»reicher ufo?., die vom Emzelnchter ohne Zuziehung von Schöffen abgeurteilt iverden sollen. Aber wieviel Elend, wiediel Not— auch unverschuldetes Elend und unverschuldete St o t— bergen sich oft unter dem Sammelnamen der Landstreicherei! sSehr wahr I bei den Sozialdemokraten.) ES geht doch nicht an. diese Un glücklichen noch extra durch Entziehung der Rechte garantienzube st rasen, zumal auch bei der Findigkeit, die in dieser Beziehung in Deutschland herrscht, ein politischer Mistbrauch keineswegs unbedingt ausgeschlossen erscheint.(Beifall bei den Sozialdemokraten.)... Abg Graf(luirfch. Vg.) tritt für die Komimssionsfasning ein und bestreitet, daß die Möglichkeit des politischen Mistbrauches ge geben sei. § 23.3 wird unter Ablehnung desAntragsAlbrecht in der Fassung der Kommission angenommen. Die folgenden Paragraphen werden unverändert debattelos an- genommen. 5 SO des GerichtSverfaffungsgesetzeS. nach welchem die Landes justizverwaltung die Untersuchungsrichter bestellt, ist von der Kommission unverändert gelassen. Die Abgg. A l b r e ch t und Genossen(Soz.) beantragen, die Worte»die Landesjustizverwaltung' zu ersetzen durch„das Plenum § 03 überlästt die ÄeschäftSverteilung über das ganze Jahr dem Präsidium deS Gerichts. Die Abgg. A l b r e ch t und Genossen(Soz.) beantragen, die Worte„das Präsidium' zu ersetzen durch„das Plenum". Abg. Dr. Dahlem(Z.) beantragt, hinter„das Präsidium" einzuschieben„in gemeinsamer Sitzung". Abg. Stadthagen (Soz.): Unsere Anträge entspringen der Notwendigkeit, die llnab hängigkeit der Richter zu sichern. Diese Anträge bewegen sich ganz im Rahmen eines Borschlages, der in der„Deutschen Juristenzeiwng" gemacht ist. Auch in dem bekannten A u b i n s ch e n Buch über die Unabhängigkeit der Richter wird dasselbe verlangt. Es handelt sich hierbei keineswegs blost um theoretische Erörterungen, wir haben genügend Fälle in der Praxis erlebt, ich erinnere nur an die Fälle Alexander Schmidt und H a v e n st e i n. Alexander Schmidt hat ausdrücklich erklärt, dast seine wider seinen Wunsch erfolgte Versetzung aus der Straf- in die Zivil lammer der Grund fei, warum er seinen Abschied ge n o m m e n habe.(Hört I hört I) Ein anderer berühmt gewordener Fall ist der de« SenarSprästdenten Häven st ein vom Kammer- gericht, der— ebenfalls wider seinen Wunsch— au« dem Strafsenat entfernt wurde, weil er Steifnackigkeit gegen die Polizei gezeigt hatte. Auch Havenstein hat die Versetzung als Mast- r e g e l u n g anfgefastt. Als sich aber die.Königsberger Volksztg." dieser Auffassung anschlost, wurde sie verurteilt und die oerurteilende Strafkammer erklärte es für die Pflicht des Präsidiums, einen Richter aus einem Senate zu entfernen, wenn nach Ueberzeugung des Präsidiums die politische Stellung des Richters schädlich wirken könne.(HörtI hörtl bei den Sozialdemo- kraten.) So überschlug sich die Königsberger Strafkammer förmlich in der Wollust der Abhängigkeit, so proklamierte sie den Grundsatz der Hegemonie der Politik in der Justiz.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) In beiden Fällen hat sich das Reichs» gericht auf den Standpunkt der Gemast» regelten gestellt.