Partei- Hngekgenbeiten*Zweiter Wahlkreis. Heute, Dienstag abend, in Nißles Fest-falen, Dennewitzstr. 13: Vortrag des Genossen Dr. A. Conradhüber:„Das preußische Wahlrecht seit 1848". Der Vorstand.RiederschSneweide. Mittwoch, den 15. d. M., abends 84h Uhr:Mitgliederversammlung des Wahlvereins beim Genossen Kienast,Grünauer Straße 8. Beiträge werden in dieser Versammlung ent-gegengenommen. Tagesordnung: Vortrag des Genossen Grogerüber;»Die politischen Parteien und ihre Programme"._ Der Vorstand.Berliner JVacbrichten»Die Toiletten in den Berliner Cafes.Wenn wir von einer Toilettenfrage in den BerlinerCafehäusern sprechen, so haben wir nicht jene schwierige Frage imAuge, welche die ständige Sorge der vornehmen Damen vonBerlin W. bildet. In den Streit zwischen Korsett und Reformkleidwollen wir uns beileibe nicht mischen. Es handelt sich vielmehrum einen Mißstand, der sich in den Cafös bei der Benutzung derKlosetts herausgebildet hat. Die Reinigung dieser Toiletten,ihre Reinhaltung während des Betriebes gehört— so sollteman meinen— zu den selbstverständMsten Pflichten des Lokal-inhabers. In der Tat, die Cafsiiers und Restaurateureder Großstadt Berlin wissen, was ihnen zukommt und erfüllen diesePflicht mit einer geradezu peinlichen Gewissenhaftigkeit; jede derzahlreichen Toiletten ist mit Reinemachefrouen bezw.-Männernbesetzt. Und aus diesem menschenfreundlichen Entgegenkommen ziehendie Wirte reichlichen Gewinn.In den meisten Fällen übergibt der Cafötier die Toilletteneinem Generalpächter. Dieser verpachtet die Toiletten wieder anandere; meistens sind es kleine Leute, Invaliden, Witwen usw.,welche oft ihre letzte Habe hingeben, um die geforderte Kautionaufzubringen, in der Erwartung, eine Existenz zu finden. Ein andererTeil der Cafstiers verpachtet die Toiletten unter Ausschaltung derZwischenpächter und nur wenige bleiben übrig, die aus dieser bis-treten Angelegenheit einen Gewinn nicht herauswirtschaften. Ueberdie horrenden Gewinne, welche die Berliner Herren Cafstiers ausder Toilettenverpachtung erzielen, gibt eine soeben erschienene Schrift»Das Berliner Cafbhausgewerbe— die wirtschaftliche Lage der An-gestellten"<Verlag: Verband deutscher Gastwirtsgehilfen) nähere undrecht interessante Aufschlüsse.Durch genaue Ermittelungen wurde festgestellt, daß in 80 Be-trieben zusammen die Summe von 155 080 M. an Pachtfür die Toiletten bezahlt wurden. Das sind ganz enorme, fast un-glaubliche Summen, welche hier arme Krüppel und Frauen bei einerwenig delikaten Beschäftigung für die Unternehmer verdienen müssen.In 52 Betrieben wurde eine Pacht zwar nicht erhoben, die an-gestellten Frauen aber müssen sich verpflichten, die gesamten Räum-lichkeiten des Betriebes zu reinigen. Auch müssen alle Pächter Seife,Handtücher usw. aus eigenen Mitteln stellen. Dabei ist es denBetreffenden verboten, von dem Publikum eine Bezahlung für ihreMühewaltung zu fordern. Dieses Verbot bedeutet natürlich weiter nichts,als eitel Heuchelei, denn die Pacht mutz bezahlt werden und darüberhinaus soll doch auch etwas für die Arbeit übrig bleiben. Damenund Kinder sind dabei am schlechtesten daran, denn von ihnen wirdbei der Benutzung der Toilette stets ein Nickel erwartet. Bei den»Herren" ist es nicht viel besser. Früher wurde dort auch in denmittleren Cafvs und Restaurants für etwas Waschgelegenheit ge-sorgt. Man konnte diese nach Belieben benutzen. Jetztstellt man einen Mann daneben(in der Regel ist eS einaltes, bekümmert dreinschauendes Männchen), der währendvieler Stunden Zeuge nicht gerade der appetitlichsten mensch-lichen Verrichtungen sein muß. Dieser Mann heischt seinenObolus, fall« man