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«tthüge avzulehnen. Würden sie angenommen, so würde schNeß- lich vom Prinzip der Besteuerung des Wertzuwachses überhaupt nichts übrig bleiben bezw. aus der Wertzuwachssteuer eine Vermögenssteuer werden. Abg. Dr. Weber snatl.) polemisiert gegen den Abg. Binder. Die Sozialdemokratie lue immer so, als ob bloß reiche Spekulanten usw. von dem Gesetze getroffen würden. Das sei aber nicht der Fall; vielmehr seien.zahlreiche kleine Leute, Hundertlausende von kleinen Hausbesitzern usw. daran interessiert, daß nicht allzu drakonische Bestimmungen erlaffen würden. Abg. Dr. RZsicke lk.) begründet einen Antrag, die anteiligen Geschäftsspesen in Abzug zu bringen, welche für die Erschließung des»erkauften Grundstücks erforderlich waren und tatsächlich aus- gewendet sind. Nach weiterer unerheblicher Debatte werden fast alle Abänderungs- anträge abgelehnt, angenommen werden die Anträge, Bauhandwerkern und Baugewcrbetreibenden, die eigene Arbeit geleistet haben, statt lv Proz. 15 Proz. des anrechnungssähigen Wertes den Auf- Wendungen zuzurechnen, und für Aufwendungen, Leistungen, Beiträge für Straßenbauten und Verkehrsanlagen 4 Proz. ihres Betrages 16 Jahre lang statt 10 Jahre, wie es im Kommissionsentwu.rf hieß, zuzurechnen. Mit diesen Abänderungen wird 8 10 angenommen. Hierauf vertagt das Haus die Weiterberatung auf Donners- tag 1 Uhr._ Schluß 7 Uhr. Hbgeordmtcnbaua. . Sitzung vom Mittwoch, den 18. Januar, vormittags 11 Uhr. Am Ministertisch: Dr. Lentze, v. Dallwitz, v. Schor- lemer, Sydow. Beseler, v. Trott zu Solz. Präsident v. Kröcher würdigt vor Eintritt in die Tagesordnung die vor 40 Jahren geschaffene N e i ch s g r ü n d u n g und den U n- fall des Unterseebootes U 3. Hierauf wird die erste Lesung des Etats fortgesetzt. Abg. v. Dewitz(fl.) verlangt eine progressive Ausgestaltung der Ergänzungssteuer und Maßnahmen zur Hebung des Kurses der Staatspapiere. Finanzminister Dr. Lentze erwidert, daß die Frage der A u S- ge staltung der Vermögenssteuer sehr eingehender Prüfung bedürfe. Daß die Staatspapiere nicht den ihrer Sicherheit entsprechenden Kurs besähen, sei zuzugeben. Diesem schwierigen Problem werde dauernd Aufmerksamkeit gewidmet. Herr W i e m e r sagte, der Staat tue nicht genug für Kultur zw ecke, wollte aber die Einnahmen des Staates aus Steuern noch beschneiden. In der Tat sind im Etat große Summe» für Kulturzwecks aus- geworfen.(Bravo I rechts.)> Abg. Dr. Pachnicke(Vp.): Der Herr Finanzminister hat im Laufe der Debatte versucht, die R e i ch s f i n a n z r e f o r m in ein günstiges Licht zu stellen. Aber sie bleibt ein unrühmliches Werk nach der Art der Lastenverteilung und»ach ihren politischen Wirkungen. (Widerspruch rechts.) Die politische Wirkung ist die gewesen, daß die Konservativen das Z e n t r u m wieder in den Sattel ge- hoben haben.(Sehr wahr I links. Lachen rechts.) Wir müssen verlangen, daß die schärfsten Spitzen unserer Wirtschaftspolitik ab- gebrochen werden, denn Preußen ist kein A g r a r st a a t mehr. Herr P o r s ch wittert bei der Linken Kulturkampfgelüste. Daran denken wir nicht. Wir stören fromme Gemüter nicht in ihrem Glauben, stören Sie aber auch religiös Freideukende nicht!