tmBebetdenkcdittgte BegtiMgungmüßte vtel großzügiger gehaubhabt werden. Bei all den Anstaubenkann ich doch feststellen, daß unsere Justiz von allen preußischenInstitutionen immerhin noch bie relativ Beste ist. sLacheurechts.) Wir verkennen nicht, daß unsere Nichter sich vielfach aufrichtig bemühen, die ihnen innewohnenden Klassenvorurteile zurück-drängen. Auch von gewissen Entscheidungen deZ Reichsgerichtskönnen wir daS anerkeimen. �Redner kritisiert des weiteren die Zusammen leg nng dereinzelneu Anklagen im Moabiter Prozeß. Boneinein Zufall kann hier keine Rede sein. Man wollte offenbardie Straftaten vor die als besonders scharf bekannte Lieber-k a mm e r bringen. In früheren Prozesseu war man ja ganz ähn-lich vorgegangen. Wir haben allen Anlaß zum Mißtrauen gegen dieStaatsanwaltschaft, zumal sie mit Vorliebe solche Personen zurAnklage herausgesucht hat. die gewerkschaftlich oderpolitisch organisiert waren. Leider ist es unSProzeß nicht möglich gewesen, diese Behauptung zuweisen. Aber ich verweise auf das Anerbiete»Staatsanwaltschaft an den Angeklagten W e i d e m a n n,Sohn eines Krüninalbeannen, durch Zahlung einer fficlbfunimcin die Schutzmann-kaffe die Niederschlagung der Anklagegegen ihn zu erreichen. sHört! hört! bei den Sozialdemokraten.)Ich erinnere auch an den Fall Schreiber im Weddingprozeß, wodie Staatsanwaltschaft ohne weiteres auf Wunsch der Kriminal-Polizei einem Zeugen der Polizei, der wegen eine« schweren Ber-brechen» angellogt war, Strafaufschub gewährte, damit erals Zeuge im Weddingprozeß auftrete» konnte. sHörtl hört l beiden Sozialdemolraten.) Freilich Schreiber war„auch sonst im Diensteder Polizei tätig'.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Icherhebe gegen die Staatsanwaltschaft den Borwurf, daß siede» Moabiter Prozeß schon von vornherein zu einem politischenstigmatisiert hat.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.)Die berühmte Anklageschrift der Staatsanwaltschaft vom 21. Oktober1910 liest sich wie ei» Flugblatt des ReichsverbandeS.(Sehr wahr I bei den Sozialdemokraten.) Wenn sich die Verteidigunggegen ein solches Verfahren gewehrt hat, so hat sie nur ihreSchuldigkeit gelan. UnS rechnet man jeden Vorwurf gegen dierichterliche Unabhängigkeit alS schwere Sünde an. Während desMoabiter Prozesses aber hat sich z. B. H e r r v. I a g o w durchseine bekannten Publikationen wiederholt solcher Eingriffe in die Un-abbäugigkeit des Gerichts schuldig gemacht. Dagegen hätte der HerrJustizminister protestieren müssen. Er hätte auch Verwahrung dagegen einlegen müssen, als sein Borgcsevter, der Herr Minister-Präsident, in de» schwebende» Prozeß eingriff.(Sehr wahr! bei denSozialdemokraten.) Einen Eingriff in die Rechtspflege bedeuteteauch dieVerleihung von Orden an Polizeibeamtewährend des Prozesses. Ich weiß nicht, ob der Herr Justizministersich eine solche Demon st ratio n von hoch st er Stelle verbeten hat. Auch hinterher kamen ja noch Ordensverleihungen. DieHerren Lieber, llnger und der Vorsitzende imWedding-Prozeß haben freilich keinen Orden bekommen,wohl aber Herr v. I a g o w und ein Mann, der eine der amschärfsten prononzierten Erklärungen gegen die Justiz im MoabiterProzeß erlassen hat, Frhr. v. Zedlitz.