».i»m« 2. Stiliijt iifü„Öiitniirlö" fittlin« Jlolliüliliilt.Berliner J�ad�riebten.Me erste Stadtverordnetenversammlung im neuen Jahrebeschäftigte sich zunächst mit der Zusammensetzung desBureaus, die im Gegensatz zu früher einiges Bemerkens-wertes bot. Bei der Wahl des V o r st e h e r s wurden 26weitze Stimmzettel gegen Herrn Michelet abgegeben. DieseStimmzettel rührten von der sozialdemokratischen Fraktionher, die gegen die Handhabung der Geschäfte durch den Vor-steher Michelet sozialdemokratischen Stadtverordneten gegenüber Einspruch einlegen wollte. Als Stellvertreterwurde Herr Cassel wiedergewählt. Die sozialdemokratischeFraktion erhob ihrer Stärke gemäß Anspruch auf den zweitenVorsitzeichen und schlug den Genossen Singer vor, bliebaber mit 27 Stimmen in der Minderheit. Anders gestaltetesich die Besetzung der B e i s i tz e r st e l l e n im Bureau.Bisher hatte die Majorität der Versammlung die Ansprücheder sozialdemokratischen Fraktion, im Bureau vertreten zusein, stets abgewiesen. Die Gründe waren sehr faden-scheiniger Natur. Man wandte ein, daß die Sozialdemokratenbestimmte Repräsentationspflichten nicht auf sich nähmen unddeshalb könne man einer Vertretung nicht zustimmen. DieseGründe bestanden inIVirklichkeit nicht, waren wenigstens ausder Städteordnung nicht herzuleiten. Das scheint die Mehr-heit endlich eingesehen zu haben. Dazu kam, daß bei zweifel-haften Abstimmungen lebhaste Meinungsverschiedenheitenüber das Abstimmungsresultat entstanden und dem ArgwohnTür und Tor öffneten, da die sozialdemokrattsche Fraktionim Bureau, das das Resultat feststellte, unvertreten war.Diese Umstände veranlaßten die Herren der Mehrheit, ihrenbisherigen Standpunkt in dieser Angelegenheit aufzugeben.Diese Aenderung in der bisherigen Haltung liegt imInteresse einer gedeihlichen Erledigung der Geschäfte der Ver-sammlung. Um aber nicht einen der bisherigen Inhaberder Aemter durch Herauswahl zu verletzen, wurde der Antraggestellt, die Geschäftsordnung insofern zu ändern, als anstattdrei Beisitzer vier gewählt werden. Diesem Anttage stimmtedie Versammlung zu und wählte als vierten Beisitzer denGenossen Bruns. Mit diesem Beschluß ist endlich der An-ispruch der sozialdemokratischen Fraktion, im Bureau ver-treten zu sein, erfüllt worden, wenn auch noch nicht in demMaße, wie das verlangt werden muß.Die Einführung und Verpflichtung der neu- bezw.wiedergewählten Stadträte brachte eine kurze Rede desOberbürgermeisters und dann eine Begrüßung durch denBorsteher. Als neue Männer treten die Herren Dr. Preuß,Runge und Panofsky in den Magistrat ein: die beiden Erst-genannten waren bisher Mitglieder der Stadtverordneten-Versammlung.Einstimmig angenommen wurde ein von allen Frak-tionen gestellter Dringlichkeitsantrag auf Einsetzung einergemischten Deputation betteffend den von der Regierung ge-planten Zwangszweckverband nach einer kurzen Begründungdurch Herrn Cassel. Der Oberbürgermeister glaubte, die Zu-stimmung des Magistrats zu dem Anttag in Aussicht stellenzu können, und hoffte, daß bereits am Sonnabend dieDeputation zusammentreten könne.Der Verkauf des städtischen Scheunenviertel-geländes scheint nicht zu Ende kommen zu sollen. DerOberbürgermeister überraschte die Versammlung mit der Mit-teilung, daß die Neue Bodenaktiengesellschaft wieder ein neuesAngebot eingereicht habe, was die Versammlung veranlaßt«,die Angelegenheit nochmals an den Ausschuß zurückzuver-weisen.Die Uebernahme des öffentlichen An-schlagwesens in städtische Regie forderte GenosseDr. R o s e n f e l d bei der beabsichtigten Neuverpachtung.Unser Redner geißelte bei dieser Gelegenheit die Monopol-Herrschaft der Firma Nauck u. Hartmann und die von dieserFirma