et einem der Arbeiterpartei angeschlossenen Sozialiften in Zukunft nicht gestattet sein, die Kandidatur eines sich außer- halb der Arbeiterpartei befindlichen Sozialisten zu befürworten. Er wird deshalb wohl kaum zur Verträglichkeit führen. Von Interesse ist auch ein Antrag des Bradforder Gewerkschaftskartells über die Taktik der Arbeiterpartei. Er lautet:„Um die Autorität der gewählten Volksvertreter im Parlament zu etablieren gegenüber dem übermächtigen politischen Einfluß, der von den Ministern ausgeübt wird. die fast jede wichtige Entscheidung des Unterhauses als ein Vertrauensvotum behandeln, dessen Vorenthaltung als Strafe eine Auflösung zur Folge haben kann, ersuchen wir die Gruppe der Arbeitervertreter im Unterhause, alle derartigen möglichen Folgen zu ignorieren und ihre Absicht zu erklären, daß sie ihre eigenen Forderungen mit Nachdruck vertreten und in den ihnen unterbreiteten Fragen beständig nach dem Werte(msrits) dieser Fragen stimmen werden. Die in dem Antrag angedeutete Taktik ist bekanntlich die- selbe, die der frühere Vorsitzende der I. L. P. Jowett, Parla- mentsmitglied für Brädford. vertritt und die auch allem An- schein nach von dem Vorsitzenden der Arbeiterpartei Barnes gutgeheißen wird. Es wird interessant sein, zu erfahren, ob sich der Parteitag der Arbeiterpartei mit dieser forscheren Taktik einverstanden erklären wird. poUtifcbe dederlicht. Berlin , den 26. Januar 1911. Agrarische Wünsche im Abgeordnetenhanse. Bei der weiteren Beratung des Etats der landwirtschaftlichen Verwaltung am Donnerstag brachten die Agrarier immer wieder neue Wünsche vor. Der Staat soll helfen, auf welchem Ge- biet auch immer es sei. Er soll nicht nur durch hohe Schutzzölle dem Großgrundbesitz zu Hilfe kommen, sondern auch sonst in jeder Beziehung das tun. was eine kleine Kaste verlangt. So fordert das Zentrum wieder einmal die Einführung des Religionsunter- richtS in den Lehrplan der ländlichen Fortbildungsschulen, weil seiner Meinung nach die Jugend auf dem Lande sonst zu aufgeklärt werden und sich nicht mehr von den Junkern ausbeuten lassen könnte. Von anderer Seite wurden Wünsch« zur Förderung der Ziegenzucht, zur Hebung der einheimischen Fleischproduktion und zur Förderung der Fischzucht vorgetragen, Wünsche, die an sich gewiß nicht unberechtigt sind. Nur darf bei ihrer Erfüllung nicht das Interesse der Gesamtheit hinter dem einiger Großagrarier zurückstehen. Zu Beginn der Sitzung gab der Landwirtschaftsminister Frhr. V. Schorlemer seiner Genugtuung über die Beendigung des„Streiks" der Studierenden an der Technischen Hochschule in Hannover Aus- druck. Die Konservativen stimmten ihm zu, daß es sich dabei um eine als Entgleisung zu bezeichnende Bewegung handele, ja sie munterten ihn sogar auf, auch in Zukunft mit aller Energie gegen solche„russischen" Zustände vorzugehen. Demgegenüber betonte Genosse L e i n e r t, daß die Sozialdemokraten keine Veranlassung hätten, in die Verurteilung des Streiks der Studenten mit ein- zustimmen, sondern daß sie im Gegenteil darin eine berechtigte Auf- lehnung gegen die staatliche Bureaukratie erblicken. Daß diese Aeußerungen nicht den Beifall des DreiNassenparlaments fanden, versteht sich von selbst._ Noch eine Unverschämtheit. In Halle begann am 24. die 16. ordentliche Plenar- versammlung der Landwirtschastskammer für die Provinz Sachsen . Auch Herr v. K r ö ch e r gehört dieser Kammer an, er war indessen nicht erschienen. Durch Herrn v. Erffa , seinen Fraktionskollegen, ließ er sich, nach der„Halleschen Zeitung",„mit der humorvollen Wendung" entschuldigen, „daß er nicht kommen könne, er hätte mit der Beauf-j