen Ausführungsbestim mungen hiermit Empfangsanzeige.
Gemäß§ 2 der Ortspolizeiverordnung vom 1. Dezember 1886 genehmige ich, daß an der Spike des 3uges Tromme fer und Pfeiferspielen, daß in der Mitte des Buges die Arbeitermusik abwechselnd den Sozialisten ntarjch und den Andreas- Hofer Marsch spielt, und daß Arbeitergefangberein die Internationale" und den Wedruffingt.
Die ortspolizeiliche Genehmigung zur öffentlichen Verteilung des übersandten Aufrufes in Mülhausen und Umgebung wird hiermit erteilt. Der Kreisdirektor Diedmann, Polizeipräsident.
Wie der Mülhauser Liberalismus hat auch der Liberalismus in Gebweiler eine Beteiligung an den Straßendemonstrationen abgelehnt. Er will sich mit einer Brotestversammlung begnügen. Während indessen die Libe raien in Mülhausen in ihrem Schreiben erklärten, daß sie sich aus prinzipiellen(!) Gründen" nicht beteiligten, hat fich der Gebweiler Liberalismus zu diesem sonderbaren liberalen Prinzip" doch noch nicht durchgerungen.
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Vorlagen für den preußischen Landtag.
Scheitern der nationalen Friedensverhandlungen. Prag , 4. Januar. Die Verhandlungen der Parteien des Landtages, durch die eine Tagung des böhmischen Landtages erreicht werden sollte, find gescheitert. Die Vermittelungsvorschläge der Deutschen wie der Tschechen wurden von der Gegenpartei für un annehmbar erklärt. Eine Fortsetzung der Beratungen ist vorläufig nicht in Aussicht genommen worden.
Zivilgerichtshofs zu Rheims bestätigt, das den Grzbischof Paris , 4. Januar. Der Appellgerichtshof hat das Urteil des bon Rheims zur Zahlung von 500 Franks Schadenersas Birkular an die Bischöfe unterzeichnet, in dem der Gebrauch an den Lehrerberband berurteilt. Der Erzbischof hatte ein gewisser Schulbücher untersagt wurde.
Rußland.
Gegen die Universitäten.
Petersburg, 4. Januar. In den letzten Tagen fand hier eine Konferenz rechtsstehender nationalistischer Profefforen der verschiedenen Universitäten und nationalistischer Abgeordneten atveds Beratung der Lage an den Hochschulen statt. Man gelangte zu dem Resultat, daß die Lage der Hochschulen überaus gefährdet fei und unverzüglich Maßnahmen ergriffen werden müssen, die im wesentlichen darauf hinzielen, die im Jahre 1905 den Universitäten gewährte Autonomie start einzuschränken. Die Politit soll von den Hochschulen bedingungslos bertrieben werden. Zu diesem Zwede ist jegliche studentische Organisation zu verbieten. Die Studenten sollen strenger beaufsichtigt werden und fernerhin den staatlichen Aufsichtsorganen unterstehen. Ministerpräsident Stolypin empfing die Konferenzteilnehmer und erklärte, er fei mit den Gesichtspuntten einverstanden. Die Konferensmitglieder wurden dann auch vom Kaiser in einstündiger Audiens empfangen.
Es wird weiter geprügelt!
Aus Smolensk wird unter dem 29. Dezember berichtet: Bierzehn Insassen des Katorga- Gefängnisses wurden törperlich gezüchtigt, da sie sich geweigert hatten, weiter zu arbeiten, wenn ihre tägliche Nation nicht bergrößert werde. Der Gefängnisarzt erklärte einige der Gefangenen für trant; indessen wurden auch sie der Exekution unterworfen, erhielten aber jeder nur" 15 Siebe.
