Einzelbild herunterladen
 
Clrtft toitTMjä Beseitigung der Kriegsgefahr liegt in dett Einschränkung der Flotte, und daraus arberten wir hier und uniere Gesinnungsgenossen in England hin. Und weiter wirken wir darauf hin. dag für den Fall des Ausbruchs eines Krieges das See- beuterecht abgeschafft wird. In dieser Beziehung leistet nicht die deutsche   Negierung Widerstand, sondern die englische: aber die englische Regierung beginnt, diesen Widerstand nur noch als ein Kompensationöobjekt zu betrachten für die Einwilligung der deutschen Regierung zur Einschränkung der Rüstungen, und schon deshalb hallen wir es für notwendig, inliner wieder darauf zu drängen, dah Verhandlungen eingeleitet werden. sZustimmung bei den Sozialdemokraten.) Wenn der Staatssekretär hierzu beiträgt. wird er nicht bloß schön geredet haben, sondern dann hat etwas getan zur Verhinderung des Krieges.(Lebhaftes Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.) Ueber die Frage der Zulagen wird einer meiner Partei- freunde sprechen. Darum meinerseits heute nur ein paar Worte, wesentlich in Abwehr der bei dieser Gelegenheit gegen unsere Partei »rrichteten Angriffe. Den Kapitulanten, sagt der Staatssekretär, te,..« die Zulage nicht genommen werden. Den armen Dienst- Pflichtigen aber soll sie genommen werden. Und ein offiziöses Blatt, das in der einen Aufmachung.Lokal-Anzeiger', in der anderen Tag" heißt, hat sich die unerhörte Berdrehnng geleistet, als ob der Reichstag   auf Streichung der Heizerzulage ausgeht. Aber ich glaube, daß selbst der rosenölige Erzberger sHeiterkcil) und der nioch rosenöligere D r ö s ch e r(Er- neute Heiterkeit) es ablehnen, diese Streichung angeregt zu haben. Reichsschatzamt und Rcichsmarineamt möchten die Per- antwortung von sich abwälzen und leisten sich verschleierte offiziöse Veröffentlichungen, wobei es auf ein bißchen Vergewaltigung der deutschen Sprache auch nicht ankommt. Ich habe ja dos Reichsmarineamt   stark in Verdacht, daß die Sache von ihm ausgeht und finde es nicht schön, daß sich Herr v. T i r p i tz, der olle ehrliche Seemann(Stürmische Heiterkeit), so gar nicht über den Ursprung der Idee ausläßt. Um so redseliger war er heute im Anführen Von Gründen, die für die Streichung der Zulage sprechen sollen. Auch andere Kategorien, sagt er, haben unangeilehmen Dienst. Das haben wir nie bestritte». Die Heizer, führte er weiter aus, lernen bei der Marine soviel, daß sie eigentlich noch etwas drauf bezahlen möchten.(Große Heiterkeit.) In Konsequenz dieser Ausführungen könnte man ja weiter folgern: Die Offiziere der Marine bis zum Admiral und Staatssekretär herauf lernen so viel bei der Marine, daß nachher, wenn sich rrüher oder später der Zylinder aus sie herabseukt lGroße Heiterkeit), der Zylinder nur hingehalten zu werden braucht, um von Ballin oder dem Norddeutschen Lloyd   mit Gold gefüllt zu werden: also brauchen sie eigentlich gar keinen Gehalt, sondern müßten noch eine Prämie an die Marine draufzahlen, die ihnen so schöne Aus- sichten eröffnet.(Große Heiterkeit.) Wohl verstanden: nicht wir argumentieren so, wohl aber wäre dies die logische Folgerung aus den Argumentationen des Staatssekretärs.  <Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Gerade die Marineschwärmer hätten alle Veranlassung, die Heizer nicht durch Entziehung der Zw läge vor den Kopf zu stoßen. Man wirft uns vor, daß wir die Mannschaften der Marine mit dem Dienst unzufrieden machen. Ach, wir haben das gar nicht nötig. DaS besorgen schon andere Leute genügend. Ganz sicherlich bedeutet die Entziehung der Zulage. wie sie vorgeschlagen wird, eine Schädigung des Dien st es. Aber auch andere Vorgänge der allerjüngsten Zeit können und müssen als solche Schädigungen des Dienstes aufgefaßt werden. So z. B. hat Prinz Heinrich von Preußen  , der in einem seiner vielen Nebenämter(Heiterkeit und Sehr gut! bei den Sozialdemokraten) auch Großadmiral ist, einen Besuch bei einem binnenländischen Regimente, dessen Chef und Oberst er ist, benutzt, um eine Wahlrede gegen die Sozialdemokratie zu halten. ES scheint also, daß der Herr Großadmiral nicht ge- nügend beschäftigt ist und als eine Art Strandläufer so nennt man ja wohl die unbeschäftigten Flottenliebhaber lHeiterkeit) über einen reichen Ueberfluß an freier Zeit verfügt. Vielleicht sorgt der Herr Staatssekretär im Interesse des Dienstes siir aus­giebigere Beschäftigung des Großadmirals.(Heiterkeit und lebhaftes Sehr gut I bei den Sozialdemokraten, Unruhe rechts. Präsident Graf Schwerin-Löwiy legt die Finger an die Glocke, doch ohne sie in Bewegung zu letzen). Denn im Interesse des Dienstes dürften solche Wahlreden gerade nicht liegen. Man verstehe auch nicht falsch. Als Sozialdemokrat habe ich gar nichts dagegen, daß sich P r i n z Heinrich gleich seinem älteren Bruder(des Präfidenten Finger zucken wieder nach der Glocke) als ausgezeichneter Agitator für dir Sozial- demokratie bewährt.(Lebhafte Heiterkeit und Sehr gut! bei den Sozialdemokraten. Unruhe rechts.) Aber als Steuerzahler ersuche ich den Staatssekretär, solchen Nebenbeschäftigungen der Marine- offiziere entgegenzutreten.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozial« demokraten.) Herr Erzberger hat eine Inkonsequenz darin gesehen, daß wir den gesamten Etat, also auch den Marineetat ablehnen, aber Verbesserungen für einzelne Kategorien zu erreichen suchen. Herr Erzberger   sollte wissen, daß oftmals Parteien ein Gesetz oder eine Vorlage grundsätzlich ablehnen und doch da« Geietz, das sie nicht hlndern können, nachKräften zuverbesserntrachten. Herr Erzberger   möge sich also seine Belehrungen sparen I(Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) Staatssekretär v. Tirpitz: Ich protestiere ganz entschieden gegen die Art. wie der Abg. Ledebour die Ansprache des Prinzen Heinrich an seine Regimentskameraden behandelt hat.(Lebhafte Zustimmung rechts.) Prinz Heinrich   hat nichts gesagt, waS er nicht sagen konnte. Der Abg. Ledebour hat auch gar kein Recht a ls Steuerzahler über den Prinzen Heinrich zu sprechen.(Lebhaftes Ohol bei den Sozialdemokraten.) Denn Prinz Heinrich   empfängt weder Pension noch Gehalt von der Marine. Auch ist die Darstellung, die Abg. Ledebour gegeben hat, absolut unricbtig. Ferner fragte der Abg. Ledebour  . wer die Anregung zu der Streichung der Heizerzulagen gegeben hat. Die Frage ist bereits seit Jahren besprochen worden und jetzt unter dem Druck der Verhältnisse zur Tat geworden. Die erste Anregung habe natürlich ich gegeben. Hierauf wird ein Antrag auf Vertagung angenommen. Abg. Ledebour(Soz.)(zur persönlichen Bemerkung): Der Minister hat mir den Vorwurf gemacht, daß ich die Rede des Prinzen Heinrich hier erwähnt habe. Das verstehe ich nicht. Weiter sagt er. als Steuerzahler habe ich kein Recht dazu, Prinz Heinrich   bekomme ja gar kein Gehalt.(Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.) Ich habe in meiner Rede keine» Zweifel darüber gelassen, daß ich vor allen Dingen das böse Beispiel bekämpft habe. WaS dem Prinzen Heinrich als Großadmiral recht ist. ist nicht bloß dem Prinzen. sondern auch jedem anderen Herrn von Soundso billig. Präsident Graf Schwerin  (unterbrechend): Das ist nicht mehr persönlich. Abg. Ledebour  (fortfahrend): Ich habe unter dem Gesichtspunkt, daß«in solches böses Beispiel nachgeahmt werden könnte, die Rede angezogen, und da haben die Steuerzahler allerdings ein Recht, mit- »uivrechen. Aber selbst wenn man sich auf den Standpunkt stellt. baß der hohe Herr... Präsident Graf Schwerin  (unterbrechend): Sie haben in einer persönlichen Bemerkung nur vaS Recht, etwas richtig zu stellen. Abg. Ledebour: Na. ich habe ja auch bewiesen, daß ich voll- Hnnmen im Rechte war.(Große Heiterkeit.) Nächste Sitzung Dienstag 1 Uhr.(Fortsetzung der Beratung.) Schluß Q'U Uhr.____ Die Hbgeordnetenbaua* LS. Sitzung vom Montag, den 13. Februar, vormittags 11 Uhr. Ztr. Ministertisch: v. Dallwitz. zweite Bttatusig des Etats des Ministeriums des Innern wird bei dem AuSgabentitel.Minister- fortgesetzt. Hierzu liegen folgende Anträge der Sozialdemo- kraten vor: 1. Die Regierung zu ersuchen, ohne Verzug einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch den alle preußischen Gesindeordnungen und alle preußischen Gesetze, belr. die Verletzungen der Dienst pflichten des Gesindes und der ländlichen Arbeiter, aufgehoben werden. 2. Die Regierung zu ersuchen. a) sofort eine Anweisung an die Verwaltungsbehörden zu er- lasten und sobald als möglich eine Gesetzesvorloge einzubringen. nach der der Gebrauch fremder Sprachen in öffent- lichen Versammlungen allgemein gestattet wird: d) sofort eine Anweisung an die Verwaltungsbehörden zu erlasten, wonach gemäß ß S des Vereinsgesetzes für B e r s a m m- lungen unter freiem Himmel und Aufzüge die Genehmigung durch öffentliche Bekaimtmachung ersetzt wird. 3. Die Regierung zu ersuchen, sobald wie möglich eine g r ü n d- liche Umgestaltung deS Forstdiebstahl- und des Feld- und Forst Polizeigesetzes in die Wege zu leiten. 4. Auf Aufhebung der Paragraphen deS preußischen Preß g e s e tz e s betr. das Plakat weien und betr. die öffentliche Verbreitung von Druckschriften usw. durch Ausrufen, Verkaufen, Verleilen usw. an öffentlichen Orten. 5. Aus Aufhebung der Bestimmungen deS sog. Vagabunden e s e tz e s von 1842 über daS Recht der Landespolizei« e h ö r d e, einen entlassenen Sträfling von dem Auf- enthalte an gewissen Orten auszuschließen. Abg. v. Kardorff(frk.) beantragt, die Regierung möge im Bundes- rate auf Abänderung der reichsgesetzlichen Bestimmungen über dos Heereöergänzungsgeschäst hinwirlen nach der Richtung, daß das Ersatzgeschäfl vereinfacht und die Möglichkeit gegeben wird, bei der Aushebung die bürgerlichen Verhältnisse und die Minder- tauglichleit der Verpflichteten mehr als bisher zu berücksichtigen. Abg. Freiherr v. Zedlitz(frk.) beantragt im Auftrage der großen Mehrheit des Hauses zur Geschäftsordnung, um die rechtzeitige Fertigstellung des Etats zu sichern, eine Kontingentierung der Etatsberatung und die Zurückstellung der zum Etat ge- stellten Anträge, soweit sie nicht unmitteibar zum Etat gehören das heißt bei diesem