ausgeübte Zensurwirstchaft. Stadtrat Düring ver-teidigte die Vorlage und wandte sich gegen die eigene Regieim vorliegenden Falle. Für die Herren Jacobi und Momm-sen war die Sache so klar, daß sie selbst eine Aus'ckiußberawngfür überflüssig hielten. Und da die Herzen der Mehrheitmehr auf der Seite des Privatkapitals sind, wurde die Vor-läge ohne jede Ausschußberatung gegen die Stimmen dersozialdemokratischen Fraktion angenommen. Beim Abschlußeines Abkommens mit dem Militärfiskus wegen Bebauungeines im Gefahrbereich des Tegeler Schießplatzes belegenenGeländes macht Genosse Dr. Wehl auf eventuelle Gefahrenbei Benutzung des Schießplatzes aufmerksam und ersucht, fürgenügenden Schutz der beim Bau Beschäftigten Sorge zutragen. Der Magistrat erklärt, die Gefahren lägen zwar be-dingt vor, es würde aber von der Militärbehörde vor Vor-nähme von Schießübungen Mitteilung gemacht.Bei Einstellung eines dritten Assistenzarztes beider Krankenstation für geschlechtskranke Frauen spricht Ge-nosie Dr. Zadek den Wunsch aus, daß es sich auch um eineAssistenz ä r z t i n handeln könne. Vom Magistrat! wird erklärt, daß Bedenken dagegen nicht vorlägen.Berlin im Schnee.Ueber Rächt hat die Reichshauptstadt ein winterliches Bist» er-halten. Durch einen mehrstündigen Schneefall, der in der zweitenMorgenstunde von MitUvoch zu Donnerstag einsetzte, wurden dieStraßen, die Plätze und die Dächer mit einer starken Schneeschichtüberzogen. Natürlich hatte der Schneefall recht erhebliche Nachteilefür den Straßenverkehr im Gefolge. Obwohl bereits in früherMorgenstunde die Schneepflüge in Aktion traten und verstärkteStraßenreinigungskolonnen für die Fortschaffung der Schncemaftensorgten, kam es zu recht empfindlichen Stockungen. Nur schwervermochten die Pferde die Fuhrwerk« von der Stelle zu bewegen.Im Omnibusverkehr mußte Vorspann he»angezogen werden undauch die meisten Lastfuhrwerke, besonders die Rollwogen, hattenVorspannpferdc. Ueberall sah man auf den Straßen Fuhrwerkestehen, die nicht von der Stelle konnten und in zahlreichen Fällenwurden durch derartige Fälle Störungen im Straßenbahnbetriebherbeigeführt. Lag ein Lastfuhrwerk auf den Gleisen, so sammeltensich bald Wagenburgen der Großen Berliner Straßenbahn an. Auchim Omnibusvcrkehr gab es erhebliche Stockungen. Den Chauffeurender Auwmobile wurde die Arbeit bei dem hohen Schnee recht sauergemacht. Recht gut funktionierten wieder die Automobilomnibusse.Der Straßenbahnverkehr wurde ganz besonders in den frühen Bor-Mittagsstunden erheblich behindert. In den Vororten erreichte derSchnee eine Höhe von über zehn Zentimetern. Hier wurden nochumfangreichere Verkehrsstörungen hervorgerufen. Auch der Betriebauf der Stadt- und Ringbahn sowie auf den Vorortstrecken wurdet«vch den Schneefall nachteilig beeinflußt. Die Züge mußtenstellenweise langsames Tempo einhalten und gar mancher Zug fuhrmit Verspätungen in die Stationen ein. Im Fernsprechbetrieb sindbisher noch keine Stockungen oder Zerstörungen gemeldet worden.Leider sind auch eine Reihe von Unfällen vorgekommen. Auf denglatten Bürg istte igen— natürlich nur an solchen Stellen, an denendie Hauswirte nicht streuen ließen— kamen Passanten zu Fall underlitten Verstauchungen, Verrenkungen und auch Knochenbrüche. Inder Grünthalerstraße schlug sich ein siebenjähriges Schulkind dasganze Gesicht auf. Eine Frau Jeschke aus der Bergmannstraßestürzte in der Belle-Alliancestraße so unglücklich, daß sie sich einenkomplizierten Schenkelbruch zuzog und nach dem Krankenhausgebracht werden mußte. Für unsere Schuljugend bildete der Schnee-fall ein großes Gaudium, denn endlich konnte der Schlitten hervor-geholt werden.