Einzelbild herunterladen
 
freisp�eisien ttütFeit, weil S?e glauben, Vatz die Polizei in vielen Fällen»Unrecht getan hat, obwohl Sie von der Schuld der Ange- Nagten überzeugt sind, so würden Sir damit einen unheilbaren Schaden anrichten. Sie würden damit dem Mob das Recht geben, über die Straße zu vcrfüc?cn und nach Gutdünken Leben und<3k- sundhcit anderer zu bedrohcv- Rechtsanwalt Heine führt im Anschluß hieran aus: Ich verlange von den Geschworenen keine Freisprechung gegen das Gesetz. Stur fordere ich, daß sie prüfen, ob das, was vorgekommen ist, under die schweren Gesetz- destimmungen fällt, die die Staatsanwaltschaft auf die Angeklagten anwendet. Aus diesen Gründen haben wir auch keine glatte Frei- sprechung von Ihnen verlangt, sondern Ihnen nnheimgestellt, nach dem allgemeinen Rechtsgesühl und dem normaien bürgerlichen Rechtssinn zu entscheiden, ob es nicht richtig isi� die hier vor­liegenden Straftaten als groben Unfug oder als Werfen mit Steinen nach Menschen aufzufassen. Diese Frage ist in der Tat aktuell! Aus demselben Gefühl herans, aus dam der Oberstaats- anwalt sag�-: Geben Sie nicht die Straße dem.Mob preis, könnte ich sagen, geben Sie nicht die Strafte derartiMn Ausschreitungen preis, die von Schnbleuten gegen«ehrlose Bürger begangen werden, bloß deshalb, weil diejenigen, welche die Gewaltakte be- gehen, Uniform tragen und den Säbel führen. Aber ich will gar nicht mit solchen Momenten operieren. Hier handelt es sich nur darum, ob die Angeklagten sich bewußt fein n luftten, daß sich die Beamten in rechtmäßiger Ausübung ihres Amts befanden. Wenn die Ausschreitungen der Schutzleute damit entschuldigt werden sollen, daß sie über Angriffe, die tagelang vorher auf einzelne ihrer Kollegen ausgeführt wurden, erregt waren, dann sind doch die An- geklagte» erst recht zu entschuldigen. Denn die vielen Ausschrei- tungen der Polizei waren ihnen bekannt nnd zum Teil sind sie selbst mißhandelt worden. Es ist doch gewiß ein mildernder Um- stand für die Angeklagten, wenn die Beamten so den Kopf verloren haben, wie es uns hier in vielen Fällen bekundet worden ist. Nach der Ansicht des Oberstaatsanwalts i'l der Schutzmann immer in berechtigter Amtsausübung. Und nun sollen die, denen der Schädel gespalten ist. nachweisen, daß keime berechtigte Amts- ausübung vorlag! Das Verhalten der Beamten im Falle Cieslick nennt der Oberstaatsanwalt, ohne mit der Wimper zu zucken, eine berechtigte Ausübung des Amtes! Vier Schustleute hatten mit dem Manne zu tun. Andere Schutzleute waren in nächster Nähe. Der Widerstand dieses schrecklichen Mannes, der ihm übrigens gar nicht nachgewiesen ist, bestand darin, daß er sich ausstemmte, und um diesen Widerstand zu brechen, soll der furchtbcrreSübelstich berech- tigt gewesen sein! Da sehen Sie, meine Herrien, wie so ein Be- amtcr gestellt ist. Wenn schon der OberstaatSnnwalt solche An- sichten vertritt, wie werden dann erst die Polizeübeamten selber über ihre Befugnisse denken. Die Stellung des Beamten, die ihn unter Umständen zum Herren über Leben und Gesundheit der Bürger macht, hat das eine Korrelat, nämlich die Verpflichtung des Beamten zur Äußersten Selbstbeherrschung und Ruhe. Der Staat hat den Beamten die Waffe gegeben in dem Vertrauen, daß sie nur im äußersten Not- falle gebraucht wird. Nun haben wir aber gesehen, wie sich die Be- amten betragen haben. Wenn ein Beamter einen am Boden Liegen- den