(Lachen rechts. Sehr wahr!bei den Sozialdemokraten.)Wenn ich auf die Einzelheiten der Rede deS Herrn v. Zedlitzüber die Wertung der Zeugenaussagen durch das Gericht eingehe»würde, dann würde ich zur Kennzeichnung seiner Ausführungen Aus-drücke gebrauchen müssen, die allerdings nach unsererGeschäftsordnung nicht zulässig sind. Herr v. Zedlitzweiß genau, was ich meine und hat das. was ich ihm zum Vorwurfmache, mit lleberlegung und Bcwußtseia getan. Da der Ruf desHerrn v. Zedlitz in bezug auf seinepolitische Skrupellofigkeituns bereits genügend bekannt ist, unterlasie ich eS, mich näher darüber zu äußern.(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Gegendie.Vernehmung' des Herrn ll n g e r durch den Justizminister müssentoir protestieren. Es ist unerfindlich, warum einem Vor-sitzenden, einem unabhängigen Richter eine solche Rechtsbelehrungverwehrt sein soll. ES ist traurig genug für unsere preußischeJustiz, daß ei» Richter von einemSozialdemokratenin Schutz genommen werden muß gegenüber völlig un-berechtigten Angriffen der staatSerhaltenden Parteien.(Sehr wahr Ibei den Sozialdemokraten.) ES ist dann wiederhokt die Notwendigkeit einer Beschränkung der Beweisaufnahmebetont worden. Die Möglichkeit, Beweisanträge abzulehnen.hat daS Gericht in hohem Maße bereit» gegenwärtig. DieBestimmung deS§ 244 aber ist der Grund- und Eckpfeilerjeder wahren, objektiven Justiz. ES ist nur die Wut über dieErgebniffe der Beweisaufnahme im Moabiter Prozeß, die jetzt denWunsch nach einer Abänderung dieses Paragraphen laut werde» läßt.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Man betont zur Be-gründung die Ueberlastung des Richterstandes. Diei'e geben wir zuund bedauern sie, aber gerade sie sollte unS veranlassen, von einerEinschränkung der Beweisaufnahme abzusehen. Denn die Gefahr liegtnahe, daß die Richter unter der Last ihrer Arbeit Beweise für unerheblich halten, die vielleicht doch recht erheblich sind. Sie»lüchten freilich eine Art standgerichtliches Verfahren eingerichtet haben.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.)Ganz besonders betrüblich ist es. daß der Justizminister für diereaktionären Parteien aufgepeitscht hat—(Gelächter rechts).Also Sie fühlen sich gepeitscht? Aber Sie iverden nicht gepeitscht—,Sie werden dahin getrieben, daß Sie sich gegen dieReichsregierung auflehnen. DaS wird nicht vergeffenwerden. Auf dieUngesetzlichkeit des Ministers des Innern,die er hier im Hause empfohlen hat, ist er mit keinem Wort ein>gegangen. Ei» Justizminister, wie wir ihn uns denken, hätte einpaar W o r t e d e r A n e r k e n n u n g für die Richter und gegendie unerhörten Angriffe des Freiherrn v. Zedlitz finden müssen.Wir Anwälte sind doch auch Organe der Rechtsprechung.die vom Justizminister geschützt werden sollten.Aber er ist ja ein Minister gegen die Justiz.Präsident». Kröcher: Sie dürfen dem Herrn Minister nichteinen Minister gegen die Justiz nennen.)Abg. Dr. Liebknecht:Der Justizminister fühlt sich ja— ich will mich wegen deS übermir schwebenden Damoklesschwertes sehr vorsichtig ausdrücken—als der junge Mann des Herrn Polizei mini st er».Präsident v. Kröcher: DaS war ungebührlich. Ich rufe Siezur Ordnung.Abg. Dr. Liebknecht:Sie erschüttern daS Vertrauen in die Justiz, wenn Sie dasMoabiter Urteil so scharf beurteilen. Aber Sie wollen den Weg zurBeruhigung nicht beschreiten. DaS Urteil konnte versöhnend wirken.wenn die Justiz wieder unabhängig gemacht würde, wie fie eS früherwar. Die