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vahmninifleriumS gegenüber Berlin   keine Rede sein. Die Konzession ist nicht abhängig gemacht worden von einer Einigung Berlins   mit Tempelhof  , sondern es ist nur daraus hingewiesen worden, d a tz e s nützlich und notwendig sei. wenn Berlin   mit Tempelhof  in Verhandlungen eintrete. Abg. Frhr.   v. Zedlitz AI: Herr Cassel hat mehr die Interessen Berlins   vertreten, anstatt objektiv zu dem Entwurf Stellung zu nehmen. Berlin   sollte sich F r a n l f u r t a. M. zum Muster nebmen. wo bei der Auswahl der Sladtvertretung nur nach der Tüchtigkeit s-iehen wird, während in Berlin   mehr politische Gesichts- Punkte ausichlaggcvend sind.(Sehr richtig! rechts.) Das Recht feine Kompetenzen zu erweitern, müfzte dem Zweck­verband doch wohl gegeben werden, denn die wirtschaftliche Eilt- Wickelung schreitet sehr rasch vorwärts. Bor allem mutz ein Aus- gleich zwischen den östlichen und westlichen Bororlen endlich herbei- geführt werden durch U e b e r n a h m e der Schullasten auf den Zweckverband. Berlin   eine etwas gröbere Stimmenzahl zuzu- billigen, find auch wir bereit. Abg. v. TreSlow<k.) fordert besondere Berücksichtigung der nördlichen, östlichen und südöstlichen Vororte von Berlin  . Würden diese armen Gemeinden mit neuen Lasten belegt, so könne er der Vorlage nicht zustimmen. Redner beantragt, die Vorloge derselben Koinniission zu überweisen, der daS allgemeine Zweckverbandsgesetz überwiesen ist. Mg. Hirsch(©03.): Der Kritik deö Herrn Cassel, daß das Gesetz nicht vorher den beteiligten Gemeinden zur Aeusserung unterbreitet worden ist, schließe ich mich durchaus an. In dem, waS der Minister dagegen sagte, liegt ein Mißtrauensvotum gegenüber den Gemeinden von Groß-Berlin, das diese nicht verdient haben. Es könnte ja auch im Gesetz vorgesehen werden, daß solche Sonderverträge, die etwa von einzelnen Gemeinden im letzten Augenblick zum Schaden des Zweckoerbandes abgeschlossen werden, keine Gültigkeit haben. Den Grundgedanken des Zweck- resp. Zwangsverbandes stimmen wir zu. Wir haben immer die Notwendigkeit betont, der Zerrissenheit von Groß-Berlin auf wirtschaftlichem Gebiete ein Ende zu machen. Es ist besonders das Verdienst unseres ver- storbenen Führers Singer, daß er bei jeder Gelegenheit den Gedanken des Zweckverbandes für Groß-Berlin das Wort geredet hat.(Sehr wahr! bei den Sozialdeniokraten.) Noch auf einer der letzten Gemeindevertreterkonferenzen hat Singer darauf hingewiesen, daß es notwendig sein werde, für Groß-Berlin einen Zweckverband zu schaffen. AIS   Mann der Praxis wußte er auch genau, daß auf dem Wege der freiwilligen Vereinbarung nichts herauskommen würde. Sie sehen also, baß der Grundgedanke des Gesetzes durchaus unseren Inten- tionen entspricht, damit ist natürlich nicht gesagt, daß wir allen Einzelheiten des Entwurfes zustimmen. Daß aus frei- willigem Wege in Groß-Berlin nichts zu erreichen ist, haben die langjährigen Verhandlungen über die Gründung eines Verkehrs- Verbandes bewiesen. An den widerstrebenden Interessen der ein- aelnen Gemeinden mußte dieser an sich so gute Gedanke scheitern. Diese widerstrebenden Interessen kommen auch in zahlreichen Petitionen einzelner Gemeinden zum Entwurf wieder zum Aus- druck. Aber höher als diese Sonderinteressen muß für uns das Interesse der Gesamtheit stehen.