schlägt, dann müßte man ihm die Waffe nehmen und sie vor seinen Augen zerbrechen. In ruhigen Zeiten höflich sein, das ist kein Kunststück. Aber der Beamte soll gerade in kritischen Situa- tionen zeigen, daß er über die nötige Ruhe und Kaltblütigkeit ver- fügt, die von ihm verlangt werden mutz. In dieser Hinsicht aber haben die Beamten in großer Zahl völlig versagt. Unser Publikum ist im großen und ganzen pvlizeifromm. Wenn nun die Leute sehen, daß durch Borgänge, wie wir sie hier kennen gelernt haben, ihr Vertrauen zur Polizei getäuscht wird, dann ist die Erregung des Publikums erklärlich. Das muß man aber auch den Angeklagten zugute halten; sie können mildernde Umstände in Anspruch nehmen, auch wenn sie nicht selbst durch Mißhandlungen getroffen worden sind, sondern es genügt, daß ihnen diese Dinge zur Kenntnis ge- kommen sind. Gegenüber den Ausführungen der Staatsanwalt- schaft halte ich meine Behauptung aufrecht, daß die Maßnahmen Polizei vollständig sinn- und kopflos waren. Freilich, wenn amn sich einbildet, daß man einem Feind gegenübersteht, und dabei nicht einmal die Kriegsregel befolgt, daß Frauen, Kinder und Greise geschont werden müssen, dann kann man sich nicht wundern, wenn solche Dinge vorkommen. Der Oberstaatsanwalt sagte: In jedeni Falle, wo Vorgesetzte den Waffengebrauch befahlen, hätten die Beamten rechtmäßig gehandelt. Das trifft durchaus nicht zu. Die Befugnisse auch der Vorgesetzten über den Waffengebrauch find durch das Gesetz, vor allem durch das Strafgesetz, begrenzt. Danach darf man die Waffe nicht anders als im äußersten Notfalle ge- brauchen. Soll man denn wirklich einem Polizeileutnant das Recht einräumen, sich über das Gesetz hinwegzusetzen? Wenn er den kleines feuilleton. Die gcsttudhcitsschädlichen Stoffe bei der Margarinefairikation. In der letzten Nummer derDeutschen medizinischen Wochenschrift' veröffentlicht Prof. Dunbar, Direktor des hygienischen Instituts in Hamburg  , feine Untersuchungen über Margarine, die ans die jüngsten uiassenhaft ausgetretenen VergistungSfälle durch Margarine«in volles Licht werfen. Als Ursache der Erkrankungsfälle erwies sich demnach mit unzweifelhafter Sicherheit das Kardamomöl. ein über England aus Indien   importiertes Fett. An Hunden in Mengen zu l'/, Gramm versüttert, Tief der Rohstoff noch Ablauf einer halben Stunde Erbrechen hervor. Vorher schon sahen die Hunde trank aus und zeigten krankhafte Zusammenzichungen der Bauchmuskeln. Daneben wurde in den letzten beiden Jahren auch Mowrahol zur. Herstellung von Margarine verwendet, das aus Brassiaiamen hergesielll wird. Wurde zerriebener Samen dieser Pflanze an Hunde verfüttert, so erbrechen sie letzteren. Dasselbe Aussehen, Geruch und Farbe sowie chemische Zusammensetzung wie das Kardamomöl hat das Marattifett, das ebenfalls bei Hunden Erbrechen hervorrief. Die gesundheitsschädliche Margarine ge- steht zu mehr als 50 Proz. ans Marattifett, das bei einer Menge von 3 Gramm einverleibt, bei Hunden heftige Magendarmstörungen erzeugte. Aus diesen Befunden erklären sich ungezwungen die vor- gekommenen Massenerlrankungen. Denn eine Person verzehrt pro Tag durchschnittlich 30 Gramm Margarine, womit die geringste 5'itig wirkende Dosis schon überschritten ist.'Prof. Dunbar sucht die Ursache der beklagenswerten Vorkommnisse in der heftigen Konkurrenz, die gerade in der Margarineindustric herrscht. Während eine Margarine erster Qualität