|t. 34. W-IchMg. IJfilüjt des.Kmärls" Kcrlim MM Donnerstag. 9. Febrilür 19l!. l�eickstag. 122. Sitzung. Mittwoch, den 8. Februar 1S11, nachmittags 1 Uhr. Am Bundesratstisch: Dr. L i S c o. Die zweite Beratung des Gesetzentwurfs betr. Aenderung des GerichtsverfassungsgesetzeS und der Strafprozeßordnung wird sortgesetzt. Die Beratung beginnt mit der Abstimmung über den Antrag Dr. Dahlem tZ.), in Z 63 zu bestimmen. daß die Geschäfts- Verteilung beim Landgericht durch das Präsidium in»gemeinsamer Sitzung" zu geschehen habe. Der Antrag wird angenommen. Bei§ 62 begründet Abg. Heine(Soz.) den Antrag, folgenden Absatz einzufügen: .Die Geschäsisverteilung muß so geregelt sein, daß die Zu- ständigkeit der Slraskamniern nach den Anfangsbuchstaben des Namens der Angeklagten und bei mehreren Angeklagten nach dem Anfangsbuchstaben des Namens deS ältesten Angeklagten bestimmt ist. Maßgebend ist der Zeitpunkt der Einreichung der Anklage- schrist. Für nachträglich verbundene Strafsachen bestimmt sich von der Verbindung an die Zuständigkeit so, als wenn sie von vorn- herein als eine einheitliche Anklage erhoben wären." Wir müssen durch das Gesetz Normativbestimmungen geben, wie das Präsidium die Geschäfte zu verteilen hat. Heute steht es dem Präsidium frei, wie es die Geschäfte verteilen will, es würde nichts im Wege stehen,«ine Kammer für alle politischen Pro- zesse zu bilden. Ich erinnere daran, daß in den 90er Jahren bereits schwebende Prozesse umbenannt wurden, um sie vor eine bestimmte Kammer, die sogenannte Brausewetter-Kammer zu bringen. In Berlin schien schließlich jedem Mißbrauch durch die Verfügung vorgebeugt zu sein, daß die Geschäftsverteilung nach dem Anfangs- buctistaben des Namens der Angeklagten erfolgen solle, und daß bei mehreren Angeklagten der erste Buchstabe des Alphabets entscheidend sein solle. Aber bei den Anklagen wegen der Vorfälle in Moabit fand die Staatsanlv altschaft einen anderen Ausweg. Sie erhob lauter Einzelanklagen und behandelte alle späteren als Nachtragsanklagen zu der zufällig als erster erhobenen Anklage gegen Hagen . die vor die dritte Kammer gehörte. Die Eröffnungskammer lehnte dies Verfabren ab und verwies die einzelnen Sachen vor die zuständigen Kammern. Dann aber beantragte die Staatsanwaltschaft, die Sachen sämtlich mit der gegen Hagen zu verbinden, und diesem Antrage wurde stattgegeben. So kamen die Sachen doch vor die dritte Kammer. Warum die Staats- anwaltschaft so handelte, weiß ich nicht. Wenn sie glaubte, die Kammer würde besonders gefällig sein, so hat sie sich ge- täuscht. Aber die bloße Möglichkeit, daß die Staatsanwaltschaft eine bestimmte Kammer sich aussuchen kann, ist eine Gefahr für die Rechtssicherheit, deshalb haben wir den Antrag gestellt. Ein Regicrungskommissar: Mit der Tendenz, die Möglichkeit oder auch nur den Anschein eines Mißbrauches bei der Geschäfts- Verteilung zu verhindern, müßte man einverstanden sein. Aber dieser Antrag will dem Präsidium vorschreiben, wie die Geschäfte zu ver- teilen sind. Das wäre eine Dcgradierung des Präsidiums des Landgerichts. Geh. Oberjustizrat Supper: Der preußische Justizminister hat bereits im preußischen Abgeordnetenhause die Behauptung, daß bei den Moabitcr Prozessen eine Schiebung stattgesunden hat, ent- schieden zurückgewiesen. Der Redner schildert das Verfahren der Staatsanwaltschaft. Abg. Heine(Soz.): Der Bericht des Vertreters