GxekutivZonniees der letzten Jahre gewählt. Der Parteitag wurdevon einem Vertreter der lokalen Sektion der Arbeiterpartei will-komme» geheißen. Der Partcworstand gab darauf bekannt, daßer im Namen de<? Parteitages den Hinterbliebenen des Sir C h a r l eDilke sein Beileid ausgedrückt habe; auch habe er an den Bor-stand der sozialdemokratischen Partei Deutschlands folgendes Tele-gromm geschickt;..Der Parteitag der Arbeiterpartei drückt dendeutschen Arbeitern zum Tode Paul Singers sein tiefstesBeileid aus."Ter nächsie Punkt war die Rede des Vorsitzenden Robinson.der die Ereignisse des letzten Jahres und die Lage der ParteiRevue passieren ließ. Durch die ganze Rede zog sich wie ein Leit-motiv die 5tlage über die Krittler der Partei innerhalb und auher-halb der Arbeiterpartei. Ein charakteristischer Passus lautete:„Leute in unseren eigene» Reihen, sogenannte Freunde außerhalbund selbst Beamte unserer verschiedenen Lrganisationen behaupten,daß wir«in Flügel der liberalen Partei sind, daß wir unsere Un-abhängig leit verloren haben. Ich muß freimütig sagen, daß ichimmer gefunden habe, daß diese Behauptungen in dem Geiste ent-täuschtcr Personen ihren Ursprung haben." Man kann aber nichtumhin, in der Rede des Vorsitzenden, die von dem Parteivorstandvorher sorgfältig entworfen worden war. die Spuren der Kritikwahrzunehmen, die hi den letzten lv Monaten von dem linkenFlügel der A. L. P. an der Politik der Arbeiterpartei geübt wordentft Einige Stellen der Rede klangen sehr entschieden. So heißteS:„Solange wir diese Maßregeln durchdringen, schert es michwenig, weiche Regierung sie uns gibt." Oder:„Solange es eine zufürchtende Macht lind, solange wird«an uns Aufmerksamkeit undKritik schegken." Weiter heißt es in der Rede über das O s b o r n e-urteil: Nur die vollständige Aufhebung des Ur-teils kann als eine Beseitigung der Ungerechtigkeit, die uns dieGerichtshöfe zugefügt haben, angenommen werden..... Ich binder Meinung, daß politische Parteilichkeit und die Furcht, daß dieArbeiterpartei zu stark werden könnte, die Ursachen sind, die dieRichter und Parteiführer bestimmt haben, uns in einen neuenKampf zur Bcsihützung unserer Rechte als gewerkschaftliche undpolitische Organisationen zu treiben."Räch der Rede des Präsidenten begrüßte C a m e l i n a t denParteitag im Namen der sozialistischen Partei Frankreichs undPease sFabier) schlug eine Resolution vor, die oie bar bar i°sche Handlungsweise der japanischen Regierungim Falle K o t o i u und Genossen scharf verurteilt und die ein-stimmig angenomnien wurde.Als erster Pu»kt der Diskussion kam der Jahres-Stricht des Parteivorstandes zur Verhandlung. Zu An-sang des Berichts beklagt sich der Borsiand darüber, daß in zweiFällen Mitglieder der parlamentarischen Arbeiterpartei ihr Ver-sprechen, die Verfassung der Partei aufrecht zu erhalten, gebrochenhätten.Ben Riley(F. L. P.i bemerkt zu diesem Punkte, daß inseinem Wahlkreise ,?Aormantoii, Aorkshire) das Parlamentsmit»flied(ein Arbeitervarwiler namens Hall) die neun Sektionener I. L. P., die dort existierten, ganz ignorierte und nur mit demlokalen liberalen Wahlverein Beziehungen pflegte.Kürzlich sollte dort eine Sektion der Arbeiterpartei gegründetwerden. Zu dieser Gründung hvbe man die Sektionen der I. L. P.,die doch auch zur Arbciierpartei gehörten, nicht eingeladen.Das Parlamentsmitglied für Norinanton hielt es nicht derMühe wert, aus diese Ausführungen