Rechtsdrehung 90°Linksdrehung 90°
 100%
 100%
 0%
 0%
 0%
 
Einzelbild herunterladen
 

Fr. 8. 28. Jahrgang.

1. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt. Dienstag, 10. Jaunar 1911

Die Moabiter Vorgänge

vor Gericht.

Zweiundvierzigster Zag.

Die gestrige Sigung begann mit einem Plädoyer des Rechtsanwalts Dr. Nosenberg.

Auch dieser Verteidiger wirft zunächst einen Blick auf die

allgemeine Situation.

Unter anderem fuhrt er folgendes aus: Der Herr Erste Staats­anwalt fagte, wir hätten der Polizei sagen sollen, wie sie es in Moabit hätte beffer machen können. Das ist nicht unsere Aufgabe. Es genügt, darauf hinzuweisen, daß sich jedem, der hier den Ver­handlungen gefolgt ist, die Ueberzeugung aufgedrängt haben muß, daß die Polizei von Anfang an sehr ungeschickt vorgegangen ist. Die Fälle, wo die Polizei ihre Befugnisse überschritten hat, sind so zahlreich, daß sie nicht als Ausnahmen gelten können. Ich selbst bin Einwohner von Moabit und habe die Vorgänge aus eigener Anschauung tennen gelernt. Ich weiß, daß verschiedenes borge tommen ist, was nicht richtig ist. Aber was über Ausschreitungen der Bevölkerung in der Presse mitgeteilt wurde, das ist sehr stark Polizei

übertrieben. Die

ist in einer Weise vorgegangen, als wenn Moabit ein rebellisches Hererodorf

fei, gegen das eine Strafexpedition unternommen würde. Die Polizei hat sich nicht auf die Abwehr von Ausschreitungen be­schränkt, sondern sie hat, einem Rachebedürfnis folgend, Angriffe auf das Publikum ausgeübt. Moabit stand unter einer Schreckens­herrschaft und der ruhige Bürger ging der Polizei in weitem Bogen aus dem Wege.

würde die vom Staatsanwalt beantragte Gefängnisstrafe von sechs zur rechten Zeit Gedächtnisschwäche Monaten viel zu hoch sein. Beim Angeklagten Treptowsti ein. In dieser Hinsicht wird von den Erinnerungen an Moabit handele es sich um nichts weiter, als um eine lächerlich geringe bei den Schußleuten nichts übrig bleiben als die Anerkennungen betrunkene Geschichte", die nur sehr milde beurteilt werden kann. des Herrn v. Jagow.

In bezug auf den Angeklagten Senf hat ja der Staatsanwalt selbst gesagt, daß der Verdacht des Aufruhrs ziemlich geschwunden

-

-

Rechtsanwalt Theodor Liebknecht :

