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«htget ist in der Sozialdemokratie und durch ste zu seiner Bedeutung in unserem öffentlichen Leben gekommen. Die sozialistische Bewegung hat ihn emporgehoben, und er hat ihr wieder durch die Eigenart seiner Person und Stellung Dienste erwiesen, die ein anderer ihr kaum leisten konnte. Er ergänzte das sozialdemokratische Drei- gcstirn Bebel, Liebknecht, Auer in einer für die sozialdemokratische Partei vorteilhaften Weise. Bebel verkörperte den intelligenten, zielbewußten Agitator und Propheten der jungen deutschen Sozial- demokratie. Liebknecht war ihr Journalist, der Mann der Feder, Auer der praktische Organisator und Singer, wenn man so sagen kann, der Prokurist der ganzen Firma, der kühle, geschästSinätzige Praktiker, der mit den Realitäten rechnete und sorgte, daß dao Parleischiff auch immer Wasser hatte, auf dem eS treiben konnte." «Frankfurter Zeitung ": Unübertrefflich war er als Leiter der sozialdemokratischen Partei- tage. DaS zeigte sich am deutlichsten, wenn er einmal durch Krank- heit verhindert nicht da war, so z. B. auf dem letzten Parteitage. Diese Versammlungen zu dirigieren ist nicht leicht. Singer hatte aber eine langjährige Erfahrung, die nötige Ruhe und Umsicht. War er der Borfitzende, damt funktionierte die Parteitags- Maschine tadellos, auch bei stürmischen Debatten, und wie er am Schluß die zahllosen Anträge, die in der letzten Sitzung eines sozialdemokratischen Parteitages immer noch da sind, erledigen ließ. dies anzusehen, war stets ein Vergnügen. Ganz am Swluß, wenn alles aufgearbeitet war, kam dann die Marlsteinrede, so genannt, weil jahrelang die resümierende Rede Singers erklärte: dieser Partei- tag bedeutet einen Markstein in der Geschichte der Partei. AIS sich dann einmal einige Blätter darüber mokierten, ließ Singer den Markstein fallen, aber lange gab es keinen ParteitogSschluß ohne ihn. Nun ist also dieser Veteran der Sozialdemokratie aus dem Leben geschieden, und wenn auch sein Tod in der Partei gewiß nicht Empfindungen hervorrufen wird, die sich mit dem Eindruck meffen könnten, den daS Scheiden Liebknechts hervorrief, so wird er doch sicherlich von vielen seiner Partei ganz ausrichtig betrauert werden. DaS verdient er auch, denn er hat der Partei geleistet, was er konnte, ihr also sein Bestes gegeben." .. Die Mittrauer der Internationale. Beim Parteivorstand und der Redaktion desVorwärts" häufen sich die Kondolenztelegramme aus Deutschland und der ganzen Welt. Wir heben daraus folgende hervor: Das internattoniale sozialistische Bureau bezeugt der sozialdemokratischen Partei Deutschlands sein tief- gefühltes Beileid beim Ableben seines hervorragendsten Mit- gliedes Paul Singer . Vandervelde. Anseele. Furnemont. Huhsmans. » Die Konferenz der Labor Party sendet den deutschen Arbeitern anläßlich deS Todes Singers den Slusdruck ihres Betleids. Leicefier, Ramsey Macdonald , Sekretär. # Dem Parteivorstand und der deutschen Sozialdemokratie senden wir den Ausdruck unserer herzlichsten Teilnahme, dem sich sämtliche Mitglied?! der sozialistischen Kammerfraktion anschließen. Aus ganzem Herzen nehmen lvir teil an Eurem Verlust und an Eurer Trauer. JßaiHant. Jaurös. Guesde. Die sozialistische Partei Belgiens nimmt lebhasten Anteil an dem Hinscheiden Paul Singers, das einen schweren Schlag für das deutsche Proletariat bedeutet. Brüssel . Vandersmissen, Sekretär. Die sozialistische Arbeiterpartei Hollands bietet an- anläßlich des Hinscheidens des großen Vorkämpfers Paul Singer ihrer deutschen Schwesterpartei ihr herzlichstes Beileid dar.' Wie in der ganzen Welt, so hat auch in Holland Singers Tod das Gefühl eines großen Verlustes für das Proletariat aller Länder erweckt. Sein Gedächtnis wird als das eines der hingebendsten und treuesten Führer im Kampfe