(Sehr luahrl bei den Sozialdemokraten.) Im einzelnen haben wir schwere B e. denken gegen die Vorlage. So ist der Begriff Groß-Berlin viel zu schemotisch gefaßt. Nach der borliegenden Karte ergibt sich ein ganz unheimliches Gebilde, daß sich nach Norden und Süden bis zu öl) Kilometer erstreckt, nach Westen bis höchstens LO, stellenweise nur 12 Kilometer. Man kann dock) nur Gemeinden miteinander verbinden, die auch tatsächlich gemeinsame wirtschaftliche Interessen haben. Die Schuld liegt darin, daß man die Kreise Teltow   und Nieder-Barnim  im vollen Umfange übernehmen will, um die Möglichkeit zu haben, in die Verbandsversammlung Vertreter zu bringen, die von Kreistagen gewählt sind. Es sind also zum Teil politische Gründe, die hier maßgebend gewesen sind.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Wenn der Umfang des Zweckverbandes nach allen Seiten 2S Kilometer betragen würde, würden wir ein Gebiet bekommen, das wirklich gemeinsame wirtschaftliche Interessen hat. Später können ja dann weitere Teile von Teltow  und Nieder-Barnim   hineingenommen werden. Vor allem muß im Westen mehr Gebiet hinzugenommen werden. Die Gemein- den an der Havel   gehören unbedingt in den Zweckverband. Die Entwickelung von Groß-Berlin geht bekanntlich nach dem Westen, und es wäre ein Fehler, der sich später schwer rächen würde, wenn man diese Gebiete um der Havel   herum heraus- lassen würde. Für den Wunscb Spandaus  , aus dem Ver» band herauszubleiben, sind lediglich lokale Interessen maßgebend. Gewiß hat Spandau   mit Berlin   direkt keine Jnter- cssengemeinschast, wohl aber eine sehr enge Gemeinschaft mit Charlottenburg  . Ich habe nun gestern der Regierung den Vor- Wurf gemacht, daß sie in demselben Augenblick, wo sie das Zweck» Verbandsgesetz für die Monarchie vorlegt, auf der anderen Seite die Bildung von kleinen Zwerggemeindcn begünstigt. Ich dachte dabei an die Gemeinden Ruhleben   und Heerstraße. Es geht das Gerücht, daß au» diesen fiskalischen Gutsbezirken kleine Zwerggemeinden gebildet werden sollen. Man hofft dadurch die Eteuerkraft des Kreises Teltow   zu heben, und andererseits hat die Regierung ein lebhaftes Interesse daran, weil dadurch ihr« fiskalische Bodenpolitik gefördert wird. ES wäre erwünscht, wenn die Regierung sich dazu äußern wollte. Der KreiS der Aufgaben deS Zweckverbandes ist viel zu eng gefaßt. Es gibt noch eine ganze Reihe von Auf- gaben, die für eine einheitliche Verwaltung reif sind und deren einheitliche Verwaltung auch im Interesse der Allgemeinheit liegt. Ich erinnere an die Frage des Volksschulwesens. Die Zerrissenbeit des Volksschulwesens in Groß-Berlin bringt für die Kinder der Arbeiter große Mißstände mit sich. Schon die Schwierigkeiten bei der Umschulung innerhalb Berlins   sind groß, noch viel größer sind sie. wenn das Schulkind von einer Ge- meinde in die andere kommt. Da bestehen ganz andere Lchrpläne usw., so daß die Umschulung immer für das Kind den Verlust eines Schuljahres bedeuiet. Die Gemeinde Lichtenberg  petitioniert um Beihilfe für ihr« Schullasten. Meine Freunde haben es ja im Stadtparlament nie gebilligt, wenn Berlin   sich von Vororten wegen der Zuschüsse zu Schullasten verklagen läßt, sondern wir haben den betresfenven Gemeinden die Zuschüsse zu- gebilligt. Aber mit der Art, wie Lichtenberg   die Frage regeln will, bin ich doch nicht einverstanden. Es will, daß die ärmeren Gemeinden Zuschüsse von den reicheren erhalten, aber in die Seb u l v e r w a lt u n g soll die Ge- meinde. die Zuschüsse leistet, nicht hineinzureden haben. Die Gemeinde, die den Zuschuß gibt, muß doch aber auch die Kon- trolle darüber haben, wie der Zuschuß verwandt wird.