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1, 32. 28 4. StilUt des Ji)rn)5tt0w Ktrlilltl Alksdllltt. ZlalläkmVMIeu! Wählt am IS. Fel»r«ar, 10 bis 3 Uhr: Kste 3. Lin f(l)wms eiienbzhnllnzliick 5ci sich gestern morgen im Vorortverkehr am Bahnhof Baumschulen- weg unmittelbar an der Ausfahrt nach Berlin   zugetragen. Bei einem Zusammenstoß zweier Züge wurden in zwei zertrümmerten Wagen neun Personen schwer und sehr viele leichter verletzt. Fünf Minuten vor 6 Uhr fuhr der fahrplanmäßige Personenzug ZgYZ. der zwischen dem Potsdamer Bahnhof und Niederschöneweide  berkehrt, dem Stadtbahnzuge 1330, der von Niederschöneweide   nach Berlin   auslief, gleich hinter Blockstation und Stellwerk des Bahnhofs in die Flanke. Die Wucht des Zusammenpralls war so groß, daß vier Wagen aus dem Gleise flogen. Die Wagen dritter Klasse 3t45 und 1393 überschlugen sich und rollten die fünf Meter hohe Böschung Bon den Wagen zweiter Klasse 1864 und 1876, hinter denen sie enggekoppelt liefen, blieb einer auf der Böschung und der andere. der ihn noch hielt, oben liegen. Der Zaun, der unten die Storm» straße von dem Bahndamm trennt, wurde umgerissen, obwohl seine Pfähle aus starken Bahnschwellen bestehen. Die Wagen zweiter Klasse scheinen leer gewesen zu sein, wenigstens hat sich aus ihnen bisher kein Verletzter gemeldet. Dicht besetzt waren dagegen die Wagen dritter Klasse, besonders mit Arbeitern und Arbeiterinnen, die ihre Fabriken oder sonstigen Arbeitsstellen aufsuchten. Ein furchtbares Geschrei erhob sich aus den zertrümmerten Wagen. Die Bewohner der benachbarten Häusr riefen sofort die Sanitätskolonne und die Feuerwehr vom Daumschulenweg, während die Station HilfSzüge vom Schlesischen und Görlitzer Bahnhof und Personal von den benachbarten Stationen herbeiholte. Unterdessen entstiegen die unverletzt gebliebenen Fahrgäste, meistens Arbeiter, den Zügen und machten sich sofort an die Rettung der Verunglückten. Die der- bogenen Türen mußten zum Teil mit Aexten zerschlagen werden, vamk! mm an die Verletzten herankommen konnte. Diese wurden dann an Ort und Stelle von den Aerzten der HilfSzüge verbunden. Blutlachen auf den Wagentrümmern und auf dem Wege nach der Station zeugten von der Größe de» Unglücks. Die Schwerverletzten wurden, nachdem sie einen Verband erhalten hatten, nach den be- nachbarten Krankenhäusern gebracht. ES sind nach den bisherigen Feststellungen Schlosser Albert Hermann au» der Georgstraße 16 zu Adlershof  . Arbeiter Gustav Hundt au» der Frischenstraße 3 zu Oberschöne- Seide. Dienstmädchen Ida Mattern vom WeinbergSweg 1 zu Berlin  , Arbeiter Otto Wegner aus der Wilhelminenhofstraße 41 zu Oberschöneweide  , Schlosser Fritz Thorgow au» der Nalepastraße 3 zu Oberschöne- beide. Arbeiter Max Wegner aus der Deulstr. 8 zu Oberschöneweide  , Arbeiter August Schulz aus der Friedenstraße 32 zu Berlin  , Wilhelm Noack aus der Kurfürstenstraße 7 zu Grünau   und Richard Fischer auS der Frischenstraße 12 zu Oberschöneweide  . Die leichter Verwundeten konnten zum Teil allein nach Hause gehen, zum Teil mußten sie dorthin gebracht werden, nachdem sie einen Notverband erhalten hatten. Festgestellt wurden von ihnen bisher Karl Hofsmann auS der Frischenstraße 4 zu Oberschöneweide  , Hermann Bohlow, Emil Häckner auS der Hoffmannstraße 16 zu Oberschöneweide  , Karl Hirschke aus der Köpenicker Straße 89 zu Grünau  , Hermann Heike aus der Klarastraße 4 zu Oberschöneweide  , Franz Müller aus der Luiscnstraße 3 zu Oberschöneweide  , Arbeiter Albert Lehmann aus der Kaiser-Wilhelmstraße 13 zu Adlershof  , Richard Störitz auS der Deulstraße 16 zu Oberschöneweide  , Paul Teuer aus Hasfelwcrder Straße 0 zu Niederschönewelde, Lokomotiv­führer Beetz von der Betriebswcrkstätte zu Lichtenberg  . Maurer- polier Gensicke aus