des preußischen Justizministers Ve- flätigt meine Darstellung, widerlegt mich also nicht. Frei- lich steht in dem Bericht nicht, daß die Staatsanwaltschaft die Ab- ficht halte, die Sacken vor die dritte Kammer zu bringen, aber sie war sich darüber klar, daß der Effekt ihres Verfahrens fein mußte, die Sache vor die dritte Kammer zu bringen. Sie erreichte dadurch die Erhebung von Nachtrogüklagen. Das war aber falsch. Zu einer Anklage gegen Müller, der am 23. September eine» Exzeß begangen hat, kann eine Anklage gegen kleines f cuilUton. Der Füllfederhalter eine deutsche Erfindung. Wie es mit so manchen Erfindungen geht— man denke nur an den Fernsprecher— in Deutschland werden sie gemacht, erlangen aber erst Geltung, wenn sie von Amerika lanciert und ausgebeutet werden, so ist es auch mit dem Füllfederhalter gegangen. Es ist das Verdienst des kenntnisreichen Feldhaus, darauf hingewiesen zu haben, daß ein Dentscker, der Mechaniker Schcller in Leipzig , schon 1730 dieses Gerät dem„tintenklexenden Saeculo" schenkte. Er nannte es Reiseschreibfeder und verkaufte das Stück einschließlich einer Messingkapsel für den billigen Preis von 10 Groschen. Die Konstruktion war im wesent- lichcn schon dieselbe wie heute. Die Reiseschreibfeder bestand aus einer sich verjüngenden Röhre von Metall und Horn, die am dünneren Ende die Feder, freilich eine Pose, leine Metallseder, trug, am dickeren durch einen eingeschraubten Deckel verschlossen war. Hier wurde die Tinte eingefüllt und floß durch ein ganz kleines Loch der Feder zu. Heute verwendet inan, um das Rosien zu vermeiden, goldene und vergoldete oder Jridiumsedern, aber auch diese Verbesserung rührt nicht von den Amerikanern her. Denn schon im Jahre 1824 wurden goldene Federn verwendet. Noch im Jahre� 1843 kannte man den Füllfederhalter unler dem Namen.sclbstschreibende Feder", aber dann geriet er in Vergessenheit, bis die Dankees über ihn kamen imd Millionen damit verdienten und noch verdiene». Theater. Deutsches Theater: Wieland. Märchen von Karl Vollmoeller . Vollmoellcr, dessen„Gräfin von Armagnac" und„Deutscher Graf" seinerzeit hitzige Bewunderer fanden, hat den ästhetischen Zeichendeutcrn, die in dem verschnörkelt Wunder- lichcn immer wieder Spuren geheimnisvoller Genialität entdecken wollen, einen üblen Streich gespielt. Aus der Art, wie die marionettenhaste Unnatur so mancher Wedekindschen Stücke, z. B. des„Hidallah", als Ausfluß einer ganz besonderen Originalität gefeiert wurde, mochte er schließen, daß dem Kühnen, der die Kon- fufion zum Gipfel steigert, der schönste Ruhmeskranz gewiß sei. Oder er wollte vielleicht auch nur in parodistischer Laune einmal erproben, wie weit das Bluffen mit derartigen Mitteln wohl ge- trieben werden kann. Jedenfalls ist es erfreulich, daß das Publi- kum, das in langmütiger Geduld die ersten Akte über sich ergehen ließ, dann später gegen die Düpierung kräftig zischenden Protest erhob. Ter Sensationsspektakel der letzten Szene in der Luftschiff- Halle konnte nur mühsam zu Ende gespielt werden. Ein Schimmer irgendwelcher Idee läßt sich im Stücke nicht entdecken— außer einer fixen Idee des Helden. Weil er den Vatersnamen Wieland trägt und eine Oper„Wieland" komponiert hat, möchte er die Taten dieses sagenhaften Schmiedes aus der Edda ins Moderne übersetzen. Sa ernennt er eine verschrobene Gouvernante zur Schwanenjungfrau, eifert seinem Vorbilde, das