|t. 28. 28. ZahkMß.3. Scilajf des Jotiitls" Sfdintt WdsdIMDonnerstag. 2. Feblnar(911.partei- Hngelegenbeiten*5. Wahlkreis. 1. Abteilung. Freitag, den 3. Februar,TV, Uhr abends, Luna-Säle, Neue Königstr. 7. Vortrag und Wahlder Delegierten zur Verbands-Generalversammlung.Der Abteilungsführer.Berliner JVacbricbten.Faschingsspuk.Serenissimus hatten geruht, eine Extratour zu bestellen.Töchstdieselben fanden in frommer Entrüstung an ausge-stopften Exzellenzenwaden, künstlichen Wachsbusen, arm-seligen Pleiteschultern und ungeniertesten Kleiderausschnitten,die nach höfischer Sitte an der allerwertesten Kehrseite daaufhören, wo der Rücken seinen anständigen Namen verliert,keinen Geschmack mehr. Selbst der Jahrhunderte alte, be-rühmte Fackeltanz der Minister kam Serenissimus mit einemMale als etwas überaus Einfältiges vor. Und da Puppen-spielcrei und ähnlicher Firlefanz bei Hofe von jeher hoch imKurse stand, verfielen die Höflinge auf die hochmoderne Idee,ihrem Herrn und Gebieter einen aktuellen„Böse Buben-Ball" auf das Präsentierbrett des Vergnügens zu legen.Serenissimus strahlten vor glücklichster Laune. Das war dochmal eine Abwechselung in dem ewigen Einerlei des Gottes-gnadenlebens. Wie immer fuhren in endlos langer Reihezum Hofball die glänzenden Karossen der Staatswürden-schlepper und hoffähigen Stiefelputzer vor, aber heute ent-kletterten ihnen ausgewachsene Staatsbabys mit demSchnuller, ostelbische Prachtammen, für die nächste Mastvieh-ausstellung genudelt, ausgekochte Hoffräuleins als sittsamehöhere Töchter mit dem unschuldigen Gretchenzopf und diegroßmäuligsten agrarischen Rittergutshelden mit Penal undSchiefertafel. Markante Gesichter, die im Leben gar zu gerneine Rolle spielen möchten, sah man unter all den buntausstaffierten großen Kindern. Jordan, der beinahe be-rühmte Staatsharlekin, zog als maskierter Dorfschullehrermit seiner ganzen Klippschule auf. Herrgott, machte dieBande einen Krach. Manche hatten ein rundes Glas in dasSpitzbubenauge geklemmt, um besser„kneistcn" zu können,wo für ihre Taschen was zu holen sei, andere ritten täppischund läppisch auf der heimischen Mistforke, und die Hosen, achdiese Unaussprechlichen, sahen so echt geflickt aus wie inDingsda das Dach der Dorfschule. Serenissimus konnten sichkaum retten vor den tollen Max- und Moritz-Späßen derDorftriarier. Vorn machten sie dem Herrn Oberschulrat ihretiefste Reverenz, hinten sägten sie ihm das vierte Bein desKathederstuhls an. Ein ganz besonderer Frechling hatte aufseine Schultafel gekritzelt:„Ihr könnt uns alle sonst was!"Und ein paar eingeschmuggelte„Kaminkehrer der Seele",schwarze, feiste Burschen, aber ohne die leider nicht hoffähigeKathl, hatten grinsend im Hintergrunde ihre hämische Freudedran. Mit krummem Buckel entschuldigte sich der Dorfschul-gewaltige, daß seine übermütigen dummen Jungens erst nochzu guter Tonart erzogen werden müßten. Aber eins hattedie bösartige Jugend brillant heraus. Wie die Raubritterstürzten sie sich auf Serenissimi trinkbare Vorräte undplünderten die Fleischtöpfe aus. Und von der anderen Seitestürmte eine neue Schar„böser Buben" herein. Die rittenauf Holzpferdchen, hatten Holzsäbels umgeschnallt und trugenauf den Strohköpfen Helme aus Silberpapier. Allen voranauf hohem Steckenpferd der Oberdorfschullehrer von Spree-babel, im Nebenamt Säulenkleber, Gelegenheitsdichter undFestredner. Genanut Napolium, der kleine Gernegroß oderAlexander der Kleine. Der ließ seine Bubenschar im Ballsaaleinen Reigentanz aufführen, daß das Parkett von den nägcl-beschlagenen„Kalauern" arge Schrammen bekam. Daschlängelte