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Ausgaben dienen, die mit der Tilgung absolut nichts zu tun haben. Woher kommt die Summe? Sie ist gebucht in den Einnahmen des außerordentlichen Etats unter der Aufschrift: Kapitel ß: Tilgung der Reichsschuld aus den Mitteln des ordent- lichen Etats". Aber über die Mittel des ordentlichen Etats ist bereits verfügt, da ist nichts mehr zu holen. Die gleiche Summe zweimal ausgeben, zur Tilgung der Schuld ün ordentlichen Etat und zur Deckung der Ausgaben im außerordentlichen Etat, das geht offenbar nicht, es wäre die reinste Hexerei. Da aber Herr Mermuth unseres Wissens als Hexenmeister noch nicht erprobt ist, so muß man schon eine der- nünftige Erklärung suchen. Die Erklärung ist die: es tvird nicht getilgt, kein roterHeller wird auf dieRcichsschuld abgezahlt! Es beträgt das f a k t i s ch e Defizit im außerordentlichen Etat 187.4 Millionen. Will man 89,0 Millionen für die Tilgung aufwenden, dann muß man diese 187.4 Millionen pumpe». Es würde sich also die Verrückte Manipulation aus den Lahre» 13S0 bis 1899 wiederholen. Herr Wermuth umgeht daS und verwendet einfach die 89,6 Millionen Mark nicht zur Tilgung, sondern zur Deckung der außer- ordentlichen Ausgaben. Das geht auch auS dem Gesetze über den Etat klar hervor. Dort heißt es nämlich im§ 2:Der Reichskanzler wird ermächtigt, zur Bestreitung einmaliger außer- ordentlicher Ausgaben die Summe von 97 991 412 Millionen flüssig zu machen. Werden die zur Tilgung der Reichs- schuld bestimmten Mittel ganz oder teilweise zum Ankaufe von Schuldverschreibungen verwendet, so erhöht sich die im Absatz 1 bezeichnete Kreditsumme um den entsprechenden Betra g." Mit andern Worten: soll getilgt werdeil, dann kann man nur tilgen, indem man pumpt! Das ganze Gerede von der Tilgung, all die schönen Tabellen über die Verminderung der Schuld und die Ersparnis an Zinsen ist einfach Bluff. W o z u das? Ei nun. um die Lage günstiger zu malen, als sie ist, u m das Defizit geringer erscheinen zu lassen, als es ist, um glauben zu machen, daß eS mit der Tilgung ernst ist. Trotzdem wird der Reichstag diese? Etatsgesetz annehmen, denn mit seinem Gesetz vom Jahre 1909 über die Tilgung hat ja der Schnapsblock von vornherein bewußten Schwindel getrieben. Das Resultat ist: es werden neue Schulden gemacht und getilgt wird nichts. Fragt man: wie tilgt das Reich seine Schulden? so lautet die Antivort: durch Schwindel!" Ob sich nun endlich die offiziöse Presse zur Sache äußern wird? eine Erinnerung an Faul Singer. Da5 ZüricherVolksrccht" veröffentlicht ein Urteil über die Tätigkeit Pciul Dingers, das aus der Zeit stammt, als Dinger ins Berliner Stadtparlament einzog. Es ist eine Berliner Korrespondenz derNeuen Zürcher Zeitung " vom Lsi. Oktober 1883. Sie zeigt uns, wie vorurteilslose Bürger- liche damals den Genossen Singer auffaßten und kann, da innerhalb Teutschland damals nichts Aehnliches publiziert wurde, geradezu als Dokument zur Zeitgeschichte betrachtet werden. Der Korrespondent derNeuen Zürcher Zeitung ", der. wie man aus einigen Nebcnbenicrtungcn deutlich erkennt, auf die Sozialdemokraten iin allgemeinen keineswegs gut zu sprechen war, entwirft von Genosse Singer folgendes Bild: Unter den gewählten Sozialisten befindet sich ein Mann, der in der Tat große Aufmerksamkeit verdient, denn er dürft« in der sozialistischen Bewegung noch einmal die Rolle eines Führers spielen. Herr Paul