Titel alle Anträge Borgmann und den Antrag v. Kardorff bis nach Erledigung des Etats mit der Maß- gäbe, daß die nähere Begründung und Erörterung der Anträge von der heutigen Verhandlung ausgeschlossen fein soll. (Bravo I rechts.) Abg. Dr. Pachnicke(Vp.): Die rechtzeitige Verabschiedung des Etats wünschen auch wir, und sind bereit, uns zu diesem Zwecke eine gewisse Selbstbcschräiikung aufzuerlegen. Wir setzen aber voraus, daß dann auch sicher nach der EcatSberatung alle jetzt zurückgestellten Etatsresolniionen zur Verhandlung gelangen. Abg. v. Heydebraild(k.): Die Etatsresotulionen können nickt bester behandelt werden als anderen Initiativanträge, eS wird von der Geschäftslage abhängen, inwieweit sie zur Verhandlung kommen. Während alle übrigen Anträge die Unterschrist von Mitgliedern tragen müssen, ist das bei den Etatresolutionen nicht der Fall. Um so weniger können wir für diese Anträge ein Vor- recht vor den anderen statuieren.(Sehr richtig I rechts.) Abg. Hirsch(Soz.): Auch meine Freunde haben nicht die Ab- ficht, die Etatsberaiung in die Länge zu ziehen(Lachen rechts), das war auch nicht die Absicht bei Stellung unserer Anträge. Wir find gezwungen, solche Anträge zum Etat einzubringen, da unsere Fraktion nicht 15 Mitglieder zählt. Da wir nach den Ausführungen des Herrn v. Heydebrand nun nicht die Sicherheit haben, daß die Anträge unmittelbar nach der Etats- beratung zur Verhandlung kommen, kann ich mich dem Antrage de» Herrn V. Zedlitz nicht anschließen. Zum mindesten darf ich aber wohl erwarten, daß uns gestattet ist, die Malerten der Anträge kurz zu berühren.(Widerspruch rechlS.) Wir haben tue Absicht, auf Grund von bestimmten Fällen an den Minister Anfragen über die Handhabung der in den Anträgen ge- nannten Gesetze zu stellen, das kaim uns bei der Etatsberatung wohl nicht vertvehrt werden. Abg. Dr. Porsch(Z.): Herr Hirsch hat selbst gesagt, eS handelt sich bei den Anträgen Borgmann eigentlich um Jintiativanträge. Diese können doch aber nicht den Vortritt haben vor den anderen Initiativanträgen, die rechtzeitig als solche unterstützt mcd eingebracht sind. Außerdem werden die Sozialdemokraten durch den vorge- scklagenen Modus außerordentlich begünstigt, denn während jetzt ein oder zwei Redner alle Anträge begründen müßte, haben sie dann die Möglichkeit, zu jedem einzelnen der Anträge das Wort zu ergreifen. Abg. Fischbeck(Vp.): ES kann doch unmöglich die Folge deS Antrages v. Zedlitz sein, daß wir nun bei der Elatsberatung über die Handhabung des Vereins- undBersammlungSre cht S, über die politischen Beamten usw. überhaupt nicht sprechen dürfen. Wir können nicht aus die Erörterung der wichtigsten politischen Fragen bei diesem Etat verzichten, weil zu- fällig Anträge zu der betreffenden Materie vorliegen.(Sehr richtig! liuks.) Abg. Hirsch(Soz.): Ich kann mich Herrn Fischbeck nur anschließen. Ein Vorrecht für unsere Anträge beanspruchen wir nicht, aber wir müffen die Garantie haben, daß sie auch zur Verhandlung kommen. (Widerspruch recklS.) Von einer Begünstigung unserer Anträge könnte nur dann die Rede sein, wenn sie tatsächlich gleich nach der Erat- berawng zur Verhandlung kämen. Wenn etwa nicht zugelassen werden sollte, nach Zurückstellung der Anträge bei der Etatberatung überhaupt nicht über die Handhabung des Vereins« und Ber- sammlungSrechts usw. zu sprechen, so wäre daS eine Beschränkung der Redefreiheit, die sicher auch nicht in der Absicht der Mehr« heit liegt. Abg. Dr. Porsch(Z.): Daß man bestimmte Fälle von Be- schwerden über die Verwaltung vorbringen kann, halte ick für selbst- verständlich. Eine Garantie für die spätere Behandlung der An- träge können wir. wie gesagt, nicht übernehmen. Ab-,. Frhr. v. Zedlitz(fk.