in Ehren gehalten werden. Amsterdam . Vliegen, Vorsitzender. van Kuykhof, Sekretär. » Die dänische Sozialdemokratie nimmt her�- lichen Anteil an der Sorge über den Verlust, welchen die internationale Sozialdemokratie durch das Ableben ihres tapferen Mitkämpfers Paul Singer erlitten hat. Sein An- denken in Ehren! Stauning, Kopenhagen . Wir trauern mit der deutschen Arbeiterklaffe um den un- vergeßlichen Präsidenten ihrer Partei und der Internationale. Schwedischer Parteivorstand. Branting. Tieferschüttert durch den Tod Singers übersendet das ekutiv-Komitce der polnischen Sozialdemokratie orte des aufrichtigen Beileids und tiefer Trauer. Krakau . Johann Englisch, Obmantt. » DaS Zentralkomitee der sozialdemokratischen Arbeiter- Partei und der Allgemeine Gewerkschaftsbund Bulgariens drücken der deutschen Bruderpartei herzliches Beileid zu dem Verlust aus. den das internationale Proletariat durch das Ab- leben des unermüdlichen treuen Vorkämpfers Paul Singer er- leidet., Sofia . Georg Kyrkow. Das AuSlandSkomitee deSAllgemeinenJüdifchen Arb eiter bundes Rußlands in Genf drückt dem deutschen Parteivorstand sein Beileid aus anläßlich des schmerzlichen Verlustes. Mit Ihnen und den Proletariern aller Länder beweinen auch wir den Tod unseres edlen Vorkämpfers Paul Singer . Russische Revolutionäre Sozialisten in Genf . » In tiefer Trauer beklagen wir zusammen mit dem deutschen Proletariat den unersetzlichen Verlust Paul S i u g e r s. des unvergeßlichen Führers der internatumalen Sozialdemokratie. Brüsseler Gruppen russischer Sozialdemokraten, Sozialdemokrattsche Arbeiterpartei Lettlands , Sozialdemo- traten Polens « Littauens und Jüdischer Arbeiterbund. m Zusammen mit den deutschen Genossen betrauern wir Singers Tod als den schwersten Verlust des� inter - nationalen Proletariats. Sozialdc in akratisches Zentralorgan der sozialdemokratischem A r b e j t e r p g r t e i T ß l y n d Ä Der ukrainische Verband Spilka' der sozialdemokratischen Arbeiterpartei Rußlands sendet den Aus- druck tiefsten Mitgefühls aus Anlaß des unersetzlichen Ver- lustes Singers, der in der russischen Ukraina als Kämpfer für den revolutionären Marxismus weit bekannt ist. B a s o k. RedaktionGoloß Sozialdemokrata" teilt den Schmerz der deutschen Genossen über daS Hinscheiden deS alten Vor- kämpfers des internationalen Proletariats, Paul Singer und drückt das tiefste Beileid aus. Axetrod. O Die sozialistische Partei New IorkS beklagt tief den Verlust unseres Genossen Singer. Eerbus. # Dolkszeitnng" beklagt den Tod unseres Genossen Singer. New Jorker Volkszettun g." « Der Tob unseres gemeinsamen, Werktätigen Mitkämpfers und Genoffen Paul Singer erfüllt auch die Wiener Ar- beiterschaft mit tiefner Trauer und übermittele ich namens derselben die wärmste Teilnahme. Brettschneider. Wieder hat der Tod eine Lücke gerissen, und tief er- schüttert vom Ableben unseres Genossen Paul Singer über- Mitteln wir unseren Brüdern in Deutschland unsere Anteil- nähme an dem Verlust. Wir trauern mit Euch. Redaktion der V o l k s t r i b ü n e Wien . Mit den reichsbeutschen Genossen trauern auch die deutschen sozialdemokratischen Arbeiter von Trieft um den unermüdlichen Vorkämpfer der Internationale. Sozialdemokratischer Verein Trieft. In derselben Weise kondolieren der Landesparteitag der tschechischen Sozialdemokraten Rieder-Oesterreichs der 59. böh- mische Wahlbezirk und die Redaktton derDelnicke Listy" in Wien sowie die Redaktton derSalzburger Wacht" in Salzburg . Außerdem sind Beileidskundgebungen in großer Menge von den P a r t e i o r g a n i s a ti o n e n d e u ts ch e r Städte eingegangen. Bonden bürgerlichenBeileidskundgebungen sei noch ein Telegramm Dr. Breitscheids erwähnt, in dem gesagt wird, daß auch die nicht auf sozialdemokrattschem Boden stehenden Demokraten den Verlust