sich der Reichs-Oberdorfschullehrer, ein ellenlanger,klapperdürrer Schulstubenphilosoph, zu Serenissimus heran,flüsterte allerhöchstdcnselben etwas ins gottbegnadete Ohr.Und Serenissimus griffen gutgelaunt in die Tasche undwarfen einen Haufen buntbebänderter Zuckerkringeln umher,um die die„bösen Buben" sich balgten wie die Wilden umGlasperlen. Das war für den Dorfrecken auf dem blau an-gepinsel�n Steckenpferd das Signal zum Parademarsch.Aber als er seine phantasievolle Böse Buben-Festrede. die nichtgehauen und nicht gestochen war, heruntergeleiert hatte, be-kam er zum Lohne von Serenissimus einen wohlgezielten—Fußtritt.Anderen Tags mühten sich die Hofscheuerfrauen ver-gebens, den Dorfmuff zu verjagen. Er wollte nicht wankennoch weichen, vermischte sich mit dem Jahrhunderte altenHoftluftmoder. Aber rings um die Hofburg Serenissimi wehtFrühlingsluft. Mal wird sie doch den Moder vertreiben, trotzoller bösen Buben, die Wache halten mit Mistgabel undHolzplempe._Die ZweckverbandSkonfcrrnz im Rixdorfer Rathause.Im NatbauS von Rixdors hatten sich Dienstagabend auf Ein-ladnng des Magistrats so Vertreter der südöstlichen, östlichen undnördlichen Berliner Vorortgemeindcn eingefunden, um zu dem Ent-Wurf dcS ZweckverbandeS Stellung zu nehmen. ES waren vertreten:Rixdors. Lichtenberg. Weitzensee, Boxhagen-RummelSburg. Britz,Friedrichsfelde, Hohenschönhausen, HeinerSdorf. Itiederschönhausen.Reinickendorf, Tegel, Treptow, Stralau. Pankow._ AdlerShof,Alt-Glienicke, Plötzeniee, Buckow. Rudow, Oberschöneweide, Nieder-schöneweide, Köpenick und Wittenau. In Vertretung deS erkranktenOberbürgermeisters begrüßte Bürgermeister Dr. Weinreich dieErschienenen. In seinem ausführlichen Referat vertrat erden Standpunkt, daß in dem Gesetzentwurf unter allenUmständen ein Ausgleich der Volksschullasten vor-geiehen werden müsse. Dieser Standpunkt fand sofort un-geteilte Zustimmung. Die Vertreter mehrerer Vororte hattenaußerdem aber noch erhebliche Bedenken hinsichtlich derOrganisationsfrage und namentlich hinsichtlich der Ausdehnung bezw.Einschränkung des WirlschastsgebieteS und der Zusammensetzung� derVerbandskörperschaften. Die Versammlung erkannte diesen Wünschenvolle Berechtigung zu, stellte aber die Schullastenfrage in den Vorder-grund und beschloß mit allen gegen 2 Stimmen folgende von demReferenten vorgeschlagene Resolution dem preußischen Landtage zuUnterbreiten:„Die heute im Rathause zu Rixdors tagende Versammlungvon Vertretern der gesamten nördlichen, östliche» und südöstlichenVorortgemeinden Berlins erachtet den vorliegenden Entwurf desZweckverbandsgesetzes für Groß-Berlin für ungeeignet, eine wirk-liche Verbesserung und Vereinheitlichung in den wichtigstenkommunalen Beziehungen und Ausgaben der Gemeinden herbei-zuführen, welche in Groß-Berlin zu einer unlöslichen wirt-fchaftlichen Einheit verbunden sind. Die hier vertretenen Ge-meinden sehen in dem Gesetzentwurf eine erhebliche finanzielleGefahr, welche nur dann abgemildert wird, wenn zum mindestendie Regelung der Volksschullasten durch daS Gesetz unter dieVerbandsaufgaben aufgenommen wird. Sie ersuchen daher diegesetzgebenden Körperschaften, dieser unabweislichen Forderungbei der endgültigen Beschlußfassung gesetzliche Geltung zu ver-schaffen."