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poUttfcbe Qeberficbt Berlin, den 27. Januar 1911. Ter Hansabund als Vorspann der Reaktion. StuS Mülhausen(Elsaß ) wird uns berichtet: Der Hansabund hielt am Dienstag, den 24. Januar, im Börsen- saale der Industriellen Gesellschaft in Mülhausen i. Elf. eine Bürgerversammlung ab, zu welcher die Presse keinen Zutritt hatte: ein Redakteur derMülhauser Volkszeitung der sich auf seine Zugehörigkeit zur Presse berief, wurde trotzdem nicht zugelassen. Der Zutritt erfolgte nur auf Grund von persönlichen Einladungen, welche an die Mitglieder von kaufmännischen und JnnungSorganisationen verschickt worden waren.- Der Verlauf der Versammlung zeigte, daß zu diesem Aus- schluß der Oeffentlichkeit aller Grund vorlag. Auf der Tagesordnung stand zunächst eine Ansprache des Herrn G. Kern, Direktor der Gasgesellschaft in Straßburg , in französischer Sprache überDas Werk des Hansabundes", dann ein Vortrag des Dr. W. Hüttemann aus Berlin . An Stelle dieser beiden Herren, die verhindert waren, sprach. aber Hermann Schmidt. Sekretär des HansabundeS, indem er außer gegen die Konservativen auch gegen die Sozialdemokratie loszog, die durch ihr Eintreten für die sozialpolitische Gesetzgebung Industrie und Handel unerträglich belaste. Der Vorsitzende der Versamm- lung, der ehemalige nationalliberale Reichstags- Abgeordnete Theodor Schlumberger , Präsident des Elsaß-Lothringischen Industriellen- Syndikates. ging weiter: unter dem johlenden Beifall der fast nur aus Sozialreaktionären zusammengesetzten Versammlung erzählte er aus den Relchstagsverhandlungen über den Wuchertarif von 1902 eine Geschichte, die dartun sollte, wie wenig ernst die sozialdemokrati- scheu Partamentarter zu nehmen seien. In der Zoll- tarifkommission habe es sich getroffen, daß der sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Stadthagen an seine Seite zu sitzen kam. Da habe er(Schlumberger) dem Kollegen Stadthagen auseinandergesetzt, daß bei Aufhebung der industriellen Schutz- zölle die Industrie in Mülhausen i. E. von der englischen Konkurrenz erbarmungslos vernichtet werden würde und das würde doch die Arbeiter ebenfalls treffen. Daraufhin habe ihm Stadthagen geantwortet:Sie haben voll st ändig recht, lieber Kollegel Aber Sie wissen ich bin sozial- demokratischer Führer, und in unserem Parteiprogramm wird leider der Freihandel gefordert. Ich muß daher für den Freihandel eintreten." Und Herr Theodor Schlumberger , dieser typische Vertreter de? industriellen Scharstnacherwms im Elsaß , schloß seine Auf« schneideret unter tosenden BravoS mit der Schlußfolgerung: So sind die Sozialdemokraten l Auch wenn sie noch so intelligent sind. sind sie von ihrem Parteiprogramm abhängig, und wir können nichts mit ihnen anfangen. Bei der folgenden Wahl einesKomitees der Ortsgruppe des HansabundeS für Mülhausen und Umgegend" wurden gewählt: Der Vorsitzende der liberalen Partei, Fabrikant E. N e m y, der liberale LaudeSauSschußabgeordnete Diemer-Heilmann neben einer Reihe anderer liberaler Parteiführer, darunter natürlich Theodor Schlumberger selbst; ferner die Klerikalen Troendle, Burtschell usw. Das Ganze ist ein unter Ausschluß der Oeffentlichkeit vollzogener erster Aufmarsch der großkapitalistischen Scharfmacher und Sozialreaktionär« zur ReichStagSwahl mit der Spitze gegen die Sozialdemokratie, in einem Wahlkreise, wo die damit eingeleitete liberal- hanseatische Kandidatur nur mit Hilfe deö Zentrums zum Siege gelangen kann. Bemerkt sei noch, daß der Sekretär des Hansabundes als Referent bei der Anpreisung der wahlpolitischcn