Ich habe nur den

Fall Bilz

Borsitzender( unterbrechend): Die Anerkennung des Herrn von fei. Ich sage bemerkt der Verteidiger, der Verdacht des Jagow hat mit unserer Verhandlung nichts zu tun. Aufruhrs ist völlig geschwunden. Das Unglück des Angeklagten Rechtsanw. Liebknecht( fortfahrend): Nach diesen allgemeinen Senf war, daß er mit einem Revolver und einer Steinschleuder Erörterungen fomme ich zum Falle Pilz selbst. Für die Tat, in der Tasche festgenommen wurde. In der Verhandlung hat sich die dem Angeklagten Pilz zur Last gelegt wird, kommt nur allein ja dieser Umstand als ganz harmlos und ohne jeden Zusammenhang der Zeuge Wellschmidt in Frage. Er ist der einzige, der Pilz bc= mit den Straßenvorgängen herausgestellt. Bleibt nur noch eine lastet, während alle anderen Zeugen nichts von einer Mihhandlung Beleidigung übrig, die der Angeklagte im Straßenbahnwagen aus- des Wellschmidt gesehen haben. Wellschmidt behauptet, 15 bis 20 stieß in der Erregung über die Art, wie Eisenreich sistiert wurde. Bersonen hätten mit Fäusten und Gummischläuchen auf ihn ein­Der Staatsanwalt sagte, der Angeklagte Senf habe den Mund auf geschlagen. Wir haben hier in vielen Fällen gehört, welche furcht­dem rechten Fleck. Ich sage, der junge Mann hat auch das Herz auf bare Wirkung die Gummiknüppel haben. Welche Verlegung hat dem rechten Fled. Er hat seiner Entrüftung Ausdrud gegeben Wellschmidt? Eine geschwollene Lippe und eine Hautabschürfung. über eine rohe Behandlung eines Sistierten. Vergleicht man mit Wenn die Fäuste und Gummischläuche von 15 Leuten keine anderen dem Charakter des Angeklagten den Charakter des Zeugen Schulz, Verlegungen hervorgebracht haben, dann muß Wellschmidt eine der ihn denunzierte, so fällt der Vergleich ganz entschieden zu­gunsten des Angeklagten aus. Wenn ihn das Gericht nicht frei dem aber das Lindenblatt auf die Lippe gefallen ist. Uebrigens Haut haben wie der hörnerne Siegfried, sprechen will, dann könnte die Strafe nicht höher bemeffen werden, ist ja nicht einmal nachgewiesen, daß Wellschmidt seine Wer­als daß sie durch die Untersuchungshaft als verbüßt angesehen legungen im Pilaschen Lotal bekommen hat. Denn er gibt ja an, werden kann. Der Angeklagte Albrecht hat sich, um daß er schon vorher auf der Straße geschlagen worden sei. Wenn den Straßenvorgängen aus dem Wege zu gehen, den ganzen Abend im Lokal eine solche Schlägerei gewesen wäre, wie Wellschmidt in einer Kneipe aufgehalten und sich dabei natürlich betrunken. behauptet, dann müßte sie doch von den anderen Gästen bemerkt Wenn er in der Trunkenheit sich der Beleidigung und des groben worden sein. Aber keiner der Gäste hat etwas davon gesehen. Unfugs schuldig gemacht hat, so ist eine Geldstrafe dafür völlig aus- Nur von einer ganz unbedeutenden vorübergehenden Unruhe haben reichend. Die beantragte Gefängnisstrafe von drei Monaten läßt die Zeugen etwas bemerkt. Der Raum, auf dem sich nach Well­sich in keiner Weise rechtfertigen. schmidts Angabe 15 Personen an ihm bergriffen haben sollen, ist 1 Meter lang und 45 Zentimeter breit! Nun sind uns auch einige Zeugen vorgeführt worden, die Frauen Kanne und Heinit, die gesehen haben wollen, daß Pilz bei einer früheren