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Wir werden auS der ganzen Kalamität nur durch die ttcbernahme des ganzen Bolksschulwcsens durch den Zweckverbanb herauskommen können. Diesen Gedanken haben meine Freunde von jeher propagiert, und Herr v. Zedlitz hat also heute nur eine sozialdemokratische Idee vertreten.(Heiterkeit.) Zur ge- »neinsamen Regelung des höheren Schulwesens ist die Zeit wohl noch nicht gekommen. Dagegen muß das Steuer» Wesen einheitlich geregelt werden. Lichtenberg   weist in seiner Petition drastisch darauf hin, daß eine Reihe von Gemeinden an sich wohl zu einer Erhöhung der Einkommensteuerzuschläge kommen könnten, aber sie nicht durchführen können, weil sie fürchten müssen, baß dann die Besitzende» in einen anderen Vorort ziehen. Wir haben es ja in Groß-Berlin sogar erlebt, daß eine Gemeinde da- durch unlautere Konkurrenz getrieben hat, daß sie die Steucrzu- schlage unter 100 Proz. heruntersetzte, so daß sogar die Regierung einschreiten mußte.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Weiter sind wichtige sozialpolitische Aufgaben durch den Zweck- verband zu lösen. Das Problem der ArbeitSlosenversiche- r u n g, daS ja fetzt von einzelnen Gemeinden in Angriff genommen wird, kann nur von dem Zweckverband gelöst werden, ebenso die Frage des Arbeitsnachweises. Wenn für Groß-Berlin ein gut organisierter kommunaler Arbeitsnachweis bestände, könnte sehr viel zur Linderung der Arbeitslosigkeit geschehen.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Unhaltbaren Zuständen begegnen wir auch auf dem Gebiete der Krankenpflege. Wir haben in einer Reihe von Ge- meinden vorzügliche Krankenhäuser, die allen modernen Anforde- rungen entsprechen. Wir haben aber auch Gemeinden, die über- Haupt kein Krankenhaus haben.(Hört! hört! links.) Oder nur solche mit ungenügenden Einrichtungen. Und weiter besteht der sonderbare Zustand, daß eine Reihe von Gemeinden eine Art Schutzzoll einführen, indem sie von Kranken aus ande- ren Gemeinden höhere Kurkosten erheben, als von Kranken der eigenen Gemeinde. Es ist doch ganz unbillig, daß, wenn heute jemand in Lichtenberg   krank wird und gezwungen ist, ein Berliner  Krankenhaus aufzusuchen, er öv Pf. mehr pro Tag für Verpflegung zahlen muß, als derjenige, der in Berlin   krank wird.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Selbst der Gedanke, ein Asyl für Obdachlose durch das Zusammenwirken der westlichen Vororte zustande zu bringen, ist gescheitert.(Hört! hört! bei den Sozial- demokraten.) In London   wird durch den Grasschaftsrat bereits seit 1867 die Armenpflege für 32 Gemeinden gemeinsam geregelt, und in neuerer Zeit hat der Grafschaftsrat auch die Regelung des Verkehrswesens und der Wohnungsverhältnisse in die Hand genommen. Ob der Zweckverband in der Lage sein wird. in bezug auf die Wohnungsfrage etwas Wesentliches zu erreichen, bezweifele ich ja angesichts des Uebergewichts der Hausagrarier. Dagegen könnte eine einheitliche Baupolizeiordnung großen Ein- fhiß in dieser Beziehung haben. Die jetzigen Baupolizeiordnungen haben sogar Villenvororte dazu geführt, daß jetzt das MietSkascrnenunwesea überwiegt. Hier mutz Wandel geschaffen werden durch den Zweck- verband. Es ist zu begrüßen, daß eine gutachtliche Mitwirkung der Verbandskörperschaften bei Erlaß von Baupolizeiordnungen vorgesehen ist. Aber es mutz dann auch dafür gesorgt werden, daß nicht wieder die Hausbesitzer das ausschlaggebende Element