Oberschöneweide   und Arbeiterin Berta Schulz auS der Siemensstraße 23 zu Oberschöneweide  . Die Zahl der Leicht- verwundeten ist damit nicht erschöpft, denn es melden sich immer noch mehr Leute, die diese oder jene Verwundung davongetragen haben. Auf der Unglücksstelle erschien auch alsbald der Eisenbahn  - Präsident Rüdlin mit den Re»,ierungSräten Schwarz, Denicke, Fischer und anderen Beamten der Direktion. Nach dem Ergebnis der bis- herigen Ermittelungen soll die Schuld an dem Unglück den Lokomotivführer des ZugeS 3963 treffen, der daö Haltesignal überfahren haben soll. Infolge UeberfahrenS des Haltesignals ging der Zug an der Weiche 2 über ein Gleis hinweg dem anderen Zuge in die Flanke. Der Führer des Zuges 3963 wohnt in Lichtenberg  . Er hat sich krank gemeldet. Sein Begleiter war der Heizer Beetz, er ist leicht verletzt. Der Lokomotivführer wird als ein tehr zuverlässiger Beamter bezeichnet. Amtlich wird über das Unglück berichtet: Berlin  , 6. Februar. Auf Bahnhof Baumschulenweg fuhr heut? früh S Uhr 53 Minuten der vom Potsdamer Bahnhof kom- mende Vorortzug 3963 in den von Niedcrschöneweide-Johannisthal nach Berlin Stadtbahn   ausfahrenden Zug 1336. Sechs Personen schwer, elf Personen leicht verletzt. Maschinen und vier Wagen entgleist. Zwei Wagen sind die Böschung hinabgestürzt. Material- schaden bedeutend. Stadtbahngleis Niederschöncweidc Berlin vor­aussichtlich sechs Stunden gesperrt. Betrieb wird über Görlitzcr Gleis Niedcrschöiieweidc Treptow aufrecht erhalten. AuS Baumschulenweg wird uns zu dem Vorgang noch geschrieben: In letzter Linie trägt an dem Unglück wieder die be- kannte Knauserei des Fiskus die Schuld. Lange Wen tzje Be- wohner der an der Görlitzer Bahn liegenden Vororte betteln müssen. ehe die Verbindung von der Stadtbahn ab Baumschulenweg über Nixdorf nach dem Potsdamer Bahnhof hergestellt wurde. Der Bahn- dämm war schon seit Jahren fertig, dann aber kam die Sache zum Stillstand, angeblich, weil eS an rollendem Material fehlte. Als man endlich an die Fertigstellung der Anlange ging, wurde wieder geknausert, indem die Linie von Baumschulenweg bis Rixdorf nicht zweigleisig, sondern nur eingleisig hergestellt wurde. Da eS sich nur um eine verhältnismäßig kurze Strecke handelte, würde der zwei- gleisige Ausbau nur geringe Mehrkosten verursacht haben, besonders da die Unterführung unter den Gleisen der Görlitzer Bahn und dem Gleise der von Berlin   kommenden Stadtbahn bereits für zwei- gleisigen Betrieb gebaut ist, also nur eine zweite Schienenlage nötig gewesen wäre. Bei der gegenwärtigen Anlage müssen sowohl die von Baumschulenweg nach Rixdorf fahrenden, wie die von dort kommen- den Züge das gleiche Gleis benützen. Kurz vor der Einfahrt in den Bahnhof Baumschulenweg   besitzt das Rixdorfer Gleise, wie aus der Skizze ersichtlich ist, eine Doppelweiche, durch welche der Anschluß 'StadfbaHn nach forfo Stadtbahn m Bertin in der Richtung nach und von Grünau hergestellt wird. Wären zwei Gleise für die Rixdorfer Linie vorhanden, so würde das eine für die von Rixdorf kommenden Züge, um Anschluß an die in der Richtung nach Grünau liegenden, das andere nur Anschluß an die von Grünau kommenden Gleise benötigen. Ein Gegen einandersahren der Züge, wie cS bei dem Unglück am Montag früh eingetreten ist, wäre damit ausgeschlossen. Der von Rixdorf kommende und um 6 Uhr 67 Minuten von Baumschulenweg in der Richtung nach Grünau   weiterfahrende Zug fuhr den um 5 Uhr 53 Minuten in der Richtung nach Berlin   fahrenden Zug in die Flanke. Bei dem Zu- sammensloß wurden die Kasten eines Wagens zweiter und eine? Wagens dritter Klasse von ihren Radgestellen geschoben, worauf sie den Bahndamm bis an die Umzäunung hinabrutschten. Wie immer bei solchen Vorgängen stehen sich die Behauptungen des Lokomotivführers