nach dem MythoS fliegen konnte, durch die Erfindung einer Flug. Maschine nach und behandelt seinen Chef, den englischen Groß- tatzmstxi essen Sfctlß, wie der Schmied der Sage den tyrannisch«» Schulze, der am 27. September einen Exzeß begangen hat, nickt eine Nachtragsanklage sein. Das hat die Eröffnungskammer auch eingesehen und bat sich geweigert, die späleren Anklagen vor der 3. Kammer zu eröffnen, sondern hat sie an die einzelnen zuständigen Kammern abgegeben. Hätte die StaatSanwallschaft den bösen Schein vcrnieiden wollen, so hätte sie die Verbindung, die im Interesse der Sache lag, vor allem in dem der Verteidigung, vor derjenigen Kammer beantragen müssen, vor welche die ganze Sache gehörte, wenn sie von vornherein als eine einheitliche behandelt worden wäre. Weshalb das nicht geschah, weiß ich nicht, doch kann ich eine Vermutung aussprechen: Dir dritte Kammer stand in dem Rufe, ungewöhnlich hohe Strafe» zu verhängen, und der Staatsanwaltschaft wäre es angenehm gewesen, wenn die Sache niit hohen Strafen geendet hätte, weil sie dadurch einen Effekt auf die nachfolgende Schwurgerichtsverhandlung ans- geübt. Es wurden ja merkwürdigerweile die leichteren Fälle vor den schwereren verhandelt. Hierbei war offenbar das Bestreben, den Geschworenen ein Freisprechen unmöglich zu machen, indem man durch eine Straf- kammer die geringer belasteten Angeklagten schon zu hohen Strafen verurteilen ließ. Ich glaube nicht, daß der Oberstaatsanwalt einen solchen Sckritt, der zu so peinlichem Aufsehen führen muß, tut, ohne etwas Bestimmtes zu wollen, oder ohne daß er einen Auftrag dazu erhalten hat. Ich nehme das letztere an, ich habe die Ueber- zeugung. daß man ihm von oben Aufträge oder wenigstens Winke gegeben hat. Der erste Regierungsvertreter hat anerkannt, daß die Absicht unserer Anträge lobenswert sei. Dann sollte sie das ReichS- justizamt doch nicht beläinpfen.(Sehr richtig I bei den Sozialdemo- kraten.) Geheimer Ober-Justizrat Supper: Neben dem Justizminister könnte nur ick in Frage kommen, um einen solchen Auftrag zu er- teilen. Der Justizminister hat im Abgeordnetenhause bereits erklärt, daß er einen solchen Auftrag nicht erteilt hat und auch ich erkläre auf das bestimmteste, daß ich irgendwie nicht in das Verfahren eingegriffen habe. Es war rein zufällig, daß in der Sache Hagen die Voruntersuchung zuerst abgeschloffen war. Abg. Dr. Heinze(natl.): Ich möchte davor warnen,'Stiren einzelnen Fall zun, Ausgang einer Geseyesänderung zu machen. Der Antrag ist auch deshalb nicht annehmbar, weil dann jede Ver- teilung der Geschäfte nach dem Inhalt der Anklagen unmöglich ist und eS könnte doch sein, daß für bestimmte Sachen bestimmte Kammern besonders geschickt sind, z. B. für Sachen, bei denen es sich um unlauteren Wetlbewerb handelt. Abg. Heine(Soz.): Gerade diese Ausführungen beweisen die Notwendigkeit des Antrages. Der Vorredner erwähnte, eS könnte eine Kammer für den unlauteren Wettbewerb besonders wünschenswert sein. Will er vielleicht auch eine bestimmte Kammer für Preßdelikte und vielleicht auch eine be st immte Kammer für politische Vergehen?(Sehr gut! links.) Daß die Regierung hierfür besonders geschickte Richter finden wird, ist nicht zu be- zweifeln.