etwas zu erwidern. Viel-leicht konnte er nichts zu seiner Verteidigung anführen. Am End:erklärte der Vorstand, er werde dem in Frage kommenden PaffuSeine schärfere Fassung geben.In dem Bericht des Borstandes über den internatio-nalenKongreßzu Kopenhagen wird unier anderem angeführt,daß der Kopenhagencr Kongreß die verschiedenen sozialistischenOrganisationen des Landes ausgefordert habe, sich zu v e r e i n i-gen. Auf eine Anfrage, was der Vorstand getan habe, um diesernrtffkj*.! VntrN hrtm?Ri»rrmi rtlfft PrfTrtrf. hf»fa htt». Forderung nachzukommen, wird vom Bureau aus erklärt, daß dieSache die Arbeiterpartei nichts angehe. Auch erklärtder Vorsitzende, daß die sozialdemokratische ParteiDeutschlands aufgefordert worden sei, einenVertreter zu dem nächsten Parteitag der Ar-beiterpartei zu entsenden. Die Einladung sei diesmalzu spät erfolgt. ES folgen nun Klagen über die HandlungS-»eise des Vorstandes, der den einzelnen angeschlossenen Organi-sationrn nicht die Gelegenheit gegeben habe, die Resolutionen überdie Abänderung der Parteikons'itution vorher zu diskutieren. Rocheinigen weiteren Bemerkungen über den Vorstandsbericht antwortetder Sekretär M a c D o n a l d den verschiedenen Kritikern und weistauch unter anderem darauf hin, daß Anstalten getroffen werdenwürden, die die kritisierte Handlungsweise der unsicheren Kanto-nisten in Zukunft verhindern würden.Nach der Annahme des Vorstandsberichts beschäftigte sich derParteitag zunächst mit einem Abänderungsantrag zur Partei-konstitution, der von dem Ausschuß für Arbeitervertretung zuPoplar ausging. Ter Antrag forderte, daß es in Zukunft denKandidaten der Partei erlaubt sein sollte, sich entweder Arbeiter-kandidaten oder Arbeiter- und sozialistische Kandi-baten zu nennen.BankS(Poplar) begründet den Antrag und führt aus, daßdie bestehende Bestimmung, nach der sich ein Kandidat der Arbeiter,Partei nur Arbcitcrkandidat nennen dürfe, zur Spaltung der Kräfteführe. In Poplar erlaubten sie ihren Kandidaten für die lokalenVertretungskörperschaften schon, den Namen Arbeiter- und sozia-listische Kandidaten zu führen.O u e l ch(Hilfsarbeiter der Buchdrucker) unterstützt den An-trag, indem er daraus hinweist, daß die Arbcitervartci schon vieleBeziehungen mit dem Sozialismus unterhält und es ihren sozia-listischen Mitgliedern wohl erlauben könnte, sich Sozialisten zunennen. Tie Partei lade Vertreter der sozialistischen Parteienanderer Länder zu ihrem Parteitag ein; sie habe soeben gegendie Ermordung japanischer Sozialisten protestiert; sie gehöre dersozialistischen Internationale an und lade sozialistische Körper-schaftcn ein, sich ihr anzuschließen. Unter diesen Umständen könnedie Arbeiterpartei schwerlich von den Sozialisten verlangen, daßdiese ihren Namen und ihre Identität preisgeben.Sexton(Dockarbeiter) spricht gegen den Antrag; desgleichentut S t a n d r i n g(I. L. P.). nach dessen Ansichten die.Neuerung«ur zur Zersplitterung der Kräfte führen kann. Man könne dieenglischen Gewerkschaften nicht gewaltsam zum Sozialismus bc-kebren.S t o k e s(Londoner Gewerkschaftskartell) und I a r v i a(Zimmerleute) sprechen für den Antrag und weisen darauf hin,daß der bestehende Zustand zur Zersplitterung führt._ Würde derAntrag angenommen, so wäre dadurch eine Verständigungmit der S. D. P. möglich gemacht.T a i l o r(Bucbdrucker) spricht sich gegen den Antrag aus. VieleGewerkschaften wollten nichts von dem