(Sehr gut! links.) Redner polemisiert dann gegen die BorromäuS-Enzyklika und den Modernisteneid. Ich komme zu den Erklärungen deS Herrn v. Dallwitz über Moabit . Er hat Licht und Schatten nicht gleich- mäßig verteilt, wenn er die Polizei uneingeschränkt lobte. Die Polizei, die in den ersten Tagen ruhig war, ist nachher in der Tat nervös geworden. Durch Verleihung von Orden wird man der Wiederholung der festgestellten polizeilichen Mißgriffe nicht entgegentreten. Völlig unangebracht war die Unterstellung, die der Minister andeutete und Herr v. Zedlitz offen aussprach, als ob die Belastungszeugen absichtlich die Vor- gängeentstellt hätten.(Sehr richtig I links). In der Brrwaltungsreform ist für für uns die Hauptsache eine Verminderung des Einflusses der Landräte. Die schönsten Worte vom Ministertisch gegen die Wahlbeeinfluffungen durch Landräte nützen nichts z wir müssen Taten sehen und nur durch Taten werden auch die Ländräle zu beeinflussen sein. In der Wahlrechtsfrage hätten wir wohl eine Erllärung des M i n i st e r p r ä s i d e n t e n selbst erwarten können.(Sehr wahr! links) Man will die Be- seitigung der Zwistigkeiten unter den bürgerlichen Parteien abwarten. DaL heißt, die Regierung will auf jedeFührung in der Politik verzichten. Wenn die Regierung nicht sagen konnte, wann die Vorlage kommt, hätte sie doch sagen mllffen, daß sie kommt.(Sehr richtig I) Die Konservativen freilich wünschen über- Haupt keine Vorlage mehr. So wahren sie ein Versprechen der Krone! (Sehr gut! links.) Sie haben heute die Errichtung des Deutschen Reiches gefeiert. Was erzielt worden ist an Fort - schritten in diesen vier Jahrzehnten seit Bestehen des Reichs, ist erreicht worden unter der Herrschaft des allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrechts.(Sehr wahr I links.) Wir be- stehen auf unserer Forderung der Uebertragung des Reichstags- Wahlrechts auf Preußen. Sollte eine Reform wieder eingebracht werden, die nicht einmal das geheime und das direkte Wahlrecht bringt, so verdient eine solche Vorlage den Namen Reform über- Haupt nicht. Die Regierung hat ja für E l s a ß- L o t h r i n g e n das geheime und direkte Wahlrecht für angebracht gehalten. Da gibt es keinen Grund mehr, Preußen dies Wahl- recht vorzuenthalten.(Sehr wahr! links.) Die Konservativen verweise ich darauf, daß auch die«Konservative MonatS- schrift" anerkannt hat. die Gegnerschaft gegen da« geheime und direkte Wahlrecht sei nicht aufrechtzuerhalten. Ich verweise sie auch auf die Stellungnahme von Männern der Wiffenschaft. wie Professor Schmoller. Die Konservativen suchen eS so darzustellen, als sei Liberalismus und Sozialdemokratie dasselbe. In der Tat aber haben wir nie ein Hehl daraus gemacht, daß wir Gegner der Sozialdemokratie find. Unsere beiderseitigen Weltanschauungen find grund- verschieden.(Sehr wahr I bei den Soztaldemokraten.) Wir find auch nicht Republikaner, lehnep nicht jede Ausgabe für die Landesverteidigung ab und mißbilligen es. wenn eine Sprache geführt wird, die die Leidenschaften aufreizt und zu gefährlichen Spannungen führt.(Sehr richtig I bei den Freis.) Aber wir lehnen mit der Sozialdemokratie jede AuSnahmcgesetzgebung ab und protestieren deshalb entschieden gegen die Anregungen des Herrn v. Zedlitz in dieser Richtung.(Bravo ! links.) Mögen alle Liberalen fest zusammenhalten, damit dem Bunde der Konservativen und de« Zentrum« aegenübertritt die geschlosicne Kraft des freiheit- Ii(hen Bürgertums in Stadt und Land.