Leistungs- fähigkeit des Hansabundes durch Geldzuschüsse, Flugblätter und rednerische Kräfte besonders auf Labiau -Wehlau hinwies, wo ohne den Hansabund das Mandat den Konservativen nicht hätte ab- genommen werden können. Zu der Auslassung des früheren Abgeordneten Schlumberger erklärt der Genosse Stadthagen : Die Erzählung des früheren Reichstagskollegen Schlumberger über eine Unterhaltung mit mir ist von Anfang bis zu Ende er- funden. Ob Herr Schlumberger in einer ZolltarifkommifsionS« sitzung neben mir gefeffen hat, weiß ich nicht. Keinesfalls habe ich eine Aeußerung offiziell oder privatim getan, die auch nur an- nähernd so gelautet hat, wie Herr Schlumberger jetzt be- hauptet. Hätte ich eine solche Anschauung kundgetan, die meiner Ueberzeugung und der Vertretung meiner lieber- zeugung aufs entschiedenste widerstreitet, so hätte Herr Schlumberger nnt Fug und Recht eine solche Behauptung sofort in der Kommission niedriger gehängt. In der Kommission habe ich dargelegt, daß die Zölle, insbesondere auf Garn, der Industrie nichts nutzen, ihr, den Arbeitern wie den Arbeitgebern der gesamten Textilindustrie sowie der Lrbeiterllasse unendlichen Schaden zugefügt haben und als Prämie für Rückständigkeit in der Technik gewirkt haben. Etwas anderes kann ich auch nicht privatim geäußert haben. Die Be- hauptung SchlumbergerS ist eine frivole, gegen besseres Wissen auf- gestellte Erfindung. _ Arthur Stadthagen . Der unmögliche Präsident. DasBerliner Tageblatt" findet das Verhalten Jordans v. Kröcherimmer unverständlicher". Sein Urteil über bell neuestenScherz", seine Botschaft an die Landwirtschaftskammer der Provinz Sachsen , saßt es in die Worte zusammen:In die parlamentarischen Formen der Gegenwart paßt er nicht mehr, nicht einmal in das preußische Dreiklassen- Parlament. DerVorwärts" meint, daß Herr v. Kröcher sich vollends unmöglich machen werde, wenn er es noch einige Zeit so weiter treibe. Wir gehen etwas weiter und glauben, daß er schon heute als Präsident deS preußischen Abgeordnetenhauses unmöglich sei." Die Freikonservativen und der elsasi-lothrwgische Verfassungsentwurf. Der ReichSverbändler V. D i r k s e n hat am Donnerstag im Reickstage für die freikonservativi: Fraktion zum elsaß -lothringischen Verfassungsentwurf gesprochen. Seine Rede war soklar", daß die Post" sich genötigt sieht, euren Kommentar zu dieser Rede zu geben. In der liberalen Presse halte nian nämlich aus den Ausführungen des ReichSverbändlerS v. Dirksen herausgelesen, daß die Freikonser- vativen dem Verfasiungsentwurf zustimmen würden. DiePost" hebt nun die einzelnen Punkte auS der Rede DirksenS noch einmal hervor und schließt dann: Diese kurze Hervorhebung. deS wesentlichsten Inhalts der Rede des Abg. v. Dirksen wird genügen, um- erkennen zu lassen, daß deren Charakterisierung als Zustimmung zu dem Entwurf dem wirkliche» Sachverhalt durchaus nicht entspricht." Landesväterliche Steuerfreiheit und Steuerscheu« DieRheinisch-Westsälische Zeitung", die Vertreterin der Interessen des rheinischen Großkapitals, schreibt in ihrer Nr. 103 vom Donnerstag: »Uns interessiert die Erörterung über diese Angelegenheit (Steuerfreiheit der Fürsten ) vorläufig in zweierlei Hinficht. Zu- nächst einmal, soweit der von den Verteidigern der Steuerfreiheit in den Vordergrund geschobenelogische Widersinn, den Träger der Steuerhoheit selbst zu besteuern", in Betracht kommt. Erstens bringt bekanntlich das deutsche Volk die Steuer nicht für die Landesfürsten auf, sondern zur Förderung seines eigenen Wohles, und dann ist bisher noch kein einziger Lrnidessürst von der