Sozialismus Wilsen. Würdeder Antrag angenommen, so würden viele Mitglieder der Gewert-schaftcn sich künstig weigern, Beiträge an die Arbeiterpartei zuentrichten. Die Annahme des Antrages würde die Schwierigkeiten,in denen sich die Partei befinde, um das Zehnfache vermehren.Der Antrag wird schließlich mit großer Mehrheit abgelehnt.Tie Gewerkschaft derZimmerleute und Schrei-net hatte eine Resolution vorgeschlagen, in der die Sammlungeines Fonds zur Unterstützung der Familienangehörigen solcherGewerkschaftsbeamter gefordert wurde, die sich den Gerichtsde-schlüsien widersetzen und ins Gefängnis wandern würden. EinVertreter der genannten Gewerkschaft vertrat diese Resolution undfcrdertc eine energische Abwehr der Gewerkschaften gegenrichterliche Entscheidungen wie das Oöborneurteil. Er fordert«die Vertrauensleute der Gewerkschaften aus, die Einhaltsbefehleder Richter nicht ruhig hinzunehmen. Wenn die Gewerkschafts.tzührer in? Gefängnis wanderten, so würde die? die Arbeiterschaft« kurzer Zeit gewaltig ausrütteln und die Aufhebung de» Osborne-irrteilo bald herbeiführen. Sollt« sich das parlamentarische Komiteed-S Gewerkschaftskongresses mit der Resolution nicht defreundenkönnen, so müsse der Vorstand der Ärbeiterpartei allein die nötigenSchritte tun. um diesen Fonds anzusammeln.! Das Parlamentsmitglied El y n e S spricht gegen die Re-solution und erklärt sich für die gesetzliche Kampfes-Methode.Shaw(Textilarbeiter) glaubt, daß die Resolution«inen Ein.griff m die Rechte des GewerkschaftSkonarefleS bedeute und erklärt'x- für«in« gefährliche Neuerung.— Die Resolution wird mitgroßer Mehrheit verworfen.Als nächster Punkt wurde die von dem Bradforder Gcwerk-schaftskartell eingebrachte Resolution über dieTaktik der Arbeiterparteiberaten. Tie Resolution, deren Wortlaut schon berichtet wurde,fordert bekanntlich eine entschiedenere Politik der Parteiund verlangt von den Parlamentariern, daß sie alle ihnen unter-breiteten Fragen nach ihrem Wert behandeln sollen.G l y d e(Bradforder Gewerkschaftskartell) führt hierzu aus,daß es zwei Arten der Taktik gebe. Entweder stimme man stetsnach seiner Ueberzeugung und gemäß den den Wählern gegebenenVersprechen oder man lasse sich von opportunistischen Gründenleiten. Zwei Ereignisse hätten in Bradford die Frage der Taktikin den Vordergrund gebracht. Erstens die Handlungsweise derArbeiterparteiler im Parlament, die im vorigen Jahre gelegentlichder Adreßdebatte ihr Amendement über daSRechtaufArbeitfallen gelassen habe, um die Regierung zu retten. Und zweitensdie Tatsache, daß eine Reihe Arbeiterpartciler gegen die Her-abfetzung deS Teezolls gestimmt hätten. Diese von derArbeiterpartei befolgte Politik sei die Politik der alten links-liberalen Partei, die auch immer Furcht gehabt habe, dieRegierung zu stürzen. Die liberale Partei sei eine Parteivon Drückebergern und nur durch Furcht könne man ihretwas abtrotzen. Tie Arbeiterpartei sollte die Regierungvor die Alternative stellen: Entweder tut ihr etwas fürdie Arbeitslosen oder wir werfen euch hinaus! Man entgegne,die Arbeiterpartei habe im Anfang deS vorigen Jahres nicht nachdieser Parole handeln können, da sie einer Parlamentsauflösungnicht ruhig entgegensehen konnte. Wäre aber damals die Re-gierung durch die Arbeiterpartei zu Fall gebracht worden, so hättedie Partei mit der besten Wahlparole vor die Wähler tretenkönnen. Schließlich beruft sich Glhde auch noch auf den