in diesen Körperschaften sind. Darüber, daß die Z e r s p l i t t e- rung in dem Verkehrswesen von Groß-Berlin sehr groß ist, bedarf es keiner weiteren Auseinandersetzung. Man geht ja heute immer mehr schon zum Bau von Bahnen in eigene Regie über, weil man einsieht, daß es den Privatgesellschaften nur darauf ankommt, möglichst viel herauszuwirtschaften, daß sie nur da Bahnen wollen, wo schon Verkehr vorhanden ist, anstatt durch Schaffung von Verkehrsgelegenheit den Verkehr erst aufzuschließen. Wenn aber wirklich den Verkehrsbedürfnissen gedient werden soll, so muß dafür gesorgt werden, daß die Regierung nicht mehr so in das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden ein- greift, wie das vielfach geschehen ist.(Sehr wahr! bei den Sozial. demokraten  .) Bei der Nord-Südbahn liegt die Sache so: Berlin   will die Bahn vorläufig bis zum Belle-Alliance-Platz bauen und behält sich vor, ob sie nach Tempelhof   oder nach Rixdorf weiter- baut. Die Regierung will aber die Genehmigung nicht er- teilen, bevor die ganze Bahnstrecke eingereicht ist, vorher genehmigt sie auch nicht die Strecke im Norden.(Hört! hört! links.) Mit ihrem Vorgehen begünstigt sie, ob bewußt oder unbewußt, lasse ich dahingestellt, die privaten Interessen gewisser SpelulationSgesell- schaften.(Sehr richtig! links.) Redner kritisiert nunmehr einzelne Bestimmungen der ver- schiedenen Paragraphen des Entwurfs. Der Absatz S des§ 4 steht, wie Herr Cassel mit Recht betont hat, in direktem Widerspruch zu Artikel 0 der Verfassung. Wir haben ja nichts dagegen, wenn Sic in dieser Weise zur Konfiskation von Eigentum übergehen, da? ist uns ein wertvolles Präjudiz für die Zukunft. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Aber auf der anderen Seite haben Sie doch die Verfassung beschworen, und danach müssen wir verlangen, daß die Entschädigung vorher festgelegt wird und daß ordentliche Gerichte wie sonst im Enteignungsverfahren entscheiden. Die geäußerten Bedenken gegen die Zusammensetzung des Verbandsausschusies teilen wir auch. DaS richtigste wäre d i- r e k t e W a h l der Mitglieder. Zum mindesten mutz die Verteilung der Vertreter nach der Bevölkerungszahl erfolgen. Da muß man auch konsequent sein und Berlin   eine entsprechende Zahl von Vertretern einräumen. Die Gefahr, daß Berlin   majorisiert, ist nicht vorhanden, weil die Berliner   Vertreter doch nicht einheitlich stimmen werden. UebrigenS nimmt die Bevölkerungszahl von Berlin   nach der Statistik weniger zu, als die der Vororte, und eS sollen ja die Ergebnisse der Volkszählung immer berücksichtigt werden. Freiherr v. Z e d l i tz hat sich hier wieder als Scharfmacher erwiesen, wie bei jedem Anlaß. Er sagte, die Sozialdemokraten werden nicht immer die Finanzen der Stadt Berlin   berücksichtigen. Woher der Abgeordnete v. Zedlitz diese Kenntnis hat, weiß ich nicht. Irgendeinen Beweis dafür wird er nicht erbringen können. Nun gibt er den Gemeinden den Rat, keine Sozialdemokraten in die Verbandsversammlung zu wählen, und wenn sie eS doch tun, dann hätten sie die Konsequenz selbst zu tragen. Die große Mehr- heit der Bevölkerung von Berlin   und Umgebung verzichtet auf die Ratschläge des Herrn v. Zedlitz; sie weiß von selbst, was sie tun soll. Die Bevölkerung dieser Gemeinden hat erfahren, daß gerade die Sozialdemokraten für die Gemeindeverwaltung unentbehr» liche Elemente sind. Wenn etwas Gutes geschaffen worden ist in Berlin  , dann ist es der Arbeit der Sozialdemokraten in der Gemeindeverwaltung zu verdanken.