Gelegenheit zu erörtern. Dieser Fall ist der komplizierteste von allen Einzel. in die Hände geklatscht haben soll, als ein Sistierter vorbei­Dann famen die beiden Schuhleute Lehmann fällen. Der Angeklagte Bilz ist insofern in einer sehr schwierigen geführt wurde. Wenn man das alles berücksichtigt, dann wird man verstehen, Lage, als es mir nicht möglich war, Tatzeugen zu benennen, da und Monze, welche die Angaben der Frau Kanne in der Zeitung weshalb sich bei der Bevölkerung eine gereizte Stimmung bemert- jeder Augenzeuge des Vorfalles befürchten mußte, daß, wenn er gelesen hatten und sich darauf sogleich des Vorfalles ganz er bar machte. Diese Stimmung und ihren Grund hat der Zeuge dem Wellschmidt gegenübergestellt würde, von diesem als Mit- innerten, dem fie damals, als er sich abgespielt haben soll, so Frost treffend zum Ausdruck gebracht, indem er sagte: Gs ist eine täter bezeichnet worden wäre. Dem Staatsanwalt bin ich dankbar wenig Bedeutung beilegten, daß sie nicht einmal Anzeige gegen Schmach, zu sehen, daß der Bürger so wenig geachtet wird, daß er dafür, daß er gezeigt hat, auf wie schwachen Füßen die Anklage Pilz erstatteten. Sie wollen Bilz, den sie bei jener Gelegenheit zum erstenmal sahen, jetzt fofort wiedererkannt haben. Hier niedergeschlagen wird wie ein Hund. Der Erste Staatsanwalt gegen Bilz steht. Es ist nur unbegreiflich, wie der Staatsanwalt sprach von dem Haß der Arbeiterbevölkerung, der zurückzuführen fagen fonnte, der Zeuge Wellschmidt habe einen vorzüglichen Ein- haben wir wieder einen jener Fälle, wo sich das nicht immer gute sei auf die Verhebung durch die sozialdemokratische Presse. Auch druck gemacht. Auf die Angabe dieses Zeugen hin soll Bilz zu die Aussagen der beiden Schuhleute nicht einmal überein. Ihnen Gedächtnis von Polizeibeamten bewährt hat. Uebrigens stimmen Pastor Schwebel sprach von dem schädlichen Einfluß der Presse. einem Jahr und vier Monat Gefängnis berurteilt werden! Ein Aber nicht der sozialdemokratischen Bresse, sondern gewissen bürger- Jahr und vier Monate wegen einer geschwollenen Lippe und einer stehen auf der anderen Seite fünf bis sechs einwandfreie Zeugen lichen Preßorganen schob der Pastor diesen schädlichen Einfluß zu. unbedeutenden Hautabschürfung, die Wellschmidt davongetragen gegenüber, die den Vorfall mitangesehen und bekundet haben, Wenn man die Stimmung der Bevölkerung gegen die Polizei ver- haben soll, und-wegen der schlechten Gesinnung" des Angeklagten daß Pilz3 gar nicht aus seinem Laden herausgetreten ist. Nun stehen will, so muß man bedenken, daß die Polizei seit jeher der Pilz. Wenn schon wegen einer geschwollenen Lippe und einer haben auch einige Arbeitswillige gesagt, daß sie mißhandelt worden Arbeiterbewegung feindlich gegenübersteht. Wenn es in dieser Sautabschürfung eine so hohe Strafe beantragt wird, welche Strafe seien. Doch ist festgestellt, daß die Mißhandlungen von keinem Hinsicht in letzter Zeit etwas besser geworden ist, so hat doch die haben dann die Schusleute verdient, welche sich der fürchterlichen der bei Bilz verkehrenden Streifenden verübt worden sind. Es Politik der Nadelstiche gegen die organisierten Arbeiter niemals Mißhandlungen schuldig