Vorsitzen-den Barnes, der vor kurzem im„Labour Leader" genau die inder Resolution geforderte Taktik befürwortete.Mae Donald, der Parteisekretär spricht gegen die Re-solution. Bei der Adreßdebatte im letzten Jahre sei die Arbeiter-vartei nicht bereit gewesen, so kurz nach den Januarwahlen eineParlamenisauflösung herbeizuführen. Der Begründer der Reso-lution spreche von der Lösung des Arbeitslosenproblems. Die Ar-beiterpartei könne eine Parlamentsauflösung noch der anderenprovozieren und dennoch das ArbeitSlosigreitsproblem nicht lösen,das als letztes an die Reihe komme. Es heiße, die Parlamentariersollten nach dem Werte der ihnen vorgelegten Fragen stimmen. Erfrage, was der Wert einer Frag« sei, was der Wert eines Bibel-verseS im Munde deS Teufels sei. Die konservative Partei möchtedie Arbeiterpartei dazu benutzen, d« liberale Regierung zu stürzen.Einig« der Arbeiterparteiler hätten gegen die Herabsetzung desTeezollS gestimmt, weil sie sonst gegen daS Budget(Lloyd GeorgesBudget tSÜgl gestimmt hätten. Keiner der Arbeiterparteiler habedie opportunistisehe Taktik befolgt, die der Partei von dem Begründerder Resolution zugeschrieben worden sei. ES kämen überhauptnicht zwei Arten der Taktik für die Arbeiterpartei in Betracht,sondern nur eine; Opportunismus und Grundsätze müßten Handin Hand gehen.Die Resolution wurde hierauf mit großer Mehrheit ab»gelehnt. Allgemein hatte man eine interessantere und gründ-licher« Behandlung dieser Frage, die wohl auf der kommendenJahreskonserenz der I. L. P. die erste Rolle spielen wird, erwartet.Die beiden Reden für und gegen sielen recht mager auS. WederAngriff noch Verteidigung zeichneten sich durch irgend welche Vorzöge auS; nur schien die Verteidigung über eine bedeutendereLungenkraft zu verfügen. Die Mitglieder der Arbeiterparteischienen der Diskussion kein besondere» Interesse entgegenzubringen.E» hatte den Anschein, als ob die theoretischen Fragen sie long-weilten. Gleich nach der Rede deS Sekretär« forderten sie deshalblaut, man möge abstimmen.Ueber die gestrige Vorkonferenz ist noch zu berichten, daßaußer den erwähnten Resolutionen auch eine, in der die Abschaffungder Kaperei gefordert wurde, angenommen wurde.— Der Zusatz.antrag, der gestern von Keir Harb« zu der FriedenSresolution gestelltwurde, war, wie berichtet, identisch mit den vom KopenhaaenerKongreß angenommenen Forderungen zur Förderung de» Frieden».Der letzte Pasiu» über den Generalstreik al» Mittel zur VerhütungdeS Kriege« wurde abgelehnt. Unter den hier anwesenden au».ländischen Sozialisten hat diese» Abstimmungsresultat Ueberraschunghervorgerufen; waren e» doch gerade die britischen Delegierten inKopenhagen, die mit großem Eifer für die Idee de» Generalstreik»als Verhütungsmittel des Krieges eintraten.Soziales.Sonntagbprsbe».Von Rechtsanwalt Dr. L. Seelig in Mannbekm, SyndikusdeS Deutschen ChorsängerverbanveS.Sind Sonntagsproben im Theaterbetrieb zulässig, inSbeson-dere während der Zeit deS Hauptgottesdienstes? Die Frage wird inden Tageszeitungen und der Theaterfachprcsse erörtert. Auch derBühnenverein befaßt sich in Heft 1 seines amtlichen BlatteS„DieDeutsche Bühne", vom 10. Januar 1911, mit der Frage und ge-langt zu ihrer Bejahung. Die Frage ist jedoch sin wesentlichen zuverneinen.1. WaS zunächst die privatrechtliche Seite betrifft, so hat derBühnenverein selbst im Jahre 1999 in Karlsruhe einen Beschlußdahin gefaßt, daß Proben an