indirekten Besteuerung freigeblieben, und möge er hundertinalTräger der Steuerhoheit" sein.... Wermuth, Lentze, dieNorddeutsche Allg. Zeitung" und ihre Nachbeter stellen mit ganz besonderer Gewichtigkeit dasmonarchische Prinzip" in den Vordergrund, daS verletzt werde, wenn man die Landesfürsten und die Landesfürftiunen einer Besteuerung des unverdienten Wertzuwachses bei einem Verkauf ihrer Liegen- schaften unterziehe. Wir meinen, wenn dasmonarchische Prinzip" einige Landesfürsien nicht behindert, den Spuren deS königlichen Kaufmanns von Belgien zu folgen, statt sich auf ihre Regiererei zu beschränken; wenn einige, wie im Reichstage vorgebracht wurde, ungeachtet ihrer Souveränität recht gewinnbringende Grund st ücksgefchäfte machen; wenn einige keinen Anstoß daran nehmen, wie der Prozeß Hochberg-Barnes in New Dork erwiesen hat, in ameri- kanischen Werten zu spekulieren; wenn einige ihre verfügbaren Gelder in große deutsche Aktienunter- nehmungen einlegen und dort hoch zinstragend zu verwerten suchen; wenn einige Dernburg wesentlich in seiner Abwehr gegen die Angriffe auf die kolonialen Gesellschaften beeinflußten, weil sie selber inSüdwestafrika stark mit Geld engagiert sind; und wenn sie schließlich die ihnen gewahrte Porto- freiheit dazu benützen, um Erzeugniffe ihrer Wirtschafts- betriebe, wie Molkereiprodukte und die Opfer ihrer Jagd- lust unentgeltlich an die Abnehmer zu verschicken: dann werden allen Ernstes unsere Reichstagsabgeordneten die Frage einmal grundsätzlich zu erörtern haben, wo derlogische Wider- sinn* steckt, solche kaufmännisch veranlagtenTräger der Steuer- Hoheit" nicht genau so nach jeder Richtung ihrer nicht souveränen Erwerbktätigkeit hin zu besteuern wie den ärmsten Mann im Reich. Die Drohung mit der Ablehnung des ganzen Gesetz- entwurfS ist deshalb recht ungeschickt und wirkt verbitternd. Es wäre wahrhaftig toll, wenn an einer solchen Frage ein Gesetz scheitern sollte, dessen Einkünfte zur Deckung der notwendigen Heeresvermehrung und der Veteranenunterstützungen bestimmt sind." Fortschrittliche Gemeindepolitik. Der Magistrat in Frankfurt a. M. hat zwei von den Stadt- verordneten vollzogene Bezirksvorsteherwahlen nicht bestätigt, weil der eine Gewählte ein Volksschullehrer ist und der andere der sozialdemokratischen Partei angehört. Dabei kann sich der Magistrat nicht einmal darauf berufen, daß etwa die Regierung Schwierig- leiten gemacht hätte. Frankfurt hat ein Sondergcsetz; seine Städte- ordnung sagt ausdrücklich, daß weder die Stadträte noch die Be- zirksvorsteher usw. der Bestätigung durch die Regierung bedürfen. Die Hetze gegen das Asylrecht. DieDeutsche Tagesztg." und andere Scharfmacherblätter eben eine Schauernachricht des üblen Pariser Sensattons- latteSEcho de Paris" wieder, das sich aus Petersburg einen angeblichen Attentatsplan auf ausgerechnet Wilhelm II. melden läßt. Es heißt darin: Der russische Minister des Innern hat soeben Einzelheiten über die Anarchistenbewegung in Rußland veröffentlicht, die ein Helles Licht auf den englisch -russischen Anarchisten- a u S t a u s ch wirft. So wurden die Petersburger Anarchisten- gruppen größtenteils vor etwa acht Jahren von Männern ge- gründet, die vorher längere Zeit in London geweilt hatten.... Unter den zahlreichen Plänen der russischen Anarchisten erregt die im Frühjahr 1907 gegründete Geheimverbindung, die ein Attentat auf den Deutschen Kaiser plante, besonderes Interesse. Nach den Erkundigungen de« Ministeriums des Innern wurden damals vier Mitglieder der Vereinigung nach C h a r- lottcnburg geschickt, wo sie sich längere Zeit