_Die Erhöhung der Hundesteuer von 20 auf 30 M. hat dermit der Beratung der Magistratsvorlage betraute Ausschuß be-schloffen, und zwar mit 9 gegen 4 Stimmen. Anträge, die daraufhinausliefen, die Steuer nach dem Einkommen abzustufen, wurdenabgelehnt. Danach brauchen Leute mit großem Einkommen keinenPfennig mehr Steuern zu zahlen als kleine Leute. Das ist das-selbe ungerechte Prinzip, das in dem von dem Reich ausgeübtenindirekten Steuersystem zum Ausdruck kommt.Hungerlöhne für Stenotypistinnen. In den bürgerlichenZeitungen stößt man jetzt immer häufiger auf Annoncen vonArbeitgebern mit unglaublich billigem Gehaltsangebot für per-fekte Stenotypistinnen, das heißt Maschinenschreiberinnen mitKenntnissen der Kurzschrift. Bezahlungen mit monatlich 35bis 50 M. bei sechs- bis achtstündiger Arbeitszeit sind gar nichtsSeltenes. Sehr richtig meint die„Zeitschrift für weiblicheHandlungsgehilfen" zu einem solchen Spezialfall, daß eine der-artige Entlohnung die Bezahlung für einen 15jährigen Menschensei, der selbstverständlich niemals das ist, was man mit einem per-selten Stenotypisten bezeichnen kann. Wer sich mit solchem Ge-halt begnüge, obwohl er nach Alter. Fähigkeit und Leistungenberechtigten Anspruch auf höhere Entlohnung besitzt, zeige einenso großen Mangel an Verständnis für die Pflichten gegen sichselbst und gegen die Standes- und Berufsgenossinnen, daß einsolcher Mensch geradezu bedauert werden müffe. ES sei zu hoffen,daß sich auf solche Angebote„perfekte" Stenotypistinnen über-Haupt nicht melden.In der letzteren Annahme irrt leider daS genannte Fachblatt.Es melden sich auf solche Schundlohnangebote genug Personen,denen das Messer an der Kehle sitzt und die keinen kräftigen Rück-halt haben durch Beteiligung an einer festen, zielbewußtenOrganisation gegen den Kapitalismus. Auch das fraglos vorhandene Ueberangebot von Stenotypistinnen begünstigt die Lohn-drückerei.Der Franenmord bei Stolpe ist noch nicht weiter aufgeklärt.Mehrere polnische Arbeiter waren unter dem Verdacht derTäterschaft angehalten worden, mußten aber wieder entlassenwerden, weil sie ihr Alibi nachwiesen. Nach Meldungen, die ausdem Publikum in Stolpe. Birkenwerder, Schönfließ und auchbei der hiesigen Kriminalpolizei eingegangen sind, ist ein ver-dächtiger Mann in Basdorf an der Reinickendorf-LicbenwalderBahn, also jenseits des Kanals von Stolpe aus, gesehen worden.Er war mit Lehm beschmutzt und hatte Kratzwunden im Gesichtund an den Händen. Dieser Mann soll mit der Reinickendorf-Liebenwalder Bahn nach Berlin zu gefahren sein. Auch auf demStettiner Bahnhof hat man einen Mann mit Kratzwunden ge-sehen. Diesen Spuren wird nachgegangen.Wegen gewerbsmäßigen Kautionsschwindels ist ein 44 Jahrealter Agent Emil Brösele, der früher Musiker war, von derKriminalpolizei festgenommen worden. Brösele betrieb diesenSchwindel schon lange und ist wiederholt auch schon mit Zuchthausbestraft. Er hatte es besonders auf Filialleiterinnen vonBäckereien und Zigarrengeschäften abgesehen. Entweder schrieber auf Anzeigen von Bewerberinnen oder er gab selbst Anzeigenauf, daß er Filialleiterinnen suche. Dann erkundigte er sichnach Filialverkäufen, führte die Bewerberinnen in diese Ge-schäfte hinein, als ob er darüber verfügen könnte und hielt danndie Verbindung mit ihnen solange aufrecht, bis er ihnen Bürg-schaften von 25 M. bis 200 M. abgenommen hatte. War erso weit, so ließ er nichts mehr von sich hören. Erst vor kurzemaus dem Zuchthause entlassen, nahm er sofort seinen altenSchwindel wieder auf und ließ sich alle Briefe wieder nach demPostamt 21 in der Turmstraße senden. Dort erwischte ihn gesternein Kriminalbeamter, als er wieder Eingänge abholen wollte.Auf entsetzliche Weise umS Leben gekommen ist der Fuhr-Herr Theodor Härder aus der Kastanien-Allee 77. Gegen 5 Uhrnachmittags wollte H. ein junges Pferd anschirren, als diesesplötzlich scheute und davonlief. Es gelang aber bald, das Tierfestzuhalten