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Was wir in Preußen seit einem halben Jahrhundert an politischen Prozessen erlebt haben, was wir heute noch alle Tage erleben, muß uns mit größtem Mißtrauen erfüllen und sollte auf allen Seiten des Hauses, wo Gefühl für Gerechtigkeit und die Würde des Richter- standcs zu finden ist, zur Zustimmung für unseren Antrag nötigen. (Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.) Geh. Justizrat Supprr: Bestimmte Unterlagen für seinen Antrag hat der Abg. Heine nicht erbracht, er bringt nichts weiter vor, als sein Mißtrauen.(Bravo rechts.) Abg. Heine(Soz.): Wer sich Vertrauen verdient, der findet eS, wer seit 60 Jahren nichts anderes tut, als Mißtrauen zu säen, kann sich nicht wundern, wenn das Mißtrauen auch aufschießt. (Lebhaste Zustimmung links.) Abg. Dr. Heinze(natl.): Ich muß dem Abg. Heine erwidern, daß die moderne Entwickelung auf Spezialgerichte hingeht. Abg. Heine(Soz.): Das ist eine total andere Frage, da handelt es sich um Spezialgerichte, die durch das Gesetz geschaffen und mit allen Kantelen einer unparteiische» Recht- sprechung ausgestattet werden.(Lebhafte» Sehr richtig! linls.) Damit schließt die Dislussion. Der Antrag wird gegen die König. Seine Wielandmission verlangt eS, daß er den Sohn Sir Marks, indem er ihn bei einem wahnsinnigen Flugversuche unter- stützt, ums Leben bringt und die Tochter kraft seiner Zaubermacht verführt. Das Ganze ist nichts als ein plumper, grotesk zusammen- gestoppelter Kolportageroman, der durch den glitzernden Besatz von Märchenanalogien den Anschein einer tieferen Bedeutung borgen inöchte. Keine Hintertreppengeschichte kann mit bunteren, lächerlich unwahreren Effekten arbeiten. Da gibt's z. B. eine schöne Dame, die zwei Jahre bei dem Industriellen wohnt»nd von jedermann für seine Geliebte gehalten wird, bis sich an dem ereignisreichen?lbend, an dem Wieland nach Ueberquerung des Kanals triumphierend wiederkehrt, eine furchtbare Seelentragik enthüllt. Die Dame verhieß einstmals dem Mr. Marks, der auch an der Erfindung von Flngmafchinen arbeitet, sie würde nach dem ersten gelungenen Aufstiege die Seine werden. Der arme Mensch hat sich an ihrer Seite so lang abgemüht, bis sie es mit dem Warten satt bekam. Nun will er das Versäumte nachholen. Zu spät. Sie weiß, er hat Bankerott gemacht und stößt ihn fort. Er ringt mit ihr und fällt, vom Herzschlage getroffen, bumstot zu Boden. Die Flammen einer Brandstiftung ergänzen stimmungsvoll das düstere Bild. Das sind so Kleinigkeiten nebenher, wenn Wie- land nicht gerade selbst auf der Bühne zu tun hat. Seine Chancen scheinen sich glänzend zu gestalten. Eine Aktiengesellschaft gründet ihn. Unzählige Scharen harren auf die neue Fahrt deS Luftschiffes. Er feiert unterdes eine Licbesnacht mit Ethel Marks und gesteht ihr seine Angst, das Wagnis noch einmal zu wiederholen. Der Motor surrt, er klettert auf die Maschine, klettert wioder runter und schießt sich tot— aus Todesfurcht. Bas s e r m a n n legte sich mit Feuereifer, aber vergebens für die unmögliche Figur ins Zeug. W i n t e r st e i n gab den Industriellen in vornehm-würdiger Haltung. In Episodenrollen hatten Herr Biensfeldt als Manager der Gründung und Fräulein Sidonie Lorm als ewig entrüstete Schwanenjungfrau-Gou- vernante einen Heiterkeitserfolg. Die Inszenierung war von Rein- Hardt selbst. � dt. Humor und Satire. Konservativ. Was immer mir das Schicksal Gutes sendet: Na, wie Gott will I Wenn Seine Majestät mir Orden spendet: Ich halte still. Auch den Minister mag ich gerne haben, Vorausgesetzt, . Daß