Singer , als Arbeitcrkandidat aufgestellt, ist einer der stillsten und tätigsten Sozialdemokraten Berlins und dabei Inhaber eines der größten Berliner Konfektionsgeschäfte. Die Berliner Konfektionöbranche nimmt bekanntlich auf dem Welt- markte eine sehr hervorragende Stellung ein und das Singersche Geschäft zählt zn den bedeutendsten seines Genres. Singer ist ganz selbstgemachter Mann und eine der interessantesten Erschei- mmgen der Großstadt. Als Kind armer Eltern mußte er nach dem Tode seines Vaters die Tertia des Gymnasiums verlassen und er- nährte bereits als Lehrling in Gemeinschaft mit seinem Bruder die alte Mutter und kleinen Geschwister. DaS Vertrauen feines Chefs und eigene Tüchtigkeit hob ihn von Stufe zu Stufe, bis er die erste Stelle in dem Geschäfte ein- nahm, wo er als Lehrling begonnen hatte. Nach längerer Wirk- samkcit schied er aus dem Geschäfte seines Prinzipals und gründete rn Gemeinschaft mit seinem Bruder ein eigenes Unternehmen, in welchem er neben ausgedehntem Kontorpersonal mehr als tausend Arbeiter beschäftigt. Die Armseligkeit in seiner Jugend hat ihn auf sozialistische Studien gelenkt, und nachdem sein Geschäft dank der entwickelten Energie kraftvoll vorwärts ging, führte Singer einen Teil seiner sozialistischen Anschauungen prak- tisch bei seinem eigenen Unternehmen ein. Alle seine Arbeiter sind zum Beispiel bis zu einer gewissen Grenze an dem Gewinn des Unternehmens beteiligt. Als das Sozialistengesetz über Berlin den kleinen Belagerung?- zustand verhängte und viele Sozialdemokraten ausgewiesen wur- den, nahm sich Singer der zurückgebliebenen Frauen und Kinder auf das großmütigste an. Die Berliner Polizei würde wahrschein - lich auch ihn schon lange ausgewiesen haben, denn aus seinen Ge- sinnungen und Agitationen machte er nie ein Hehl, Aber die Ver- dienst« des Mannes um das Wehl der Armen und der arbeitende» Klasse sind so bedeutende, daß man wohl die Aufregung verhindern will, die eine solche Ausweisung hervorrufen müßte. Paul Singer ist auch der eigentliche Gründer des segensreich wirkenden Berliner Asyls für Obdachlose". Hier führt er in unermüdlicher Aufmerk- samkeit die neuesten Erfindungen auf gesundheitlichem Gebiet ein, ohne Kosten und eigene Arbeit zu sparen. So sind zum Beispiel die neuesten Verbeflerungen. welche die jüngst geschlossene Hygiene- ausstellung brachte, sofort von ihm für daS Asyl für Obdachlose erworben worden. Früher gehörte Paul Singer zur Fortschrittspartei. Er ver- ließ dieselbe, weil sie ihm die Besserung der wirtschaftlichen Lage der Arbeiter vor lauter politischen Phrasen nicht beachtet. WaS hilft dem Arbeiter" so sagt erdas Versprechen der größten politischen Freiheiten, wenn er dabei hungern muß?" Von der Glut und dem Ernst, mit welchem Singer die Arbeiter- frage behandelt und in seinem Kreise zu lösen trachtet, legt fol- gende Aeutzerung Zeugnis ab: Er sagte einem meiner Bekannten, der ihn besuchte, im Laufe des Gespräches:Ich darf nicht heiraten. denn die Sorgen und Liebe einer Familie würden mich in meiner Tätigkeit für meine Parteigenossen, die Arbeiter, beschränken". Dieser seltene Mann, der von jedem Berliner Arbeiter gekannt und verehrt, bisher fast noch gar nicht in die Ocffcntlichkeit als Redner oder Agitator hinaustrat, der aus jeden billigen Lärm, ivic ihn die anderen Sozialistenführer machen, bis jetzt stolz verzichtete, wird von der Arbeitcrbevölterung seines Bezirkes