und des StcllwerkwärterS einander gegenüber. Der Lokomotivführer behauptet, das Signal habe auf freie Fahrt gestanden, der Stellwcrkwärter bestreitet cS. Hätte die Doppelweiche so gestanden, daß sie für den Rixdorfer Zug den Anschluß in der Richtung nach Grünau vermittelte, dann würde, selbst wenn der Lokomotivführer des Rixdorfer Zuges, entgegen dem auf Halt stehen- den Signal eingefahren wäre, doch kein Unglück passiert sein, weil sich um die Zeit, in welcher der Rixdorfer Zug fällig ist, kein anderer Zug auf dem nach Grünau führenden Gleise befindet. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, daß vom letzten Zuge, der 6 Uhr 36 Minuten früh vom Bahnhof Baumschulenweg nach Rixdorf ge° leitet wird, die Doppelweiche in dieser Stellung stehen geblieben ist, der Stellwcrkwärter. der zu gleicher Zeit die Signale für Zweige zu stellen hat, dies übersehen und dem fälligen Rixdorfer Zuge Einfahrt freigegeben hat, ohne daß die Weiche umgelegt wurde. Es ist aber auch möglich, daß der Lokomotivführer sich im Signal geirrt hat. Bei doppeltem Gleise wäre, wie bereits bemerkt, das Unglück unmöglich gewesen. Die gegenwärtige Anlage bildet schon deshalb eine stän- dige Gefahrenquelle, weil dem Lokomotivführer des aus der Tiefe zwischen den beiden Bahnkörpern der Stadtbahn heraufkommenden Rixdorfer ZugeS der freie Ausblick fehlt und ihm leicht ein Irrtum bezüglich der oben nebeneinanderstehenden verschiedenen Signale unterlaufen kann. Der Anschluß von der Weiche bis an die beiden Gleise ist so kurz, daß der Lokomotivführer, selbst wenn er bei dem Durchfahren der Weiche die falsche Stellung bemerkt, einen Zu- sammenstoß nicht mehr verhindern kann, weil fast im gleichen Augen- blick, wenn die Lokomotive die Weiche passiert hat, sie auch schon auf den anderen Zug stößt. Eine amtliche Meldung von gestern abend besagt, daß die Schuldfrage ziemlich geklärt ist, und daß als der Schuldige an dem Unfall der Lokomotivführer des vom Potsdamer Bahnhof kommenden ZugeS in Frage kommt. Dieser hat das Halte- signal überfahren und ist dem anderen Zuge in die Flanke gerannt. Die Zahl der Leichtverletzten hat sich inMischen auf 27 er­höht, da sich noch mehrere Personen gemeldet haben. Der Betrieb wurde um 12 Uhr IS Minuten wieder aufgenommen. Partei- Angelegenheiten. Verband sozialdemokratischer Wahlvereine Berlins  «nd Umgegend. Auf die in der heutigen Annonce angezeigten General» Versammlungen der sechs Berliner   Kreise machen wir nochmals anfmerkfam und ersuchen«m Erscheinen der Genossen und Genossinne«. Die für Sonntag, den 18. Februar, geplanten Massen- Versammlungen fallen an diesem Tage aus. _ Der Aktionsausschuß. Johannisthal  . Morgen, Mittwoch, abends 8'/, Uhr: Zahlabend bei Senftleben. Friedrichstr. 48. Der Vorstand. Bohnsdorf  . Am Mittwoch, den S. d. MtS, abends 8'/, Uhr, in Villa Kahl" Milgliederversammlung des Wahlvereins. Tages« ordnung: Vortrog deS Genossen G r o g e r überDie politische Lage und die gegnerischen Parteien". 2. Diskussion. 8. Vierteljahrs- bencht deS Kassierers. 4. Vereinsangelegenheiten und Verschiedenes. Die Beiträge werden vor Beginn der Versammlung in Empfang ge­nommen. In dieser Versammlung wird die Kontrolle über die gewerkschaftliche Zugehörigkeit der Mitglieder fortgesetzt. Der Vorstand. Französisch-Buchholz  . Morgen, Mittwoch bei Kähne, Berlin  » Straße: Mitgliederversammlung des Wahlvereins. Potsdam  . Im Monat Februar fällt die WahlvereinSverfamm« lung aus. Die Genossen werden ersucht, am Mittwoch den 4. Abend deS KuriuS über das Erfurter Programm  (Steuerpolitik) bei Wilhelm, beizuwohnen. Anfang kurz nach 8 Uhr. Eintritt 16 Pf. die Fürsorgeerziehung die Lage gekommen, zuhören, deren Kind So manchen schweren in heißein Ringen um Bediner JVaebnebten. Fürsorgeerziehung