>: Stur eine eingehende Begründimg und Erörterung der Etatsresolutionen soll nicht erfolgen. Selbst» verständlich ist nicht beabsichtigt, die Berührung der Themata von der Debatte auszuschließen. Abg. Schiffer(natl.): Wir schließen uns dem Antrag v. Zedlitz an. legen aber Wert darauf, daß die Anträge später zur Verhandlung kommen. Abg. v. Heydebrand(k.): Eine wichtige Folge der Zurück- stellung der Anträge ist für uns auch die, daß wir nicht genötigt sind, aus ihren Inhalt ausführlich einzugehen und wir können auch nicht erwarten, daß die Vertreter der Regierung sich im einzelnen ans Gegenstände jetzt einlassen, deren demnächstige ausführliche Er- örterung bei Verhandlung der Anträge in Aussicht steht. Abg. Hirsch(So,.) zieht mit Rücksicht auf die letzten AuS- führungen des Abg. Freiherrn   v. Zedlitz seinen Widerspruch gegen besten Antrag zurück. Alle zum Titel.Minister  - vorliegenden Anträge werden hierauf von der Tagesordnung angesetzt. Abg. v. Goßler(k.) spricht dem Minister daS Vertrauen seiner politischen Frennde aus und verbreitet sich über die Tätigkeit der Landräte. Die Linke betrachte die Tätigkeit der Landräte nur von politischen Gesichtspunkten aus und verkenne ihre wirtschastlichen und kulturellen Aufgaben.(Sehr richtig! rechts.) Abg. Linz  <Z> kommt auf die Kaisergcburlslagsrede desBerliner Polizeiprätidenten zu sprechen. Nachdem das Gericht im Moabiter   Krawallprozeß festgestellt hatte, daß Miß- griffe der Polizei in nicht verein zelten Fällen vorgekommen seien, machte eS einen peinlichen Eindruck, daß der Polizeipräsident erklärte, nach der von ihm veranstalteten eingehende» Unlersuchung sei das Schild der Polizei intakt.(Sehr wahr! Nnks.) Redner keslltlvortet des weiteren energischere Vs« känipfung deS Schmutzes iu Wort und Lild. Es sei bedauerlich. daß der um diesen Kampf hochverdiente katholische Klerus in den modernen Stücken vielfach als verlotterte Lumpen dargestellt werde. (Sehr ricktig! i. Z.) Minister v. Dallwitz: Tie Rede des Hern: Polizeipräsidenieu liegt mir nicht im Wortlaut vor. Von dem Gerichtsurteil ist darin, soweit ich mich erinnere, nicht die Rede. Andererseits erscheint es mir natürlick, daß der Herr Polizeipräsident sich bewogen gefühlt hat, auch der Oeffeutlichkelt mitzuteilen, daß die von ihm eingeleitete Untersuchung einen Anhalt für die gegen die Polizei erhobenen Be- schuldigungen nicht ergeben habe. Es hätte zweifellos als Ver- säumnis angesehen werden können, wenn der Herr Polizeipräsident gegenüber den schweren Verunglimpfungen und Beschimpfungen, denen die Polizei ausgesetzt gewesen ist, einfach geschwiegen hätte. (Lebh. Zllstimmung rechts.) Abg. Dr. Lohma»»(natl.): Die Polizei sollte energischer vor- gehen gegen die Ausstellung der die Jugend vergiftenden Schmutz- l i t e r a l u r in Schaufenstern. Sehr zu begrüßen ist ein Boykott gegen solche Läden, wie er jetzt häufig von Privaten und auch von Schulen ausgeübt wird. Redner kommt nochmals ausführlich auf den Becker-Prozeß zurück und fordert de» Minister auf, für die Durchführung