Sonn- und Feiertagen nur statt-finden sollen, wenn sie unumgänglich notwendig sind, und auchdann nicht während des Gottesdienstes, und hat diesen Beschlußdem Deutschen Ehorsängcrverband offiziell mitgeteilt. Nach Treuund Glauben mutz daher mit Rücksicht auf die BerkehrSlitte, dieder Bühnenverein in dem Beschlutz anerkannte, bei allen Ver-trägen, die zwischen Mitgliedern des Bühnenverein» und Ehor-sängern in der Folge abgeschlossen wurden, die Unzulässigkeitsolcher Proben während deS Gottesdienstes überhaupt sowie auchzur übrigen Zeit an Sonn- und Feiertagen, in letzterer Hinsichtvon den Ausnahmefällen unumgänglicher Notwendigkeit abgesehen,als vereinbart gelten. Ebenso hat ver Bühnenverein in einer Ein-gäbe an den Reichskanzler vom Jahre IVOS versichert, daß Probenzur Zeit des Gottesdienstes nicht stattfinden dürfen und auch tat-sächlich nicht stattfinden und im übrigen an Sonn- und Feiertagennur in Fällen dringender Not zulässig seien. Diesen Standpunkthaben die Arbeitnehmer der Bühne gerne akzeptiert. Er ist daherzum Vertrags- und Verkehrsrecht geworden," so daß eine ähnlicheRechtslage geschaffen ist, wie sie die ZK 19Sz ff. Gewerbeordnungfür Arbeiter, Handlungsgehilfen usw. begründet haben. Wie derBühnenverein nunmehr einen anderen Standpunkt pertrcten undrechtfertigen kann, ist schwer zu begreifen.Um so weniger, als dieser Standpunkt der grundsätzlichen Un-zulässigkeit solcher Tonntagsproben sich auch aus allgemeinenprivatrechtlichen Gesichtspunkten und Erwägungen heraus als pe-rechtfertigt ergibt. Die Sonntagsheiligung ist nicht nur religiösePflicht, e» entspricht auch dem Sittengebot, unter welchem zedesVcrtragSverhältniS steht, daß niemandem die SonntaaSfeier unddie Sonntagsruhe, auf Grund eines wirtschaftlichen Vertrages ohnebesondere Notwendigkeit unmöglich gemacht wird. Die arbeitendenKlassen der Bevölkerung insbesondere bedürfen de» Sonntags fürihre persönliche Ruh«, ,Hm körperlich« und geistige Erholung undStärkung, zur Sammlung und Erhebung. Einschränkungen de»Gebot» der Sonntagsruhe ergeben sich für den Theaterbetr,eb außseiner Eigenart schon insofern, alö Vorstellungen an Sonntagenzulässig sind; oft finden mehrere Vorstellungen an dem gleichenSonntag statt. Weitere Einschränkungen der SonntagSfeierkönnen nur soweit gerechtfertigt werden.«IS e» sich um Fälle dringender Nöi handelt ilnd die Proben nicht aü'ch ebenso gut an eine«anderen Tag bewirke werden können. Ein Urteil dcZ LandgerichtsAugsburg vom Juli 1997 hat z. B. diesen Standpunkt anerkannt.2. Diese Grundsätze gelten, einerlei ob Sonntagsproben auchstrafrechtlich verboten sind oder nicht. Es ist klar, daß der Bühnen-leiter nicht die Teilnahme an Proben verlangen kann, deren Bor-nähme auch strafrechtlich verboten ist. Aber ebenso klar ist, daßnicht auch umgekehrt eine Handlung schon darum zivilrechtlich zu-lässig ist, weil sie etwa strafrechtlich nicht verboten ist.In der Gewerbeordnung ist lediglich die Frage geregelt, in-wieweit Arbeitnehmer zur Sonntagsarbeit vertraglich verpflichtetwerden können. Diese Sonntagsruhevorschriften finden ausTheaterbetriebe keine Anwendung. Nur die Arbeiter in diesenBetrieben dürfen ausschließlich zu unaufschiebbaren Sonntags-arbeiten verpflichtet werden. Die Regelung der Vertragspflichtzur Sonntagsarbeit ist aber nur die eine Seire der Angelepcnheir;daneben kommt die äußere Sonntagsruhe, also die Aufrechterhai-tung der zu würdiger