dieses Mannes betrauern. der geschickt, opferfreudig und mit Energie die'Sache des Volkes vertrat. » » Die Beerdigung des Genossen Singer findet Sonntag mittag 12 Uhr vomVorwärtS'-Gebäude aus, wo die Leiche am MiUwochabend aufgebahrt worden ist, statt. Der Leichenzug bewegt sich nach dem Zentralfnedhofe in FriedttchSfelde, wo auch die Genossen Liebknecht und Auer beigesetzt find. JEinzel- beiten werden morgen mitgeteilt werden. Kränze und Blumenspenden sind an die Redaktion deSVorwärts" zu adressieren. Zutritt zum Friedhof haben außer den Kranzdelegierten der Partei und Gewerkschafisorganisationen nur die mit Kranz ver- se he nen Personen. Gesuche um Ueberlassung von Karten find nur schriftlich an Eugen Ernst . Buchdruckerei Vorwärts. Lindenstr. 69, zu richten. Mündliche Gesuche find zwecklos.. k'reuMH-stastllche IlligeniWege. Die preußische Regierung hat die Grundzüge ihreS Feldzuges gegen die freie Jugendbewegung bekanntgegeben. Es liegt jetzt der Erlaß des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts- und Med!» zinal -Angelegenheiten vom 18. Januar 1911 betr. Jugendpflege" vor. DiePost" meint, man habe dem Erlaß wohl nicht ohne Absicht das Datum der vierzigsten Wiederkehr des Kaiserproklama­tionstages gegeben. Natürlich stimmt daS Scharfmacherblattden in diesem Erlaß vertretenen Prinzipien der möglichst freien Eni- faltung aller vaterländisch und sittlich wirkenden Kräfte für die Jugendpflege, der freien Selbstverwaltung und SelbstauSgestaltung mit Ausschluß jedes staatlichen Zwanges, eines möglichst breiten, reichen und vielseitigen und das ganze Jugendleben umfaffenden Ausbaues der Organisation voll und ganz" bei. In dem Erlaß des Kultusministers heißt es: Tie in den letzten Jahrzehnten erfolgte Veränderung der Erwerbsverhältnisse mit ihren nachteiligen Einflüssen auf das Leben in Familie und Gesellschaft hat einen großen Teil unserer heranwachsenden Jugend in eine Lage gebracht, die ihr leibliches und noch mehr sittliches Gedeihen aufs schwerste gefährdet." Nach dem Hinweis, daß die Jugendpflege.die Anwendung irgend einer bureaukratischen Schablone" nicht vertrage, daßtun- lichst freie Entfaltung aller geeigneten Kräfte" unentbehrlich sei, wirdan daS Wohlwollen und die opferwillige Mithilfe aller Vaterlaudsfreunde in allen Ständen und Berufsklassen" appelliert. Alle staatlichen Behörden, die Geistlichen aller Bekenntnisse, die Beamten und Lehrer sollen sich bereit halten,planmäßig auf das gemeinsame Ziel" hinzuarbeiten. Innerhalb jedes Regierungs- bezirkes soll die Bildung geeigneter Organisationen vorbereitet werden: Stadt- oder Ortsausschüsse für Jugend- pflege und in ländlichen Orten und nicht kreisfreien Orten Kreisausschüsse für Jugendpflege. Als einheitliche Stelle wird nach dieserKleinarbeit der örtlichen Instanzen" ein Bezirksausschuß für Jugendpflege vorgeschlagen, der unter Leitung des Regierungspräsidenten etwa 20 Mit- glieder auS allen Berufsklassen und Ständen umfassen soll. Vorerst besteht, wie es in dem Erlaß heißt, nicht die Ab- ficht, staatliche Einrichtungen mit Besuchszwang für die schul- entlassene Jugend zu schaffen. Es handele sich vielmehr darum, die bestehenden Veranstaltungen dritter und Vereinigungen aller Artunter sich und mit den staatlichen, den Kreis- und Gemeinde- organen zu einheitlichem, planvollem Wirken zusammenzuschließen und ihnen innerhalb der sich daraus ergebenden größeren örtlichen, Kreis- und Bezirksorganisationen durch Rat und Tat, auch durch Zuwendung staatlicher Mittel als Beihilfen eine an Umfang und Kraft gesteigerte Wirksamkeit" zu ermöglichen: Die kgl. StaatSregierung hat für den vorliegenden Zweck einen besonderen Fonds. Bezüglich der Verwendung ist zu beachten, daß der erwähnte Betrag nur für die Förderung der Pflege der schulentlassenen männlichen Jugend