(Widerspruch des Abgeord- neten Cassel.) Herr Kollege Cassel, Sie werden mir doch zu- geben, daß daS Gute  , was in Berlin   erreicht ist, erreicht ist durch da» Drängen der Sozialdemokraten. (Lachen rechts, Widerspruch bei der Fortschrittlichen Volkspartei  .) Und fast immer gegen den ausgesprochenen Willen der Freunde des Herrn Cassel.(Sehr richtig! bei den Sozial- demokraten. Sehr falsch I bei der Fortschrittlichen Volkspartei  .) Ich werde Ihnen nachweisen, daß Sie auch in der Eingemeindungs- und Verkehrsfrage nicht so unschuldige Engel sind, wie Sie vor- geben. Nicht nur in Berlin  , sondern überall erweisen sich die Sozialdemokraten als die vorwärtstreibenden Ele- m e n t e, und so mancher Magistrat und Oberbürgermeister sa<jt sich heute in seinem Innern: ich möchte doch die Sozialdemokratie in der Stadtverordnetenversammlung nicht entbehren, wenn er natürlich auch keine sozialdemokratische Mehrheit haben will. Ich erinnere bloß an daS, was der Oberbürgermeister Beutler- Dresden gesagt hat. Die Bewohner von Groß-Bekkin weisen also die Ratschläge deL Herrn v. Zedlitz ohne weiteres zurück; wenn kein Sozialdemokrat in der Verbandsversammlung wäre, dann würde der gweckverband von vorneherein nicht imstande sein, etwas Gutes zu leisten.(Bravo  ! bei den Sozialdemokraten.   Lachen rechts.) Es besteht die Gefahr, daß manche Bestimmung des Gesetze? Unheil anrichtet. Wir dürfen auch nicht verkennen, daß der kommu- nale Egoismus, den der Minister heute mit Recht bekämpft hat, noch vielfach anzutreffen ist. Es ist auch wieder der Sozial- d e m 0 k r a t i e zu danken, die immer das große Ganze ins Auge faßt, wenn dieser kommunale Partikularismus aus vielen Ge- meinden doch sckon verschwunden ist. Für die Bestätigung des Verbandsdirektors gilt dasselbe, WaS ich gestern schon angeführt habe. Wir halten daS B e st ä t i- gungsrecht für eine durch nichts gerechtfertigte absolutistische Einrichtung. Der Entwurf sagt nichts darüber, was in dem Falle geschehen soll, wenn ein nicht bestätigter Verbandsdirektor wieder- gewählt wird. Bei den Landesdirektoren sind hierüber Bestimmun- gen getroffen. Sollen hier etwa auch die Kommissare an die Stelle des Direktors treten? Wenn dies die Wficht der Regierung ist, dann soll sie es auch eingestehen. Der Apparat der Verbands- Versammlung ist viel zu schwerfällig, so daß die Möglichkeit besteht. daß die Verbandsversammlung gar nicht arbeiten kann. Ich glaube, daß über kurz oder lang wieder eine andere Regelung versucht werden wirv.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.)' In de» Begründung ist die Eingemeindung als Vergewaltigung be- zeichnet. Die Regierung soll doch ganz offen sein: das Anwachsen der Sozialdemokratie ist der einzige Grund, die Eingemeindung nicht zu machen. So- wohl Abgeordneter Cassel wie der Minister haben keine voll- ständige Darlegung gegeben. Abgeordneter Cassel hat vergessen, daß Anfang der neunziger Jahre, als die Regierung die Ein- gemeindung wollte, nicht nur der Berliner Magistrat, sondern auch die Mehrheit der Stadtvertretung sich viel zu kurzsichtig erwiesen haben.(Sehr richtig! bei den Sozialdemo- kraten.) Gerade meine Freunde waren es, die für die Ein- gemeindung eintraten; aber sie fanden nicht nur den Widerspruch des Magistrats, sondern auch den der Mehrheit. Und Anfang der neunziger Jahre hat doch auch die Stadtverordnetenversammlung beschlossen, Tempe�hof nicht einzugemeinden, obgleich gerade unser Redner dafür sprach. Es wäre besser gewesen, wenn Sie bamals den Sozialdemokraten gefolgt wären.