sichtigung der Sozialdemokratie viel zu tun". Dieser Kröchersche„Humor" ist in Wirklichkeit nichts als eine neue hahnebüchene Unverfrorenheit des Erkorenen der Junkermehrheit. Es ist beiläufig auch eine Herabsetzung der beiden Vizepräsidenten, die Jordan v. Kröcher. der„starke Mann", damit für unfähig erklärt, für die Ordnung im Hause zu sorgen. Schon vor seinen neuesten Provokationen hat Herr v. Kröcher von bürgerlichen Abgeordneten eine Anzahl weißer Zettel erhalken. Wenn er es noch einige Zeit so weiter treibt, wird er sich vollends unmöglich machen. Vielleicht aber gelüstet es ihn, seine präsidiale Laufbahn mit einem Skandal zu beschließen. Wenn er pattout nicht anders will — dem Manne kann geholfen werden! Parlamentarischer Jnnkerstrdf. Die„Freikonservative Korresp." schreibt: „Von der konservativen und freikonservativen Fraktion ist dem Vorsitzenden des Seniorenkonvents im Abgeordneten- Hause mitgeteilt worden, daß beide Fraktionen fich mit Rücksicht auf da« Verhalten der sozialdemokratischen Abgeordneten bis auf weiteres an den Verhandlungen de» Senioren- konvent» nicht beteiligen könnten, weil fie jede» nicht durch die Geschäftsordnung geboten« Zusammenwirken mit diesen Abgeordneten ablehnen müßten." ES ist nicht recht ersichtlich, was die Herren eigentlich mtt ihrer Streikdrohung bezwecke». Wollen fie etwa die Mehrheit des Hause» zwingen, die Sozialdemokratie von der Vertretung im Seniorenkonvent auSzuschlletzen? Dann sollten fie doch schon den Mut der Dreistigkeit haben, da» auch unumwunden auszusprechen. Die sozialdemokratische Fraktion ihrerseits kann e» mit aller Gelassenheit abwarten, wie sich die übrigen Parteien zu dem echt junkerlichen Ansinnen stellen. Lassen ste fich zu einer«er- gewaltigung drängen, so hat die Sozialdemokratie wahrhaftig keinen Schaden davon I Schon jetzt haben die fortgesetzten Provokationen des Herrn v. Kröcher und seiner Leute selbst die zahmsten Gemüter de» Liberalismus zu kritischen Bemerkungen genötigt. So schreibt bei- spielsweise die nichts weniger als draufgängerische„Boss. Ztg.": „Es ist bedauerlich, daß der peinliche Zwischenfall seinen Ursprung in einem Mißgriff des Präsidenten hat und daß die Schlußrede des Präfidenten ebenfalls Aeußerungen ent- halt, die als einwandftei nicht gelien können. Herr v. Kröcher hat selbst zugestanden, daß er gefehlt habe; er habe freilich ge- fehlt„aus reiner Gutmütigkeit". Damit deckt sich seine spätere Be« merkung. er habe einzelnen Mitgliedern ein gewisses Wohlwollen bewiesen. Aber die Volksvertreter und Gesetzgeber haben vom Präsidenten Recht, nicht Wohlwollen zu verlangen. So er- haben steht er nicht über ihnen, daß fie Wohlwollen von ihm zu erwarten oder anzunehmen brauchte, r. Auch ist dringend zu wünschen, daß eS nicht Gewohnheit der Präsidenten in deutschen Parlamenten werde, einem Abgeordneten, wenn auch au» reiner Gutmütigkeit zu sagen:„Ich nehme Sie in diesem Falle nicht ernst." Eine solche Gut- mütigkeit ist u n a n g e b r a ch t. Und es ist einem Abgeordneten, weicher Partei er auch angehöre, nicht zu verdenken, wenn er fie mißversteht und zurückweist. Die Zurückweisung durch st«, Abgeordneten Hoffmann war nicht unberechtigt; uur ihr« gnrn war«mrötig verletzend. Auch wird eS hoffentlich nicht Sitte der Präsidenten deutscher Parlamente werden, Betrachtungen über den Takt und da» Anstandsgefühl anzustellen in einer Fassung, auS der— vielleicht gegen den Wunsch des Redners— enlnommen werden könnte, daß er diese Eigenschaften einer ganzen Gruppe von Abgeordneten ab- spreche. Der Präsident beschwört nur neue Zwischen- fälle herauf, wenn er sich in derart