im Detailhandel zu etwa 90 Pf. pro Pfund verkauft wird, sehen sich die Fubri- kauten veranlaßt, um der Konkurrenz die Spitze bieten zu können, Produkte herzustellen, die für 57 Pf. im Detailhandel verkaust werden. Aus solchen Gründen heraus wird nach immer billigeren Fetten gesucht und neuerdings wird sogar die Mowrahbutter, die bisher nur in der Seifen- und Kerzenfabrikaiion verwendet wurde, zu einem Nahrungsmittel gestempelt. Auch kann eS den Fabrikanten in den Sinn kommen, einen Zusatz zu verwenden, dem eine noch verhängnisvollere Wirksamkeit innewohnt als dem Marattifett! Musik. �as Schauspiel von ArturSchnitzler:DieLiebelei" ist von Franz Neumann   als Oper komponiert und am Freitag jn der Komischen Oper zum ersten Male aufgeführt worden. Das Spiel von der schlichten Musiterstochter Christine und ihrer raschen Hingebung an den jungen Mann, der halb I'ebt, halb liebelt und infolge einer früheren Liebelei im Duell fällt, darf wohl als bekannt borausgesetzt werden. Ebenso die Stellung, die es sich in der modernen Theaterliteratur als ein sozusagen klassisches Stück errungen hat. Es liegt in der großen Linie, die vombürgerlichen Drama' des 18. Jahrhunderts über Hebbel   und Ludwig zu Ibsen und von da noch ungewiß weiterführt. Die Entwickelung zur schlichten Natürlichkeit erfolgte in der Qp.ep vjel später als im Dramg, Äus Mjkijierender Fürstenglorie Befehl gibt: Haut zu auf Fliehende, auf Wehrlose, auf Frauen«nd Kinder, soll man selbst dann noch annehmen, daß die Beamten, die solchem Befehl folgen, in rechtmäßiger Ausübung ihres Amtes handeln? Wir� haben ja hier einen Fall gehört, wo ein Polizei- ofsizier den Befehl zum rechtswidrigen Waffengebrauch gegeben hat. Ueber die Frage der Lockspitzelei will ich nicht reden. Aber ich muß ein Wort einlegen für die Zeugen der Perteidiguug. Sie sollen nach Ansicht des Oberstaatsanwalts zum Teil einen erregten Eindruck gemacht haben, deshalb nicht glaubwürdig sein. Meine Herren, Sie haben diese Zeugen hier gesehen. Ausgeregt waren nur zwei von ihnen, der Herr Oslath und Frost. Das war begreiflich, denn sie sind empört über die Vorwürfe, die gegen ihre Glaub- Würdigkeit sowohl im Vorprozeß, wie in der Preise erhoben worden sind. Diese beiden Zeugen hatten ja zunächst Sympathie für hie Polizei. Und doch wurden sie sofort als unglaubwürdig hingestellt. als sie die Polizei belasteten. Dieses Versahr«, gegeu unständige, ehrenhafte Männer ist gar nicht scharf genug zu brandmarke». Man darf sich nicht wundern, daß diese Männer darüber erregt wurden. Aber daraus kommt es an: als sie ihre Beobachtungen machten, waren sie vollkommen ruhig. Es kann also keine Rede davon fein, daß die Erregung die Aussagen dieser Zeugen beeinflußt hat. Wenn nicht so viele Moabiter   Bürger ihre Beobachtungen hier an- gegeben hätten, dann würden wir ein ganz falsches Bild bekommen haben. Wir würden dann nur von Exzessen der Angeklagten ge- hört haben, aber nicht von Exzessen, die auf der anderen Seite verübt worden sind. Wer Recht sprechen will, muß sein Ange nicht nur auf die Einzelfälle, sondern auf das ganze Getriebe richten. Dazu ist hier Gelegenheit gegeben, dank dem Auftrete» der Zeuge«, die trotz der viele« Eiaschüchterungcn ihre Bekundungen gemacht haben. Wir haben zu den Geschworenen das Bertrauen. daß sie alles das«nbefangen würdig«, und in ihrem Wahrspruch zum Aus- druck bringen werden. Justizrat Friedman». tritt