(Lebhaftes Bravo I links.) Justizminister Beseler: ES ist anerkannter Grundsatz der Regie- rang, in schwebende Prozeffe nickt hineinzureden, um daS Gericht nicht z» beeinflussen. Eine solche Beemflusiung übt man aus, wenn man die Schuldfrage und die Strafzumessungsfrage be- handelt. Davon ist in den'Ausführungen des Herrn Minister- Präsidenten keine Rede gewesen. Bemerkungen über die Tätig- keit der Polizei betreffen nicht die Sckiuldfrage der Angeklagten und auch nicht die Strafzumessung.(Widerspruch bei den Sozialdemokraten.) Wohl aber hat Herr Wiemer in unzulässiger Weise in den noch schwebenden Becker- Prozeß ein- gegriffen, indem er den Richtern einseitige Voreingenommenheit gegen den Angeklagten vorwarf. Ich muß dagegen entschiedenen Protest erheben. Der Minister verteidigt die Haltung der Polizei bei den Moabiter Vorgängen mit den schon öfter wieder- holten unrichtigen Argumenten. Die Zusammenlegung der Strafsachen tvar notwendig, sonst hätte die umf ausreiche Beweisaufnahme etwa 20niQl wiederholt werden müssen. Die Angriffe, als habe sich die Staatsanwaltschaft eine Kammer ausgesucht, sind unbegründet. Die Kammer hat mit großer Geduld und Ruhe gearbeitet. Die Geduld mußte sie bewahren aus Grund der heutigen Lage der Ge« fetzgebung, die dem Gericht nur geringe Beftignis gibt, ihm un- erheblich erscheinende BeweiSanträqe abzulehnen. Wir sind dabei, eine Strafprozeßordnung auszuarbeiten, die die Befugnisse d e S Gerichts statuiert, b e i Ablehnung nach seiner Ucberzeugung un- nötiger, überflüssiger, verzögernder BcweiSanrräge«in entscheidendes Wort zu sprechen.(Lebhaftes Hört I hört! links.) Diesen Stand- pnnkt wird die preußische Regierung ün Reichstage vertreten, und ich bitte die Herren, in diesem Sinne auf Ihre Freunde im Reichstage zu wirken.(Hört! hört! bei den Sozialdemo- kraten. Abg. Liebknecht: Preußische Reattion.) Ich halte es für meine Pflicht, für meine Ueberzeugung einzutreten, und wo ich Unter- stützung finde, begrüße ich sie.(Lebhaftes Bravo! rechts. Abg. Lieb- knecht sSoz.j: Und kein Wort gegen Zedlitz!!) Abg. Graf Praschma(Z.) verteidigt die Haltung des Zentrums in der Wablrechtsfrage und polemisiert unter lebhafter Zustimmung des Zentrums gegen die Ausführungen des Abg. Dr. Pachnicke über den Modernisteneid. Abg. Le'mert(Soz.): In die religiösen Streitigkeiten mischen wir uns nicht, weil für uns Religion Privatsache ist.(Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.) Der Verbrauch an Ministern ist in Preußen sehr groß. Seit dem Regierungsantritt des jetzigen Kaisers baben wir in Prentzen 6 Ministerpräsidenten, 6 Kultusminister, 9 Minister des Innern usw. gehabt.(Hört l hört I links.) Die Munter des Innen, scheinen also am leichtesten zu ersetzen zu sein.(Sehr gut I bei den Sozialdemokraten.) Es ist in der Debatte von den Steuer- deklarationen deS Herrn v. Richthofen die Rede gewesen; er ist von der Steuerbehörde gerechtfertigt worden. Merkwürdig ist nur, daß Herr v. Richthofen ein öffentliches Gerichts- verfahren gescheut hat. In anderen Fällen gebt man in solchen Steuerangelegenheiten viel schikanöser vor. So ist man gegen einen Vertrauensmann unserer Partei vorgegangen, weil er angeblich erhaltene Zuwendungen von der Parte, nicht mit deklariert hätte. Den Verleumder in diesem Falle hat der Landrat dem Arbeiter nicht genannt, hier