aufhielten. Sie erstatteten in einer Versammlung zu Wilna Bericht über ihre Tätigkeit. Die erneute Entsendung von zwei Mitgliedern nach Berlin wurde beschlossen. Sie sollten dort alles zur baldigen Tat vorbereiten. Der deutschen Geheimpolizei ist es damals gelungen, das Komplott rechtzeitig aufzudecken und einen der Anarchisten in Haft zu nehmen." Der einzige Zweck dieser Lügenmeldungen ist die Sttm- mnngsmache gegen das englische Äsylrecht, s daS allen Reaktio­nären ein Stein des Anstoßes ist. Die Berliner Geheimpolizei hat ja übrigens ein einfaches Mittel, um Attentate zu der- eiteln. S i e braucht bloß auf die Berliner Filiale der russischen Polizei ein sorgsames Auge zu haben. Den russischen Polizisten, die das Attentat auf den Großfürsten Sergius untersttitzt haben, wäre es allerdings schon zuzutrauen, daß sie bei ihrer neuerlichen Propaganda gegen das Asylrecht wieder einmal zur Tat übergingen. Oesterrelch-Ungarn und die Schiffahrtsabgaben. Der Wiener Korrespondent derFranks. Ztg." berichtet: Eine nach hier gemeldete offiziöse Auslassung des Hirschschen Telegraphen- bureauS gegen die österreichische Wasserstraßen-Opposttion, in der die Oesterreicher gerügt werden, weil sie der deutschen Reichsregierung die Absicht eines Vertragsbruches in die Schuhe schieben, wird hier mit Verwunderung gelesen. In der jüngsten Demonstrations- Versammlung in Aussig hat der Regierungsvertreter Riedel direkt ausgesprochen, daß eine Lohalitätsverletzung seitens Deutschlands ausgeschlossen sei. Wenn man in Oesterreich-Ungarn gleichwohl be- unruhigt ist, so hat die» darin seinen Grund, daß man nicht versteht, warum die Reichsregierung in ihrer gesetzgeberischen Aktton für die Wasserzölle fortfährt, trotzdem sie die äußerst entschiedenen Erllärungen aller österreichischen RegierungS« stellen und des Parlaments zur KcnnttiiS nehmen mußte. Man be- fürchtet hier, daß unter dem Druck der preußischen Agrarier die Reichsregierung doch versuchen werde, Oesterreich- Ungarn in irgend eine Zwangslage zu bringen, aus der es einen Ausweg nur unter Aufopferung seines prinzipiellen Wider- spruchS gegen die Wasserstraßenabgaben finden könnte, und man will nichts unversucht lasten, um der österreichischen Regierung von hier aus jeden solchen Ausweg abzuschneiden. Wenn die preußische Re- gierung die allerdings nicht erfreulichen politischen Nebenwirkungen nicht haben wollte, so hätte sie die ganze Aktion nicht anfangen und vor allem nach dem energischen Widerspruch Oesterreichs nicht fortsetzen dürfen. Diese Fort- setzung ist es, die hier den allerbösesten Eindruck macht. Die Bodenreformer und die zweite Lesung der Rcichswertznwachssteuer. In einer zahlreich besuchten Versammlung der Bodenreformer in Berlin legte vorgestern der Bundesvorsitzcnde A. Damaschke deren Stellung zu den Beschlüssen der zweiten Lesung dar. Er be- klagte die vielen Abschwächungen, die den Kern deS Gesetzes so sehr verdunkelt hätten, daß die Frage in Bodenreformkrcisen aufgc. warfen worden sei. ob man überhaupt noch Wert auf die Verab- iKiedmzg eine? solchen Gesetzes kegelt sÄle gdAl nicht. wäre die Meinung verirelen, baß eine so berEassetle Dtlrchsü�Älng des an sich richtigen Problems mehr schaden als nützen werde. Demgegenüber wies der Bundesvorsitzende darauf hin, daß sich auch hier nur ein Vorgang wiederhole, der bei jedem neuen großen sozialen Fortschritt zu beachten sei. Auf der langen, beschwerlichen Wanderung durch die gesetzgebenden Körperschaften habe sich noch jede große Idee anfangs so verwandelt, daß ihre eifrigsten Ver- fechter zunächst enttäuscht und entmutigt waren. Aber