in übertriebenem Reinlichkeitsdrange darangeht,sich die Hände zu waschen. Leute, die viel im Gasthaus zu ver-kehren gezwungen sind, müssen für Trinkgelder in den Toiletten eineganz erkleckliche Summe in Ansatz bringen. Der Mißmut desPublikums über diese Unsitte richtet sich fälschlicherweise gegen diesearmen Toilettenpächter und-Pächterinnen; sie erringen günstigen-falls nur einen elenden Lohn für ihre wenig angenehme Be-schäftigung. In Wirklichkeit ist es natürlich der Wirt, der auS demReinlichkeitSbedürfnis seiner Gäste hohen Profit schöpft.DaS Deutsche Opernhaus z» Charlottenburg ist am Sonn-abend in Form einer Betriebs-Aktiengesellschaft gegründet worden.Der GründungSakt fand im Charlottenburger Rathaus statt.Dem Finanzausschuß gehören die Direktoren aller großen hiesigenBanken sowie Mitglieder des Magistrats und der Stadtverordnetenunserer Nachbarstadt an. Das Aktienkapital ist auf 1 MillionMark bemessen, wovon bereits 400 000 M. fest übernommen sind,während der Restbetrag am 28. Februar zu 100 Proz. nebst 6 Proz.Stempel und Kostenaufschlag zur Zeichnung aufgelegt werden soll.Den Aktionären werden besondere Vorrechte bei der Vergebung derTheaterplätze eingeräumt. So erhält jeder Inhaber einer Aktiedas Recht, vor Anfang eines Spieljahres den Dividendenscheingegen ein Billettheft zu Abonnementspreisen im Wert von 60 M.und einen Gutschein über die darüber etwa hinausgehende Divi-dende einzutauschen. Wer dieses Recht nicht ausübt, kann bei Besitzvon 5 Aktien sich täglich zwei Plätze im ersten Rang gegenErlegung des Kassenpreises reservieren lassen. Das Theater,welches bekanntlich beim Untergrundbahnhof Bismarckstraße aufkommunalem Grund von der Stadtgemeinde auf eigene Kostenerrichtet wird, soll 2300 Plätze haben. Die Aktiengesellschaft führtals Pächterin den Betrieb.Westliche Bororte und Zweckvrrbandsgesetz.|Die' Vertreter vonzwölf westlichen und südlichen Vororten hatten sich vor einigen Tagenin Friedenau zu einer Konferenz betreffend den Entwurf des Zweck-Verbandsgesetzes zusammengefunden. In der Besprechung wurde derEntwurf einer recht herben Kritik unterzogen. Die Mehrzahlder anwesenden Vertreter sahen in dem Entwurf nicht nureine starke Beeinträchtigung des Selbstverwaltungsrechtes derGemeinde, sondern fürchtete auch von den entstehendenKosten eine ungünstige Beeinflussung des wirtschaftlichen Ge-deihenS ihrer Gemeinden. An der Zuständigkeit des Verbandeswurde bemängelt, daß nicht auch die Regelung des Verhältnisses zuprivaten Eisenbahnunternehmungen der Regelung unterliegensollte, daß die Feststellung von Baufluchtlinienplänen eine erheblicheErschwerung und Verlangsamung erfahren würde uud daß mancheGemeinden an der Erwerbung und Unterhaltung von Freiflächenkein Interesse hätten, da sie selbst für solche Sorge getragen hätten.Außerdem wurde bemängelt, daß die dein Kreise angehörigen Ge-meinden in der Verbandsversammlung und im Verbandsausschußnur durch die Kreise und nicht direkt vertreten sein sollten. Eswurde für jede Gemeinde von 5 oder 6000 Einwohnern mindestens«in eigener Vertreter verlangt. Für den Ausschuß wurdeeine gruppenweise Zusammenfassung der Vorortgemeinden vorge-schlagen. Was die Aufbringung der Kosten betrifft, so befürchtetendie meisten Herren für ihre Gemeinden eine Störung der Wirtschaft-lichen EntWickelung durch erhebliche Belastung seitens des Verbandes.Eventuell sollten die Lasten nach anderen Gesichtspunkten als wie imEntwurf vorgesehen war, verteilt werden. Die Stimmung war demEntwurf nichts weniger wie günstig und die Herren schlugen vor,daß diejenigen Gemeinden, welche ihre Wünsche noch nicht durchPetitionen