(Hörtl hört!) Nach allen diesen Mast- regelungen ist es dringend notwendig, dast unser Antrag an- geiionimen wird, der tatsächlich da« Minimum deffen darstellt. ivas selbst von der„Deutschen Richter-Zeilung" als unumgänglich notwendig für die Unabhängigkeit des Richterstandes bezeichnet wurde.(Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) Abg. Dr. Dahlem(Z.) begründet«einen Antrag, wonach die Geschäftevcrteilung nicht durch das Präsidium allein, sondern durch daS Landgericht in gemeinsamer Sitzung erfolgen soll. In der Tat habe die ausichliehliche Geschäfteverteilung durch das Prä- fidium zu bösen Mistbräuchen geführt. Sein Antrag sei geeignet, auch die Bedenken der äustersten Linken zu zerstreuen. Staatssekretär Liisro bittet, den Paragraphen unverändert zu laffen. Abg. Stadthagen (Soz.): Der Kern unseres Antrages ist, dast Garantien gegen die Ver- setznng von Richtern au» einer Kammer in die andere bezw. aus einein Senat in den anderen aus politischen Gründen ge- schaffen werden sollen. Die Fälle Havenstein und Alexander Schmidt zeigen, wie notwendig die Ersüllung unseres Verlangens ist I Noch schlimmer aber als diese Fälle ist die ausdrückliche Recht« fertigung der politischen R icht erm a str e g e l un g r n durch die Königsbrrger Strafkammer.— Ich wiederhole: unser Antrag fordert nichts anderes als was die Richter s e l b st fordern.(Hört! hört l und lebhafter Beifall bei den Sozial demokraten.) Staatssekretär Lisco(schwer verständlich) polemisiert erneut gegen die Abgg. Dahlem und Sladthagen. Abg. Dahlem (Z.) tritt erneut für seinen Antrag ein. Abg. Heine(Soz.): Stadthagen hat überzeugend nachgewiesen, dast verstärkte Ga- rantien dringend notwendig sind. Die Fälle Havenstein und Alexander Schmidt sprechen eine gar zu deutliche Sprache.— Wir halten unsere Anträge entschieden für bester als die Fassung, die Herr Dahlem vorschlägt. Immerhin ist die Fassung des An- uageS Dahlem uns sympathischer als die bisherigen völlig un- genügenden Bestimmungen. Wir werden daher im Falle der Ab- lchnung unserer Anträge für den Antrag Dahlem stimmen.(Bei- fall bei den Sozialdemokraten.) Die Diskussion schließt. Die Anträge A l b r e ch t u. Gen. werden gegen die Sozial- demokraten, Polen und einen Teil der Freisinnigen abgelehnt. Bei der Abstimmung über den Antrag Dahlem , für den Sozialdemokraten, Fortschrittler, Polen und ein Teil deS Zentrums stinimt, bleibt das Bureau zweifelhaft. ES muß Hammel- s p r u n g stallfinden. Für den Antrag stimmen SO, dagegen 92 Abgeordnete. DaS Haus ist also beschluhunfähig. Vizepräsident Dr. Spahn beraumt die nächste Sitzung an auf Mittwoch 1 Uhr.(Fortsetzung der heutigen Beratung.) Schluß 58/4 Uhr. Berichtigung. gestrigen Bericht fehlt ein AbstimmungS- In dem r e f u l t a t. 8 3 schreibt vor. daß die Zulaffung zur Vorbereitung zum Justiz- dienst nicht vom Nachweis eines„bestimmten" Vermögens oder Einkommens abhängig gemacht werden darf. Hierzu beantragten die Abgg. A l b r e ch t und Genoffen(Soz.) das Wort„bestimmten" zu streichen. Dieser Antrag wurde an- genommen.