unerfreulichen Erscheinungen, die sich an daS MoabilerUrreil geknüpft haben, könne» nicht der Justiz zur Last gelegt werden.Man bedarf einer Justiz, die vom Vertrauen der Gesamtheit ge-tragen ist. Sine solche Justiz wollen Sie unS aber nicht verschaffen,weil sie Ihnen nicht paßt.Wir sind die Vertreter der wahren Gerechtigkeit(Gelächter recht«), der wahren, über den Parteien stehenden De-rechtigkeit. Mancherlei haben wir sicherlich schon gebessert. Ich erinnere nur an den Essener M e i n e i d s p r o z e ß. auf den ichnicht näher eingehen will; dort wird offenbar klare? Lich« geschaffenund da« frühere Urteil wieder aufgehoben iverden. Wie ich eben höre.bat sogar der Staatsanwalt die Freisprechungbeantragt(Hört! hört!), was sicher von den Oppositionsparteiengern akzeptiert werden wird. Aber auch mit den Konservativenwerden wir fertig werden, und sie selbst wissen daS sehr gut.Haben sie doch vor kurzem in dem maßgebenden Organ ihrerPartei, der.Kreuz- Zeitung', lesen müssen. daß dieSozialdemolratre nicht etwa, wie man früher zu sagenpflegte, von böswilligen Hetzern erfunden fei, sondern einevon Gott gesandte Geißel zur Erziehung derherrschenden Parteien in Preußen und Deutsch-land sei.(Hört! hört! links.) Wir sind in der Tat eine Gottesgeißel und nusere Täligkeit wird sich auch darauf erstrecken, dieJustiz in schärfster Weise unter die Lupe zu nehmen, damit wir aufdiese Weise um so mehr die Mächte draußen im Lande entfesseln,die Sie gern mißachten und übersehen möchten, die aber stärkersein werden als Sie und das durchführen werden, was die Sozialdemokratie vermag.(Beifall bei den Sozialdemokraten.)Justizminister Dr. Beseler: Fürchten Sie nicht, daß ich langereden werde. Ich werde mich nicht einlassen aus alle die Prozesse,die der Herr Vorredner hier angeführt hat. Nur auf eins möchteich hinweisen, auf die ganze Art und Weise, wie der Abg. Dr.L i e b l n e ch t seine Ausführmigen gemacht hat. Er hat mir zumBorwurf gemacht, ich hätte die Justiz und besonders die Richternicht geniigeiid geschützt gegen Angriffe in diesem Hause. Nundenken Sie sich, wenn ich gesagt hätte, die Richter haben sich ausgezeichnet benommen, wie erst der Abg. Dr. Liebknecht dagegen auf-getreten wäre.(Lebhafter Beifall rechts. Der Minister setzt sich zurgroßen Ueberraichung des Hauses nach diesen wenigen Wortenwieder nieder. Heiterkeit links.)Abg. Boehmer(l, persönlich): Auf zwei Aeußerungen, die derAbg. Dr. Liebknecht zitiert und deren Sinn er entstellt hat, muß ichzurückkommen. Ich habe mit keinem Worte gesagt, daß die Auswahlder Laienrichter aus aristokratisihen Kreisen erfolgen soll. Ich habenur sagen wollen, daß die Laienrichter auS den Besten undUnabhängigen eines jeden Standes genommen werden müssen. Ichhabe mich auch nicht gegen Standesgerichte gewendet. Ich habenur ausgeführt, daß selten der Angeklagte unter den Schöffen geradeeinen Vertreter seines Standes finden werde. Außerdem Herr Abg.Dr. Liebknecht: Von einem Herrn wie Ste ver-bitte ich mir das Hineinzerren meines amtlichen...