er mein Reckt auf reiche Liebesgaben Nicht dreist verletzt. Daß man deS Bauern Menschenwürde schone, Ist Onatsch und Onaln«. Ich respektiere nur Agrarbarone Mit Ar und Halm. Kein Junkersproß ist durchs Gesetz gezügelti DaS ziemt dem Knecht. Glaubt der nicht dran, wird eS ihm eingeprügelt— Und zwar nicht schlecht. Stimmen der Sozialdemokraten, der Freisinnigen und der Pole» abgelehnt. Zu§ 69 beantragen die Abg. A l b r e ch t und Genoffen(Soz.) hinzuzufügen:„die richterlichen Geschäfte an den Landgerichten dürfen in Strafsachen nur von ständig angestellten Richtern wahr- genommen werden." Abg. Miiller-Meiningen(Vp.) beantragt, dem Z 77 hinzuzufügen: „das Amt eines Mitgliedes einer Strafkammer darf nur von einem ständig angestellten Richter wahrgenommen werden." Abg. Stadthagen iSoz.): DaS Hilfsrichtertum ist selbst von der Regierung verurteilt worden, und in der Kommission wurde hervorgehoben, daß in Bayern durch die Landesgesetzgebung die Zuziehung von Assessoren zu den Straf- kammern ausgeschlossen ist; um so weniger ist Grnnd vorhanden, im übrigen Deutschland nicht dasselbe zu tun. Schon in den 70er Jahren bei Schaffung des Gerichtsverfassungsgesetzes war man überzeugt, daß dos Hilfsrichtertum nur ein Notbehelf sei. Es ist also jetzt Zeit, völlig damit aufzuräumen; ist nicht die genügende Anzahl von Richtern vorhanden, so mag man sie schaffen. Wir bringen nicht diesem oder jenem einzelnen Richter Mißtrauen entgegen, sondern jedem, dem die Voraussetzung fehlt, daß er ein unabhängiger Richter i st. In der Be- schränkung auf die Landgerichte ist die Sache durchführbar, und wenn die preußische Verwaltung daS Gegenteil meint, so hat der Reichstag die Pflicht, ihr zu zeigen, daß Kräfte vorhanden sind, die eine rückständige Verwaltung vorwärtszwingen.(Bravo ! bei den Sozialdemokraten.) Abg. Dr. Müller-Meiningen (Vp.): Unser Antrag ist nur eine Konsequenz des gestern angenommenen Z 22 a, der bei den Amts- gerichien die Hilfsrichter in Strafsachen ausschließt. Staatssekretär Dr. LiSco: Da ich hoffe, daß derZ22»i»der d ri tten L e lun g wieder entfernt werden wird, so bitte ich, auch hier die Anträge abzulehnen. Abg. Dove(Vp.): Jetzt sind ja die meisten Strafkammern mit Richtern besetzt. Das ist ein Erfolg der hier an dem HilfSrichternnn so häufig geübten Kritik. Ich erinnere aber an den Prozeß W a l d e ck und ähnliche politische Prozesse. Deshalb wollen wir das Hilfsrichtertum gesetzlich unmöglich machen.(Zustimmung links.) Abg. Gröber(Z.) tritt, im einzelnen schwer verständlich, für den Antrag Müller-Memingen ein. Abg. Stadthagen (Soz.): Ich möchte dringend um Annahme der Anträge bitten. Affefforen in Strafkammern bedeuten eine schwere Gefahr für die Rechtssicherheit. So bestand z. B. die Königsbergcr Strafkammer, die meinen Parteifreund M a r ck w a l d aburteilte, aus dem Vor« sitzenden und sage und schreibe vier Assessoren.(Lebhaftes Hört I hört! links.) Wir müssen die Assessoren aus den Strafkammern herausbringen. Das bezweckt unser Antrag sowie der Antrag Müller-Memingen, der sich nur redaktionell von ihm unterscheidet. Nehmen Sie beide Anträge oder mindestens einen von beiden an. (Beifall bei den Sozialdeniokraten.) . Abg. Bassermann(natl.) spricht sich im Sinne deS Abg. Gröber, d. h. für den Antrag Müller-Meiningen aus. Der Antrag Müller-Meiningen wird gegen die Stimmen der Rechten angenommen, der Antrag Albrecht wird