allgemeiner SonntagSfeier erforderlichenäußeren Ordnung und Ruhe, die Freihaltung des Sonntags vpnstörendem Geräusch einerseits, und schließlich auch die Freihaltungvon den gewöhnliehen klrbeiten und Beschäftigungen des Werktagsandererseits in Betracht. Daß die LandcSgcsetzgebung berufen ist,nach diesen beiden Richtungen hin, inSdesondere auch aus fszial-polttischen Gesichtspunkten heraus SonntagSruhevorschriiten zuerlassen, hat daS Reichsgericht in der grundlegenden Entscheidung,Band 29 der Entscheidungen in Strafsachen, Seite 82 ff., dargelegt.Gemäß Z 369 Strafgesetzbuch Ziffer 1 macht sich strafbar, werden gegen die Störung dex Sonn- und Festtage erlassenen An-ordnungen zuwiderhandelt. Für die preußischen Provinzen sindSvnntasSprsben für die Zeit de» Hauptzottesdienfte» verboten.Das Verbot stützt sich auf die Kabinettsorder vom 17. Februar 1887.Das Kammergericht hat nun solche Verbote für unwirksam erklärt,weil die Kabinettsordcr von der äußeren Heilighaltung der Sonn-tage spricht. ES erscheint sehr zweifelhaft, ob dieser Standpunktdes Kammergerichts, der entschieden der Nachprüfung bedarf, auf-rechterhalten werden kann. Legt man die vom Reichsgericht in dererwähnten Entscheidung erörterten Prinzipien sowie die vomKammcrgericht selbst in anderen Entscheidungen gemachten AuS-führungen über die Frage der Sonntagsruhcstörung zugrunde.geht man davon aus, daß Theaterproben in der Regel mit Geräuschverbunden, also nach außen hin wahrnehmbar sind, so erscheint dieAnsicht des KammergerichtZ kaum zutreffend. Insbesondere durchChorgesang, Gesang und Musik wird stets Geräusch, das zur Bc-cinträchtigung der Sonntagsruhe geeignet ist, hervorgerufenwerden, und hierauf allein kommt es an.Daß Proben wahrend des Gottesdienstes strafwürdig sind, istgewiß. Hat daher das Kammergericht recht, so ergibt sich hieran»lediglich die Notwendigkeit einer genaueren Fassung der preußischenPolizeiverordnungen sowie einer Erweiterung der preußischenLandeSgesetzgebung. Im übrigen zeigt sich auch bei dem Kapitel„SonntagSproben" die dringende Notwendigkeit der Schaffung desReichStheatcrgcsetzeS.«Die vorstehenden Ausführungen erscheinen uns recht bemer-kenSwert, weil sie die Notwendigkeit der Regelung der Thcatervev-Hältnisse durch Reichsgesetz zeigen. Irrig erscheint unS die Deduktion über die Auffassung des Kammergerichts. Weitergehendals das Kammcrgericht sind wir der Ansicht: Die Kabinettsordervon 1837 und Polizeiverbote betreffend Sonntagsarbeit sind un-gültig. Nur ein Gefey kann diese Materie regeln. Und notwendigist eine gesetzliche Regelung, nicht mit Rücksicht auf„Heilighaltungder Sonntage". Gesetzlich oder polizeilich erzwungene Heilig.Haltung ist pure Heuchelei. Wohl aber ist dringend das Bedürfnisnach einem Ruhetage. Dies würde schon längst auch für das Cbor-und Theaterpersonal befriedigt sein, wenn die von sozialdemokra»tischer Seite, später auch aus Zentrumskreisen verlangte AuS»dchnung der§§ 195a und folgende über Sonntagsruhe für gewerb-lich« Betriebe�auf das gesamte Theatergewerbe erfolgen würde»Seriedts- Leitung»ß 158 der Gewerbevrbnung.Unter der Anklage, sich gegen Z 153 der Gewerbeordnung vergangen zu haben, indem er Anfang September 1919, zur Zeit de»KlempncrftreikS. auf einem Neubau Rohrleger durch Ehrverletzunaan der Teilnabme zum Streik zu bewegen versucht haben soll, standgestern der GewerkschaftSbeamte des Deutschen Metallarbeiterver.band«« Genosse