dem Abgeordnetenhause unterbreitet hätten, dies schleunigsttun sollten.Bei der Oberbürgermeisterwahl in Schöneberg entfielen auftv» Regierungsrat und Beigeordneten Dominikus aus Straßburg44 Stimmen, den Kandidaten Kutscher-Fürth 14 und den Kandi-daten Blankenstein 4 Stimmen. Dominikus ist somit auf die Dauervon 12 Jahren zum Oberbürgermeister gewählt.Die Berlin— Wilmersdorfer Tuberkulose-Ausstellung ist am Sonn-tag geschlossen worden. Mehr denn 40 000 Personen haben die Aus-stellung besticht, rund 8000 Schulkinder sind in die Ausstellung durchihre Lehrer und 1000 Unteroffiziersmannschaften sind noch in derletzten Woche durch Militärärzte in die Ausstellung geführt worden.Außerdem haben Krankenkassen, Fortbildungsschulen und sonstige In-ftilutionen die Ausstellung besichtigt.Um die erweiterte Sonntagsruhe im Handelsgewerbe, wie sieder Magistrat vorschlägt, dürfte in der nächsten Stadtverordneten-Versammlung sich noch ein lebhafter Kampf entspinnen. Wie sichaus dem Protokoll des mit der nochmaligen Beratung der Materiebetrauten Ausschusses ergibt, ist die Ausschußmehrheit für dieMagistratsvorlage nicht groß gewesen. Die Sonntagsruhever-schlechterer werden deshalb im Plenum der Versammlung ihre vonRückständigkeit zeugenden Anträge wiederholen.Abgefaßter Lockspitzel!Der Vorstand des Komitees„Konfessionslos", VorsitzenderProfessor Dr. Ludwig Gurlitt, Steglitz, sendet uns folgende Zu-schrift:„Das Komitee„Konfessionslos", das sich zur Aufgabe ge-stellt hat, die aus den Landeskirchen Ausgetretenen zu organisieren,erhielt folgende Zuschrift:Berlin, den 31. Dez. 1910. Sehr geehrter Herr Lehmann!Aus den Zeitungen ersehe ich die Gründung eines Comites„Confessionslos", dem auch ich geneigt bin beizutreten ZwecksAufklärung in meinen Bekanntenkreisen, bitte ich um Ueber-sendung der bisher erschienen Flugschriften u. Broschüren odersonstigem schriftlichen Material per Postnachnahme. Hochachtungs-voll S. v. Hellfeld, Bankbeamter, Berlin, N. 65, BrüsselerStraße 50 1, b. Diener.—Darauf erhielt Herr von Hellfeld das Material und eine Ein-ladung zur Vorbesprechung über das„K. K." zum 1. 2. d. I. Eserschienen 12 Personen, unter ihnen ein sehr robuster Mann, dersich als Eisenbahnassistent Weber und als Vertreter des in Ge-schäften nach Königsberg verreisten Herrn von Hellfeld vorstellte.An der Debatte beteiligte er sich nicht, wohl aber lieferte er zwei-mal Geldbeiträge zugunsten des„K. K.". darunter auch, um einemarmen Schuhmacher den Kirchenaustritt zu erleichtern, der fürsich und seine Familie 17,50 M. an Gebühren zu zahlen hat. Dader Mann auffiel, wurde seine Adresse erbeten. Er gab an:Eisenbahnassistent Weber, Lichtenberg, Gudrunstr. 4.— Ein Weberist dort nicht zu ermitteln. Ein Besuch bei dem BankbeamtenH. von Hellfeld ergab die Auskunft, daß dieser nach Königsbergverzogen sei. Amtliche Anfragen beim Einwohnermeldeamt undbeim Polizeirevier 57 stellten fest, daß ein Herr von Hellfeld inder Brüsseler Str. 50 niemals gemeldet war. In Lichtenbergwohnt in der Hagenstr. 6 ein Eisenbahnassistent Weber, der nichtidentisch ist mit dem rätselhaften Besucher der Sitzung des„K. K.",der aber beim Anblick des Hellfeldschen Briefes die Handschriftfür die seines langjährigen Bekannten Karl Diener erklärteund diesen Karl Diener so charakteristisch beschrieb, daß er mitdem Besucher der Sitzung des„K. K." als identisch anzusehen ist.Karl Diener ist Verwalter des Hauses Brüsseler Str. 50 lautAdreßbuch. Er ist— Kriminalbeamter. Der Brief, der dem„K. K." zuging, ist eine Fälschung. Der Besucher der Sitzung des„K. K." hat die Unwahrheit gesagt, als er sich als EisenbahnasststentWeber bezeichnete. Herr von Hellfeld, wofern er überhauptexistiert, soll sich nun jetzt erst einmal legitimieren und soll esöffentlich bestätigen, daß er dem mysteriösen Herrn Weber ausLichtenberg, Gudrunstr. 