(Glocke des Präsidenten.)Präsident von Kröcher: So etwas dürfen Sie nicht sagen,rufe Sie zur Ordnung:Abg. Frhr.». Zedlitz(ff., persönlich): Gegenüber den Angriffende? Abg. Dr. Liebknecht beschränke ich mich darauf zu bemerken, daßmeine Ausführungen über die Bewertung der ZeugenanSsage unddas Verhalten der Verteidiger im Moabiter Prozeß sich auf derganzen Linie auf das Urteil und die Begründung derStrafkammer stützte.Abg. Dr. Liebknecht(Soz., persönlich): Dem Herrn Justizministermöchte tch bemerken, daß. als er seine Ausführungen machte, derProzeß, um den es sich handelt, bereits erledigt war. SeinVorwurf war also ganz unbegründet. Der Abg. Boehmerhat behauptet, daß ich die Wahrheit entstellt habe, daS istnicht richtig. Denn der Abg. Boehmer hat nach demoffiziellen Bericht gesagt:„Wenn es nun auch in allenBerufsständen geeignete Leute zum Schöffenamte gibt, s ogenügt daS nicht. Dazu gehört eine gewisse Unabhängigkeitund die wird man in den niederen Ständen eigentlilbkaum finden.(Lebhaftes Hört I hört I bei den Sozinldemokraten.)Die ganze Beteiligung der Laien an der Strafrechtspflege muß ge-Wissermaße» einen aristokratischen Charalter haben.(LebhaftesHört! hörtl bei den Sozialdemokraten.) Das ist genau dasselbe,was ich zitiert habe. In bezug auf den Abg. v. Zedlitz nur da«eine: Darüber, daß die Angriffe des Freiherrn v. Zedlitz mirersönlich zwar keine Ehre, aber absolut gleichgültigi n d. habe ich niemals einen Zweifel gelassen.(Sehr gut l beiden Sozialdemokraten.)Sonnabend 11 Uhr Weiterberatung.Schluß S'/« Uhr._DasfilicderaufnahntcverfahreDdes Cffener lüeineldsprozesses.8. Februar 1911.SssenTelegraphischer Bericht.Vierter Tag.Nach eintägiger Pause wurde heute früh die Verhandlungwieder aufgenommen. Die Angeklagten sind sämtlich pünktlich zurStelle. Den Angeklagten Johann Meyer hat die bisherige Verhand»lung anscheinend sehr angegriffen,' er ist schwer nervenleidend undkann sich nur mühselig auf Krücken vorwärts bewege». Meher hatseinerzeit die höchste Strafe<3� Jahre Zuchthaus) erhalten; jetztlebt er auf Grund einer Rente seitens der Arbeiterorganisationenin einem Bergarbeiterheim in Eisenach. Von besonderem Interessedürfte die Besetzung der Geschworencnbank sein. Von den Ge-schworenen und Ersatzgeschworenen gehören nicht weniger al« neundem Jngenieurberuf an, unter den übrigen sind je ein Apotheker,Drogist, Jahrsteiger, Inspektor und Fabrikant.— Erster Staats-anwalt Eger: Zur Vernehmung des von der Verteidigung benanntenZeugen Tapezierermeisters Krause aus Charlottenburg hat dieStaatsanwaltschaft zwei weitere Zeugen, einen Polizeileutnant undeinen Kriminalwachtmeister aus Charlottenburg, bestellt, die hieranwesend sind. Wie ich aber höre, will die Verteidigung auf denZeugen Krause verzichten. Dann würde auch die Vernehmungdieser beiden Zeugen sich erübrigen.— Bert. R.-A. Dr. Riemeyerverzichtet auf die Vernehmung. Alle drei Charlottenburger Zeugenwerden darauf entlassen, und es wird die Zeugenvernehmung durchden Vorsitzenden Landgerichtsdirektor Dr. König mit dem Aufrufdes Polizeikommissars Brickmeyer-Hernefortgesetzt. Der Zeuge sagt auS: An jenem Sonntag waren mehrereBergarbeiterversammlungen des christlichen Bergarbeiterverbandeseinberufen worden. Schon in der ersten Versammlung in Herneging es sehr stürmisch zu. Einem gewissen Funke wurde vorgeworfen, von der Sozialdemokratie Geld bekommen zu haben.Darüber entstand ein Radau, die Sozialdemokraten wurden aufgefordert. den Saal zu verlassen, was sie auch, nachdem sie das Ein-trittsgeld zurückverlangt hatten, taten. Ich weih nicht, ob mir vonBrust oder anderer Seite nahe gelegt wurde, zu der zweiten Ver-samnilung, die einige