natürlich fast vergöttert. Von seinem Einfluß legt Zeugnis ab, daß im vorigen Jahre Hofprediger Stöcke r, der Führer der sogenannten Christlich - sozialen, mit ihm verhandelte. Der kaiserliche Hofprediger wollte sich verpflichten, mit seine« Anhang für die sozialdemokratischen Zlbgeordnetkn Bebel und Hasenelevex in Berlin zu stimmen, wenn Singer bei den beiden Kandidaten derroten Partei" es durch- drückte,' daß sie die Bismarcksche Arbeitergesctzgebung unterstützten. Geschähe dies, so versprach Stöcker sogar, daß die Konservativen in die Aufhebung des Sozialistengesetzes einwilligen würden. Paul Singer erklärte sich indes grundsätzlich gegen alle Äom promiss e. Er hat sich sogar von diesem Standpunkt aus auch dafür ausgesprochen, daß bei den bevorstehenden Nachwahlen für den Gemeinderat die Arbeiter(die in Bezirken Kmschen Fort­schrittlichen und Anti-Liberalen den Ausschlag gaben), der Ab- stimmung sich enthalten. Ich müßte mich nun schwer täuschen, wenn Singer nicht noch einmal berufen sei» sollte, als sozialdemokratischer Reichstags- abgeordneter im deutschen Parlament eine Rolle zu spielen. Des- halb schien es mir nützlich, diesen sozialistischen Charakterkopf schon heute, wo er zum erstcnmalc vor einer großen Ocffentlichkcit auf- taucht, mit einigen Strichen festzuhalten. Die deutsche Partei ist nicht reich an Intelligenzen und ganz arm an wohlhabenden Leuten, welche sich aus wirklich innerer Ueberzeugung ohne irgendwelchen Vorteil ihrem Dienste widmen. Paul Singer hat etloas, wodurch die ganze Masse für ihn ein- genommen wird, und was ihr imponiert. Sein Wohltun ist sprich- wörtlich, sein Wesen trotz aller Güte energisch und bestimmt. Eine hohe stattliche Erscheinung in den Vierzigern, mit dichtem, aber bereits ergrauendem Haupthaar, so repräsentiert er mit seiner Bildung und den vollendeten Manieren eines Weltmannes den Typus eines vornehmen Großkaufmanns, den Chef eines Welt» Hauses. Bestechend und gewinnend wirkt auf jeden, daß er sich aus Liebe zu den Armen und Bedrückten der Arbeiterbewegung widmet, in Erinnerung daran, daß er selbst aus jenen Schichten emporstieg. Im Berliner Volksmund heißt daS Rathaus zu Berlin das Rote Haus", denn der gewaltige vierkantige Bau mit den stump- fen gothischen Türmen ist aus roten Ziegeln aufgeführt und leuchtet alSrotes Wahrzeichen" weit hinaus über das Häusermecr Berlins . Die Konservativen legen noch eine besondere Betonung auf die BezeichnungRotes Haus". Rot ist in ihren Augen die im Rat. haus herrschende Fortschrittspartei. Die Forischrittler dagegen bezeichnen ihrerseits wieder die Sozialisten als die alleinigenRoten ". Nun ist imRoten Haus" zu Berlin in der Persönlichkeit Singers der erste wirkliche Sozialdemokrat eingezogen, aber selbst seine heftigsten politischen und wirtschaftlichen Gegner tragen diesemroten Stadtverordneten" von Berlin volle Achtung und viele persönliche Sympathien entgegen. politifcbe dcberlicbt. Berlin , den 7. Februar 1911. Um die Unabhängigkeit der Richter. AuS dem Reichstag , 7. Februar. In der heutigen Fortführung der zweiten Lesung des GerichtSverfassungS- gesctzes bemühten sich wiederum die sozialdemokratischen Kommissionsmitglieder. aber auch mit ihnen Freisinnige. Polen und einige Zcntrumsmitglieder, die Unabhängigkeit der Richter besser zu sichern, als es bisher der Fall gewesen ist und als das durch die Kommissionsfassung gewährleistet erscheint. Die Genossen