polemische Erörterungen einläßt. Was er aber heute gegen die eine Partei tut, kann morgen gegen eine andere Partei geschehen. Reaktionäre Parteiführer berufen fich nicht selten für die ver- schärfung der Geschäftsordnung auf England. Mit Fug hat schon Eugen Richter geanlwortet: Man gebe uns den englischen Parlamentarismus und wir geben ohne weiteres dem Sprecher die verschärfte Geschästsordnuilg. Allein in welcher Ruhe und Majestät thront nicht der Sprecher des englischen Unterhauses auf seinem Sitz I Er übt eine Zurückhaltung, die in schroffem Gegensatz zu dem bei uns herrschenden Brauch steht, überall überwachend, bevor- mundend, rügend und strafend einzugreifen. Der Ab- geordnete in England kann so scharf, selbst so beleidigend werden, wie er will, gemeinhin fiebt und Hört der Sprecher nichts, wenn er nicht ausdrücklich um seine Einmischung angegangen wird. Bei uns dagegen regnet es Ordnungsrufe bei den unerheblich st en Anlässen. Man ist über- empfindlich wie Neuro st heniker." Wir können also nur wiederholen: gelüstet eS die Junker nach einer Kraftprobe, so mögen ste sich nur ja nicht genieren! Ein parlamentarisches Moabit wird unter den Massen im Lande nicht minder aufrüttelnd wirken wie das polizeiliche Moabit I »Schutz der nationalen Arbeit." In der Plenarversammlung der Landwirtschaftökammer für die Provinz Ostpreußen beschwert« fich ein Kammermitglied: Trotz der ausdrücklichen Zusicherung der StaatSregierung, beim Bau des masurischen EchiffahrtSkanalS keine inländischen Arbeiter zu beschäftigen, wurden bei den Staubeckenanlagen aus« schließlich inländisch« Arbeiter beschäftigt, und zwar gerade von der staatlichen Bauleitung, während die private Bauleitung Ausländer beschäftige. Di« Folge sei. daß den Grundbesitzern unentbehrliche Dienstleute einfach fortgelaufen seien und beim Kanalbau Arbeit an- genommen Hätten. Der Oberpräsident von Ostpreußen erklärt« sofort, die Zusage, keine inländischen Arbeiter zu beschäftigen, werde auch jetzt noch voll- ständig aufrecht erhalten und von der Regierung strikte durchgeführt. Wahrscheinlich handele eS sich um einen Unternehmer, der auShilfS- weise zu inländischen Arbeitern gegriffen habe. Er, der Ober- Präsident, werde die Angelegenheit sofort prüfen. Die deutschen Arbeiter»erden also wahrscheinlich in den nächsten Tagen entlassen werden. Da fie jetzt auf dem Lande nur schwer Arbeit erhalten, werden fie einfach dem Hunger überliefert! Ein Schlag ins Wasser. Eine starke Dosis von Naivität verraten die Anträge, die im vermeintlichen Interesse der Staatsarbeiter von freisinniger Seite im Dreiklassenparlament gestellt worden. In dem einen der An- träge wird die Staatsregierung ersucht, die Befugnisse der Ar» beiterausschüsse in den staatlichen Betrieben dahin zu erweitern. daß die Ausschüsse über die Lohnhöhe und über die Festsetzung der Akkordsätze gehört werden. Einmal angenommen, das Abgcord- nctenhaus stimme diesem Antrage zu, und auch die Regierung trüge keine„Bedenken", ihm stattzugeben—: was wäre damit für die StaatSarbeiter erreicht? Nichts! Ob die Ausschüsse über die Lohnhöhe oder über die Festsetzung der Akkordsätze„gehört" werden oder nicht, ändert an den geringen Löhnen auch nicht das allergeringste. weil niemand da ist. der den Vater Staat zwingt, dem „Gehörten" auch Rechnung zu tragen. Was sind denn die Arbeiter- ausschüsse? Welche praktische Bedeutung haben sie? Wort für Wort trifft auf sie zu. was Geheimrat H i l g e r in jener berüch- tigten Geheimkonferenz der Berggewaltigen im Berliner Palast« Hotel von de» Arbeiterkontrolleuren sagte:„Wenn man nun nach den Erfahrungen fragt, kann