und der Fuhrherr war gerade im Begriff, das Pferdvor einen Wagen zu spannen, als das feurige Tier abermalsscheu wurde. Härder, der die Leine ergriffen hatte, versuchte, daSPferd zu halten, wurde jedoch mitgezogen und gegen eine aufdem Hofe seine» Grundstücks befindliche Mauer, die mit Eisenbeschlagen war, geschleudert. H. schlug mit dem Kopf so heftigauf das Mauerwerk auf, daß er sofort blutüberströmt und be-sinnungSlos liegen blieb. Ein hinzugerufener Arzt stellte einenschweren Schädelbruch fest, an dessen Folgen der Verunglückteschon nach wenigen Minuten verstarb.Das Gerücht von einem Verbrechen knüpfte sich an einenSchädelfund bei den Ausschachtungen auf dem Grundstück deSHotels de Rome Unter den Linden. Es handelt sich lediglich umeinen Schädelknochen, der etwas über drei Meter tief unter derErdoberfläche unter einer Kcllersohle lag und dort wohl schoneinige Jahrzehnte gelegen haben mag. Der Schädel weist hinteneinen etwa drei Zentimeter langen Stich auf. Wie der hinein-gekommen ist und wie der Schädel an die Fundstelle gelangt ist.ist heute nicht mehr aufzuklären.Ein schwerer Straßenbahnunfall ereignete sich in der letztenNacht an der Ecke der Prinzen-Allee. Dort versuchte gegen 1 Uhrder ö3jähnge Nachtwächter Ludwig Klapp, Bellermannstr. 98 wohn-Haft, die Straßenbahngleise kurz vor einem herannahenden Motor-wagen der Städtischen Straßenbahn zu kreuzen, kam jedoch zu Fallund geriet unter den Vorderperron. Da der Wagenführer sein Ge-fährt nicht augenblicklich zum Holten bringen konnte, geriet der Ver-unglückte mit dem rechten Bein unter den Schutzrahmen. Mit Hilfevon Passanten wurde der Wagen angehoben und der blutüberströmteMann hervorgezogen. Der Verunglückte erhielt in einer nahebelege-nen Unfallstation die erste Hilfe und wurde dann nach dem RudolfVirchow-KrankenhauS gebracht, wo das rechte Bein amputiert werdenmußte.Herr Leo Korin, Ritterstraße 53, bittet unS, mitzuteilen, daßnicht er, sondern der Kaufmann Kuley, in Firma SalzwedelNachf., der in demselben Hause wohnt, sich erschossen hat.Eine Samoanertruppe ist mit besonderer Genehmigung desReichskolonialamtes nach Berlin gekommen und stellt sich inCastans Panoptikum zur Schau. Die Truppe besteht aus25 Köpfen, worunter das weibliche Element überwiegt. IhreVorführungen bestehen vorzugsweise in Gesang und Tanz.Vorort-l�acd richten.Rixdors.Der sozialdemokratische Wahlverein hielt am Dienstag inHoppes Festsälen seine Generalversammlung ab. Sie begannunter dem Eindruck des schmerzlichen Verlustes, den die Parteidurch den Tod des Genossen S i n g e r erlitten hat. Die Ver-sammlung hatte sich von den Plätzen erhoben, und der VorsitzendeScholz widmete dem Verstorbenen einen tiefempfundenen Nachruf.Ebenso ehrte die Versammlung das Andenken der im letzten Halb-jähr verstorbenen 30 Mitglieder des Wahlvereins. Sodann gabGenosse Scholz den Geschäftsbericht des Vorstandes,der sich auf die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 1910 erstreckt.Leider vergeht, sagte er einleitend, keine Geschäftsperiode, in derwir uns nicht mit dem Wahlrechtsraub zu beschäftigen hätten.Der Redner berichtete dann, was in dieser Angelegenheit im letzte»Halbjahr geschehen ist. Der Bezirksausschuß hatte bekanntlich dieWählerlisten für 1909 als ungültig erklärt, gleichwohl gab derMagistrat einer Massenpetition, die Wählerlisten für 1910 demGesetz entsprechend nach dem Drittelungsprinzip zu gestalten, nichtstatt; er wollte erst die letzte endgültige Entscheidung abwarten.4633 Parteigenossen erhoben gegen die neuen Wählerlisten Ein«spruch, aber diese Einsprüche wurden