und Familienvande. Die Fürsorgeerziehung greift tief in das Familienleben ein. Sie reißt die Kinder von den Eltern, hält sie ihnen fern auf Jahre, auf Jahrzehnte manchmal, entfremdet ihnen den Sohn oder die Tochter vielleicht für das ganze Leben. Das Gesetz, das da aus- geführt wird, kennt kein Erbarmen, Erbarmen selbst gegenüber dem nicht, der ohne eigene Schuld in dieses Leid verstrickt wurde. Auch den, ungeratenen Kinde wird von den Eltern, die es sich abnehmen lassen mußten, noch sorgende Liebe bewahrt. Auch für unlüchtige Ellern behält doch ein Kind, daS ihrem Einflußbereich cnt- zogen werden mußte, noch das Gefühl der Anhänglich- keit. Aber gegenüber dem Zweck der Fürsorgeerziehung gelten die Familienbande nichts, gilt nichts das Recht der Eltern auf ihre Kinder, nichts daS Recht der Kinder auf ihre Eltern. Von dem schweren Herzeleid, daS die lleberweifung eiueS Kindes in KürsorgeerzieHimg über eine ganze Familie bringen kann, vermag der Fernstehende sich kaum eine rechte Vorstellung zu machen. Sicherlich fehlt sie zumeist denen, die gegen ein Kind die Fürsorge- erziehung beantragen, wahrscheinlich oft auch denen, die die Fürsorge- erziehung beschließen, vielleicht nicht selten sogar denen, die ausführen. Wir sind sehr häufig in die bitteren Klagen von Eltern an- man in Fürsorgeerziehung getan hatte. Kampf, den eine Mutter oder ein Vater die Wiedererlangung eines KindeS durch­zukämpfen suchte, haben wir milangesehen. Dabei sind Vorkommnisse zu unserer Kenntnis gelangt, gegenüber denen wir mit den Eltern in der Tat fragen mußten, ob da nicht das durch den Zweck der Fürsorgeerziehung gegebene, pflichtgemäße Bestreben, die Kinder den Eltern fernzuhalten, mit einer ganz unnötigen Strenge und Härte gepaart war. Geradezu Unbegreifliches wird uns über das Schicksal eines FürforgezöglingS der Stadt Verlin   mitgeleilt, der bisher sich in der Obhut des Rettungshauses zu Königsberg  (i. d. Ncumark) befunden hatte. Der jetzt im>6� Lebensjahre stehende Sohn eine? Ehepaares P. auS Berlin   war seil Anfang vorigen Jahres i» Fürsorgeerziehung, weil er unregelmäßig gearbeitet und sich einem Bummelleben ergeben, gelegentlich auch Bettelei getrieben und Unredlichkeiten begangen hatte. Gegen Ende des Jahres entstand bei den Eltern in Ueberelnstimmung mit ihrem Sohne der Plan, ihn zur See gehen zu lassen. Sie meinten aber, daß es seinem Fortkommen dienlicher wäre, wenn er nicht von der Anstalt, sondern von der Familie auf ein Schiff gebracht würde. Ihre Erwartung, daß man zu diesem Zweck ihnen den Jungen sie trugen diese Bitte auf dem Bureau der Waisenverwallung vor freigeben werde, erfüllte sich nicht. Eines Tages kam von dem am Berliner   UmersuchungS-GefängniS angestellten Pastor D i e st e l, der auf dem Gebiet der Jugendfürsorge tätig ist, an Herrn P. die Benachrichtiguug, daß Pastor Diestel beauftragt sei, den Jungen zur See zu bringen. In dem Schreiben wurde P. als Pater aufgefordert, schriftlich seine Einwilligung hierzu zu geben. P. tat das nicht, sonderti setzte dem Herrn Pastor in mündlicher Unterredung seinen Plan auseinander. Der Vater sagt uns, er sei, als er von Pastor Diestel heimging, immer noch der festen Meinung gewesen, daß man nicht den Jungen ohne Zutun der Eltern zur See geben werde. Um so mehr habe es ihn überrascht, daß plötzlich aus Hamburg   eine Postkarte ankam, durch die sein Sohn von dort auS ihm mitteilte, er sei nach Hamburg   gebracht worden, befinde sich jetzt an Bord eines Segelschiffes und werde auf ihm als Schiffs- junge eine Ausreife nach Südamerika   machen. Es folgte am nächsten Tage ein ausführlicherer Brief. AuS ihm ersahen die Eltern, daß ihr Sohn auf dem Transport von Königsberg   nach Hamburg  sich noch in Berlin   aufgehalten und etwa eine Stunde lang bei