dennoch müsse man entschlossenJa" sagen, damit der erste Schritt in die Praxis hinein überhaupt geschehe. Ist der Grundgedanke gerecht und notwendig, so werden das Leben und die Vernunft, die in ihm selbst liegen, schon zur weiteren Ausgestaltung führen. Der Grundgedanke der Reichswertzuwachssteuer aber ist so gerecht und notwendig, daß niemand im Reichstag ihm zu wider- sprechen gewagt hat, auch die nicht, die seiner Durchführung alle er- denklichen Schwierigkeiten in den Weg getürmt haben. Es handelt sich um ein neues Prinzip in der Reichssinanzreform, deren volle Durchführung in immer weiteren Kreisen als eine nationale Not- wendigkeit erkannt wird. Der deutsche Boden ist seit Aufrichtung des Reiches in ungeahnter Weise an Wert gewachsen. Dieseun- verdiente" Wertsleigerung nun auch für die Gesamtheit nutzbar zu machen, die sie allein hervorruft, dieser Gedanke eröffnet den Weg zu einer Regelung der Reichsbcsteueruitg, aus dem Handel und Industrie nicht weiter geschädigt und die Lebenshaltung des Volkes nicht weiter belastet zu werden brauchen. Dieser Grundgedanke will jetzt das erstemal Leben und Gestalt gewinnen. Möge das Leben auch kümmerlich und die Gestalt nich: gerade schön sein: das Leben wächst und die Gestalt entwickelt sich. Ein Ketzer. Der evangelische Pfarrer Jatho in Köln hat sich durch zlvch seiner Predigten die Riißbilligung des Oberkirchen- r a t S zugezogen. Dieser stellte ihm eine Frist von 14 Tagen, um sich zu den anstößigen Punkten zu äußern. Jedenfalls sind die Er- klärungen aber nicht nach dem Wunsche des Oberkirchenrats aus- gefallen, denn gegen den Pfarrer Jatho ist mittlerweile ein Dis- ziplinarversähren eingeleitet worden. DerVerband für evangelische Freiheit" will am Sonntag in Köln zu dieser angelegen» heit Stellung nehmen, zu welchem Zwecke eine Protestkundgebung veranstaltet werden wird. Die Gescheitelten find wirtlich um kein Haar besser als die Geschorenen. Wie wäre«S mit einem evan­gelischen Modernisteneid? Die Kriegervereine gegen denReichSfeiad". Der Nachfolger deS verstorbenen Generals v. Spitz im Kam- mando der Kriegervercine, Generaloberst v. L i n d e q u i st, folgt getreulich den Spuren seines Vorgängers. Auf der Tagung der Kriegerverbandsvorstände bezeichnete er als R e i ch S f e i n d e die Weifen, die Polen und die Sozialdemokratie, um dann darzulegen: Der Kampf dürfe sich nicht auf die Abwehr beschränke», sondern es müsie zum Angriff übergegangen werden, um den Sieg zu erringen. Es wäre dringend zu wünschen, daß diese Parole von allen Kameraden in den Kricgervereinen beherzigt würde, ebenso aber auch die Mahnung, auf daS strengste darauf zu achten, daß die Streitigkeiten der bürgerlichen Parteien aus den Kriegervercincn fernbleibett."_ Der duelltviitige Oberleutnant und der kleine Cohn. Am Mittwoch wurde vor dem Kriegsgericht des 17. Armeekorps (Hamburg ) eine luriose Sache verhandelt. Der Oberleuwant v. Ger- mar hatte sich wegen Herausforderung zum Zweikampf und der Oberleutnam v. Zimmermann wegen Kartelltragens zu verantworten. Ilm den Urheber eines Gerüchts, feine Frau sei von einem Cafötier hinauSgcwicsen und er habe den Cafötier geohrfeigt, in Erfahrung zu bringen, beantragte v. G. gegen sich cm ehrengerichtliches Ver­fahren. in welchem außer dem Cafötier die Annonceuakquisileure Bader und Cohn als Zeugen vernommen wurden. Verbreiter des Gerüchts soll derkl eine Cohn" sein, gegen den der Oberleutnant v. G. eine Pribattlage angestrengt hat, die noch in der Schwebe ist. Um sid| nun völlig zu rehabilitieren(so erfordert eS Wohl der militärische Ehrenkodex), schickte