sämtlich bis auf 29 ver-warfen. In den 29 Fällen handelte es sich um das Kinderprivilcg.Da bei weitem nicht alle, für die das Kinderprivileg in Betrachtkommt. Einspruch erhoben hatten, wurden die Wählerlisten durchdie Anerkennung jener Einsprüche nur noch mehr gesetzwidrig,als sie es infolge der anderthalbfachen Drittelung schon waren.In der Klage gegen die Wählerlisten findet im nächsten Monat derTermin vor dem Bezirksausschutz statt. Der Magistrat und diebürgerlichen Stadtverordneten sind nicht im Zweifel darüber, daßwir das Recht auf unserer Seite haben, aber sie handeln nachdem Grundsatz, daß Gewalt vor Recht geht. Nach diesem Kampfum das gesetzlich bestehende Wahlrecht war es nicht zu verwundern,daß der Wahlkampf im November mit einer Heftigkeit geführtwurde, wie wir ihn in Rixdorf noch nicht erlebt haben. DerVorstand glaubte, den Genossen empfehlen zu rönnen, bei denWahlen der 2. Klasse gleich beim ersten Wahlgang mit den Demo-kraten zusammenzugehen, was dann auch als zweckmäßig an«erkannt wurde. Die Erfahrung hat gelehrt, daß die Demokratenmit wenigen Ausnahmen hierbei die Treue gehalten haben. Daßdie Mandate der 3. Klaffe Besitz der Sozialdemokratie bleibenwürden, stand ja ohne Zweifel fest. Die Gegner brachten es inden 10 Bezirken nur auf 200 Stimmen gegenüber 6824 der Sozial-demokratie. Ein erfreuliches Zeichen des Fortschritts ist es, daßdie Wahlbeteiligung 49 Prozent erreichte, was für eine Arbeiter-stadt wie Rixdorf allerdings immer noch viel zu wenig ist, aber imVerhältnis zu den 33 und 38 Prozent bei den beiden vorigenWahlen als Fortschritt anerkannt werden muß. Von der zweitenWählerklasse wurden in den vier umstritenen Bezirken im ganzen876 bürgerliche, und 551 sozialdemokratische Stimmen abgegeben.Das Resultat ist, objektiv betrachtet und mit Rücksicht darauf, daßüber 3300 M. Einkommen notwendig waren, um Wähler der2. Klasse zu werden, kein schlechtes. Für die 3. Klasse fand dann,da Genosse Polenski in zwei Bezirken gewählt war, eine Nachwahlstatt, bei der Genosse Bhtomski gewählt wurde.— Gegen dieGültigkeit der Wahlen ist von der Sozialdemokratie selbstverständ-lich wieder Einspruch und Klage beim Bezirksausschuß erhobenworden, da sie ja nach Wählerlisten vorgenommen wurden, diegegen Gesetz und Recht verstoßen. Die Agitation für den Wahl-verein, die im Anschluß an die Wahlen unternommen wurde, hat450 neue Mitglieder gebracht. Die Mitgliederzahl desWahlvereins ist im Laufe des letzten Halbjahrs von 12627 auf13810 gestiegen, und zwar wuchs die Zahl der männlichen Mit-glieder von 10350 auf 11171, die der weiblichen von 2277 auf 2639.Tie Agitation für den Vorwärts durch systematische Verbreitungdes Blattes hatte bereits im April in 8 Bezirken 1200 neueAbonnenten gebracht; sie wurde Mitte September in denübrigen 16 Bezirken fortgesetzt und dadurch wurden 2580 Abon«nenten gewonnen, so daß also im ganzen durch diese Aktder Agitation fast 3800 neue Abonnenten gewonnen wurden.Am Schlüsse des Jahres 1910 war die Abonnentenzahl des„Vor-wärts" in Rixdorf 16995. Für die weiblichen Mitglieder ist einUnterrichtskursus eingerichtet, für den die Genossin Kähler alsVortragende gewonnen wurde.