Eine Korrespondenz meldet: Die dem Landtage in seiner neuen Session vorzulegenden Gesezentwürfe sind in den Ressorts fertiggestellt Hier spielten sich also, nur in kleinerem Maßstabe, genau und werden dem Landtage in den ersten Wochen zugehen. Es sind dies dieselben Greuel wie fürzlich in Wologda ab. Die Gefolgende Vorlagen: das Zweckverbandsgefes, das Feuerbestattungsfangenen berlangen zuerst eine größere Tagesration, da sie gefet, ein Entwurf fiber die Schulpflicht Taubftimmer, ein Entwurf sonst verhungern müssen. Sie werden dafür durchgepeitscht, über den Fortbildungefchulzwang in Gemeinden über 10 000 Seelen, wobei auch die ranten nicht geschont werden. Wieviele ein Entwurf zur Bekämpfung des Prämienlosschwindels, ein Entwurf Gefangene werden nun durch Selbstmord enden? über arbeitsscheue Erhaltungspflichtige, sowie Entwürfe betreffend die Verpflichtung zu Besuchen ländlicher Fortbildungsschulen in den Provinzen Schleswig- Holstein , Brandenburg , Pommern , Westfalen , Sachfen, Rheinproving und Hohenzollern . Ferner werden dem Landtage die in der letzten Seffion unerledigt gebliebenen Vorlagen zugehen: Die Novelle zur rheinischen Landgemeinde orbnung, die oftpreußische Begeordnung und der Entwurf betreffs die Verpflichtung zur Reinhaltung öffentlicher Wege.
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Gegen die Schundliteratnr.
Aus der Partei.
Was sie wollen!
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tönnte man in bezug auf unsere Richter und Staatsanwälte aus rufen, wenn man sich das Strafregister gegen die sozialdemokratischen Rebatteure des näheren betrachtet. Die letzten beiden Monate des vergangenen Jahres hat es wieder förm lich Preßprozeife geregnet. Trotz der mehrmaligen fonnten fiebemunddreißig Urteile Urteile gefällt werden, Heute nachmittag wurde im Reichstagsgebäude die von der Feiertage Deutschen Dichtergedächtnisstiftung zusammengestellte Ausstellung eine durchschnittlich höhere Bahl als in den früheren Monaten. gegen die Schundliteratur eröffnet, die auf Veranlassung der Deutschen Auf zirka 1 Jahr Gefängnis und 6000 D. Geldstrafe wurde Zentrale für Jugendfürsorge bereits in verschiedenen deutschen erkannt. Nichter- und Polizeibeleidigungen spielen eine große Rolle. Städten gezeigt wurde. Die Ausstellung beweist durch genaue In den neun Monaten April bis Dezember 1910 find nicht weniger Angaben entfegliche, geradezu grauenerivedenbe Fülle als 181 Breßprogeffe zu verzeichnen. Jeden Monat wurden bolts- und jugendvergiftender Literatur. Die furze Analfo 15 sozialdemokratische Redakteure abgeurteilt. Und das Resultat? gabe, daß allein in Deutschland 52 Verlagsanstalten, mit Gin geradezu graufiges. In neun Monaten wurde zu Recht erkannt Senen 8000 selbständige Geschäftsleute und 30 000 Stolporteure in auf: Bier Jahre, sechs Monate, drei Wochen und Verbindung stehen, Schundliteratur liefern, gibt schon ein trübes eage Gefängnis und 19368 Mart Geldstrafe! Bild von der Verbreitung jenes Giftes. Ganz besonderes Intereffe In sehr vielen unter den 131 Fällen" handelte es sich um ganz erregen jene Proben von gelesener Schundliteratur, die von Schul- unerhört harte Bestrafung. Die Strafen stehen zu den tatsächlichen findern, Fortbildungsschülern, Geschäftsburschen, Besuchern der Asyle Begebenheiten in feinem Verhältnis. Dennoch arbeiten die Staatsfür Obdachlose durch Eintausch gegen gute Bücher erworben wurden. anwälte mit Hochbruck, um das richtige" Strafmaß heraus Man sieht es manchen Proben an, daß jene schauerlichen Schund- zubekommen. Ihnen waren die Strafen durchweg noch zu niedrig, hefte mindestens durch Dutzende von Händen gegangen sind. denn je härter die Gerichte zufaffen, um so deutlicher muß es doch merkenswert ist auch eine Sammlung von Gerichtsberichten, aus bem Spießbürger einleuchten", wie staatsgefährlich wir sind, wie benen hervorgeht, daß eine ganze Reihe der schwersten Verbrechen toir die geliebten Einrichtungen des Staates usw., der Ordnung in unmittelbarstem Zusammenhange mit der Schundliteratur steht. und guten Sitte hämisch" kritisieren und dadurch die Erschütterung Um den Stampf gegen die Schundliteratur unwirksam zu machen, find, erzielen, die strengstens geahndet werden muß. wie Proben beweifen, einige Verleger auf den Ausweg verfallen, ihrem Verlage eine Bezeichnung zu geben, die gute Literatur erwarten läßt( Verein zur Verbreitung guter Voltsschriften"), unter der sich aber miferabelster Unrat berbirgt.