aber, wo eS sich um einen Freiherrn handelt, gibt die Regierung eine Erklärung vor dem Lande ab und der Betreffende, der die Anzeige wegen Steuer- Hinterziehung gemacht hatte, wird wegen Verleumdung an- geklagt. Herr v. A r n i m hat wieder von der Arbeiterverficherung ge- sprochen, er meinte, dadurch wäre für die Arbeiter gesorgt. Das ist unwahr, es ist nur für Kranke, Unfallverletzte und Invalide ge- sorgt. Der gesunde Arbeiter hat nur die Lasten der Versicherung; die Arbeitgeber wälzen diese Lasten auf die Konsumenten ab. Wa« die Arbeiter den gezahlten Summen der Versickerimg an Verlust von Leben und Gesundheit gegenüberzustellen haben, davon sprechen Sie nicht. Sie sprechen nicht von den 80 Millionen Krankheitsfällen von durchschnittlich 20 Tagen Dauer, von den 1 600 000 Invaliden- rentnern, den 90 000 Krankenrenten und den 2 660 000 Ar­beitern, die bis 1909 durch Unfall verletzt wurden. Das sind die Opfer der Arbeit I(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Zum Moabiter Prozeß hat gestern Herr v. Zedlitz gesagt, wir hätten Puloer in das Faß getan und eS angezündet. Das sind lediglich Phantasien der Scharfmacher. Aber ick frage: wo ist das Pulver her, wer hat es produziert? DaS ist d i e bürgerliche Gesellschaft, der preußische Staat, der das Pulver geschaffen hat.(Abg. Hoffmann: Aber nicht er- funden l Heiterkeit.) Im Volke herrscht eine ungeheure Empörung und Entrüstung über die Art. wie das Voll regiert wird, große Empörung vor allem über das Dreiklassenwahlrecht.(Sehr wahr I bei den Sozialdemokraten.) AuS dieser Empörung heraus hat es den entschiedenen Willen, das Wahlrecht zu ändern auf j e d e n F a l l. In der Thronrede hieß e»: ES ist m e i n W i l l e. daß das Wahlrecht geändert wird. In Wahrheit hätte es heißen müssen: Es ist des Volkes Wille. (Sehr wahr! bei den Sozial- demokraten.) Aber was daS Volk will, ist Ihnen ja gleichgültig. Die ganze Behandlung der Vorlage war nichts als eine Mißachtung und Verhöhnung des VottSwillenS.(Sehr wahr! bei den Sozial- demokraten.) Gegenüber Abg. Porsch stelle ich fest, daß daS Zentrum die geheime Wahl zu Fall gebracht hat. aus Blockbrüderschaft gegen die Konservativen hat man nicht einmal eine Abstimmung über die geheime Wahl zugelassen. Eine preußische Wahlresorm ist nur möglich gewesen gegen dir Konservative», denn ihr Ziel kann nur sein, die Konservativen hier im Hause auf ihre wirkliche Stärke im Lande zu reduzieren.(Sehr wahr I b. d. Soz.) Dasselbe Recht wie in Elsaß-Lothringen für Preußen zu erreichen, dafür»fehlen die Voraussetzungen' nämlich die, daß das Volk nicht so borniert ist. daß eS dann noch Konservative hier hineinschicken würde. Ohne Gewährung von Volksrechten hat der schwarzblaue Block dem Volke eine halbe Milliarde neuer Steuern abgeknöpft. An der R e i ch s f i n a n z r e f o r m, die die Reichen nicht belastet, machen die Reichen noch ein Geschäft.(Rufe recht«: Zur Sache I) Das gehört wohl zur Sache, wenn ich die Erbitterung deS Volles erklären will, wie sie fich in Moabit geäußert hat. Die Erbschaftssteuer soll den.christlichen Familiensinn' der Reichen verletzen, an den Familiensinn der Arbeiter denkt man nicht. Die nächste» ReichStagSwahlen werden Ihnen die Ouittung für Ihre Volksfeindlichkeit geben.