Stunden später in Baukau stattfinden sollte,möglichst viel Polizei zu beordern. Jedenfalls hörte ich. daß von denabziehenden Sozialdemokraten gerufen worden sein soll: Die Ver-sammlung in Baukau sprengen wir auch! Ich habe darauf alle«,wa« an Beamten in der Kürze der Zeit heranzuholen war, zurUnterstützung der beiden Gendapmen zusammengerafft für den Fall,daß wieder die Versammlung gestört werden sollte. Am Eingangdes Versammlungslokals in Baukau befand sich eine Tafel mit derAufschrift: Sozialdemokraten ist der Zutritt zu der Versammlungverboten! Ich ließ die Gendarmen im Lokal von Sichtermannwarten und ging allein in den Saal. Hier waren erst wenige Personen. Da mir Münter als aufgeregter Mensch bekannt war, gab ich,hm noch ausdrücklich Anweisung, sich nicht verleiten zu lassen,jemand anzugreifen oder anzufassen. Wir seien Mann« genug, umauch so fertig zu werden. Münter bat mich, die Versammlung selbstzu überwachen, was ich aber aus dienstlichen Gründen ablehnte, daes bei anderer Gelegenheit zu dienstlichen Differenzen zwischen Gen-darmerie und Polizei gekommen war. Münter hatte überdiesschriftlich den Auftrag erhalten und ich wollte mir nicht nachsagenlassen, daß der Kommandierende alles selbst mache. Ich ging in dieWirtschaft zurück und hatte noch nicht mein Glas Bier ausgetrunken,als jemand aus dem Saale herauskam und sagte: Kommen Sieschnell herein, der Krach geht schon loSI! Ich sagte: So schlimmwird eS nicht sein, öffnete die Tür und sah durch eine Spalte hinein.Ich sah. wie Brust die Sozialdemokraten aufforderte, den Saal zuverlassen, wie Schröder vorging und Munter sich erhob und ihmfolgte. Ich konnte zunächst die ganze Situation überschauen, späterstanden mehr Leute auf, s« daft die Situation nicht mehr s» klar war.Als Münter in der Höhe des Kassentisches war. sagte er zu Schröder:Run aber raub! Schröder ist daraufhin gefallen. Ob er sich gebeugthat oderStcke es kam, kann ich nicht sagen.Aber Münter ist nicht schuld daran gewesen, er hat Schröder wedergefaßt noch in den Racken gestoßen. DgS hatte ich bei der LängeMllnierS sehen müssen. Ich stand an der Tür, Schröder Tändle sichzum Hinauslaufen. An der Ecke des Podiums aber ist er nun ge-fallen. Da hat Münter aber nichts getan, ich habe das ausdrücklichgesehen, weil ich beobachtete, ob Münter auch mein Verbot befolgenwürde. ES ist in der vorigen Schwurgerichtsverhandlung von derVerteidigung in den Plädoyers gesagt worden, daß ich meine Aus-sage eingeschränkt habe. Das ist geschehen daraufhin, daß dreiBürger, deren Zeugnis ich doch als gleichwertig mit meinem Zeug-nis erachten mutz, das Gegenteil beschworen haben. Da habe ich ge-stutzt, ob ich auch richtig gesehen habe, und ich sagte, es müßte diesdann passiert sein in dem Moment, als Schröder am Pfeiler vorbei-ging und der Ausblick gerade gesperrt war. Es standen da nochmehrere Leute herum. Als ich in den Saal trat, ging Schröder inetwas gebückter Stellung hinaus. Ich forderte daraufhin alle Sozial-demokraten auf, hinauszugehen. An den Angeklagten Meyer, deran einem Tisch in der Nähe stand und den ich als Sozialdemolratenkannte, bin ich herangetreten und habe gesagt, er solle sich jetzt ge-fälligst hinausscheren, sonst würde ich ihnhöchsteigenhändig hinauswerfe«.Schröder ist dann mit seinen Leuten in der Richtung nach Hernezu gegangen. Wo sie geblieben sind, weiß ich nicht.