gemacht haben, die uns im Laufe dieser die Hingegarde erregt waren. Denn gerade an dem Tage, wo die handelt sich vielmehr um die Handlungen von Leuten, die über aufgehört. Wenn Pastor Schwebel von einer Abneigung der Ar- Verhandlung in großer Zahl bekundet worden sind? Welche beiter gegen die Kirche sprach, so ist seine Beobachtung wohl richtig, Strafe ist dann für den Schuhmann am Plaße, der den Arbeiter erwähnten Arbeitswilligen mißhandelt worden sind, war das aber nicht die Erklärung, welche er dafür gab. Die Abneigung Hermann einfach totgeschlagen hat? Welche Strafe ist angebracht Interview Hinges in der Morgenpost " erschienen. Was aber gegen die Kirche erklärt sich dadurch, daß die Kirche, anstatt eine für die Kriminalbeamten, die sich unter der Maste harmloser sollen diese Dinge gegen Pilz beweisen? Will man denn sagen: Institution zur Pflege der Religion zu sein, sich in den Dienst der Spaziergänger an ruhige Straßenpassanten heranmachten und sie wenn nicht der Vorfall mit Wellschmidt, so ist doch irgend etwas herrschenden Gewalten stellt und die Bestrebungen der Arbeiter- furchtbar verprügelten? Wie steht es dann mit der Bestrafung anderes passiert und dafür muß Pilz gehängt werden? Pilz flaffe bekämpft. Der Staatsanwalt hat auch die Gewerkschaften der Beamten, unter deren Augen auf dem Kupferschen Kohlenplay hatte doch gar keinen Grund, Wellschmidt zu mißhandeln, denn für die Moabiter Unruhen verantwortlich gemacht. Demgegen- von Arbeitswilligen Leute verhauen wurden, die als Arrestanten der hatte ja schon erklärt, daß er die Arbeit niederlegen wolle. über muß ich betonen, daß die Gewerkschaften teine Schule der unter dem Schuße der Polizei standen? Solche Handlung ist eine Wie unzuverlässig die Angaben Wellschmidts sind, geht daraus Gewalt, sondern im Gegenteil, eine Schule der Mäßigung sind. Niederträchtigkeit. Anders tann ich es nicht bezeichnen. Nach hervor, daß er am folgenden Tage vier Personen ganz bestimmt Dafür spricht die Tatsache, daß in Ländern mit schwacher Gewerk- den Grundsäßen, die der Staatsanwalt im Falle Bilz entwidelt als Teilnehmer an der Schlägerei bezeichnet hat, die zu ihrem schaftsbewegung aus Anlaß von Streits Gewalttätigkeiten und hat, nehme ich an, daß er mit aller Energie die Ermittelung und Glück nachweisen konnten, daß sie zu jener Zeit nicht im Pilzschen Fälle von Terrorismus vorkommen. Wo aber die Gewerkschaften trächtigteiten begangen haben. Ich täusche mich aber auch nicht, ia von seinen eigenen Angehörigen als ein durch und durch ver­Verfolgung der Polizeibeamten betreiben wird, die solche Nieder- Lokal, sondern an ganz anderen Orten waren. Wellschmidt ist zu der Bedeutung gekommen sind und so hohe ideelle Aufgaben er­füllen, wie es in Deutschland der Fall ist, da spielen sich selbst die wenn ich annehme, daß die Ermittelungen der Staatsanwaltschaft größten Streifs in voller Ruhe und Ordnung ab. nur ein negatives Ergebnis haben werden. Wenn man die Polizei­beamten betrachtet, die hier als Zeugen vernommen sind, dann fällt auf, daß sie ein sehr gutes Gedächtnis haben in bezug auf die unbedeutendsten Momente, die den Angeklagten belasten. Aber bon allem, was geeignet ist, die