(Widerspruch rechts. Zurufe bei den Sozialdem.: Haben Sie schon erhalten!) Sie wollten die Fahrrad- st e u e r schaffen, die Besteuerung der Reitpferde haben Sie abgelehnt, aber 50 000 M. in den Etat eingestellt zur Tilgung der Schulden der Rittergutsbesitzer. (Lachen recht?!) Sieben Jahre lang hat man die im Zolltarif- gesetz versproäieiie Witwen« und Waisenversorgung hinausgeschoben, das dafür bestimmte Geld ist auf die E i n f u h r i ch e i n e drauf- gegangen, das Geld der armen Witwen und Waisen muß die per» manente Preisverteuerung de» Brote« ermöglichen, in der Höhe, wie sie der Zolltarif festgestellt hat.(Sehr ricknig I bei den Sozialdemokralen.) An all das denken die Arbeiter und werden Ihnen da« beweisen! Und wie behandeln Sie die Landarbeiter! Bei der Beratung der Reichsversicherungsordnung wollte man den Landarbeitern dasselbe Recht wie den anderen Arbeitern geben, daß sie an der Verwaltung dieser Krankenkassen teilnehmen können. Und da erklärt die Regierung, lieber lasse sie die ganze Reichsversicherung scheitern.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Im vorigen Jahre sind hier Konservative und Zentrum gemeinsam für eine Verschärfung der Gefindmdming ein­getreten. Nur keine Rechte für die Landarbeiter ist Ihr Wahlspruch! Wie rechtlos sind die Arbeiter in Preußen überhaupt! In den Kreistagen und Kreisausschüssen, selbst in den Schuldeputationen, denen die Schulen unterstehen, die die Arbeiterkinder besuchen, haben die Arbeiter nickts zu sagen. In keinem Magistrat sitzen Arbeiter, nicht im Verwaltungsgericht, die Provinziallandtage find eine Domäne der Landräte. Von allen wichtigen Organen der Selbstverwaltung sind die Arbeiter sen, gehalten.(Sehr nchtig I bei den Sozialdemokraten.) So ist es in der Gesetzgebung, aus der ich nur einiges herausgegriffen habe. Wie ist es erst mit der Verwaltung. DaS gesetzlich g«. währleistete Vereinsrecht wird dem Arbeit« durch die Polizei genommen, man gräbt dazu hundert Jahre alte Berord- nungen aus. Der Polizeipräsident von Hannover hat ge- meint. die Polizei müsse so gern gesehen werden wie die Geldbriefträger.(Heiterkeit.) Dann müßte stch die Polizei aber anders verhalten,©ei unseren Straßendemonstranonen ist es zu AuSichreitungen erst gekommen infolge de« Eingreifens der Polizei. Das gute Recht deS SlreikpostenstehenS wird den Arbeitern durch die Polizei genommen und die festgenommenen Arbeit««erden auf der Polizeiwache noch verhaueu. DaS ist die Kulturarbeit der Polizei. DaS Volk wird bnitalisiert und gebüttelt und dann erwarien sie noch, es soll hübsch ruhig sein. Sie haben durch diese Zustände den Boden geschaffen, auf dem Moabit überhaupt entstehen konnte. Und nun, nachdem der Prozeß so viele Mißhandlungen seitens der Polizei aufgedeckt hat, kommt Herr v. Zedlitz und be» hauptet, die Sozialdemokratie habe die Belastungs» zeugen suggeriert. Diese Behauptung, die Sozialdemokratie habe Zeugen zum Meineid verleitet, steht so tief, daß sie nicht an meine Stiefelspitzen heranreicht, sie ist so bodenlos in..... Doch ich will mir keinen OrdiiiingS» ruf zuziehen, es gibt freilich scknver einen parlamentarischen Aus» druck für eine solch nichtswürdige Behauptung.