— Vors.:Münter hat also gesagt: ,,Nn aber raus!" und da kam Schröderzu Fall?— Zeuge: Gefallen ist er eigentlich nicht, sondern mehrgestolpert. Das war mein Eindruck, denn da hatte ich noch denBlick frei. Münter hat keine Bewegung des Stoßens oder An-sassens gemacht. Schröder drehte sich etwas um, ging vor, stolpertedann an der Ecke und fiel jetzt hin.— Vors.: Standen Sie bei demzweite« Stolpern noch an der Tür?— Zeuge: Ich stand da noch inder Tür.— Bors.: Sie sagen, daß Sie genau darauf geachtet haben.Können Sie sagen, daß auch dieses zweite Stolpern nicht vonMünter veranlaßt worden ist?— Zeuge: Jawohl.— Bors.: Wodurch mag denn wohl Schröder da gestolpert sein?— Zeuge: Ichhabe angenommen, daß er sich umgesehen hat, ob ihn jemand ver-folgte, und daß er, weil da die Ecke des Podiums war, gestolpertist. Außerdem habe ich mir auch nachher gesagt, daß an dem Tagemehrere Versammlungen waren, Schröder den ganzen Tag herum-gelaufen ist und da, ohne zu essen, mehr getrunken hat als gewöhn-lich. Ich will nicht sagen, daß er betrunken war. aber er maz dochwohl etwa» mehr getrunken haben.— Vors.: Das haben Sie sichals Erklärung des Stolperns nachher gesagt, aber Trunkenheithaben Sie dem Schröder nicht angemerkt?— Zeuge: Nein.— Vors.:DaS zweite Stolpern sahen Sie durch die Spalte der Tür?—Zeuge: Ja.— Vors.: Hat Münter. als er sagte:„Nu aber raus!"mit den Händen gestikuliert?— Zeuge: Meiner Erinnerung nachnein. Aber wenn ich damals anders gesagt haben sollte, so ist dasrichtig gewesen, denn damals hatte ich noch alles in frischer Er-innerung. Ich habe über die Versammlung in Baukau auch einenBericht an die vorgesetzte Behörde erstattet und auf den Berichtdie größte Sorgfalt gelegt, weil ich mir gleich dachte, es würde zuErörterungen in der Presse kommen. Ich kannte Münter al»ziemlich aggressive Natur»*■und bann nahm gerade damals die sozialdemokratische Presseimmer gegen die Polizei Stellung, wenn irgend wann oder irgendwo etwas passierte. In dem Schröderschen Anhang befanden sichaußerdem mehr Nichtbergleute als Bergleute und auch auf deranderen Seite waren viele Anhänger der Hirsch-Dunckerschen Rich-tung aller Berufe, nicht nur Bergleute anwesend.— Vors.: Waswissen Sie von der Persönlichkeit MünterS?— Zeuge: ES kamenhäufig Klagen über ihn, so daß ich ihn wiederholt crmahnen mußte.Er gab auf mich sehr viel.Wen» er»einen sitzen hatte" war eS äußerst schwer,mit ihm umzugehen.Er gab sehr viel auf seine Person und hielt sich für den Allein»bezwinget von Herne und Umgegend. Er glaubte auch diel schlauerund klüger zu sein als feine Kameraden. Er mochte damit jaRecht haben, aber er brachte das häufig zu drastisch zum Ausdruck.Er vollführte manchmal auch tolle Streiche. So ritt er über dasTrottair im Galopp und störte einmal ein großes Militärkonzertin Herne, indem er ganz unberechtigterweise vom Wirt den Er,laubniSschein verlangte.Ja, er rempelte sogar den Herr« Amtmann«w.Sein Pferd ließ er draußen stehen. Ich selbst brachte ihn hinan»und versperrte ihm den Eingang. Ich hätte eS auf einen Kampfmit ihm ankommen lassen, wenn er auf den Eintritt bestandenhätte. Am anderen Morgen entschuldigte er sich und es stellte sichheraus, daß er auf einem Ritt mit Gleichgesinnten sicheinen angetrunkenhatte.— Vors.: War der Gleichgesinnte vielleicht der GendarmMüller?