(Abg. Cassel: Singer hat ebenso gestimmt wie ich.) Das kann ja höchstens in den seltenen Fällen vorgekommen sein, wo S i e richtig gestimmt haben.(Heiterkeit.) Aber die Umwandlung des nicht- organisierten Groß-Berlin in eine große Ge- meinde Berlin   ist für die Vororte und für Berlin   von so großem Vorteil, daß schließlich die Widerstände nicht dauernd auf- rechterhalten werden können. Wlenn aber wirklich einzelne Ge- meinden bei ihrem Widerspruch verharren, so würde ich befür- Worten, die übrigen einzugemeinden und die Schwierigkeiten durch diese Gemeinden vorläufig durch einen Zweckverband zu über- winden; auf diesen Standpunkt steht ja auch Oberbürgermeister K i r s ch n e r. Tatsache ist, daß die Regierung eine Zeitlang für die Eingemeindung eingetreten ist, dann aber auS politi­schen Gründen von ihrer Meinung abgekommen ist und zu dem Auskunftsmittel des Zweckverbandes gegriffen hat. Wir erklären uns mit dem Grundgedanken einverstanden, obgleich wir eine Ein- gemeindungSaktion lieber gesehen hätten. Wir haben aber gegen die Einzelheiten des Gesetzes so zahlreiche Bedenken, daß ich nur sagen kann, wenn nicht wesentliche Verbesse- rungen hinzukommen und nicht alle Bestimmungen beseitigt werden, die Eingriffe in das Selbstverwaltungsrecht darstellen, die Vorlage für uns unannehmbar wäre. Wir sind bereit, in der Kommission mitzuarbeiten und das Gesetz zu verbessern. In seiner vorliegenden Form könnte ich ihm aber nicht zustimmen. Es würde dann nicht der Zerrissenheit von Groß-Berlin ein Ende machen, sondern zu den alten Schwierigkeiten noch neue hin» zufügen.(Bravo  ! bei den Sozialdemokraten.) Abg. Cassel(Vp.) persönlich: Gegen den Minister v. Breiten- back) bemerke ich, daß ich nicht über ihn, sondern über den Ober- regierungsrat H a s e l a u gesprochen habe und dies vollkommen aufrechterhalte. Gegenüber dem Abgeordneten Hirsch bemerke ich, daß ich kein Loblied auf die Berliner   Verwaltung gesungen habe, ebensowenig über die Straßen- und Niveaubahnen. Die Behaup- tung des Abgeordneten Hirsch, daß ich gegen diese Bahnen ge- stimmt hätte, ist vollständig falsch. Ohne meine Anstrengung wäre die Bahn vielleicht gar nicht zustande gekommen. Abg. Hirsch spricht also manchmal über Dinge, über die er nicht richtig in- formiert ist. Abg. Hirsch(Soz�): Ich mutz das, was ich über die Haltung des Abgeordneten Cassel und seiner Freunde gesagt habe, auf- rechterhalten; sie haben tatsächlich jener Bahnanlage leb- haften Widerstand entgegengesetzt. Abg. Cassel(Vp.): Die wiederholte Behauptung des Abgeord- neten Hirsch ist wiederholt falsch. Das Haus vertagt sich. Nächste Sitzung Freitag, 11 Uhr: Weiterberatung und kleinere Vorlagen. Schluß 5)4 Uhr. parlamcntanfcbca. Die neue Militärvorlage in der Budgetkommission. Am Mittwoch wurde die hauptsächlich vertraulich geführle Generaldebatte über die Bedürfnisfrage zu Ende geführt. Der Nationalliberale Osann ließ durchblicken, daß die National- liberalen auch eine erheblich größere Vorlage be- willigt haben würden. Der Volksparteiler Eickhoff warf den Abrüstungsgedanken in die Debatte und vertrat die Forderung seines Fraktionskolleaen Müller- Meiningen, eine Reform des Beschwerderechts und der militärischen Rechtseinrich- tungen überhaupt bei dieser Vorlage mit durchzudrücken. Der Nationalliberale G ö r ck e bestätigte ausdrücklich, daß die National- liberalen sehr gern eine große Militärvorlage