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Präs. Kröchcr: Wenn Sie sich keinen Ordnungsruf zuziehen wollen, hätten Sie auch das Wortnichtswürdig' nicht brauchen dürfen. Ich rufe Sie zur Ordnung. (Heiterkeit rechts.) Abg. Leinert(fortfahrend): Wer Hiebe von der Polizei bekommen hat, der merkt sie sich genau und weiß sie auch noch nach mebreren Wochen. Bezeichnend war aber das Wort des Berliner Schutzmanns: Ich wußte ja nicht, wie der Charlottenburger Schutzmann ans- sagen würde. Aber was die Berliner Scbutzleute aussagen würden, das wußte er.(Hört I hört! bei den Sozialdemokraten.) Herr v. Zedlitz möge alio seine Angriffe lieber gegen die Polizei- zeugen richten. Wie es den Zeugen erging, die wahrheitsgemäß gegen die Polizei aussagten, beweisi das Schicksal des konservativen Forstmeisters, der jetzt gesellschaftlich boykottiert wird.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Also die herrschenden Klassen stehen grundsätzlich unter allen Umständen zur Polizei. Das Urteil hat festgestellt, daß die Bevölkerung in Moabit vor allem auch durch die Mißhandlungen seitens der Arbeitswilligen erregt worden ist.(Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.) Ein englisches Gericht hat erklärt, daß ein Streik- brecher das für seine Kollegen ist. was ein Berrätrr für sein Land. (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Gerichisasiessor Warm- holt, der Borsitzende des Hannoverschen Gewerbegericht?, hat es als gerichtsbekannt erklärt, daß Streikbrecher gewöhnlich bald wieder verschwinden und recht wenig nützliche Elemente sind. Wenn Frhr. v. R e i s w i tz, der Leiter der«Deutschen Arbeitgeber- zeitung', Unternehmer, die der Unternehmerorganisation in de» Rücken fallen, als Verräter bezeichnet, so wollen auch die Arbeiter mit ihren Verrätern nichts gemein haben. Solche moralisch minderwertige Mensche» sind die bei Knvfer beschäftigten Hintze scheu SiebenmonatS» linder IhreEhremnänner'. Ich stelle vor dem ganzen Lande die Herzensgemeinschaft der Konservativen und National» liberalen mit den Hintze'chen Streikbrechern fest, wie sie bei d« Etatsdebatte hier zum Ausdruck gekommen ist. Die Koofervativrn als Schntzpatrone von minderwertigem Streitbrechergesindel - ein glänzendes Bild!(Lebhafte Zustimmung bei den Sozial« demokraten.) Die Arbeiter kennen die preußische Staatsraison: Wer nicht pari«t, der fliegt(Lachen rechts), die doch der Minister v. Dallwitz am eigenen Leibe erfahren hat.(Heiterkeit.) Im Kampfe gegen die Staatsautorität hat der Minister deS Innern jene Stellung erobert, von der aus gemäß» regelt wird.(Sehr gutl links.) Sie wollen Ausnahmegesetze gegen die Rebellion erlaubt ist nur die konscrvativr Rebellion. Sie soll uns zum Muster dienen in ihrer Entschlossenheit. Wenn uns Mnister v. Dallwitz Mitschuld an den Moabitei Vorgängen vor« wirft, so beweist er, daß er nichts gelernt und nichts der» g e s s e n hat.(Hört I hört I bei den Sozialdemokraten.) SlS Minister in Anhalt hat«.vor der Gerickitsverhondlung allerdings, also wohl bau» fido(im guten Glauben) auf Grund seiner Berichte anläßlich eweS Morde« ganz die gleiche Rede gehalten wie gestern hier. Vor Gericht ist da« ganze Gebäude des «sozialdemokratischen TerroriSmuS' und der»sozialdemokratischen Verhetzung" schmählich zusammengekracht und nickt? ist übrig geblieben als ein sinnlos betrunkener Mensch, der die Tat begangen hatte. Nicht ein Körnchen von Wahrheit blieb übrig von der Rede des Ministers von Anhalt I Nun aber hat der Moabiter Prozeß klar und unzweifel- Haft ergeben, daß von einer Mitschuld der