— Zum Schluß seines Berichtsmachte der Redner darauf aufmerksam, daß es in der gegen-wärtigen Zeit mehr denn je notwendig ist, alle Kräfte für dieAufklärung und den weiteren Ausbau der Organisation einzusetzen.Der Kassenbericht, den Genosse Hube gab, schließtmit 21 112,85 M. Einnahmen und 21009,34 M. Ausgaben ab. Andie Kreiskasse wurden 14095,26 M. abgeliefert. Die Zahl der imLaufe des Halbjahres einkassierten Beiträge ist für die männlichenMitglieder von 44112 auf 55353, für die weiblichen Mitglieder von5411 auf 12603 gestiegen. Dem Bibliotheksbericht, denGenosse W a l l m a n n gab, ist zu entnehmen, daß 8111 AuS»leihungen stattgefunden haben, und daß 1161 Mitglieder dieBibliothek benutzt haben. Der Bücherstand ist von 1913 auf2122 Bände gewachsen.In der Diskussion über die Berichte äußerte Genosse Kunzeden Wunsch, daß für die Herausgabe eines gedruckten Katalogsgesorgt werden möge, worauf der Bibliothekar erwiderte, daß mansich bereits mit dem Plan befaßt habe und nach der Inventurdamit hervortreten werde. Da daS Lesebedürfnis von Monat zuMonat stärker hervortrete, sei der Wunsch um so mehr berechtigt.Genosse P 0 u d t a n y beklagt in längeren Ausführungen, daß nichtgenug für die Agitation unter der polnisch sprechenden Bevölkerunggetan werde und man in dieser Hinsicht den Polen rn der Parteiund in Groß-Berlin nicht genügend entgegenkomme. Temgegen-über betonten namentlich die Genossen Heinrichs und Güttler, daßman doch sich redlich bemühe, durch Verbreitung polnischer Flug«blätter auch unter den Polen Aufklärung zu schaffen. DaS Ent-gcgenkommen, daß man den Polen beweise, dürfe jedoch nicht soweit gehen, daß die Einheitlichkeit der Partei möglicherweifedarunter leide, zumal sonst auch andere fremdsprachliche Gruppenverlangen könnten, eine besondere Sektion zu bilden.— Zumzweiten Punkt der Tagesordnung: Stellungnahme zur Kreis-generalversammlung, die am 19. Februar in Charlottenburg statt-finden wird, lagen Anträge nicht vor. Der Vorschlag, der Kreis-generalversammlung zu empfehlen, den bisherigen Abgeordnetendes Kreises, Genossen Z u b e i l, für die kommenden Reichstags-wählen wiederum als Kandidaten aufzustellen, wurde einstimmiggutgeheißen.Schönederg.Bim Gewerbegcricht. In der letzten Sitzung des SchönevergerGewerkscbastskartells wurde unter anderm der offizielle Bericht desGewerbegcrichtS zur Sprache gebracht. Der Bericht, der gedrucktvorliegt, bezieht sich auf das Jahr 1909. Es waren 573 Streit-fachen zu behandeln, von denen 33 aus dem Jahre 1908 stammten.In jenem Jahre hatte die Zahl der Streitsachen 607 betragen, alsoum 34 mehr als 1909. Zurückgenommen wurden vor AbhaltungdeS ersten Termins 10 Klagen. In 45 Fällen haben mehrerePersonen durch gemeinschaftlichen Antrag Klage erhoben, wobei dieHöchstzahl der gemeinschaftlichen Kläger 9 war. Im ganzen wardie Zahl der Kläger 621, und zwar waren es 494 männliche und137 weibliche Kläger. Von den im Jahre 1909 anhängig gemachte»Klagen kamen 182 auf die verschiedenen Berufe des Baugewerbes.327 auf die übrigen Berufe und 31 auf Fabriken aller Art.530 Klagen waren von Arbeitnehmern gegen Arbeitgeber erhoben.6 von Arbeitgebern und 4 von Arbeitnehmern desselben Arbeitgebersgegeneinander. Diese 4 Klagen stammten sämtlich auS dem Bau-gewerbe._ Bei 377 Klagen handelte es sich um Lohniorderungen,um Kautionen oder andere Leistungen aus dem Arbeitsverhältnis,i»� 228 Fällen um Ansprüche auf Schadenersatz wegen unrecht-mäßiger Lösung des Arbeitsverhältnisses, Einbehaltung von Arbeitspapieren usw.Der Wert de» Streitgegenstandes betrug in 206 Fällen bis zu20 M., in 147 Fällen darüber hinaus bis zu 50 M.. iit 116 Fällenbis zu 100 M. und in 71 Fällen über 100 M. bis zu sin einemFall) 800 M. Nechtskräilige Versäumnisurteile sind 117 er-gangen und außerdem 56 Versäumnisurteile, die jedoch infolgerechtzeitigen Einspruchs und Erscheinens der betreffenden Parteiwieder aufgehoben wurden. Terminstage wurden von dem Vor-sitzenden allein 45, vor dem Spruchgericht 15 abgehalten. Erledigt