—_Zur Klassifizierung der Kranken in den städtischen Krankenhäusern.Aus dem Rathause wird berichtet: Der Antrag der Stadt-verordneten Dr. GKpcke und Genossen auf Errichtung besondererAbteilungen für zahlende Kranke in den städtischen 5krankenhäusernwar einer gemischten Deputation zur Beratung überwiesen worden.Diese hatte bereits in ihrer ersten Sitzung beschlossen, daß eswünschenswert sei, besondere Stationen für Patienten des Mittel-standes— sogenannte II. Klasse— in den städtischen Kranken-Häusern einzurichten. Eine besondere Station für Klassenkrankesoll zunächst durch Errichtung eines Hauses mit etwa 50 bis 60Betten für beide Geschlechter in tunlichst abzusondernder Gruppeim Kraukenhaus Moabit in Verbindung mit der chirurgischen Ab-teilung des Krankenhauses geschaffen werden. Dabei sind Zimmermit drei bis fünf Betten und für besondere Zwecke Einzelzimmervorgesehen. Für den Fall des Um- bezw. Neubau des Kranken-Hauses am Urban ist die Anlage einer weiteren Klassenstation inAussicht genommen worden. Die Festsetzung des Verpflegungssatzesund des Arzthonorars bot besondere Schwierigkeiten. Die Depu-tation hat in ihrer gestrigen Sitzung beschlossen, den täglichen Ver-pflegungssatz aus 6,50 M. festzusetzen, in welcher Summe das Arzt-Honorar einbegriffen ist. Für größere Operationen darf besonders— bis zu 100 M.— und für besondere spezialistischc Leistungennach mäßigen Sätzen liquidiert werden. Da diese KraukenstationenII. Klasse nur Angehörigen des Mittelstandes und der gebildetenKreise dienen sollen, Ivelche höhere Beträge ohne Gefährdung ihrerwirtschaftlichen Lage zu leisten nicht imstande sind, so tritt, wennKranke, bei welchen diese Voraussetzungen nicht zutreffen, auf-genommen werden, ein höherer Verpflegungssatz ein; außerdem solles in solchen Fällen gestattet sein, eine besondere Liquidation aus-zustellen. Ob die Voraussetzungen für die Aufnahme zu den fest-gesetzten oder zu höheren Sätzen, sowie für erhöhte ärztliche Liqui-dationen vorliegen, entscheidet der Magistrat."Wir halten die von der gemischten Deputation beschlosseneKlassifizierung der Kranken in unseren städtischen Krankenhäusernfür verfehlt. Auch unsere Genossen im Rathaus haben sich wieder-holt gegen diesen Gedanken gewendet.Eine OffizierStragädie hat sich gestern im Nordwesten Berlinsabgespielt. In seiner Wohnung im Hause Luisenstr. 24 a verübteder 27jährige Leutnant Walter vom Dragoner-Regiment KöniginOlga in Württemberg Selbstmord, indem er sich eine Kugel in denKopf jagte. Die Tat wurde erst einige Stunden später entdeckt, alsder Bursche des Offiziers keinen Einlaß in die Wohnung fand. Einhinzugezogener Arzt konnte nur noch den bereits eingetretenen Todfeststellen. Die Ursache der Tragödie ist noch nicht festgestellt, dochwird angenommen, daß der Leutnant die Tat in einem plötzlichenAnfall von Nervenüberreizung begangen hat.Lebendig verbrannt. Ein entsetzlicher Unglücksfall ereignete sicham gestrigen Donnerstag mittag in der Memeler Str. Ib. Als dortdie Frau des Bauarbeiters Nietz, um eine Besorgung zu machen, ihrdreijähriges Töchterchen Hedwig für einige Minuten allein gelassenhalte, versuchte die Kleine, Spiritus auf einen brennenden Spiritus-kocher aufzugießen. Die Flamme sprang jedoch auf die Flascheüber, brachte diese zur Explosion und im nächsten Augenblick warda» Kind in eine lebende Feuersäule verwandelt. Auf das Schreiender Kleinen eilten die Nachbarn herbei und erstickten die Flammen.Die Hilfe kam jedoch zu spät. Ueber und über mit Brandwundenbedeckt wurde die Kleine nach der Unfallstation in der WarschauerStraße und von dort nach dem Krankenhaus am Friedrichshain ge-bracht, wo sie bald nach ihrer Einlieferung verstarb.Infolge des Tauwetter?, das am gestrigen