Bes
Die Ausstellung gibt auch umfangreiche Sammlungen guter und billiger Volks- und Jugendliteratur. Bedauerlich ist nur, daß man darunter auch recht seichte patriotische Heldenbücher" findet, wenn auch nicht in allzu aufdringlicher Weise.
Polizeiliches, Gerichtliches ufw.
Die beleidigten Eisenbahndirektionen. Wegen einer im Juli vorigen Jahres in der Erfurter Tribüne" erschienenen Notia fühlten sich die Eisenbahndirektionen Berlin und Breslau beleidigt. Am Dienstag hatte ob der Freveltat der Verantwortliche des Blattes, Genosse Pezold, vor der Erfurter Straffammer zu erscheinen. Der Staatsanwalt fab die angebliche Beleidigung als so schwer an, daß er fie durch vier Monate Gefängnis Das Gericht fonnte sich jedoch nicht zu
Nach einem Einblick in die Fülle von Schundliteratur versteht gefühnt wiffen wollte. man es noch weniger, daß von bürgerlicher Seite mit solcher Wut der Höhe der staatsanwaltlichen Logit aufschwingen, es verhängte gegen die freien Jugendorganisationen gehetzt wird, die im Kampfe gegen den Breßffinder„ nur“ 300 Mark Geldstrafe. gegen die Schundliteratur Großes geleistet und Bedeutendes erreicht Aus Induftrie und Bandel.
Haben. Die Ausstellung liefert indirekt den besten Beweis für die Notwendigkeit und Rüglichkeit der Jugendbereine.
Aus der Margarineindustrie.
Bereits wurden die Erkrankungen in Oberhausen und in Düsseldorf ( die Polizei zeigte uns hier bereitwilligst die beanstandeten Proben) dementiert. Ju H. hatte eine Familie Stohl mit Hammelfleisch und Butterbrot mit Margarine gegessen. Lettere sollte schuld an der darauf eintretenden Uebelteit sein. In Wahrheit wurde eine Vergiftung durch Kehlendunst festgestellt. In M. hatten aivei fleine Mädchen sich durch Naschen den Magen verdorbent. Auch hier suchte man, unter dem Eindruck der besorgniserregenden Nach richten, zunächst in der Margarine die Urheberin des Uebels. Sehr erschwert Iverden nachträgliche Diagnosen natürlich dadurch, daß alle in Mitleidenschaft gezogenen Berfonen schon nach wenigen Stunden, spätestens nach ein paar Tagen, wieber hergestellt waren. Ihre Krankheitssymptome: Uebelleit, Erbrechen und Diarrhoe schwanden von selbst in fürzester Frist ohne ärztliche Hilfeleistung. Wit feinem regnerischen, teils falten, dann wieder lauwarmen Wetter war der Dezember dem Gesundheitszustande der Bevölkerung sehr ungünstig. Wenn wir annehmen, daß dadurch in Deutschland insgesamt 100 000 Menschen vorübergehend leicht erkrankt sind, was will es dann bedeuten, wenn einige Hundert unter ihnen, hypnotifiert von dem großen Massenbeherrscher Presse", fich allen Ernftes eingebildet haben, an Margarine ertranft zu fein. Die Art, wie sich die vermeintlichen Krankheiten äußerten, weist deutlich darauf hin; die Möglichkeit, Erbrechen und Stuhlgang fuggeftiv zu erzeugen, ist unummstößlich festgestellt. Getviß, die Preffe tonnte an den von Hamburg ausströmenden Sensationsnachrichten nicht achtlos vorübergehen, sie erfüllte durch die Wiedergabe nur ihre Pflicht als Neuigkeitenverbreiterin und war auch nicht imstande, alle Meldungen auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen. Auch den Uebereifer und die Nebertreibungen ihrer Berichterstatter legen wir ihr nicht zur Laft; aber das ändert nichts an der Tatsache, daß die Mehrzahl der Erkrankungen ihre Ursache Nachrichtendienst der Zeitungen haben..