__ Hbgcordnetenbaua� 21. Sitzung vom Dienstag, den 7. Februar, vormittags 11 Uhr. Am Ministertisch: v. Dallwitz. Auf der Tagesordnung steht die erste Beratung des Entwurfs eiues Zweckverbands- gesetzes. ES wird zunächst beschlossen, die Berliner Verhältnisse bei dem speziellen Entwurf für G r o st- B e r l i n zu erörtern. Minister v. Dallwitz: Anträge in der Richtung dieses Gesetz- entwurfs sind wiederholt vom Abgcordnetenhause angenommen lvorden. Es soll nun die Materie für die ganze Monarchie einheitlich ge- regelt iverden. Auch werden die Aufgaben der Zweckver- bände erweitert. Für die zwangsweise Zusammen- legung von Gemeinden wird von dem bisherigen Prinzip der Beschränkung des ZweckverbandeS auf bestimmte Auf gaben festgehalten, freiwillig sollen sich Gemeinden zur Wahrung aller möglichen gemeinsamen Interessen zusammenschließen dürfen. Zu den Aufgaben der ZwaiigSzweckverbände soll jetzt auch gehören die Elektrizitätsversorgung, die öffentlichen Verkehrseinrichtungen und die Festsetzung und Durchführung von Bausluchtlinien. Der freien Selbst- Verwaltung ist in dem Entwurf genügend Rechnung getragen Es ist zu hoffen, dast die Zahl der Zweckverbände sich nach Ver- abschiedung des Entwurfs erheblich vermehren wird und dast die Vorlage dadurch, dast die gemeinsamen Aufgaben der Gemeinden au eine breitere Basis gestellt werden, eine lullurfördernde Wirkung haben wird.(Bravo !) Abg. Linz (Z.>: Wir sind mit der Tendenz des Entwurfes ein- verstanden. Auw halten wir es für richtig, dast im öffentlichen Interesse auch die zwangsweise Zusammenlegung von Stadtbezirken erfolgen darf. Au erster Sielle mutz freilich das Ein- Verständnis der betreffenden Gemeinden stehen und es müssen die nötigen Kautelen geschaffen werden, damit der autoritative Druck des Obcrprästdentcn nicht zu stark wird. Das Gesetz sagt nichts darüber,»iiter welchen Voraussetzungen das öffentliche Jntereffe als vorliegend zu erachten ist. DaS muv nachgeholt werden. Bedenken haben wir auch gegen die Bestimmungen über die Ab stimmungen im Verbandsausfchust und über die Auf bringung der Mittel der Zweckverbände. Als Vorteil der Vorlage erhoffen wir eine Verminderung der jetzt so häufigen Ein gemeindungen.(Bravo ! im Zentrum.) Abg. v. Brandenstein(k.): Der Entwurf bedeutet eine Verbesse� runa des bestehenden Zustandes. Die Kautelen bei der zwangt weisen Zusammenlegung werden durch Einführung deS mündlichen Verfahrens vor dem Kreis- resp. BezirksauSschust, wobei jede Ge- meinde ihre Interessen vertreten kann, wesentlich Verbeffert. Eine Verschlechterung liegt darin, daß eine zwangsweise Zusammenlegung schon erfolgen kann auf Antrag eines der Beteiligten. Der Antrag müßte mindestens von der Hälfte oder Zweidritteln der für den Zwangsverband in Aussicht Genommenen auS- gehen, wenn ihm überhaupt nachgegangen werden soll. Die Hauptfrage ist: für welche Art von kommunalen Ausgaben kann eine Gemeinde zwangsweise genötigt iverden. sich einem Zweck- verbände anzuschließen. Wir wollen die Grenze zwischen obligarori- scheu und fakultativen kommunalen Aufgaben so genau ziehen wie möglich. Das ist in dem Entwurf nicht geslbehen. Wir sollten unter Berücksichtigung der bereits bestehenden Zweckverbände das, was wir als lommunale Aufgaben eines ZweckverbandeS angesehen wissen wollen, im Gesetz genau festlegen. Die schwer st en Bedenken haben wir dagegen, dast auch die Elektrizitätsversorgung und die öffentlichen V e r k e b r s e i n ri ch t u n g e n zu den kam- munalen Aufgaben von Zwangsverbänden gehören sollen. Wenn irgend eine Stadt an einer Kleinbahn oder einer DampfschiffahrtSverbindung ein besonderes Interesse hat. würden danach die anliegenden Ge- meinden gezwungen werden können, Beiträge dazu zu leisten. Der Austritt einer Gemeinde aus einem Zweckverband muß unseres Erachtens erleichtert werden. Von einer Hinzuziehung i n d u st r i- eller Unternehmungen zu Zweckoerbänden kann keine Rede sein.