v. G. dem lleiuen Cohn, wie dieser von seilten Freunden genannt lvird, den Oberleutnant v. Z. auf die Bude, ihn zum Duell herauszufordern. Bedingungen waren: Glatte Pistolen mit Visier und Korn, zweimaliger Kugelivechsel, 20 Schritte Distanz. Als der Herr Oberleuwant Z. sein Verlangen vorgebracht hatte, richtete sich der kleine Cohn in die Höhe, blickte den Krieger zaghaft an und fragte:Bin ich denn satisfaktionsfähig?" Der Oberleutnant erwiderte:Das müssen Sie selbst wissen." Der.kleine Cohn" schoß sich aber vorfichtigerweise nicht, da manchmal Pistolenkugeln großen Schaden anrichten können, sondern brachte die Sache zur Anzeige. Der Ankläger fühlte die Komik der Situation heraus und meinte, eS wäre richtiger gewesen, vor der Herausforderung zum Duell erst gewisse Vorfragen zu erledigen: ob Herr Cohn laliSfaktionSfähig sei und ob dieser kein Gegner deS Duells sei. ES gebe heutzutage viele prinzipielle Duellgegner, Anti- duellvereine usw. Daher sei Borsicht am Platze. Antragsgemäß wurden beide Angeklagte zn je einem Tage Festungshaft(Mindest- strafe) verurteilt._ Konfessiouelle und interkonfessionelle Banchwellen. Eine höchst amüsante Geschichte von dem Bestreben ultra- montaner Kreise, die katholischen Jünglinge vom gesellschaftlichen Verkehr mit protestantischen Altersgenossen abzuhalten, weiß die Tägl. Rundschau" zu erzählen. Danach wollte jüngst der Vorsitzende eines katholischen Jünglingsvereins eine Turnabteilung streng kon- fessioneller Art gründen und richtete ein Gesuch mit der Bitte um finanzielle Beihilfe an die Regierung. Dieses Gesuch wurde von dem betroffenden Regierungspräsidenten, nachdem er zweimal den Präses des katholischen Jünglinasvercins auf die Möglichkeit deS Anschlusses an die anderen im Ort schon bestehenden Turnvereine ausmerksam gemacht hat, abschlägig beschieden mit dem ausdriick- lichcn Hinweis darauf, daß den Mitgliedern des katholischen Ver- eins hinreichend Gelegenheit geboten sei, sich in zwei schon bestehen- den Turnvereinen sportlich zu betätigen, und daß daher auch beim Vorhandensein von Mitteln die Bitte um finanzielle Unterstützung wenig Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Diese Antwort auf daS Gesuch hat die Zentrumspresse in Harnisch gebracht. DieGer- mania" schreibt dazu: Soll nach dem Wunsche deS Kriegsministers( und wir dürfen wohl hinzufügen: auch des Kaisers) die Jugend erstens auf religiöser Grundlage weitergebildet und gewappnet werden gegen die zerstörenden Einflüsse der Sozialdemokratie, und soll sie zweitens zugleich auch körperlich geschult und gekräftigt werden, dann ist die Ermöglichung und Förderung deS TurnenS in den konfessionellen Jugendvereinen unbedingt erforderlich. DieTägliche Rundschau" bemerkt zu dieser Leistung: WaS sagen die protestantischen Politiker dergemeinsamen Grundlage" dazu, daß da« führende Zentrumsblatt ausdrücklich es für unmöglich erklärt, daß katholische Jünglinge auch nur die Bauchwelle und den Klimmzug aus dieser gemeinsamen Grundlage zusammen mit evangelischen Altersgenossen üben könnten, ohne Schaden an ihrer Seele zn nehiECjji_.' Ocrurnicb. Ein Grenzzwischenfall. Wien , 27. Januar. DieNeue Freie Presse" meldet aus Lemberg : Gestern wurden von österreickischeu Gendarmen zwei auS Oesterreich-Ungarn ausgelvicsene russische Untertanen un die russische Grenze bei Podwoloczyska abgeschoben. Ein russischer Grenzwachsoldat feuerte gegen einen der Abge- schobenen einen Schuß ab. Dieser flüchtete auf österreichisches Gebiet, wohin ihm der russisckc Soldat folgte. Gleich darauf er» öfftzÄAk AÄtzcre russsschi Äll Gesehrfeuer