— Zeuge: Rein, ein Gendarm, der inzwischen nach Bei-gien verzogen ist.— Bors.: Haben Sie die ganze Figur Schrödersn der Versammlung sehen können?— Zeuge:Rein, weder die ganze Figur Schröders noch bie MünterS.— Bors.: Machte Münter Handbewegungen, als et aus Schrödereinredete?— Zeuge: Ja.— Vors.: Konnte da die Hand nicht anden Anaekl. Schröder gelangen?— Zeuge: Rein, da« glaube ichnicht. Die ganze Sache wäre ja nicht gekommen, wenn der Gen-darm eben nicht Münter gewesen wäre. Ich dachte mir gleich, daßes zu Prozessen wegen Beleidigung MünterS kommen würde.—Bors.: Was für ein Interesse sollte die sozialdemokratische Pressedaran haben, diesen Vorfall falsch darzustellen?— Zeuge: Ichglaube ja. daß die Leute daS, was sie beschworen haben, zum Teilwenigstens auch für richtig gehalten haben. Das geht durch allerMunde. So ist dann die Darstellung entstanden, die in der Pressezu lesen war.— Lors.: Was soll aber Schröder als Nächstbeteiligter.der auch daS ganze Risiko zu tragen hatte, für ein Interesse aneiner falschen Darstellung in der Presse haben?— Zeuge: Derartige Sachen wurden in der sozialdemokratischen Presse immernach Möglichkeit aufgebauscht. Die Leute lasen daS und nahmeneS nun wähl mit ihrer EideSpflicht nicht mehr so genau, wie sie eshätten tun sollen, und glaubten wohl auch, weil es sich um denGendarm Munter handelte, der eine aggressive Natur war, müssees so sein.— Erster Staatsanwalt Eger: Sie meinen, Münterhätte sich bücken müssen, wenn er den viel kleineren Schröder imGenick gepackt hätte? Wir haben hier den Versuch gemacht undfestgestellt, daß das nicht nötig ist. Hat Münter vielleicht Schröderin der Mitte des Rücken» gepackt?— Zeuge: Daö hätte ich sehenmüssen.— Bert. R.-A. Niemeyer: Der Zeuge stellt es so dar. alsob die Sozialdemokraten e» gerade auf Münter abgesehen hätten.Der Angeklagte Sckröder teilt mir mit, daß er Münter an jenemAbend noch nicht einmal dem Namen nach kannte. Deswegen wirdin dem Artikel der„Bergarbeiter-Zeitung" auch immer nur vondem„baumlangen Gendarmen" gesprochen.— Bors.: Ich möchteauch wissen, wer ein Interesse daran haben kann, etwas Erfun-deneö in die Presse zu bringen.- Zeuge: In daS Herz kann ichja nicht schauen. Ich glaube»a auch, daß die Leute daS schließlichgeglaubt haben, wa« sie beschworen haben, aber eS war damalseben dte Retgung, etwas Nachteiliges über die Polizei sofort in dieSU bringen.- Bars.: Nachteiliges ja. aber nichts Falsche«.— StaatSanwaltSrat Pfafs: Seit wann nehmen Sie an. daß dieZeuge- beschworen haben, auch für richtig hielten?.—Du« nahm ich anch während der ersten Schwurgericht?,Verhandlung an.Ich fragte mich, weshalb sich die Leute sonst so hineinlegen sollten.° Staatsanwalt Mantel: Der Zeuge hat auch einen FallSchröders am Kärntisch geschildert, davon war bisher nicht die(Staatsanwalt Eger: Nein« auch Münter undSchröder haben davon bisher übereinstimmend nichts gesagt.—Beuge: Brockmeyer: Ganz hingefallen ist er ja nicht, außerdemfit nach so langer Zeit ja auch ein Irrtum möglich.— ZeugeGeheimrat Möser: Auch daS(Jkrick't hat sich damals die Fragevorgelegt, was für ein Interesse der Angeklagte Margrafs daranbaden sollte, etwa« Falsche« in die Zeitung zu bringen. Ibasöcritht nahm an, es hätte richtig sein können, daß Schröder berührtworden sein mag. da» sei aber in der Zeitung aufgebauscht worden,** Zeuge Schneider Schröder hat gesehen, daß