DonnerStagmittagnach dem Schneefall einsetzte, sind zahlreiche Unfälle vorgekommen.An der Ecke der Kaiser-Friedrich- und Weichselstraß« in Rixdorf glittder Igjährige Schüler Helmut Fahrenkrug, Johann-Huß-Slr. 3 beiden Eltern wohnhaft, beim Ueberschreiten der Straßenbahngleiseaus und geriet unter einen herannahenden Straßenbahnwagen derLinie 04. Der Knabe erlitt eine schwere Kopfwunde und wurde aufder Unfallstation in der Steinmetzstraße verbunden. In der PeterS-burger Straße stürzte die Händlerin Anna Montreal, Gubener Str. 43wohnhaft aus und erlitt einen doppelten Oberschenkelbruch. Siemußte nach dem Krankenhaus am Friedrichshain gebracht werden.Der Kutscher Julius Voigt, Dresdener Straße zog sich beim Falleneinen Armbruch zu, während der obdachlose GelegenheitsarbeiterWalter Rankow beim Sturz eine Kopfwunde erlitt. Am ZoologischenGarten glitt das 22jShrige Fräulein Hedwig BaeSler, SchönebergerUfer 28 wohnhaft, aus und trug einen komplizierten Bruch der Elleund der Speiche davon.Mysteriöser Leichcnfund. Am 3. Januar wurde von demRevierförster Schaver im Jagen 61 der Stadtforst bei EberSwaldedie Leiche eines etwa 22jährigen jungen Mannes aufgefunden. DerKörper fühlte sich noch stisch an, so daß der Tod erst vor wenigenAugenblicken eingetreten sein konnte. Der Verstorbeue lag aufdem Rücken mit leicht gespreizten Beinen, die mit braunen Glacä-Handschuhen bekleideten Hände waren zur Faust geballt. Die Leichewurde polizeilich beschlagnahmt und von dem Polizeiarzt Dr. Nücheluntersucht, der jedoch keine äußeren Verletzungen, die auf einengewaltsamen Tod schließen lassen, feststellen, aber andererseits auchnicht die wirkliche Todesursache«rmittoln konnte. Der Tote, derzweifellos den besseren Ständen angehört, hat ein blasses, bartlosesGesicht, hellblondes, in der Mitte gescheiteltes Haar, tiefliegende,braune Augen und hohe Stirn. Er war mit einem dunklen Jacket-anzug, dunklem Wintcrpaletot mit Samtkragen, grauwollcnenStrümpfen, Lackschuhen, steifem, schwarzen Hut und feiner weißerLeibtväsche bekleidet. Im Besitze des Verstorbenen befanden sichu. a. eine Herrenremontoiruhr mit ziselierten Rändern und derNumer 1764, ein Schlüsseletuis mit drei vernickelten Schlüsseln, einweißes Taschentuch ohne Monogramm, ein Bleistift mit der Be.zeichnung Stilke-Berlin und eine sogenannte Portemounaie-Nickel-kette. Geld wurde bei der Leiche nicht vorgefunden. Der Ver-storbene, dessen Personalien mangels jeglicher Legitimationspapierenicht festgestellt werden konnten, dürfte vermutlich aus Berlinstammen, da er angeblich beim Verlassen eines aus Berlin ein-getroffenen Zuges gesehen sein soll. Die diesbezüglichen Ermitte-lungen haben aber bisher noch zu keinem Resultat geführt.Verschüttet. Einen schrecklichen Tod hat der 57jährige AufseherBvendemül aus Heinersdorf erlitten. B. war auf einem unbebautenGelände an der Fallenbergerstraße in Weißensee tätig, auf dem dieFirma Fricke, bei der der Aufseber seit langen Jahren in Stellungist, Schutt abladen läßt. B.. der den Kutschern Anweisung zugeben hatte, auf welcher Stelle sie die Ladung ausschütten sollten,nahm unmittelbar vor einem mit Schutt beladenen Wagen Auf-stellung, der dicht an den Rand einer Böschung herangefahren war.Plötzlich gab der Erdboden nach, das mit zwei Pferden bespannteFuhrwerk stürzte in die Tiefe, überschlug sich, und der Aufscherwurde von den rollenden Sandmassen wid' dem nachfolgendenschweren Wagen verschüttet. Erst nach längerer Zeit und an-gestrengten Bemühungen gelang es, den Verunglückten aus semerentsetzlichen Lage zu befreien. B., der vollständig zerquetscht wordenwar, aber noch lebte, verstarb unmittelbar nach seiner Einlieferungin das Weiffenseer Krankenhaus.Ein Einbruch ist in der Nacht vom Mittwoch zu Donnerstag indie Räume der Ortskrankenkasse der Zigarreumacher, Dragoner-straße 6n. ausgeführt worden. Die Einbrecher gingen in der Weisevor, indem sie von einer im zweiten Stock belegenen, leerstehendenWohnung aus die Decke durchbrachen und so in die Geschäftsräumeder im ersten Stock belegenen Kasse gelangten. Hier wurde derGeldschvank geknackt und 2520 M. 80 Pf. erbeutet. Aus demselbenWege, den die Einbrecher genommen, verschwanden sie wieder durchBenutzung von Strickleitern.