— Wir hoffe», dast wir ohne zu groß« Schwierig- leiten zu einer Verständigung über den Entwurf kommen werden. Bravo I recht?) Minister V.Dallwitz betont, dast die Elektrizitätsversorgung durch ZwangSzweckverbände einem dringenden Bedürfnis der Praxis ent- preche. Die Kautelen gegen die zwangsweise Einbeziehung einer Gemeinde könnten eventuell vermehrt werden. Ueber die Auflösung eines Zwangsverbandes seien Bestimmungen vorgesehen. Abg. Dippe(natl.): Wir begrüßen den Entwurf, denn er gibt die Möglichkeit, in Verbänden gemeinnützige Einrichtungen zu schaffen. die eine einzelne Gemeinde nicht schaffen kann. Doch muß dafür gesorgt werden, dast nicht aus Grund de« Gesetze« auS der Haut >og. leistungsfähiger Gemeinden Riemen geschnitten werden können. An Stelle de« Oberpräsidenten sollt« bei der Entscheidung über die Bildung eine? Zwangsverbandes eine Kollegialbehorde mit- wirken. Wir hoffen, dast der Entwurf in der Kommission von 28 Mitgliedern eine annehmbare Gestalt gewinnt. Abg. Frhr. v. Zedlitz(fk.): Die Aufzählung der kommunalen Aufgaben eines ZwangSzweckoerbandeS in diesem Gesetz, wie sie Herr v. Brandenstein wüm'chte, erscheint mir undurchführbar. Ein solches Verzeichnis würde auch mit fortichrcitender Kulturentwickelung bald wieder unvollständig sein.(Sehr richtig!) Die Kautelen für die Bildung von Zwangsverbänden erscheinen mir genügend. Wir er- warten, dast die Behörden nachher ausreichenden Gebrauch von der Möglichkeit, Zweckverbände zu bilden, machen werden; sie find die Borbedingung für eine durchgrSifende innere Kolonisation.(Bravo !> Abg. Dr. Flcsch(Vp.): Wir erkennen an, dast Zweckverbände sehr nützlich wirken können, behalten un« aber unsere Zustimmung vor. je nach der Gestaltung der Vorlage. ES dürste z. B. nicht einfach heißen: Stadt darf mit Stadt verbunden werden, sondern es müstte ein Unterschied gemacht werden zwischen G r o st st ä d t e n, die doch nun einmal bestehen, ganz gleich ob man diese Entwickelung für erfreulich hält, und kleinen Ge- meinden, die auch Städte genannt werden. Es sollte nicht dasselbe sein, ob irgend eine kleine Gemeinde den Antrag stellt auf Bildung eines ZweckverbandeS gegen den Willen einer Grast st adt oder ob der Antrag von der G r o st st a d t ausgeht. Nach den bis- herigen Erfahrungen liegt die Gefahr vor, dast im ersteren Falle dem Antrage wahrscheinlicher entsprochen wird als im zweiten Falle.(Sehr wahr l links.) Gar nicht berührt ist in dem ganzen Entwurf das Wohnungswesen.(Sehr richtig I link«.) E« must Vorsorge getroffen werden, dast nicht großen Gemeinden durch Bildung eines ZweckverbandeS die Herrschast genommen wird über daS, was sie geschaffen haben. Wenn man sagt, wir müssen Vertrauen zu den Behörden haben, dast so etwa? nicht geschieht, so meine ich: Vertrauen ist eine zarte Pflanze und auf dem Boden der bisherigen Behandlung der Großstädte wird sie schlecht gedeihen.(Sehr richtig! links.) Sollte die Freiheit der Städte durch den Entwurf beeinträchtigt werden, so wäre es besser, lieber noch ein paar Jahre ohne ZwangSzweckverbände auS- zukommen.