einigen Ausführungen des Oberstaatsanwalts entgegen. Rechtsanwalt Dr. Heinemann wendet sich gegen verschiedene Vorwürfe, welche der Oberstaais- anwalt in beziig auf die Ausführungen des Verteidigers erhoben hatte. Er sagt u. a.: Unrichtig ist die Behauptung des Oberstaats- anwalts, ich hätte vor der Strafkammer zugegeben, daß hier Land- friedensbruch vorliegt. Das Gegenteil habe ich gesagt. Wenn der Oberstaatsanwalt daraus hinweist, daß gegen Trau schon am L2. September die Beschuldigung des Landsriedcnsbruches erhoben wurde, so wird dadurch die Behauptung nicht widerlegt, daß hier in allen Fällen die schweren Anklagen mit Rücksicht auf die späteren Zusammenstöße mit der Polizei erhoben worden sind. All diese Fälle wären schließlich doch als ganz kleine Schöffensachen ange- sehen worden, wenn sich nicht die Dinge nach dem 26. September ereignet hätten. Ich erinnere daran, daß auch ein Teilnehmer an dem Streik der Handelsgesellschaft der Apotheker, ein gewisser Stock, zunächst wegen Landfriedensbrnch angeklagt worden war, dann aber vom Schöffengericht wegen Uebertretung gemäß dem An- trage der Staatsanwaltschaft selbst, verurteilt wurde. Der Ober- staatsanwalt lehnt es ab, den Beweis zu führen, daß die Beamten, welche hier in Frage kommen, in rechtmäßiger Aus- Übung ihres Amtes handelten. Die Staatsanwaltschaft lehnt eS also ab, zu beweisen, ob ein wesentliches Tatbestandsmerkmal des Landfriedensbruchs nnd Aufruhrs vorliegt. Das aber mutz die Staatsanwaltschaft beweisen, wenn die Angeklagten bestraft werden sollen. Da sie das nicht tut, so müssen die Angeklagten freigr- sprochen werden. Der Oberstaatsanwalt vertritt den Standpunkt, daß, wenn der Vorgesetzte den Wasfengebrauch anordnet, der untere Beamte die Waffe immer rechtmäßig gebraucht. Also wenn der Borgesetzte etwas Ungesetzliches anordnet, dann muß sich der Bürger das ruhig gefallen lassen! Ich kann mir nicht denken, daß ein Mann aus dem Volke dieser auch vom Reichsgericht neuer- dings vertretenen unrichtigen Ansicht zustimmt. Der Standpunkt des Oberstaatsanwalts schlägt aller bürgerlichen Freiheit so sehr ins Gesicht, daß ich glaube: so etwas kann sich der Bürgerstolz nicht gefallen lassen. Ucbrigens haben ja die Beamten in den aller- meisten Fällen, die hier bekundet worden sind, selbst nicht behauptet. daß sie auf B e f e h l die Waffe gebraucht haben. Wenn der Ober- staatsanwalt nun sagt, in all diesen Fällen sei auf Befehl von Offizieren die Waffe gebraucht worden, so werden sich wohl die Offiziere gegen diesen Angriff des Oberstaatsanwalts verwahren müssen. Denn hier ist die Waffe zu Unrecht gebraucht worden. lDer Oberstaatsanwalt macht die Zwischenbemerkung, er habe von solchen Fällen nicht gesprochen.) Der Verteidiger schließt mit der Ausführung, daß Sie Tatbestandsmerkmale des Landfriedrnsbruchs und des Aufruhrs hier in keinem Falle vorliegen. Die Geschwo- renen würden einen unheilbaren Schaden anstiften, wenn sie sagen, daß Aufruhr vorliegt, wo die Bevölkerung so gereizt worden ist herausgewachsen, kannte die Oper bisher das Schlichtnatürliche hauptsächlich nur alskomische' oderKonversations'-Oper. Ihre Erhebung zum musikalischen Drama durch Richard Wagner   ging ganz ausgesprochen ins Stilisierte, der unmittelbaren Wirklich- keit Ferne. Der Vers herrscht nahezu einzig, nur dastrockene" lSecco-) Rezitativ war schon seit langem eine Vorbereitung von Neuem. Bekommen