seiner bei der freisinnigen Interpellation über diesen Prozeß dargelegten Grundsätze bei der Besetzung der Staats- ämter Sorge zu tragen. Die Billigung deS Verhallens des Land- rats v. Maltzahn durch den Minister spreche nicht dafür, daß er gewillt sei. jedem Mißbrauch der Amtsgewalt entschieden ent­gegenzutreten. Auch die Bevorzugung des Adels bei Besetzung der höheren Seamtenstellen sei nicht widerlegt. Abg. Freiherr v. Zedlitz(fk.): Der Landrat muß eb»nso Politik treiben dürfen wie jeder Staatsbürger, nur darf er nicht von Amts wegen Politik treiben, er darf sich nicht fühlen als politischer Agent der jeweiligen Regierung.(Sehr richtig I links.) Um die tüchtigsten Kräfte für diese Stellen heranzuziehen, niuß die Stellung der Landräte eine möglichst selbständige wirtschaftlich sichere sein.(Bravo l rechts.) Herr v. I a g o w ist i.i dem berech- tigten Bestrebe», die Polizei gegen die Verunglimpfungen von sozial- demokratischer Seile zu verteidigen, etwas zu weit gegangen, seine Aeußerung macht in der Tat den Eindruck, als wollte sich die Verwaltung über das Gericht setzen. Natürlich hat diese Absicht Herrn v. Jagow durchaus fern gelegen.(Lachen bei den Sozialdemokraten.) Die Angriffe gegen die Orden«- Verleihungen an Polizeibeainte während deS Moabiter Pro- zeffes sind ganz unberechtigt, den» die Polizei befand sich nicht auf der Anklagebanl.(Widerspruch bei den Sozialdemolraten.) DaS ist lediglich sozialdemokratische Suggestiv».(Sehr richtig l rechts.) Abg. Hirsch(Soz.): Von der Verwaltung des Innern müssen wir daS Gegenteil be­haupten. wie von der Justiz. Nicht der leiseste Ansatz zur freieren Ausgestaltung ist hier zu verzeichnen: gegen alle Refornipläne sträubt sich daö Ministerium de» Innern auf das äußerste. Mit einem Wust von überlebten Gesetzen schleppen wir uns in Preußen herum. Ich erinnere an die G e- sindeordnung, das Vagabundengesctz, da? Plakat- g e s e tz. Im vorigen Jahre hat das Hau» einen Antrag aus Be- seitigung dieses Plalatgesetzcs angenommen, die Regierung hat brSher zu diciem Beschluß keinerlei Stellung ge- nomine».(HörtI hörtl bei den Sozialdemolraten.) Von An« gehörigen der konservativen Partei wird dabei das Plakat« qesetz fast täglich übettreten.(Sehr richtig I bei den Sozialdemo- kraten.) Dabei möchte ich feststellen, daß eine große Reihe von "egierungspräsidenten insgesamt 2500 Exemplare des vom Reichsverband herausgegebenen Werls»Die Sozialdemo- lrotie als Arbeitgeberin- angeschafft hat. Wir müssen gegen diese Art von Verwendung von Steuergeldern entschieden protestieren. Wenn wir dagegen Flugickristen zur Bekämpfung der Schmähschriften unserer Gegner verbreiten wollen, twb»" uns von der Polizei die größten Schwierig ketten in den Weg gelegt. Redner führt einzelne Fälle dieser Art an. In Hagen  , dessen Bürgermeister Mitglied der Freisinnigen Volks- parlei ist, wurde die Verteilung von Handzetteln.wegen ihres auf- reizenden Inhalts- verboten, die einen Aufruf enthielten, der bereits in Hunderttaulenden von Exemplaren in der sozialdemokratischen Presse veröffentlicht war.(Hört! hört I bei den Sozialdemokraten.) Herr v. Zedlitz sagte, der Landrat dürfe sich nicht als Agent der Regierung fühlen. Heute ist«s allerdings mehr umgekehrt, die Regierung ist der Agent der Landräte, diese ober find d»e Agenten der Konservativen.