(Bravo ! links.) Abg. Hirsch(Soz.): So sehr meine Freunde unter Umständen für Gründung von Zweckverbänden sind, so können wir doch dem vorliegendeu Entwurf in seiner jetzigen Fassung nicht zustimmen. Der Herr Minister wie? auf das Beispiel von England hin. Er vergißt aber, dast in England die kommunalen Geietze nicht von einem Parlament er- lassen werden, das auf Grund eines Dreiklassen- Wahlsystems gewählt ist.(Sehr wahr I bei den Sozial- demokraten.) Es ist von der Selbstverwaltnug der Gemeinden gesprochen worden. In der Tat haben wir ja nur eine Selbstverwaltung der Besitzenden, die große Masse der Bevölkerung ist von der Selbstverwaltting in- folge deS plutokratifchen Wahlsystems a u s g e f ch l off f e n.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Aber auch in das bestehende SelbstverwaltungSrccht greift der Entwurf wesentlich ein. So sollen dem VerbandSauSschust ohne Wahl der Bürgermeister oder ein von ihm zu bestimmendes Mitglied der Geiiicindeverwaltung als Abgeordneter angehören. Ich kann mir denken, dast eine Gemeinde einen sehr tüchtigen Bürgermeister hat, ihn aber dock nicht für ge- eignet hält, sie im VerbandSauSschust zu vertreten. Nach dem Ent- Wurf aber sind die Bürgermeister geborene Verbands- a u S f ch u st m i t g l i e d e r. Wir wünschen direkte Wahl der BerbandSausschustmitglieder, zum mindesten müstte der Gemeindeverwaltung völlig freie Hand ge- lassen werden, wen sie entsenden will. Eine Beschränkung der Selbstverwaltung liegt auch in der von dem Herrn Vor- redner schon kritisierten Bestätigung des Verbands- v o r st c h e r S. Wir sind grundsätzliche Gegner des BeslätigungS- rechtes. Die Bestimmung, dast die Abgeoronetenzahl eines Mit- gliedes eines ZweckverbandeS nicht über em Drittel der Gesamtzahl hinausgehen darf, richtet sich direkt gegen die Großstädte. ES wird hier wieder das Land auf Kosten der Städte begünstigt. (Sehr wahrl bei den Sozialdemokraten.) Grundsätzlich find wir, wie gesagt, für Zweckverbände. Wo sie nicht freiwillig zu erreichen sind, muß natürlich ein gewisser Zwang ausgeübt werden. Aber es dürfen selbstverständlich nicht zwangsweise eine Reibe von Ge- meinden, die nichts davon wissen wollen, zusammengetan werden. (Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.) Wir sehen im übrigen in den Zweckverbänden kein Mittel, den Eingemeindungen einen Riegel vorzuschieben, wie das Herr Linz wollte, sondern wir ballen gerade die Eingemeindungen für da« erstrebenswerte Ziel und begrüßen die Schaffung von Zwangsverbänden als einen Schritt zu diesem Ziel. Der Kreis der Aufgaben der Gemeinden wächst von Jahr zu Jahr, so dast sie von kleinen vielfach leistungsunsähigen Gemeinden gar nicht erfüllt werden können. Diese Zwerg- gemeinden, die heute namentlich im Osten bestehen, haben keine innere Berechtigung, das gilt insbesondere für die Guts- bezirke. Trotzdem sehen wir, dast die Regierung gerade solche Zwerggemeinden in der Nähe von Berlin b e g ü n st i g t.