wir nun endlich eine Oper unseres eigenen Gegenwartslebens, wielleicht gar eine des ArbeiterlebenS, und vor allem eineProsa'-Oper? Man möchte kurzweg sagen:Unmöglich!" Die Vertonung des gesprochenen Satzes gibt ihm ein solches Gewicht, daß AlltagSreden ganz unkomponierbar scheinen. Aber ehe sich die äsihet'schen Be; denken durch Künstlertat beschämen lassen, tun sie mindestens gut, die vorhandenen Anfänge des Neuen vorsichtig zu beobachten. Jetzt sehen wir wieder: wird Unbedeutendes mit Gesangs- und Orchester- Wucht ausgestattet, und müssen längere Auseinandersetzungen mit dem verweilenden Zug aller Musik kämpfen, so dürfte dies der Tod der neuen Richtung sein. Franz Neumann   kommt um derartige Nachwirkungen des Aelteren in das Jüngere keineswegs ganz herum, und der noch immer herrschende Mangel einer Dämpfung des Orchesters tut das Seinige hinzu. Aber der Komponist hat vor allem den glücklichen Griff getan, manchmal das Orchester zum Sange schweigen zu lassen, und verfügt über eine abgestufte Reihe vom hochgehenden Operngcsang bis zum Sprechton. Den Sington aber ganz zu verlassen, wie eS diesmal vielleicht nicht vom Komponisten, sondern von der Regie angeordnet war, scheint uns doch völlig verfehlt zu sein, da dadurch der gestellten Aufgabe ganz einfach nur aus- gewichen ist. Daß unser Komponist reichlich die leichtfüßige Heiterkeit der Liebelei mit der schweren Wucht der tragischen Liebe verflicht, daß er seine Baßinstrumente tief in den Schicksalsabgrund hinunter- wühlen läßt, daß er in solchen musikalischen Illustrationen geschickter ist als in der musikalischen Plastik selbst: all das ist nicht schwierig festzustellen. Die Partie der Christme legt er von vornherein tragisch, wohl z u tragisch an, zutreffend am meisten in der über sie gebreiteten Scheu. Maria Labia   ist eine viel zu große Tragödin, als daß sie da in einer anderen Richtung ginge. Die Leidenschaftlichkeit ihres Abschlusses erhebt sich zu einer geradezu denkwürdigen Größe. Es war die letzte Premiere des von uns scheidenden Direktors Gregor. Sie gab so wenig Gelegenheit zum Künsteln, daß unser Rückblick auf sein mehrjähriges fruchtbares Schaffen in Berlin   sich zu einer freud'gen Anerkennung abrunden kann. Er hat im ganzen nach einer Vernunft des musikalischen Dramas gestrebt. Jjy Hause der Komischen Oper wird sein Werk vor der Operette weichen. Sein Regisseur M. M o r i s will es in einem zukünftigen Theater auf westlichem Stadtboden fortsetzen. Glück auf! sz. Humor und Satire. Brief eine» Landrats an den alten Kanal» rebellen v. Dallwitz. MmschenSkind! Wie host Du Dir verändert, seitdem sie Dir den Ministerhut aufgesetzt haben! Was hältst de für Reden im Sie hier. Soll sich dann jeder einzelne gefallen lassen, daß er von der Polizei so geprügalt werden darf, wie es in Moabit   geschehen ist? Das Volk wird sich das Recht, sich zu wehren, wenn es gegen Gesetz und Recht verprügelt wird, nicht nehmen lassen. Wenn einige sich gegen wirkliche Ausschreitungen der Beamten wehrten, so liegt nichts weiter wie Notwehr vor. Rechtsanwalt Dr. Kurt Rosenfeld geht auf die Frage der Lockstzitzelei ein. Er führt u. a. aus: Zu meiner größten Verwunderung vertritt die Staatsanwaltschaft immer noch den Standpunkt, daß die hier bekundeten Fälle von Lockspitzelei Illusionen sind. Die Behauptung des Oberstaats- anwalts gründet sich einzig und allein aus die Angabe des Kri- minalkommissars