zurück- gezogen. Zu§ 73 liegt ein Antrag A l b r e ch t(Soz.) und«in nur redaklionell verschiedener Antrag Ablaß (Vp.) vor, im Gegensatz zu den Kolninissionsbeschlüffen die Verbrechen im Amt, Urkunden- fälschung und betrügerischen Bankerott nicht den Strafkammern zu unterstellen, d. h. bei den Schwurgerichten zu belassen. Abg. Zietsch(Soz.): Für unseren Antrag spricht schon der Umstand, baß im Prinzip die Strafkammer nur über Verbrechen urteilen sollen, auf die als Höchststrafe 5 Jahre Zuchthaus stehen, ivährend die oben genannten Verbrechen mit weit höheren Höchststrafen bedroht sind. Es wird nun gesagt, daß eS sich beim betrügerischen Bankerott usw. um sehr schwierige Materien handelt. Da» stimmt; aber dem gegenüber ist zu bemerken, daß sich manch- mal unter den Geschworenen bessere Kenner der Materie finden, als unter den Richtern. Namentlich aber würde die Be« lassung dieser Fälle bei den Schwurgerichten den vorteil haben, Nun gar erst die verfluchten Demokraten! Schockschwerenot: Am liebsten schlüg' ich diese Teufelsbraten Mit Keulen tot. Gibt mir nicht bald der Staat für fie den Knebel, Gerb' ich ihm's Fell Und werde, schlimmer noch als August Bebel , Ein Mordsrebell. Aus ganz Ostelbien ruf' ich zur verteid'gung Den letzten Mann l Auf eine saft'ge MajestätSbeleid'gung Kommt's mir nicht an... Michel. Notizen. � Theaterchronik. DaS Marionetten-Theater Münchener Künstler bringt am Sonnabend„DaS Eulen- schloß" von Pocci zur e r st e n Aufführung, hierauf neu ein- studiert: Mozarts„Bastien und Bastienne".— Im Kleinen Theater ist die Premiere von Franz M o l n a r S bis Mitte nächster Woche verschoben. Am Sonnabend geht dafür Thomas.1. Klaffe" und MannS„VarietS" und„Die verflixten Frauenzimmer" von Burckhard in Szene. Im Kampf gegen die Zensur. Die Neue Freie Volksbühne hat gegen die Entscheidung des Bezirksausschusses, die ihre Stücke der Zensur unterwarf. Klage beim OberverwaltungS« gericht eingereicht. — Ein Theaterdirektor ohne Konzrssion. Herr Zickel, der bisherige Direktor deS LustspielhauseS, dessen Konzession gefährdet ist, hatte als event. Nachfolger Harry Molden erwählt. Aber die Polizeidirektion hat ihm wegen mangelnder Zuverlässigkeit die Konzession nicht erteilt. Der Bezirksausschuß wird zu ent- scheiden haben, ob dieser Beschluß ausrecht zu erhalten ist. — Die Nürnberger Stadtmauern entzückten bisher Heimische und Fremde durch das frische Wachsen und Blühen von Baum und Gesträuch, das sie malerisch umgab. Da aber irgend welche Wissenschaftler entdeckt hatten, daß die historische Treue darunter leide, ließ der Magistrat das unbotmäßige Zeug beseitigen. Die historische Treue ist jetzt wieder hergestellt, aber wenn der Frühling ins Land kommt, wird man finden, daß kahle Mauern reizlos sind und daß neues Leben alten Ruinen, auch wenn sie noch so gut erhalten find, erst ihre Schönheit gibt. — In der F am i l i e Tolstoi sind Kämpfe um die Herausgabe des Nachlasses und die Verwendung der daraus zu er- wartenden Einnahmen entbrannt. Auch über das Schicksal von Tolstois Gut wird in der russischen Presse lebhaft debattiert. Der Ertrag der ersten Ausgabe von Tolstois letzten Werken soll zum Ankauf des Gutes(nach einer anderen Fassung von anderem Land) für die Bauern verwandt werden. Auch wird dem bisher bekannt gewordenen Testament ew anderes entgegengestellt.
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