(Hört I hört! bei den Sozialdemokraten.) Ein Vorzug des Entwurfs ist es, daß er den Krei« der von den Zweckverbänden zu lösenden Auf- gaben nickt festlegt. Herr v. B r a n d e n st e in wollte diese Auf- gaben im Gesetz genau begrenzen. DaS ist unmöglich. Die Auf- gaben der Gemeinden nehmen infolge der kulturellen Entwickelung «o rapide zu. dast, wenn Sie heute eine Grenze ziehen zwischen fakultativen und obligatorischen Aufgaben, diese Grenze viel- leicht morgen nicht mehr aufrecht erhalten werden kann. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokralen.) Die Aufsichtsbehörde sollte nur dann einschreiten, wenn die Gemeinden die ihnen nach dem Gesetz obliegenden Aufgaben nicht ersüllen. Wenn Herr von Brau den st ein wünschte, daß die Aussichtsbchörde sich nicht darum kümmert, ob ein Zwangsverband die Elektrizitätsversorgung und die öffentlichen VerkehrSeinrichlimgen übernimmt, so könnte anscheinend kein Demokrat besser für daS sogenannte Selbstverwaltungsrecht eintreten als er, aber in Wirklichkeit wünscht er doch wohl nur deshalb, dast die AufsickitSbehörde sich nicht einmischt, damit die Gemeinden ruhig fortwursteln könne« und vor allem fürchtet er, dast sonst den Gutsbezirken, wenn sie zu Zwcckvcrbäbden vereinigt werdet«, zu hohe Lasten auf- gebürdet werden könnten.(Sehr wahr I bei den Sozial- demokraten.) Die Kautelen für die Bildung von Zwangsverbänden reichen auS. Oberste Instanz sollte allerdings nicht der Ober» Präsident sein, sondern eine Kollegienbehörde. Die Wohnungsfrage, deren Einbeziehung in das Gesetz Herr Glesch vermißte, ist von Zwangszwcckverbanden wohl schwer zu ösen. Für diesen Zweck ist die Eingemeindung der bessere Weg. Die Bestimmungen über die Auflösung von Zwangsverbänden genügen. Doch sollten Kautelen geickiaffen werden, damit nicht rgcndein? Gemeinde aus Sonderintereffen heraus leichtsinnig aus einem ZwaugSverband austritt und dadurch die anderen Gemeinden, die im Verband bleiben, schädigt. Die Befürchtung des Herrn von Brandenstein, dast eine Gemeinde infolge der Bildung eines Zweck- Verbandes gegen ihren Willen eine Kleinbahn bekommen könnte, teile ich nicht. Ich bekürchte vielmehr, daß eine Reihe von Gemeinden sich sträuben könnten, eine Kleinbahn zu bauen und dast darunter andere Gemeinden leiden.— In der Hauptsache wird Wert zu legen sein auf die freie Vereinbarung von Gemeinden zur Erfüllung ge- meinsamer Zwecke. Nur da wo es infolge deö WiderstrebcnS einer einzel- nen Gemeinde nicht möglich ist, einen Zweckverband zu gründen, oll die Regierung eingrellen. So wie der einzelne Mensch sich in einem geordneten Staatswesen im Interesse der Gesamtheit unter- ordnen must und nicht persönliche Interessen in den Vordergrund tellen darf, ebenso haben auch die einzelnen Gemeinden ihre kommu- nalen Sonderintereffen dem Jntereffe des großen ganzen unter- zuordnen.(Bravo I bei den Sozialdemokraten.). �. Abg. Dr. Wucrmling(Z.) wünscht, dast die Aufgaben der Zweck- verbände im Gesetz selbst festgelegt werden. Abg. v. Woyua(sk.) ist dafür, dast auch Kreisen die Möglichkeit gegeben werden soll, sich zu Zweckverbändcn zusammenznschliesten. Abg. Eaffel(Vp.): Die Bildung von Zweckverbändcn darf nicht der Bureaukratie überlasten werden, sondern must in das freie Er- messen der Gemeinden gestellt werden. Unbillig ist e« auch, dast den Gemeinden, die die leistungStähigsten sind, die am meisten zahlen und oft dem Zweck des zu bildenden Verbandes schon gerecht geworden sind, nur ein Drittel der Stimmen eingeräumt ist. AuS dem Gesetz ist übrigens nicht