Kuhn, nach der die beschuldigten Beamten unter Berufung auf ihren Diensteid die hier angegebenen Fälle von Lock- spitzelet in Abrede gestellt haben. Die Verletzung des Diensteides in solchem Fall ist nicht strafbar. Wollte die Staatsanwaltschaft wirklich Licht in diese Seite der Angelegenheit bringen, dann hätte sie die Möglichkeit gehabt, die betreffenden Beamten eidlich ver- nehmen zu lassen. Aber auch dann würde es sich ja immer nur um die Aussagen der Beschuldigten handeln, die keinen Anspruch auf Glaubwürdigkeit erheben können. Der Oberstaatsanwalt sagt, frei- willige Lockspitzelei könne man der Polizei nicht an die Rockschöße hängen. Wir haben ja doch hier gehört, daß es Vigilanten gibt, die mit der Pelizei i» Verbindung stehen. Von diesen Leuten ist keiner gehört worden. Ist denn das Auftreten von Lockspitzeln etwas Neues? Kennt nicht die Geschichte die Fälle Jhring-Mahlow und die Lockspitzel« bei den Wahlrechtsdemonstrationen sowie bei dem Arbeitslosenkrawall im Jahre 1894. Die Lockspitzel können nicht von de« Rockschöße» der Polizei abgeschüttelt werden, sie bleiben daran hängen, auch wenn es der Polizei noch so unbequem ist. Wenn Sie, meine Herren Geschworenen, auch nur einen der Ange- klagten wegen Aufruhr oder Landfriedensbruch verurteilen sollten. dann würden Sie jedem einzelnen Polizeibeamten das Recht geben. nach seinem Gutdünken über die Straße, über Freiheit und Leben der Bürger zu verfügen. Nach einigen Ausführungen der Staatsanwälte P o r z e l t und Dr. S t e l z n e r zu den Einzelfällen der Anklage wurde die Perhandlung auf Montag 10 Uhr vertagt. Sie Aellchng-freignilie vor Gericht. Sechster Tag. Gestern wurde die Beweiserhebung fortgesetzt, sie kam aber nicht hinaus über die Sache des Angeklagten Hausdiener Hellwig, der der Polizeibeleidigung und der Aufforderung zur Begehung strafbarer Handlungen beschuldigt wird. Hellwig soll am 30. Oktober abends etwa um 9 in der Wiesen- straße, als ein Sistierter vorbeigeführt wurde, gerufen haben: Pfui! Haut ihn!" Er wurde ergriffen in einem Hause, in das er hineingelaufen war. Der Angeklagte sagt, er sei da vorbei- gekommen und habe, weil die Leute plötzlich in das HauS hinein­liefen, sich mit hineingeflüchtet. Gerufen habe er nichts.Bors.: Weshalb liefen Sie denn so? Angekl.: Aus Furcht, daß ich ge- schlagen würde. Verfolgt wurde Hellwig von drei Kriminalschutzleuten, die hinter dem Sistiertentransport hergegangen waren und ihn gedeckt hatten, aber einander nicht kannten. Alle drei bekunden, bemerkt zu haben, daß Hellwig jenen Ruf ausgestoßen habe. Eingehend werden sie vernommen, besonders über die Vorgänge bei seiner Verfolgung, bei der Hellwig blutig geschlagen worden ist. Kriminalschutzmann Behrend wollte als erster ihn festhalten, kam aber dabei zu Fall, so daß Hellwig in das Haus flüchten konnte. Während Behrend draußen sich aufraffte, wurde drinnen Hellwig von einem anderen Beamten festgenommen. Als er abgeführt wurde, ging Behrend in einer Entfernung von 6080 Schritt hinterher. Bors.: Sahen Sie, daß die Beamten, die ihn führten, ihn schlugen? Zeuge: Nein. Die Festnahme gelang dem Kriminalschutzmann Mühlenbcck, der dem Flüchtling bis in das zweite Stockwerk deS Seitenflügels nachgelaufen war. Weder hatte Behrend den an ihm vorbei- stürmenden Mühlenbeck, noch Mühlenbeck den vor der Haustür hin» stürzenden Behrend bemerkt, obwohl der ihm geradezu den Weg versperrt