--

Der Verteidiger geht zur Erörterung der von ihm vertretenen

einzelnen Anklagefälle

-

Polizei

-

logener Mensch bezeichnet worden. Wir haben auch gehört, daß er in seiner Jugend ein Haus anstecken wollte und deshalb in Zwangserziehung kam. Herr Staatsanwalt Stelzner ließ durch­blicken, daß es eigentlich die Pflicht der Mutter fei, zugunsten ihres Sohnes auszusagen. Weil sie es nicht tat, foll fie unglaub­würdig sein. Es scheint faft, als hätte der Herr Staatsanwalt, na, ich will nicht sagen Vorsitzender:( unterbrechend): Ich bitte, auch jede versteckte wartet habe, zu unterlassen.

über. Er beantragt, den Angeklagten a gen freizusprechen, weil festgestellt sei, daß ihn die Schußleute zuerst geschlagen haben und er sich des Widerstandes nicht schuldig gemacht habe. Aber au belaften, weiß kein Polizeibeamter etwas. In solchen Fällen Andeutung, als ob der Staatsanwalt eine andere Aussage er­selbst, wenn das Gericht den Angeklagten schuldig finden sollte, so tritt immer

Kleines feuilleton.

an=

Arbeit.

Experiment erscheinen, dem Publikum zwei so bedeutende manchmal melodramatisch illustrierend, manchmal in wildem Qualitätsstücke, wie Hugo von Hoffmannsthals dialogische Schmerz aufschreiend, ohne Interesse für selbständige Themen Szene Der Tor und der Tod" und Hauptmanns und für ihr Weiterwachsen. Jedenfalls eine solid durchgeführte Hannele", nacheinander vorzuführen. So völlig durchtränkt Ein Denkmal Blanquis, des berühmten Sozialisten, deffen von einzigartiger snobistisch- kühler Verssprache die erstere Dichtung Das Gegenteil einer solchen, dafür um so sprühender in dreißigsten Todestag unfere franzöfifchen Genoffen am 1. Januar auch ist, so erfordert ihr philosophisch tiefer Gedankengehalt doch gesanglichen Melodien, ist die Musik zu G. Donizettis viel­gefeiert haben, ist in seiner Geburtsstadt Buget- Theniers in einer große Geduld vom Hörer, weil sich in dramatischer Hinsicht gespielter komischer Oper Marie, oder die Regiments. ungewöhnlichen Weise enthüllt worden. Das Monument, das die eigentlich nichts ereignet. Es sind nur Sprechrollen da; und tochter", die als furzen Zweiatter den Abend füllen half. Unsere Wahrheit oder die gefeffelte Zat" in Gestalt einer fraftvollen, nadten Lebendigkeit, aber auch poetische Stimmung lassen sich durch Boltsoper fann nicht die Schöpferin eines neuen Vortragsstiles Frau darstellt und auf dem Sodel die Gedenktafel für Blanqui Monotonie, der die tragische Geste aufgedrückt wird, nun und werden, der die Vorzüge der heutigen mit denen früherer Opern­trägt, war von der Ortsgruppe der Liga der Menschenrechte, die nimmer erzeugen. August Momber als Tod und Otto zeit vereinigen würde. Aber gar zu störend Primitives könnte doch bas nötige Geld gesammelt hatte, errichtet worden. Seit zwei Montua als Claudio boten bemerkenswertes. Ungleich höher wohl vermieden werden. Jahren war es fertig, aber es blieb verhüllt hinter seinem Bretter- ist die Aufführung der Hauptmannschen Traumdichtung Julius Nünger in der Hauptrolle des ersten Stüdes, berfchlag. Die Frommen der Stadt entrüsteten sich, weil es auf zuschlagen. Unbeschadet aller Einwendungen gegen die Auf- Franz Jörnik in der Rolle des unglüdlichen Sohnes, Rosa ben Kirchenplatz gestellt war, die republikanischen Spießer wiederum bietung alles religiösen Baubers, von dem sich der erivachsene Sachse Friedel in beiden Stüden leisteten allseitig sehr wollten den Sozialrevolutionär nicht vor Augen haben. Der Bürger- Mensch im proletarischen Griftenzkampfe hernach oft schwer gutes. oft schwer gutes. Als Regimentstochter gastierend, sang François meister, der zu ihnen gehört, hintertrieb im Gemeinderat die Be- genug Ioszuringen hat, laffen wir uns willig durch den Strom Renolde so, wie man es recht nett" nennt. willigung der Kredite für die Enthüllungsfeier. In der Silvesternacht reichster Poesie versöhnen, den Hauptmann hier ausgegossen hat, haben nun entschloffene Bürger den Verschlag und die Hüllen weg- sobald wir vor einer dieser Dichtung würdigen Wiedergabe stehen. geriffen. Und wenn sich die braven Rückwärtser nicht lächerlich Rüdhaltlos bekenne ich, daß ich Hanneles Himmelfahrt " so schön machen und das Monument von Gemeindewegen wieder einpacken wollen, werden sie sich dazu verstehen müssen, ihren Groll bei seinem Anblick hinunterzuschlucken. Die improvifierte Enthüllung aber, mag fie auch einigermaßen stilwidrige Silvesterzüge tragen, ist immer noch besser als ein offizieller Klimbim, bei dem es vermutlich dem unbefiegbaren Barrikadentämpfer ähnlich wie unlängst dem An­archisten Proudhon paffiert wäre, von den Größen der Bourgeois. republik zu einem Schutzpatron des raditalen Zuchthausfurfes ge­Stempelt zu werden.

-

-

und stimmungsmächtig schon seit langer Zeit auf teiner Berliner Bühne erlebt habe. Inszenierung und Darstellung gingen ein­mütig Hand in Hand. Die naturalistischen Szenen waren befreit bon jedweder unangenehmen Aufdringlichkeit und flossen harmonisch abgetönt mit der Versinnbildlichung des fieberhaften Traumlebens der Kranken und Sterbenden zusammen. Anne­Iise Wagners Hannele war von rührender Kindlichkeit. Robert Aismann gab einen ideal- schönen Jesus . Dann sind noch Bicho( Dr. Wachler) und August Momber( Maurer Mattern) mit Auszeichnung zu nennen. Gerhart Haupt­ mann mohnte der Vorstellung bei und wurde mehrfach gerufen. c. k Mufik.