ersichtlich, ob eS nicht auch für Berlin gilt. � �„ Minister v. Dallwitz: In der Begründung zu dem Gesetz für Grost-Berlin wird ausgeführt, dast eS nicht erforderlich erschien, Berlin und seine Umgebung völlig auS dem Anwendungsgebiete des allgemeinen Zweckvtrbandsgesetzes auszuschließen. Abg. Fürbnnger(natl.): Die Schulden der Städte werden durch dies Gesetz noch vermehrt werden, denn eS kommen für sie nun noch die Zivcckverbandsschulden hinzu. Die Selbständigkeit der Kommunen darf nicht eingeschräntt werden. Abg. Wincklcr(k.) befürwortet die Einbeziehung der Kreise in da» Gesetz. Damit schließt die Debatte. DaS Gesetz geht an eine K o m» Mission von 28 Mitgliedern. Das HauS vertagt sich. Nächste Sitzung Mittwoch Grost -Berlin .) Schluß&U Uhr. 11 Uhr.(ZweckvervandSgesetz für Der Parteitag der Arbeiterpartei. Leicester , 8. Februar. (Tig. S5er.)l (Dritter Tag.) Die Diskussion über Arbeitsnachweise wurde fortgesetzt. ES wurde von verschiedenen Rednern darauf hingewiesen, daß jetzt die Zeit sei, um die neuen Einrichtungen zu reformieren. Hätten sie sich einmal eingelebt, so würde es schwer sein, sie zu verbeffern. Ein Redner bemerkte, dast daS Verfahren der Arbeitsnachweise eine Art Inquisition sei. Unter anderem würden die arbeitsuchenden Arbeiter gefragt, ob sie organisiert seien oder nicht. O r b e l l(Dockarbeiter) bringt einen Fall vor, der daS Ver« halten der Arbeitsnachweise bei Streiks illustriert. In Bristol habe eine bekannte Schokoladenfabrik, deren Inhaber den Ruf der Frömmigkeit genießt, mit ihren jugendlichen Arbeitern eine Difse- renz gehabt. Nach der jährlich vorgenommenen Lohnregulierung habe sich herausgestellt, daß der Lohn der Jungen beträchtlich redu- ziert worden sei. Die Jungen hatten für die„Regulierung" kein Verständnis, sondern sahen darin nur eine Lohnkürzung. Sie legten die Arbeit nieder. Der Schokoladcnfabrikant wandte sich darauf an den Arbeitsnachweis um 2S jugendliche Arbeiter. Der Arbeitsnachweis besorgte ihm 25 Jungens. Als sich aber di» Ge- werkschaft der Dockarbeiter und die Sozialisten Bristols der Sache der jugendlichen Arbeiter annahmen und ein Skandal drohte, bat der Fabrikant den Arbeitsnachweis, andere Stellen für die streiken- den jugendlichen Arbeiter zu finden, was auch geschah. Auf diese Weise vermittelte der staatliche Arbeitsnachweis in Bristol (30 Stellen für jugendliche Arbeiter.. i Schloesser(Fabier) führt auL, daß daS Gesetz über Ar- beitsnachweise der Abänderung bedürfe. Die Regierung müsse gesctz- lich gezwungen werden, an allen Orten nicht nur Arbeitsnachweise, sondern auch beratende Ausschüsse, in denen die Gewerkschaften vertreten seien, zu errichten. Die Resolution wird darauf einstimmig angenommen. In einer zweiten Resolution über Arbeitsnachweise wurde ge« fordert, daß in den Gebäuden der Arbeitsnachweise den GeWerk- schastcn Räumlichkeiten zu Versammlungen und VerwaltungS- zwecken einzurichten seien, um dadurch eine bessere Ucberwachung der neuen Institutionen zu ermöglichen. W h i t t a k e r(Wolverhampton, Gewerkschaftskartell) führt in der Begründung an. daß eine solche Neuerung auch den de- moralisierenden Einfluß der Wirtshauser. wo die Gewerkschaften jetzt häusig ihren Sitz haben, ausschalten würde. 1
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