(Sehr gut I bei den Sozialdemokraten.) DaS beweist vor allem die Handhabung deS Verein«- und Bersannnlungs- rechts. Aufsehen erregt hat da« Verbot der Versaimnlung in Frankfurt   a M. im Anschluß an den Internationalen Kongreß m Kopenhagen, wo I a u r ö s und G a» d e r v e l d e in französischer Sprache sprechen sollten. Sie sollten nur sprechen dürfen, wenn sie nicht« über den Zaren sagen würden.(Hörtl hört! bei den Sozialdemokraten.) Der Erfolg deS Verbots ist übrigens gewesen, daß Jauräs und Vandervelde   nun deutsch gesprochen haben, also um so bester verstanden worden sind. Die Regierung hätte doch lernen können aus der Erfahrung, die sie bei dem früheren Verbot des Auftretens Jaurös in Berlin   gemacht hat. Damals erschien die Rede, die er halten wollte, im Wortlaut im.Vorwärts-, war also damit nicht nur einigen Tausenden Bersammlungsbesuchern, sondern Hunderttausende» Lesern zugänglich gemacht werbe».(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) . Auf die Zensurfrage kann ich sa etwa? ausführlicher eingehen, da wir dazu znkälliz keine» Antrag gestellt haben. Eigentlich ist ja nach Ansicht einer Reihe von Autoritäten die Zensur bei uns ausgehoben, in der Tat aber besteht sie. Gute Stücke, in denen Gei st liche als Lumpen hingestellt find, kenne ich nicht. Meint Herr Linz   etwa Anzengrubersche Stücke? In diesen richte, sich der Kampf doch nur gegen Institutionen, nicht gegen Personen. In Berlin   übrigens wacht ja schon die Polizei darüber, daß der Geistlichkeit nicktS angetan wird. So durfte die .Dame von Maxim- nicht aufgeführt werden, ehe nicht der Geistliche darin in einen Lehrer verlvandelt war.(Heiterkeit links.) Weiter erinnere ick an da» Verbot der Aufführung von WedetindS»Frühlings Erwachen­in Königsberg. In Berlin   hat die Polizei ein sonst un- beanstandet gegebenes Stück verboten, wo� ein S o l d a t e n» f ch i n d e r auftrat. Auch Gesänge sibirischer Ge» fangener im Kostüm durften in Berlin   nickt vorgeführt werden. (Heiterkeit.) Eine solche.Darstellung des staatlichen Strafvollzuges in Rußland  - sollte bei uns die Ruhe und Ordnung stören.(Heiter- keit.) Das kann nur lächerlich wirken, ebenso lächerlich wie die Um- änderung eines Satzes in einem Stück: Der Weg zu meinem Schlafzimmer geht nur.durch die Kirche' in.durck die Küche'(Heiterkeit), oder das Verbot deö AuktrctenS eine» Gendarmen in einem Lustspiel in der Uniform eines preußischen Gendarmen. Wie kullurseindlich dlefe Bestrebungen find, beweist das Vorgehen gegen die Freie Volksbühne. (Sehr wahrl bei den Sozialdemokraten.) Das fege�Zreiche Wirken dieies Instituts ist von allen Einsichtigen anerkannt, sie übermittett den Arbeitern klassische Stücke in guter Aufführung, die sie sonst nie zu sehen bekommen würden..Seil mehr als 20 Jaheen leiste, sie wirkliche Kulturarbeit, die ihr den Beifall aller Gebildeten eingetragen hat-, so urteilt Hermann Bahr   von ihr.(Hört I hört!) Seit 1895 ist es keiner Behörde eingefallen, ihre Zensursteibett anzutasten. DaS bleibt Herrn v. Jagow vorbehalten. Er erklärt einfach, ihre Mitgliederzahl sei so groß, daß ihre Vorstellungen nicht mehr als private, sondern als öffentliche angesehen werden mußten. Wir werden ja abwarten, ob daS Obetverwaltungsgerichl das lnltur» femdliche Vorgehen billigen wird. Herr v. Jagow bat wieder eilt» mal bewiesen, daß deutsche Kultur und Sei sie«fr e i h e it ».ur»och bei der Sozialdemokratie Schutz findet