Heine, Stadthagcn, Frohme und Z i e t s ch nahmen dabei Gelegenheit, auf verschiedene Vor- kommnisse in der Rechtspflege, besonders der preußischen, hin- zuweisen, in denen ein der Regierung unbequemes Verhalten eines Richters zu dessen Maßregelung geführt hat. Als Seine eines Assessor? in Oberschlesien gedachte. dem sein Verhalten die richterliche Karriere gekostet hat, be- hauptete ein R e g i e r u n g S k o m m i s s a r aus dem preußi­schen Justizministerium schlankweg, er kenne zwar den Fall nicht, aber er sei fest überzeugt, daß den betreffenden Herrn beim Uebergang zur Rechtsanwaltskarriere ganz andere Gründe geleitet hätten. Den Nachweis für die� Richtigkeit seiner Angabe wird Heine zweifelsohne demnächst dem Re- gierungökommiffar in genügender Deutlichkeit erbringen. Stadthagcn ging auf die Strafversetzung des Land- qerichtsdirektors Alexander Schmidt ein, der nach der Führung eines Prozesses gegen Horden wegen Majcstäts- belcidigung aus einer Strafkammer in eine Zivilkammer ver- setzt wurde, das als eine Maßregelung empfand und sich pensionieren ließ. Mit diesem und ähnlichen Fällen be» gründete Stadthagen einen sozialdemokratischen Antrag, der die Geschäftsverteilung bei den Gerichten in die Hände des gesamten Richterkollegiums legen will. Der Staatssekretär L i s c o meinte, solche einzelnen Fälle bewiesen gar nichts. Er fand Zustimmung bei der Mehrheit der bürgerlichen Parteien, die den Antrag ablehnten. Als dann aber ein Antrag Dahlems*}.) zur Abstimmung kam. der jene Entscheidung wenigstens in die Hände des Gerichttzpräsidiums legen will an Stelle der einzelnen Präsidenten, stellte sich die B e s ch l u ß u n f ä h i g k e i t des .HauseS heraus. Morgen geht die zweite Lesung weiter. Zweckverbände. Bon den beiden Zweckverbandsgesetzentwürfen, die dem Land» tag« zugegangen sind, bildete der allgemeine Entwurf den Gegen- stand der Verhandlungen der DienStagSsitzung de? Abgeordneten- HauseS. Die Vorlage, die wir bereit? früher eingehend besprochen haben, deckt sich in ihren Grundzügen mit einem im vorigen Jahre einstimmig gefaßten Besckiluß des HauseS. Wenn trotzdem von fast allen Rednern an Einzelheiten Kritik geübt wurde, so liegt daS an der Art, wie die Regierung dem Beschluß Rechnung getragen hat; sie hat den Entwurf teils mit Bestimmungen bepackt, die in da? SelbstvcrwaltungSrecht der Gemeinden eingreifen und die Städte zu- gunsten der Landgemeinden schädigen; Bestimmungen, die die Linke als unannehmbar bezeichnete. Teils hat sie den Zweckverbänden Aufgaben überwiesen, die nach Ansicht der Konservativen zu weit gehen, weil sie da? platte Land belasten. In Gegensatz zu der Rechten und dem Zentrum, die den Stand- Punkt vertraten, daß durch die Zweckverbände der Eingemeindung ein Riegel vorgeschoben werde, befürwortete unser Fraktionsredner Genosse Hirsch eine weitgehende Eingemeindung als das er- strebcnSwerte Ziel. Die Zweckverbände bezeichnete er als einen Schritt auf dem Wege zu diesem Ziel. Daß unser Genosse sich des Selbstverwaltungsrechts der Gemeinden annahm und das Interesse der Allgemeinheit gegenüber dem Sonder- interesse einzelner Gemeinden hervorkehrte, bedarf keiner besonderen Erwähnung. Bemerkenswert ist es. daß sich auch die Fre, sinnige», die bekanntlich früher in Berlin nichts von Ein- gemeindungen großen Stils wissen wollten, jetzt zu der Einsicht durchgerungen haben, daß nur eine Eingemeindung imstande ist, die Gemeinden