haben muß. Bors.: Noch eine Frage, die ja schon häufig an Sie gerichtet worden ist. Hellwig behauptet, er sei ge- schlagen worden. Zeuge(zu Hellwig): Sie werden wohl noch wissen, daß, als ich zufaßte, von unten ein Stockschlag kam. Er traf Sie an die Stirn, so daß Sie bluteten Bors.: Also das ist richtig!? Zeuge: Ja, das ist richtig. ES folgten unS mehrere Landtag! Die Landräte sollen sich jede? politischen Drucke! ent- halten? Hast de Dir schon'n roten Schlips gekauft? In der nächsten Landtagssitzung hörn wir Dich die Arbeitermarseillaise ab l Du mißbilligst das agitatorische Auftreten der Beamten bei den Wahlen? Junge, bist Du'S noch, oder haben sie Dich unter» geschoben? Geh' nach Asien   und laß Dich vom Kronprinzen erlegen! Gegen die Konservativen in Preußen willst Du mucksen? Kind, Du. verdirbst Dir ja in Deinen bisherigen Bekanntenkreisen alle Chancen als baldiger Versicherungsagent I Dallwitzchen, mach' keine Kinkerlitzchen, sei brav, ordentlich und fleißig und merke Dir: zu reden hast Du vielleicht manches, aber zu sagen hast Du nicht» l Deinem EntschuldigungSbeiuch baldigst entgegensehend bin ich, biS jetzt noch Dein Freund, Landrat von Ohne'vaß l Gottgewollte Kasten. Die Fran Verzeihung, ich wollte sagen: Gemahlin eines vornehmen Rheinländers protestierte bei dem Zähler dagegen, daß sie mit ihrem Dienstboten in dieselbe Zählkarte L(HansbaltungsverzeichniS) komme. Leider obne Erfolg, da für jeden Haushalt unbgreiflicherweise nur eine Zählkarte B geliefert wurde. Die Eintragung deö HauS- haltS, der aus dem Herrn Papa, der gnädigen Frau, zwei Herren Söhnen, einem gnädigen Fräulein, einem Chauffeur, einem Diener und drei Dienstmädchen bestand, geschah nun folgendermaßen: 3 Herren, 2 Damen. 2 männliche Personen, 3 weibliche Personen. Die Zusammenstellung der Gesamtbevölkenmg erfolgt nach folgrnden Rubliken: 1. Bonner   Borussen. 2. Rcgieningsreserendare. 3. Munster und Offiziere bis zum Leutnant abwärts. 4 Boll. _ i-Jugend'.) Notizen. Kunstchronik. Die Berliner Akademie der Künste eröffnete am Sonnabend eine Ausstellung von Arbeiten ihrer Mit- glieder und geladener Gäste. Mit Sonderausstellungen sind der englische Radierer Brangwhn und unser Berlmer Architekt Ludwig Hossmann vertrete» Vorträge. Im Institut für Meereskunde spricht Dienstag Dr. Ebelin g über Ferngelvräche über See; Misiwoch Prof. W. LaaS über die Werften und ihre EiurichUmgcn. - Hubert v. Heyden, ein bekannter Tiermaler, der sich von aliweiberlicher Art mehr zum modernen Impressionismus durch­gearbeitet hatte, ist in München   gestorben. H. war 1860 in Berlin  geboren nnd ein Schüler der Berliner Akademie, lebte aber seit Jahren in München   als Mitglied der Sezeision. Ein teurer Böcklin  . Tie Berliner Nationalgalerie möchte, wie dieMagdeb. Ztg.' erfährt. BöcklinS GemäldeTritonen- ämilie' für 225 000 M. erwerbe». Böcklin   hatte das köstliche Bild ursprünglich für die Galerie geschaffen. ES waren 15 000 M.Honorar ausgemacht. Aber der Ankauf wurde schließlich abgelehnt. Bor zehn Jahren konnte die Galerie do§ Bild wieder erwerben für 75 000 Mark, was ihr zu hoch schien. Und jetzt muß sie 225 000 Mark iahten. Mit solcher Weisheit werden unsere staatlichen Kunst« lamnilunaen verwaltet! Freilich ist ja der Böcklin   immer noch geschenkt im Verhältnis zu Bodes Flora, die unS außer der inter  - nationalen Blamage und inländischen Korruption auch an200000M. kostet.