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In Summa: Wir halten es nicht für unmöglich, daß die Altonaer Margarine- Werte Mohr u. Co., ltona- Ottenfen, die nach eigenem Geständnis und amtlichen Feststellungen ein neues ausländisches Pflanzenfett benugt haben, das bis dato in keiner zweiten Fabrik bekannt nnd verwendet worden ist, einen Nohstoff verarbeitet haben, der ein bisher unentbedtes Pflanzengift enthielt. Dieses kann die Erkrankungen zur Folge gehabt haben. Db es so ist, wissen wir nicht, den Beweis haben die mit der Untersuchung betrauten Behörden zu erbringen. Trifft die Firma ein Verschulden, ist fie sie allein und nicht die Industrie dafür verantwortlich. Diese Frage steht also noch offen."
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Aus welcher Perspektive ein Teil der anständigen" bürgerlichen Preffe die Angelegenheit betrachtet, das enthüllt die genannte Zeitschrift an einem recht typischen Fall. Die„ Köln . Volkszeitung", das Organ für lautere Wahrheit und für Recht, möchte den Margarinefabriken in ihrer durch agrarische Hege vergrößerten Verlegenheit in ihrem Inseratenteil beispringen. Das ist doch christlich und profitabel! Der Verlag des Blattes beglückte die Fabriken mit folgendem Gebet um lohnende Aufträge:
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, Der traurige Vorfall der Vergiftungen in einer Reihe nordund westdeutscher Städte durch den Genuß von Margarine der Firma Altonaer Wargarine- Werke Mohr u. Co. G. m. 6. S. int Altona Dttensen ist wohl geeignet, der gesamten MargarineErzeugung einen unheilvollen Stoß zu verfeßen, wenn nicht die Fabrikanten der zum Teil doch weltbekannten und in jeder Be ziehung einwandfreien Margarine alsbald vorbeugende Maßnahmen treffen, indem sie mit Aufklärungsanzeigen vor die breiteste Deffentlichkeit treten. Die Margarinefabrikanten sollten dabei nicht unterLassen, auch große, im öffentlichen und wirtschaftlichen Leben maßgebende und einflußreiche Zeitungen zur Veröffentlichung ihrer Aufklärungen zu benutzen, denn wenn auf diese Weise erreicht wird, daß die öffentliche Meinung veranlagt wird, den unglücklichen Einzelvorfall nicht verallgemeinernd gegen die Margarine fiberhaupt ins Feld zu führen, sondern die Sache objektiv zu beurteilen, so erreicht die reelle Margarineherstellung um so schneller, daß auch die Hauptverbrauchertreise das Vertrauen in das Erzeugnis ber foliben und reellen Fabriken zurückgewinnen bezw. daß sie es durch den einzelnen Vorfall nicht verlieren. Die Kölnische Voltszeitung" mit ihrer außerordentlich weit umfassenden Verbreitung" folgt Boblieb auf die Wirksamkeit des Blattes als Insertionsorgan. gez. Stölnische Volkszeitung J. P. Bachem.
Eine Schnapsblockzierde. Wie gemeldet wird, sahen sich die Margarinefabriken in Goch Das ist die anständige Presse!, Sollte es wirklich eine noch uns In Osterode - Reidenburg ist für die nächste Reichstagswahl von und Cleve gezwungen, Feierschichten einzulegen. Diese Betriebsein- anständigere geben? Das Unglück der Industrie geht dem frommen den Stonservativen wieder der bisherige Vertreter des Streifes, Ritterschränkung, wie auch die in anderen Margarinefabriken, ist zweifellos Blatt so zu Herzen, daß es sich für Bezahlung in den Dienst der gutsbesiger Nebbel- Salusten als Standibat aufgestellt worden. eine Folge der fenfationellen Nachrichten über Bergiftungserschei- guten Sache stellt. Wie rührend! Die Margarine mag man nicht Rebel, ein Sachverständiger der Fufelfabrikation, hat bei der Be- nungen, die der Genuß von jogen. Baka- Margarine, die die Firma leiden, befonders nicht im redaktionellen Teil, bazu verpflichtet die wertung des Branntweinsteuergesetzes zahlreiche Anträge zu Mohr in Ditenfen geliefert hatte, verschuldet haben sollen. Daß die Freundschaft mit den Jumtern, aber Inferate läßt man sich gern begunsten der Schnapsbrenner gestellt. Er war es auch, der Gesundheitsbehörden bisher noch nicht zweifelsfrei festgestellt haben, zahlen. Non olet!