bestimmt ist. Für die schulentlassene weibliche Jugend dürfen Mittel dar- auS nicht verwendet werden, es können aber die für die mann- liche Jugend auS diesem Fonds unterstützten Einrichtungen auch für die weibliche mitbenutzt werden, soweit dies ohne staatliche Beihilfen möglich ist." In dem Erlaß werden dann dieGrundsätze und Ratschläge für Jugendpflege" entwickelt: Aufgabe der Jugendpflege ist die Mitarbeit an der Heran- bildung einer frohen, körperlich leistungsfähigen, sittlich tüchtigen, von Gemeinsinn und Gottesfurcht. Heimat- und V a t e r l a n d ö l i e b e erfüllten Jugend. Sie will die ErzichungStätigkcit der Eltern, der Schule und Kirche, der Dienst- wid SeihrZerrM unterstütze� ergangen und weiterfuhW, s Zur Mitwirkung bei der Jugendpflege sinff alle Eerufen, welche ein Herz für die Jugend haben und deren Erziehung im vaterländischen Geiste zu fördern bereit und in der Lage sind. Die erforderlichen Mittel werden von Freunden und Gön- nern der Jugend, von den Gemeinden, Kreisen usw. und er- gänzungsweise vom Staate gewährt. Die Arbeit an der Jugend- pflege ist in der Regel ehrenamtlich." AuS denRatschlägen" seien nur die folgenden hervorgehoben: Es kommt hinzu, daß die Entfremdung weiter Kreise von der Kirche vielen Jugendlichen auch die im Gottesdienste dargebotene Quelle zur Erhebung des Gemüts und zur sittlichen Stärtung verschließt." Die Ausführung der Jugendpflege darf nicht in einer Weise erfolgen, daß sie lediglich oder doch in der Hauptsache auf bloße Vergnügung der Jugend hinauskommt. Vor eine schwierige, aber auch dankbare pädag�o- gische Aufgabe werden Lehrer, Aerzte, Geistliche, Richter und Anwälte, Landwirte, Gewerbetreibende, Ingenieure, Offiziere sowie überhaupt alle diejenigen gestellt, welche an der Jugend- pflege durch Halten von Vorträgen, durch Leitung von freien Aus- sprachen und dergl. mitarbeiten wollen.... Anziehend bei richtiger Behandlung und von großer er- ziehlicher Wirkung sind Darstellungen des Heldentums auf den verschiedenen Gebieten, des Pflichtenheldentums einer in ihrem Berufe sich aufopfernden Krankenpflegerin nicht minder als des Heldentums des einfachen Soldaten oder des Generals, die ihre Treue mit dem Blute besigeln. Kriegsgeschichte verfehlt namentlich dann ihre die Jugend begeisternde Wirkung niemals, wenn von dem mit wenigen' Strichen in großen Zügen gekenn- zeichneten Hintergrunde der großen Ereignisse sich ein Einzelschicksal. ein einzelnes Ereignis, ein Einzel- unternehmen abhebt, das der Jugend schlicht, aber anschau- lich vor die Seele gestellt wird. Demgemäß empfiehlt es sich, der Jugend möglichst weitgehenden Anteil an der Leitung der Vereine zu geben und ihr allerlei Aemter im Vcreinsleben zu übertragen. Das Interesse an der Vereinigung wird erhöht, wenn ihre Mitglieder einen wenn auch noch so geringen Beitrag zu zahlen haben. Es wird anzustreben sein, namentlich für Sonn- abendabend sowie Sonntagnachmittag und-abend die jungen Leute zu geeigneten Veranstaltungen heranzuziehen." Der Geist, den der Erlaß des Kultusministeriums atmet, ist unverfälschter preußischer Geist. Das Ziel ist: Rettung der Jugend vor demGift des Umsturzes". Vermuckerung und patriotischer Drill sollen die Jugend für Reichsverbändlerei und Kriegervereinsbrüderlichkeit dressieren. Mit solchen Kläglichkeiten glaubt man, die Bewegung der erwachten proletarischen Jugend er- sticken und erwürgen zu können! vergiftete Ilfleile aus sicherem Ihinterhaite. Der konservative Landtagsabgeordnete Boehmei, von Beruf Landgerichtsdirektor in Etargard. hat gestern im Landtage seinem Ingrimm darüber Luft gemacht, daß die Hetzreden und Hetzartikel ihren Zweck, gegeen die Arbeiter und die Sozialdemo- kratie scharf zu machen, in den Moabiter Prozessen nicht erreicht haben. Er hat erkannt, daß die Beweisaufnahme