in die Möglichkeit der Erfüllung ihrer Aufgaben zu versetzen. Die Debatte endete mit der Ueberweisung der Vorlage an eine Kommission von 28 Mitgliedern. Am Freitag beginnt die Beratung des Entwurfs eine? Zweck- Verbandsgesetzes für Groß-Berlin. Selbst gefangen. Die Mitglied'er der theologischen Fakultät d'er kathoft- scheu Universität in Münster , insgesamt dreizehn Professoren, haben sich arg in die Nesseln gefetzt. Im Vertrauen auf die päpstliche Zusicherung, daß sie als Angestellte einer deutschen staatlichen Hochschule den Antimodernisteneid nicht zu leisten brauchten, haben sie jüngst in einer gespreizten Erklärung dem Bischof von Münster angekündigt, daß sie sich ent- schlössen hätten, den Eid nicht abzulegen: ein Entschluß, von dem sie annähmen, daß er sowohl der Meinung des Papstes wie der staatlichen und kirchlichen Behörden entspräche. Auf dieses devote Schreiben der katholischen Theologen- Professoren hat der Bischof Dingelstad von Münster nach dem Münster Anz." mit folgendem eindringlichen Er muh- n u n g s schreiben geantwortet: Die Erklärung der hiesigen theologischen Fakultät vom 31. vergangenen Monats habe ich erhalten. Es hat mich mit Be- fticdigung erfüllt, daß die hochwürdigen Herren der Fakultät es offen aussprechen, daß sie in der Ablcgung des durch daS päpstliche Motu proprio vom 1. Dezember vergangenen Jahres geforderten Eideseine Preisgabe echter Geistesfreiheit und wahrhaftigen Forschcrsinncs oder eine Aenderung der bisherigen Grundlagen des Glaubens und Forschcns" nicht erblicken. G c- rade deshalb können Sic aber den gedachten Eid leisten, ohne die Pflichten und Rücksichten zu verletzen, die der Fakultät ass Glied einer staatlichen Hochschule obliegen, zu- mal der Heilige Vater von den Lehrern an staatlichen Hochschulen den Eid nicht fordert, sondern die Eidesleistung ihrer freien Entschließung überläßt. Gern erkenne ich an, daß dieLehrtätigkeit der Herren Unterzeichneten der Erklärung und ihre offen geäußerte wissenschaftliche Ueberzeugung stets im Einklang gewesen ist mit den gegen die modernistische Auflösung des katholischen Glaubens gerichteten Grundsätzen der Enzyklika Lascenäi, wie sie die Eidesformel kurz zusammenfaßt". Ich bin auch fest davon überzeugt, daß die Fakultät, wie sie versichert. es in Zukunft niemals an dem Mute der Ueberzeugung in Sachen der Religion und ihres Bekenntnisses fehlen lassen wird. Dabei kann ich aber doch vollkommen verstehen, daß der Heilige Vater den Wunsch hegte, eS möchten alle Lehrer der Theologie ohne Ausnahme den Eid l e i st e n, da es sich bei demselben um eine Garantie für die Reinheit der Lehren handelt, welche zu hüten seine erste und oberste Aufgabe ist eine Aufgabe, die ausschließlich zur kirchlichen Kompetenz gehör t." WaS nun? Was werden die dreizehn Professoren, die glaubten, sich als unabhängige, nur ihrer Ueberzeugung folgendeM änner der Wissenschaft" hinstellen zn dürfen, jetzt tun? Werden sie jetzt ihren reiflich er- w o g e n e n Entschluß fallen lassen und, der sanften Mah- nung des Bischofs folgend, nacheinander feierlichst beschwören, was verlangt wird, oder werden sie zu ihrem Entschluß stehen. Wir müssen aufrichtig gestehen: wir glaube» au solche Mannhaftigkeit nicht. Schon in kurzer Zeit wird einer nach dem anderen kommen undfreudigen Herzens" aus sogenannterrein st er Ueberzeugung" den Anti­modernisteneid leisten. Da sind die Professoren der theologisch-kotholischen