man sagen, daß die Arbeiterkontrol- leure genau daS gehalten haben, was wir un» von ihnen versprachen. ES sollte die ganze Sache meinem Willen nach weiße Salbe sein, und es ist auch weiße Salbe geblieben." Genau so steht es mit den ArbeiterauSschüssen; solange fie nur „gehört" zu werden brauchen, sind sie nur Schaustücke. ES ist eben, um im Jargon des Geheimrats Hilger zu reden, selbstverständlich ein Aberglaube, zu glauben, daß die Arbeiterausschüsse irgend- welchen Einfluß auf die Gestaltung der Arbeitsverhältnisse in den Staatsbetrieben ausgeübt hätten. Mit dem Antrag« ist also den StaatSarbeitern nicht im gering- sten gedient. Ebensowenig aber auch mit dem anderen, der den Mitgliedern der ArbeiterauSschüsse und den anderen im Ehrenamt tätigen Arbeitern der Staatsbetriebe„dieselben Sicherungen ihres Arbeitsverhältnisses" gewähren will,„die durch die neu« Berggesetz» gebung den Sicherheitsmännern gewährleistet sind". Selbst wenn diese Sicherungen gewährt würden, waS wir bezweifeln, würden sie nur papierenen Wert haben. Wenn jemand gehängt werden soll, findet sich schon ein Strick. Will der Vater Staat einen Ar» beiter, der sich mißliebig gemacht, entlassen, findet er stets einen Anlaß dazu, oder er zwingt den Arbeiter auf die eine oder die andere Weife, dem Staatsarbeiterparadiese Valet zu sagen. Ar- beiter, die ernsthaft die Interessen der Arbeiter vertreten, werden einfach nicht geduldet. Der Zweck der Anträge wird erst erreicht werden, wenn die in den Staatsbetrieben beschäfttgten Arbeiter selber Hand mit ans Werk legen und unbekümmert um die Grimassen ihrer Vorgesetzten den gewerkschaftlichen Arbeiterorganisationen beitreten. Auch für die StaatSarbeiter gilt da» Wort:„Selbst ist der Rann!" Eingabe der Studentenschaft. Im Namen zahlreicher studentischer Körper- schatten ist dem Abgeordnetenhause eine Eingabe zugegangen, in der eS helfet: „Die am 4. November t»1Y in verlin(Sophiensäle) gleickizeitig mit den Kommilitonen in Bonn , Braunschweig . Breslau . Danzig , Darmstadt , Eisenach , Göttingen , GreifSwald , Halle, Heidelberg , Kiel , Königsberg , Marburg . München . Stuttgart versammelten Studenten und Akademiker find der Ansicht, daß die Disziplinar« Vorschriften für Studierende einer grund- legenden Reform bedürfen. Sie sprechen die tllsiuung aus, daß die preußische Regierung der einmütigen timme aller Parteien, die in der Sitzung des preußischen Abgeordnetenhauses vom IS. Juni zum Ausdruck kam, in vollem Um- fange Rechnung tragen wird. Sie erwarten, daß insbesondere die Bestimmungen über das studentische Vereins- und Versammlungsrecht eineReuge staltung nach Maß- gab« der allgemeinen Reichsgesetzgebung er- fahren werden. Die Versammlung wünscht endlich ein« im Geiste einheitliche Regelung d«A Studeutenrechtö in allen oeutschen Staaten". Wachsender Wohlstand des Volkes? Ein besonders günstiges Ergebnis der Sparkassen zeigen die vorläufigen statistischen Feststellungen für das Jahr 1909. In Preußen haben sich die Bestände um 7W Millionen Mark vermehrt. wovon 3lv Mllionen Msrk Zinsen find. 4VS Millionen Mark dagegen den Ueberfchutz der neuen Einzahiungev über die Abhebungen ausmachen. Eine solche Steigerung ist bisher noch nle dagewesen. Auch in den anderen deutschen Staaten haben die Gelder der Spar- lassen ungewöhnlich stark zugenommen. Fürs ganze deutsche Reich liegen die endgültigen Ziffern für 1909 noch nicht vor, der Zuwachs wird aber auf nicht weniger als 1100 Millionen M. geschätzt. Trifft dies zu, so würde der Bestand sämtlicher deutschen Sparkassen Ende 1909 15 300 Millionen Mark betragen haben. Bei der Annahme eines auch nur