nicht, wie seine Partei wünschte, den Philister vor der Sozialdemokratie gruselig gemacht habe, sondern auch scharfe Gegner der Sozialdemokratie über die bis zum Mord gesteigerten Brutalitäten von Polizei- beamten empört hat. Und diese Erkenntnis hat ihn zu lebhaften Klagen darüber veranlaßt, daß die Beweisaufnahme in dem Moa- biter Prozeß die Wahrheit enthüllt hat. Er wünschte, daß daS schmale Recht der Angeklagten auf Beweiserhebung über ent- lastende Momente noch mehr beeinträchtigt worden wäre. Uebcr die Verteidigung, die Staatsanwaltschaft und den Vorsitzenden des Schwurgerichts ist er mit lebhaften, durch keinerlei Sachkenntnis getrübten Vorwürfen hergezogen. Vorwürfe eines solchen EifererS für Verhüllung der Wahrheit ehren die Angegriffenen. Für die Oeffentlichleit interessant ist die Tatsache, daß dieser pommersche Abgeordnet- Landgerichtsdirektor ist, also einen Beruf auSM. dessen Glieder von Amts wegen jedes Mittel zur Aufdeckung der Wahr - hett anzuwenden verpflichtet fein sollten. Freilich nur bei ihren amtlichen Funktionen. In seiner richterlichen Tätigkeit muß der Herr also von AmtS wegen eine andere Methode anwenden als er in seiner LandtagSrede befolgte. Hier ist er nicht nur für Fesseln der Wahrheit eingetreten. Darüber hinaus hat er die Wahr- heit nicht nur verdunkelt und verschleiert, sondern durch Verbrei- tung erfundener Behauptungen geradezu mißhandelt. Er hat be- hauptet, eS feien bei der Berichterstattung deS.Vorwärts" über den Moabiter Prozeßnur die Zeugenaussagen ausführlich wieder- gegeben, die ungünstiges über die Polizei aussagten". Und diese der Wahrheit ins Gesicht schlagende Behauptung stellte der Land- tagSabgeordnete auf. ohne auch nur den Versuch zu machen, sie durch Anführung von Tatsachen wenigstens scheinbar zu recht- fertigen? DaS ist ein frivoles Echindludertretben mit der Wahr- heit. Wahr ist. daß derVorwärts" im Geyensatz zu der Partei- ischen Berichterstattung einer Reihe bürgerlicher Zeitungen aufs objektivste über die Moabiter Prozesse berichtet hat. Die Gröblichkeit der durch den Abgeordneten Bochmer verbreiteten Unwahrheit, eS feien nur die Zeugenaussagen, die ungünstiges über die Polizei aussagten, ausführlich wiedergegeben, kann niemandem entgehen, der die Berichte gelesen hat. Hat der Abgeordnete die Berichte gelesen und dennoch die Tribüne deS Abgeordnetenhauses zur Verbreitung seiner verleumderischen Behauptung benutzt, ohne auch nur den Versuch eines Beweisantritts zu machen, so hat er gegen unS einen Kampf mit vorgifteten Pfeilen auS sicherem Hinterhalt geführt. Der beste Protest gegen solche Kampfesweise dürfte ihre Annagelung sein, die hiermit erfolgt. politileke Gebcrficbt. Berlin , den 1. Februar 1911. Annahme der Wertzuwachssteuer. AuS dem Reichstag . 1. Februar. Endlich ist die agrarisch verhunzte Wertzuwachssteuer unter Dach und Fach gebracht worden. Die Scvlußdebatte ergab keinerlei wesent- liche Aenderungen der Fasjung zweiter Lesung. Noch einmal wurde um die Verteilung des erzielbaren Er- träges gekämpft. Ter sozialdemokrattsche Antrag auf Zu- teilung von 60 Proz. an die Gemeinden. 10 Proz. an die Einzel- staaten und M Proz. an das Reich, sowie der Vorwegnahme von 6 Millionen Mark aus letzterem Betrage für die Veteranen, wurde wiederum mit großer Mehrheit abgelehnt. Nachdem dann das Gesetz bis auf den Schlußparagraphen in der agrarischen Fassung angenommen war. wurde auch nochmals von unserer Seite der Versuch gemacht, die Aufhebung des Zündwarengesetzes als Aequivalent für die An- nähme der Wertzuwachssteuer zu erreichen. Denn, wie die Verhältnisse bei uns liegen, wäre eS die einzige Möglichkeit, die Sozialdemokratie zur Zustimmung zu diesem Gesetz zu bringen, wenn ein noch schlechteres, ein die Massen besonders bedrückendes Steucrgesetz dafür aufgehoben würde.