Sozial- demokratie keine Rede sein'kann; der Minister deS Innern kennt die Beweisaufnahme, das Urteil. Und wie schon Herr v. Zedlitz diese Behauptung erhoben hat. die ich nicht nach Gebühr kennzeichnen will, um nicht einen Ordnungsruf zu erhalten so kommt jetzt auch der Herr StaatSminister mit dieser Unwahrheit! (Großer Larm rechts. Lebhaftes Bravo l der Sozialdemokraten.) Präs. v. Kröchet: Ich rufe Sie zum zweiten Male zur Ordnung und verweise Sie auf die gefchäftsordnungSmäßigen Folgen. Abg. Leinert(Soz.) fortfahrend: Wir lassen uns so etwas nicht anhängen.(Sehr wahr l bei den Sozialdemokraten.) He« v. Arnim hat wieder nach Ausnahmegesetzen verlangt. Damit tanzen Sie auf einem Vulkan. Glauben die Herren, nun den starken Mann mit eisernen Nerven gefunden zu haben, nach dem seinerzeit der NcichStagSabgeordnete v. Kröcher verlangte? (Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.) Der Minister deS Innern ist ja aus Ihren Kreisen hervorgegangen, ist er der Mann mit den Nerven, die notwendig find, um die Hydra der Arbeiter- bewegnng zu besiegen. Versuchen Sie es ruhig, Sie werden uns auf dem Platze finden, wir werden kämpfen bist zum letzten Atemzuge, um unfcr Recht zu verteidigen. (Bravo ! bei den Sozialdemokraten.) Ich erinnere Sie an daS Urteil de« Herrn v. B o d m a n. der die Sozialdemokratie eine großartige Bewegung genannt hat. die viel getan hat zur Hebung des Arbeiter- staudeS. DaS ist wenigstens einmal ein gerechtes Urleil gewesen, und darum erkennen Sie es nicht an. Warum gehen Sie denn jetzt so gegen uns vor. bei den vorige» ReichStagSwahlen haben Sie doch alle an unfern Tisch gesessen und auch bei den nächsten Wahlen werden so manche Führer der bürgerlichen Parteien den Weg zum Bureau der sozialde, n akratische n Ber - eine finden. 1907 find Nationalliberale aus HildeSheim nach Köln gefahren, um die Rationalliberalen in Köln zu veranlassen. für die Sozialdemokraten zu stmimen. damit die Sozialdemokraten in Hildesheim für die Natlonalliberalen stimmen könnten.(Hört I hört! rechts.) Lachen Sie nicht, der konservative Abgeordnete von HildeSheim hat sozialdemokratische Stimmen bekommen. und er hat im sozialdemokratischen Bureau die Eiklärung abgegeben, daß er für die sozialdemokratischen Stichwahl» fordrrungen eintrete.(«! hörtl bei den Sozial» demokraten.) Sie sind allzumal Sünder. Sie haben alle von der Sozialdemokratie gegessen.(Heiterkeit) He« v. Zedlitz hat verlangt, der Generalstreik solle a l s Ho® ö c r t a t b e(traft werden, und auch die«meizung zum Streik der Eiienbahi,« solle bestraft werden. Nun. nur brauchen die Eiienbahnarbeiter nicht aufzureizen, da« b e» so r g e n St e v t e I b e s s e r. 81/. Millionen Mark haben Sie der Krone bewilligt, als aber die Eifenbnhnarbeiter in Posen eine geringe Lohnerhöhung haben wollten, sagte man ihnen, es wäre zwar alle» teuerer geworden, aber man müsse sich noili der Decke strecken und auf Genüsse verzichten, die man sicki uicktt leisten könne.(Hort! hörtl bei den Sozialdemokraten.) Wenn ein Verkehrs- streck einmal ausbricht, so deshalb. weil das Joch«ncrtragltch geworden ist. Graf Praschma meinte, die Nationalliberalen hätten die Friedenshand des Zentrums zurückgewiesen. Ich habe eigentlich nicht gehört, daß Herr Schniieding die Hand de« Zentrums un- bedingt zurückgewiesen hätte, obgleich sie leer war. Er hat das