—In der Chausseestraße suchten die Knacker die Putzwollefabrikvon Jacobsohn auf dem Grundsttick Nr. 86 heim. Hier drangensie mit Nachschlüsseln in die im zweiten Stock belegenen Kontor-räume ein, in denen sie ebenfalls den Geldschrank erbrachen. Indie Hände fielen ihnen 1000 M., darunter zwei Einhundertmark.scheine, deren Nummern zufällig bekannt sind: D. 100 736 427, A.6 338 284.— Mit Nachschlüsseln verschafften sie sich auch m derKrausnickstraße Eingang in ein Geschäft. Hier nahmen sie 300 M.mit.— In der Königin-Augusta-Allee mußten die Einbrecher aufBeute verzichten. Schon bei dem Versuch, in die Geschäftsräume.auf die sie es abgesehen hatten, einzudringen, wurden sie gestörtund vertrieben.Aufsehen erregte im Norden der Stadt der Selbstmord des47 Jahre alten Gastwirts Wilhelm Schmidt aus der Gartenstr. 6.Schmidt betrieb seit zwölf Jahren Festsäle, die den BeinamenNeues Voigtländisches Opernhaus führten. Seine Kundschaftbestand namentlich in Dilettantenvereinen, die in seinen SälenTheatervorstellungen gaben, an die sich Tanzkränzchen anzuschließenpflegten. Schmidt klagte Verwandten und Bekannten gegenüberschon länger, daß das Geschäft nicht mehr ganz recht gehe und daßer zu kämpfen habe, obgleich er sich als Eigentümer des Grundstücksimmer noch eher halten könne als ein anderer. Ganz nieder-geschlagen war er seit dem Tode seiner Frau, die er vor sechsWochen nach achtzehnjähriger kinderloser Ehe verlor. Gestern vor-mittag um 11 Uhr fand ihn sein Dienstmädchen tot im Bette liegen.Schmidt hatte sich mit Lysol vergiftet.Vier Tag« tot in feiner Wohnung gehangen hat der 65 Jahrealte Zettelverteiler Friedrich Rembow, der als Witwer für sichallein in der Tresckowstraße Nr. 33 hauste. Dem alten Manne,der für Geschäftsleute aus der Nachbarschaft kleine Gänge zu be-sorgen pflegte, ging es schleckst. Am Sonnabend hatte man ihn zumjetzten Male im Hause gesehen. Weil er seitdem gar nicht mehrzum Vorschein kam, so öffnete man gestern seine Stube und fandihn tot an der Tür hängen.Im Wintergarten hat der Programmwechsel einige interessant«neue Nummern gebracht. Der Jongleur Valazzi führt mit ver-bluffender Sicherheit stauncnerregende Kunststücke aus. Sehr hübschist das polnische Bauernfest der Fleurs polonaiscs; geschmeidige,schlanke Männer- und Mädchcngestaltcn, farbenreiche Kostüme,temperamentvolle, graziöse Tänze. Interessant sind auch diejapanischen Wasserspiele der Ko-Teu-Jchy-Trnppe, denen einigeTaschenspielereien niedlicher MusmiS vorangehen. Die Akrobatikist durch die Gaudsmidts und ihre spanischen Pudel gut vertreten:der komische Reckakt der drei Ernest ist vom vorigen Monatverblieben und findet immer noch vielen und verdienten Beifall.Therese Renz reitet elegant die hohe Schule. Als glutvolle undbiegsame Tänzerin zeigt sich Leonora mit einem gewandten Partnerund größerer Begleittruppe. Die ExccntricS, die uns Amerika be-schert, find zweimal vertreten. De Witt, BurnS und Torrancekommen als„lebendes Spielzeug" und bieten in der Hauptsachetute Parterre-Akrobatik und Leistungen an der Balancierstange.)ie Truppe„The Harmony Four" versprechen einen„musikalischenUlk": sie kultivieren die