Fakultät der Münchener Universität bessere Rechner. Vier dieser Herren haben sofort erkannt, daß es vorteilhafter ist, sich incht erst lange zu sperren, sondern alles zu beschwören, was von der römischen Kurie gefordert wird. Weniger klug hat sich die kcktholisch-theologische Fakultät in Bonn erwiesen. Sie wollte hinter die mutigen Drei- zehn von Münster nicht zurückbleiben und hat deshalb dem Kardinal Fischer von Köln auf amtlichem Wege ebenfalls eine Erklärung überreicht, die nach Berichten bürgerlicher Blätter folgenden Wortlaut hat: Eminenz! AuS Anlaß deS in den Acta Apostolicae sedis veröffentlichten Schreibens Sr. Heiligkeit des Papstes vom 31., Dezember 1910 waren die Dozenten der katholisch-thcolv- gischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universftät im Begriffe. Ew. Eminenz eine Erklärung zu geben. Mittler- weile wurde uns die Kundgebung der Herren Kollegen der thcolo- gischen Fakultät im Münster zugesandt und veröffentlicht. Wir teilen deren grundsätzliche Ausführungen durchaus und schließen uns denselben hiermit einfach an. Im Auftrag der sämtlichen Dozenten der katholisch-theologischen Fakultät ehrerbietigst Fclten, zcft. Dekan." Erzbischof Fischer hat noch nicht geantwortet. Aber er kann mcht gut Hücker dem Glaubenselfer des Bischofs von Münster zurückbleiben: folglich wird er wohl mit einem ahn- lichen schönen Appell an den freiwilligen Gehorsam ank- Worten. Man kann also mit Bestimmtheit darauf rechnen, daß in nächster Zeit überall die katholischen Professoren ihre völlig«. innere Ucbercinstimmung mit dem Antimodernisteneid cick- decke» werde»._ Zentrum ist Trumpf. Der Kaiser schließt an seine im März stattfindende Mittelmeerreise einen Besuch beim Papste an. An sich wäre diese Meldung der»Frankfurter Zeitung " gewiß höchst gleich- gültig, wenn nicht in der letzten Zeit allerlei stille Kämpfe zwischen Rom und Berlin gefiihrt ivorden wären. Man darf in dieser Reise eine Konzession an das Zentrum erblicken, das wieder ganz gouvernemental geworden ist. Hat sich doch das Zentrum in der Budgetkommlssion wenn auch mit dein üblichen Wenn und Aber bereit erklärt, die Militärvorlage in ihrem vollen Umfange anzunehmen._ Sozialdemokratische Anträge im Treiklaffenparlament. Zur zweiten Lesung des Etats des Ministeriums des Innern beantragt unsere Fraktion im preußischen Abgeordnetenhause, die Staatsregierung möge ohne Verzug einen Entwurf vorlegen, durch den alle preußischen Gesindeordnungen und alle preußischen Gesetze über die Verletzung der Dienstpflicht des Gesindes und der ländlichen Arbeiter aufgehoben werden; andere Anträge fordern eine Umgestaltung der Bestimmungen über Forstdiebstahl, die all- geineine Gestatiung des Gebrauchs fremder Sprachen in öffentlichen Versammlungen und der Abhaltung von Versammlungen unter freiem Himmel, Aufhebung des§ 2 des VagabundengesetzeS und Abschaffung der politischen Geheimpolizei. Die Ursachen des Eingeborenenaufstandes auf Ponape . DieNordd. Allgem. Ztg." veröffentlicht einen weiteren aus Jap (Karolinen ) eingegangenen Bericht dcS stellvertreten- Gouverneurs von Deusch- Neuguinea , des Rcgierungsrats Dr. Oßwald. über die Ursachen der Unruhen auf der Insel Ponape . Regienmgsrat Oßwald berichtet über die auf- ständischen Jokoj(Dschokadsch)-Eingeborenen: ES handelt sich in letzter Linie um eine Auflehnung gegen unsere Herrschast, die den Jokojlenten anfing unbequem zu werden.