4, Vollmacht gegeben hat, die Bestrebungendes„K. K." wirtschaftlich zu unterstützen. Tut er das nicht, dannist der Beweis erbracht, daß ein Spitzel sich in die Vereinigungim Auftrage der Berliner Polizei eingeschlichen hat, und damitwäre dann die auch im Parlament von matzgebender Seite betonteVersicherung hinfällig, daß die preußische Polizei keinen Lockspitzelin Dienst stellt."Ein fanatischer Arbeiterfeind schickt unS aus Charlottenburgfolgende Zuschrift:„Haben Sie die„B. Z. a. M." vom 10. Febr. gelesen vonArbeiter Schettat bei Siemens beschäftigt, Franks. Allee 107wohnhaft?Gegen die entmenschte Stiefmutter soll Strafverfahren ein-geleitet werden und der Herr Vater? DaS ist ja ein A r b e i t e rda schweigt man die Geschichte tot! Wenn aber in den anderenStänden etwas vorkommt— da wird jede Lumperei des Ein-zelnen dem Stande gutgeschrieben, das hetzt ja so schön!—Wenn wir alle die Arbeiterlumpen dem Arbeiterstande als mas-gebend für seine Minderwertigkeit anhängen wollten, da hättenwir ein Riesenmaterial!— Was geschieht nun mit demHerrn„Genossen", denn höchstwahrscheinlich ist er ein waschechterSozi! Schämen sich die Genossen nicht, so ein würdiges Mitgliedzu haben— insbesondere die Siemensleute? Denken Sie malnach. Geben Sie Antwort! Ergebenst W. Borna, Jng."Wir wollen ausnahmsweise von unserer Gewohnheit, derartigeRüpeleien in den Papierkorb zu werfen, einmal Abstand nehmenund dem Manne öffentlich antworten.Einmal fällt es uns nicht ein, jede Ausschreitung eines An-gehörigen der besseren Klaffen ohne weiteres der ganzen Klasseanzuhängen, noch schweigen wir solche tot, wenn Arbeiter in Fragekommen, obwohl es etwas Grundverschiedenes ist, wenn beispiels-weise die Fürstin Wrede Silberzeug stiehlt oder eine arme Ar-beiterfrau aus Rot Brot oder Kohlen irgendwo sich widerrecht-lich aneignet. Denn grenzenlose Verbohrtheit und unbeschränkterHaß gegen die Arbeiter ergibt sich aus der Bemerkung von dem„Riesenmaterial", das vorhanden wäre, wenn alle„Arbeiter-lumpen" dem Arbeiterstande angehängt würden. Wir wissen nicht,was der Verfasser der Zuschrift sich mit der Bemerkung gedachthat, ob er überhaupt gedacht hat. Die Arbeiter würden sich schönverbitten. Vergehen und Verbrechen auf ihr Konto schreiben zulassen, die gewohnheitsmäßige Verbrecher begangen haben, Ver-sehlungen, die in der Hauptsache ihre Wurzel in den heutigensozialen Verhältnissen haben, ganz abgesehen davon, daß die Ar-beiter schon ihrer Zahl nach erheblich oie der Besitzenden über-wiegen.Uebrigens haben wir über den Mißhandlungsfall in der Frank-furter Allee berichtet. Wir wissen auch nicht, inwieweit dem Ar-beiter Schettat eine Beteiligung an den Mißhandlungen nach-gewiesen ist und können deshalb die Neugierde des Fragers nachdem Schicksal des Sch. nicht befriedigen. Soviel aber wollen wirdem Schreiber obigen Briefes verraten: Der Mann hat mitunserer Partei nicht nur nichts zu tun, sondern er war ein Mannnach Ihrem Herzen, Herr Briefschreiber. Er war lang-jähriger Vertrauensmann des gelben Werk-Vereins und eifrig bemüht, für die arbeiterfeindlichenGelben Propaganda zu machen. Er ist, wie wir hören, dieserTage aus dem Betriebe entlassen worden. Es war sehr unvor-sichtig von Ihnen, von uns eine öffentliche Antwort zu verlangen.Aber so geht es, wenn man ein fanatischer Arbciterfcind ist.Schließen Sie den Mann in Ihr Herz, Herr Briefschreiber, denner ist Fleisch von Ihrem Fleisch