derbe Keilerei und Verwandtes.Das Soubrettenfach ist durch zivei Frauzösiiinen und ein«Amerikanerin vertreten. Liane d'Eve mit ihrem pikanten Hennen»kosiüin und den.selbstgelegten" Eiern ist geblieben, ihre nicht minderhübsche Landsmännin Denarbör versucht es mit dem modernstenVehikel, dem Luftballon, in dein sie mit ihren zierlichen Füßchen fastbis vor die Nase diverser entzückter Herren kommt. Eitel Levey fingtmit seltsam tiefer Stimme komische Lieder ihres Heimatlandes underscheint zum Schluß alS Rauhreiter. Die deutsche Sprache ist in diesemProgramm ganz vergessen. Das ist ein Fehler: denn wenn dasPublikum des Wintergartens auch international ist— Deutsche finddoch auch darunter und sie dürfen doch auch wohl etwas Berück-sichtigung verlangen. Lieder in freinden Sprachen versteht nämlichnoch nicht der Zehnte der Wenigen, die diese Sprache» allenfallsverstehen._Vorort- IVadmcbternWilmersdorf-Halensee.Aus der Stadtverordnetenversammlung. Die Befürchtungbürgerlicher Stadtverordneter, daß es nach dem Eintritt derSozialdemokraten mit der behäbigen Ruhe im Ortsparla-ment vorbei sein werde, ist nicht ohne Grund gewesen. In derersten Sitzung des neuen Jahres wehte denn doch ein ganz andererWind als ehedem durch den Schulsaal, der, in Ermangelung einesgeeigneten Sitzungszimmers im alten Rathause, den Stadtväternprovisorisch als Aufenthaltsraum dient. Schon die Wahlformali-täten, die der Einführung der Neu- und Wiedergewählten folgten,ließen erkennen, daß es mit der kompakten Einigkeit vorbei war-Zwar wurde Herr Leidig zum Stadtverordnetcnvorsteher wieder«gewählt, und desgleichen Herr Dr. Heinitz zum Stellvertreter;aber immerhin hatten beide Herren in der Abstimmung etwa dendritten Teil der Versammlung gegen sich. Es standen z. B. den23 Zetteln, die in der geheimen Abstimmung für Leidig abgegebenwurden, 6 unbeschriebene entgegen, sowie 8, die den Namen desStadtverordneten Härtung enthielten. Sehr drastisch zeigte sichdann sofort, daß die neue, vom Stadtverordnetenoorsteher geleiteteFraktion der Dreißig gesonnen ist, rücksichtslos die Minder»heil zu vergewaltigen. Eine Kandidatenliste für den wichtigenWahlausschutz, die die Stadtverordneten auf ihren Plätzen vor»fanden, enthielt, wenn man von der Konzcssion an den fraktions-losen Herrn Kletke absieht, ausschließlich Namen der national-liberal-konservativen Vereinigung; man will also, von Sozial-demokraten und Demokraten ganz zu schweigen, nichteinmal von den F o r t s ch r i t t l e r n sich in den Topf guckenlassen. Natürlich ging auch diese Liste gegen eine erhebliche Min-derheit ßlatt durch; es ist niemand im Ausschuß, der nicht alsstubenrein estimiert ist.Stellte die Weitläufigkeit der Wahlformalitäten auch die Ge-duld der zahlreich erschienenen Zuhörer auf eine harte Probe, sokam das Publikum schließlich doch auf seine Kosten. Es war zuerledigen die zweite Beratung der Magistratsvorlage betreffenddie Genehmigung des Entwurfs eines Gemeindebeschlusses überdie Bewilligung von Ruhegeld und Hinterblie»benenversorguna für die ohne PensionSberechri-g u n g im Dienste der Stadt beschäftigten Personen. Das bisherigeOrtSstatut besteht seit dem Jahre 1901; als eine Modernisierungnotwendig wurde, hatte der Magistrat einen Entwurf aus-gearbeitet, der leider manche berechtigte Wünsche, die an anderenOrten längst erfüllt sind, unberücksichtigt ließ. Doch war der Ma-glstratscntwurf immerhin ein Werk sozialen Verständnisses imVergleich mit dem abgefeimt rückschrittlichen Produkt, das der vonder Stadtverordnetenversammlung am Ende des vorigen Jahreseingesetzte Ausschuß zurechtgeformt hat. Schon der erste ein»leitend« Paragraph de» jetzt beschlossene« OrtSstatut» gibt«ja Bild