Hermann Richter vor dem Spandauer Schöffen»gericht.Der Rohrleger Pävold, ein Mitglied des katholischen Gesellen-Vereins, auf dessen Betreiben die Anklage zustande gekommen ist.gab an. von Richter in schwerster Weise beleidigt worden zu sein.Am 7. Septebmer 1919 sei Richter mit noch zwei anderen auf denNeubau gekommen und hätten ihn zur Rede gestellt, weshalb� ernicht mitstreike. Er hätte geantwortet, er sei nicht organisiert, hättedeshalb keine Verpflichtung zum Mitstreikcn und bekäme auchschon den Lohn, um den erst gestreikt würde. Darauf habe Richtergesagt:„Das stimmt schon, das ist ein Arbeitswilliger." Als ernun frug, wie er da« meine, babe Ricvter geantwortet:„Du kannstdoch keinen Anspruch auf Ehre mehr erheben. In England bc-kämen Arbeitswillige ein Brandmal auf die Hand; er würde abereins an der Stirn bekommen. Wenn er ihn auf der Straße treffenwürde, würde er ihn anrotzen."Diese Darstellung erklärte Genosse Richter als anwahr. Wahrfei bielmehr, daß er mit Erlaubnis des Zimmerpoliers den Neubaubetreten babe, um einen Auftrag der Berliner Verwaltung auSzu-führen. Er habe dabei nur erklärt:„Alle, die hier arbeiten, sindArbeitswillige." Pätzold hat darauf, gerade als ob er auf eiue An-zapfung gewartet hätte, sofort gesagt:„Also Du hast gesagt, ich seiein Arbeitswilliger." Bald daraus sei er zum Schutzmann ge-gangen, den er dann aufforderte, ihn(Richter) zu arretieren. TerPolizeibeamte wollte seinen Namen aber gar nicht haben, sondernden der beiden anderen. Nur dem Trängen des Pätzold, der seingeschworener Feind sei und vor längerer Zeit einmal gedroht habe:„Dich kriege ich doch noch." habe er diese Anklage zu verdanken»Pätzold habe auch zwei Kollegen, um für sich Zeugen zu gewinnen,mit SchnapS traktiert. Er berufe sich hierfür auf zwei anwesendeZeugen.Rohrleger Protb sagt als Zeug« auS: Er habe bon dem Bor-gang nichts bemerkt, da er im Hinterhause gearbeitet hätte. Richtigsei, baß Pätzold ihm Schnaps angeboten hätte. Zeug« PolierGalinrwski bekundet, daß er Richter die Erlaubnis gegeben habe,den Bau zu betreten. Als er nachher lauten Zank hörte, habe ersie, wenn sie zanken wollen, auf die Straße verwiesen.Richter ist dabei mit sofort herauSaekommen. ZeugeArbeiter Stümer will gerade bekunden, daß Pätzold ihm bald nachdem Vorfall Schnap» angeboten habe, was er sonst nie getan habe,da schneidet ihm der Borsitzende da? Wort ab, mit dem Bemerken,daß da« Gericht beschlossen habe, v,n einer weiteren ve«ei»erhebun»Abstand zu nehmen.Der BmtSanwalt beantragte 6 Wochen Gefängnis. GenosseRichter wies na», daß er nicht gegen§ 153 der Gewerbeordnungverstoßen habe, da er niemand aufgefordert habe, an den Streikmit teilzunehmen. Im übrigen bestreite er, die vom ZeugenPätzold bekundeten Ausdrücke gebraucht zu haben. Auch siehe ihmder Schutz de» K 103(Wahrnehmung berechtigter Interessen) zurSeite. Er halte sich für nichtschuldig. Das Gericht folgte nur denBekundungen des Zeugen Pätzold und erkannte aus die hohe Strafevon? Wochen Gefängnis. Es hielt für erwiesen, daß Richter durchEhrverletzung den Zeugen Pätzold zur Teilnahme am Streit zubewegen versucht hatte.Gegen da» Urteil wird natürlich Berufung eingelegt werde«»Wegen 49 Pfennige— tVi Jahre Zuchthao».Ter Drogist Martin Wagner, der gestern unter der Anklagede« wiederholten Diebstahl« vor der 7. Slrastanimer de» Land»gericht» l stand, hat häufig in raffinierter Weise in öffentliche»de» wieder!