be. willigt hätten und daß sie nur infolge der Erklärungen des Kriegsministers auf entsprechende Anträge verzichteten,.schweren Herzens", wie Herr Gärcke versicherte. Unsere Genossen N 0 s k e und S t ü ck l e n griffen die gestrigen Ausführungen des Staatssekretärs des Auswärtigen Amtes und die Darlegungen des Kriegsministers über dieNotwendigkeit" der Neuforderung energisch an. Während Stücklen nachwies, daß die jetzt geforderte Truppenvermehrung zur angeblichen Lückenaus- füllung sofort wieder neue Lücken schaffe, also die Gefahr neuer Forderungen in sich berge, daher, abgesehen von vielen anderen Gründen, schon aus diesem Grunde die Ablehnung dringend ge- boten sei, zeigte Noske in einer Besprechung der gesamten poli- tischen Situation, daß eine Truppenvermehrung unnütz, ja schäd- lich sei. Daß nicht daran zu denken sei, unter den heutigen Zu- ständen die Sozialdemokratie zur Bewilligung einer Militärvor- läge zu bewegen, wurde von beiden Genossen mit Entschiedenheit betont. Dann wurde in die Beratung der Deckungsfrage cingc- treten. Der Referent, Herr v. Bhren, gab dabei Zahlenmaterial bekannt, das ganz andere und höhere Auswendungen für die Militärvorlage angab, als sie im Gesetzentwurf zu finden sind. Die Darlegungen wurden vom Abg. Erzberger   in recht interessanter Weise ergänzt. Er zeigte, daß die gesamten Auf- Wendungen für die Vorlage bis zum Jahre 1917 nicht, wie irrtüm- lich allgemein aus dem EntWurfe entnommen werde, nur 104,4 Millionen betragen, sondern 141 Millionen. Es handele sich also um eine Vorlage von sehr großer finanzieller Tragweite. Das ergebe sich schon aus einer Gegenüberstellung der Gesamtkosten gegen die früheren Vorlagen. An fortdauernden Ausgaben er- forderten die Militärvorlagen 1380: 17,1 Millionen, 1887: 23 Mil- lionen, 1890: 18 Millionen. 1893: 64 Millionen. 1899: 27.3 Mil- lionen, 199S: 11,7 Millionen und die jetzige Borlage 21,8 Millionen jährlich. Die einmaligen Ausgaben, die allerdings nicht streng bergleichbar seien, weil früher Kasernen und andere Gebäude nicht immer gleich angefordert wurden, ergeben folgendes Bild: 1880: 26,7 Millionen, 1887: 24.2 Millionen. 1890: 40 Millionen, 1893: 67,8 Millionen. 1899: 132,7 Millionen. 1905; 62,1 Millionen und 1911: 82,4 Millionen. Das Zentrum sehe eine Deckung der Aus- gaben für die neue Vorlage nicht als gegeben an und müsse sich daher auf den Standpunkt stellen: Keine Ausgabe ohne Deckung! Danach werde das Zentrum auch handeln.(??) Nun folgte für die Kommission eine Sensation. Schatzsekretär Mermuth   erklärte, von den Zahlen, die Erzberger vorgetragen habe und die ihm, wie hinzugefügt sei, im Kriegsministerium ge- geben worden sind, aber im Gesetzentwürfe fehlen, wisse das Schatzamt nichts. Das Schatzamt habe sich lediglich an die Zahlen des Entwurfs gehalten Und halten müssen. Er übernehme nicht die Verantwortung dafür, ob im Etat für 1912 die vorgesehenen Mehrausgaben auch zur Verfügung ständen, wie denn überhaupt noch große Sorgen vorhanden seien, auf welche Weise die geforderten Mehrausgaben in den nächsten Jahren aufgebracht werden sollten. Die für 1912 im ordcnt- lichen Etat geforderten Mehrausgaben für die Flotte gestalteten ohnehin die finanziellen Verhältnisse sehr schwierig. Für den Kriegsminister, der den beiden Referenten Zahlenmaterial über die finanzielle Wirkung der Vorlage gegeben hatte, die dem Schatzamt unbekannt geblieben sind, war die Situaftov nun eine sehr kritische. Daher erklärte er einfach seine