=

am Sonnabend von der Berliner

Das Glockenläuten ein Gewerbebetrieb. Die frommen aller­christlichsten Kommerzienräte Berlins werden ins Laufhaus des Westens" durch Gloden gerufen, die mit einer patentierten Läute­maschine des Bochumer Vereins in Bewegung gesetzt werden. Eine Ein Schauspiel Ahasver" bon Hermann Heijer. Nachahmung dieses technischen Christenwerts bat eine Glockengießerei mans, dessen Dramen überhaupt zu moderner Opernkunft in Apolda fich patentieren lassen. Zwischen den beiden Firmen in realistischer Art zu loden scheinen, wurde von einem anscheinend Bochum und Apolda tam es deshalb zu einem Patentverlegungs- jüngeren, uns nicht näher bekannten Komponisten Friz Ritter prozeß, der unlängst nach fünfjähriger Dauer durch ein reichsgericht bertont, als musikalisches Schauspiel". In Berlin schon einmal liches Urteil entschieden worden ist. Dabei mußte auch die Frage vorgeführt, wurde es gelöst werden, ob das Glockenläuten ein Gewerbebetrieb sei, da nur Bolks- Oper in Neueinstudierung gebracht. Von der Text­in diesem Falle die Benutzung der Maschine unter das Patentgeiet bearbeitung durch Paul Raché war ein Tertbuch nicht zu haben. fällt. Das Reichsgericht hat ausgesprochen, daß die Benutzung einer Es scheint sich hier um eine Reduzierung auf wenige Grundzüge patentierten Vorrichtung durch eine Kirchengemeinde für den öffent lichen Gottesdienst als gewerbsmäßig" anzusehen sei. Die Ge- 3u handeln, die zusammen nicht viel mehr als ein Schauerftüd" meinden mit der Apoldaer Läutemaschine werden also den Glocken- ergeben. Ein russischer Jude wird ob seines Judentums grausam betrieb einstellen oder für jeden Fall des Zuwiderhandelns 1000 r. berfolgt und schließlich vom Kosakenhauptmann aus dem Hause Strafe zahlen müssen; so hat das Reichsgericht entschieden! getrieben. Zu alledem muß er auch noch erfahren, daß sein Sohn Die alten Gebetsmaschinen der Gößendiener haben vor den in der Heße einer Verfolgung die Taufe bekommen hat. Die neuen der Christen den Vorzug gehabt, daß fie wenigstens nicht gegen ihn angewendete Brutalität erhält schließlich ein Gegenstück in seiner eigenen, mit der er seinen Sohn verflucht. bon einem irdischen Patentamt geschützt waren; das göttliche Patent genügte! Theater.

Neues Volts- Theater. In seinem Hause an der Köpenider Straße hatte die Neue freie Bolksbühne einen auf feine poetische Wirkungen gestimmten Abend. Es mochte wohl ein gewagtes

Die schwüle Stimmung, die über dem Ganzen von vornherein liegt, wurde für den Komponisten ersichtlich der Hauptreiz seines Schaffens. Nur von kleinen Anläufen zu leichterer Bewegung beim Auftreten von Nebenpersonen und von melodiösem Anflug bei Szenen der Mutterliebe unterbrochen, lastet die Musik in charakteristischer Weise sozusagen schwer auf dem Orchester,

Humor und Satire. Dekoriert und parfümiert. Frize, haste schon jelesen Den Prozeß von Moabit ? Rosenfeld is leß jewefen. Weeste ooch, wat dem jezt bliht? Hundert Märker muß er blechen. Weeste, Frizze, ooch wofir? Det Jericht dut damit rächen Gene jrobe Unjebihr.

Js et Frechheet nich zu sagen, Det der Schußmann blutbefledt, Un det ouch der jreßte Drden So'ne Flecke nich badeckt?

Wat, de fragit, wat se nu machen

Mit den villen, villen Draht? Quatsch doch nich, du dumme Frige, Det weeß jang jenau der Staat.

Vor det Jeld hat er vaschrieben

Sich een Faß Odemilflör Un dadrinn soll sich nu baden Det Moabiter Schußmannsheer.

Mensch, wenn det nich zieht, zieht janischt.

Det is mal een feiner Buch:

Bald stehn se, so fein jeseibert, Bei det Volk in Wohljeruch.

Notizen.

Ebe

SZ.

- Der Deutsche Monistenbund wird in Brofeffor Wilhelm Dst wald, dem bekannten Energetiker und Publizisten, einen neuen Vorsitzenden erhalten.

- Kunst chronit. Die Winterausstellung der Berliner Secession wird am Sonntag, 15. Januar, geschloffen.