annähernd gleichen Wachstums im Jahre 1910 wäre somit der gegenwärtige Bestand aus mindestens 16 500 Millionen zu veranschlagen. Diese starke Zunahme der Spargelder ist ein beliebte» Argu- ment unserer Gegner. Da doch nur der Arbeiter und klein« Mann — so pflegen sie zu sagen— seine Spargroscben zur Sparstisse trägt, so sei dies ein Beweis für ein erfreuliches Steigen des Wohlstandes bei der großen Masse des Volkes, und die sozialdemo- kratischen Hetzer haben unrecht, wenn sie die wirtschaftliche Lage der Massen als traurig hinstellen. Es ist deshalb von Interesse, daß eine bürgerliche Finanzschrift, die„Bank", auf Grund sorg- fältiger fachmännischer Erwägungen zu ganz anderen Re- sultaten kommt. Wir geben im folgenden den Gedankengang ihrer Ausführungen wieder. Die Zunahme der Spargelder im Jahre 1909 beschränkt sich nicht auf die ländlichen Gegenden, wo sie durch die beiden guten Ernten der Jahre 1908 und lS09 verursacht sein mag, sondern ist fast ebenso stark in Industriegebieten, wie Rheinprovinz , Westfalen , Brandenburg ,„obwohl doH der Geschäftsgang 1909 noch kein be- sonders reger war und die Löhne zum Teil sinkende Tendenz yatten". Man muß daraus schließen, daß die Zunahme der Spar- geüder nicht nur einem Wachstum des allgemeinen Wohlstandes zu danken sei, sondern daß mindestens zum Teil die Gelder nur von einer Stelle auf eine andere gebracht worden seien, daß also„der Ueberfülle bei den Sparkassen ein Mangelan irgendeiner anderen Stelle entspricht". Diese andere Stell« sind die Kreditgenossenschaften. Deren Bestände haben 1909 nur um 150 Millionen Mark zugenommen. Dies ist um so auffälliger. weil die sonstigen Anlagestellen für erübrigtes Kapital— die Banken und die Lebensversicherungen— ein normales Wachstum gezeigt haben. Man kann hiernach annehmen, daß es sich bei der gewaltigen Zunahme oer Sparkassenbestände zum großen Teil um Gelder handelt, die sonst den Kreditgenossenschaften zufließen und nur aus besonderen Gründen diesmal zu den Spartassen gekommen sind. Das ist nicht weiter verwunderlich, weil die Gesetzgebung die Sparkassen in jeder Weise begünstigt, so daß sie tatsächlich Bankgeschäfte machen können, wobei sie aus ver- schiedenen(von der..Bank" angegebenen) Gründen häufig in der Lag« sind, höhere Zinsen zu zahle» als die Kreditgenossenschafte». Daraus folgt, daß ein sehr großer Teil der Gelder, die heutzutage zu den Sparkassen kommen, gar keine Sporgroschen kleiner Leute sind, sondern angelegtes Kapital von großen und kleinen Kapitalisten! Aus dem Bank- charakter, den die Sparkassen allmählich angenommen haben, folgt weiter, daß die ihnen zugeflossenen Gelder auch wieder— wie bei jeder anderen Bant— den.Kapitalisten zur Verfügung gestellt werden.„Denn da der Sparende als erste und oft genug als ein- zige Bedingung fordert, daß sein Geld durchaus sicher angelegt werde, so ist die Folge, daß die Kapitalien in die L>ände von Leuten gelegt werden, bei denen man die größtmöglichste Gewähr für regelmäßige Verzinsung und pünktliche Rückzahlung voraussetzt. Es ist klar, daß das nicht eben die kapitalarmcn Klassen der Bevölkerung sein werden.... Je mehr also die Kleinkapitalisten darauf verzichten, ihre Ersparnisse selbst zu vevwalten. um s o mehr stärken sie die Macht des Großkapitals und schwächen sie die Widerstandskraft des Kleingewerbes.... Als Resultat dieses Prozesses, der die Gegen- sätze von Mammonismus(übermäßigem Reichtum) und PauperiS- mus(totale Verarmung), von Herrschaft und Abhängigkeit wesent- lich verschärfen hilft, ergibt sich dann eine ungeheure Zunahme der öffentlich sichtbaren und statistisch erfaßbaren Gelder bei den Spar- lassen und sonstigen Kapitalreservoiren,«ine Zunahme, die von oberflächlichen Volkswirten als Wachstum des Volks- reichtumS angesehen und von den Regierungen bei neuen Steuer- vorlagen gern im gleichen Sinne verwertet wird. In Wirklichkeit bandelt eS sich bei einem sehr erheblichen Teil der zifternmäßige» Zunahme nur um eine Verschiebung großer Kapitalssummen," Unterschlupf für Bassermamt. Aus Saarbrücken wird gemeldet, daß die Vertreterverfamm- lung des dortigen nationalliberalen Vereins einstimmig de« Bor » schlag einer Kandidatur BassermannS angenommen hat. Die Proklamierung der Kandidatur in der zweiten Vertreter- versainmlung am 22. Februar sei gesichert.— Bassermann wird aufatmen, daß er auf seiner Irrfahrt jetzt endlich den Hafen erreicht hat. Sicher liegt fem Boot jedoch auch dort nicht vor Ankert Bürgerlicher Schwindel. Bürgerliche Blätter teilen mit, Genosse Schwartz-Lübeck habe eine Wiederaufstellung für die kommende ReichStagSwahl abgelchnt. — Wir können mitteilen, daß diese Meldung völlig erfunden ist. Merkwürdig ist übrigens, daß die Nachricht jedesmal vor einer neuen Reichstagswahl auftaucht. Vielleicht will man auf Schwartz einwirken, nicht wieder zu kandidieren. NeichSwertznwachSstener und Veteranenfürsorge. Z Der Reichsschatzsekretär läßt durch da» Wolffsche lelegr.-Bureau folgende Nachricht verbreiten: „Die Darstellung einiger Zeitungen, wonach die Reichsfinanz» Verwaltung fich in der Lage sehe, die erhöhte Veteranenfürsorge im» abhängig von der Erledigung deS Zuwachssteuergesetzes eintreten zu lassen, wird amtlicherieitS als irrtümlich bezeichnet. Der Staats- iekretär de« Reichsschatzamtes hat fich dahin geäußert, daß«S ge- setzeStechnisch unangängig fei. die in denj Etat gehörige Regelung der Veteranenbezüge in das Zuwachssteuergesetz selbst auszunehmen. An der Notwendigkeit, den Mehrbedarf für die verbesserten Bezüge der Veteranen ebenso wie für die HeereSvorlage au« den Erträgnissen der Zuwachssteuer zu decken, hat sich nicht« geändert, da bei Auf- rechterhaltung des Gleichgewichts im Etat für 1911 und für die folgenden Jahre eine anderweite Deckung nicht beschafft werde« kann."_____ Geistliche Schnlinspektio». Tolle Sachen weiß unser Mllnchener Parteibtatt, die.München «. Post", von dem Echulinspektor und Pfarrer Peter Schamper in Bogenhausen , dem nordöstlichen. Stadtteile München «, z« erzählen. ES wird u. a. berichtet: Seit Pfarrer Schamper in der vogenhauser Volksschule Religionsunterricht erteilt, regnet e« auf die Kinder Stockprügel! Mi- Angst sehen die Kinder der ReligionS - stunde entgegen. Das tadellose Hersagen auswendig gelernter Sätze ist ihm die Hauptsache. Als er jüngst eine Schülerkloss« zur Beichte und Kommunion borbereitete(?) und da« schablonenhafte Hersagen der einzelnen Artikel nicht überall ganz klappte, verabreichte er während einer halben Stunde 52 Tatzenl Der Stock des Klassenlehrers genügte dem geistlichen Schulinspektor aber nicht, darun, brachte eine» Tage« die Pfarrersköchin ein neues spanisches Rohr. Sine Stande, in der das Thema von der„heilig- machenden Gnade" erörtert wurde, begann der Pfarrer mit der Frage an einen Schüler:„Hast Du den Stock hergerichtet?" Ein Schüler, der das G in„Gnade" wie K sprach, erhielt zwei Tatzen I Als der Junge schüchtern meinte, er habe doch nicht» tolicheS gesagt, bekam er noch zwei dazu. Ein etwa« kränkelnder chüler stotterte etwas während deS hochnotpeinlichen Examens. Der Pfarrer rief:„Der stottert ja" und gab dem Kinde zwei Tatzen. An diesem Tage der Gnade kam die lLasse.gnädig" mit 24 Tatzen weg.
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