und'Bein von Ihrem Bein.Unter den Rädern des eigenen Fuhrwerks zermalmt. Einenschrecklichen Tod fand der 28jährige Kutscher Albett Bogan, der ineinem hiesigen Mchl-Engrosgeschäfl tätig ivar. Am Sonnabendabendbefand sich B. mit seinem Gefährt auf der Heimfahrt. Er hatteeine größere Tour nach den östlichen Vororten gehabt und auf derChaussee hinter Fredersdorf stieg er vom Wagen herunter und gingneben dem Fuhrwerk her. Er glitt nun auf dem Schnee aus undJieusillg, 14. fthmt 1911kam so unglücklich zu Fall, daß er mit dem Kopf unter das Vorder-rad zu liegen kam. Der Schädel wurde dem Unglücklichen voll-ständig zermalmt. Ein kurz darauf die Stelle passierender Kollegeschaffte den Leichnam auf das Fuhrwerk hinauf und dirigierte esnach Fredersdorf.Automobilnnfall beS kronprinzlichen Chauffeurs. Auf derDöberitzer Chaussee ereignete sich gestern nachmittag gegen 3 Uhrein Automobilunfall, bei dem drei Personen verletzt wurden. DerChauffeur des Kronprinzen, Feldwebel Fischer, stieß während einerFahrt mit einem Protos-Wagen alten Systems von den Siemens-Schuckert-Werken am Nonnendamm, der zeitweilig für das krön-prinzliche Gefolge benutzt wird, mit dem Vorderrad gegen einenStein. Der Wagen geriet auf der schlüpfrigen Chaussee insGleiten und prallte gegen einen Baum. Die drei Insassen, Feld-webel Fischer, der von den Verkehrstruppen zum Hofstaat desKronprinzen abkommandiert worden ist, und zwei Bedienstete derAutogarage wurde herausgeschleudert und durch Glassplitter leichtverletzt. Das Automobil dagegen wurde fast vollständig zer-trümmert. Die Verletzten erhielten im Barackenlager des Döbe»ritzer Uebungsplatzes die erste Hilfe.Ein trauriger Vorgang spielte sich am Sonntagnachmittag aufdem Potsdamer Platz ab. Der in Prcnzlau stationiert geweseneOberst du Piessier hatte sich besuchshalber in Berlin auf-gehalten. Als der alte Herr den Potsdamer Platz passierte, brach eran der Normaluhr plötzlich leblos zusammen. Hilfsbereite Passantenschafften ibn schleunigst nach der nahen Rettungswache in derKöthener Straße, wo'der diensttuende Arzt aber nur nock den in-folge Herzschlags eingetretenen Tod lonstalieren konnte. Die Leichewurde nach dem Garnisonlazarett übergeführt.Ans der Seldstmordchronik. Im Friedrichshain hat sich der50 Jahre alte frühere Stallmann Hermann Jrrenberg aus derMagazinstr. 2 erhängt. Der Mann war seit 23 Jahren Pförtnernnd Hausdiener in einem Spedilionsgeschäft in der Schillingstraße.Seine Frau betrieb eine Plälterei, so daß die Leute in guten Ver-hältnissen lebten. Seit einiger Zeit aber war Jrrenberg nerven-krank. Schon zweimal hatte er versucht, sich zu erhängen, war aberimmer noch rechtzeitig von den Angehörigen daran verhindertworden. Seit Freitagniorgen wurde er vermißt. Gestern fand manihn tot wieder. Der Unglückliche hatte sich im Friedrichshainin der Nähe des Denkmals ,m Gebüsch an einem Baume erhängt.Die Leiche wurde beschlagnahmt und nach dem Schauhauie gebracht.— Der Berliner Assessor Rietsch hat sich am Sonnabendabend 9 Uhrauf die Schienen des Bahnhofs Zoologischer Garten geworfen undsich überfahren lassen. N. war am Landgericht I tätig und gehörteder 29. Zivilkammer an. an der er öfter den Vorsitz führte.— EinPatient der Rentenquetsche Wilhelmshagen hat sich am Sonnabendneben der Anstalt im Walde erhängt.Ein schwerer Straßenbahnunfall ereignete sich am Sonntag-vormittag gegen 11 Uhr 30 Minuten in der Jnvalidenstraße nahedem Pappelplatz. Dort wollte der Kaufmann Josef Forster, Lange-straße 60 wohnhaft, den Fahrdamm überschreiten, wurde jedoch vomVorderperron des Motorwagens 1544 der Linie 63 erfaßt und bei-seite geschleudert. Der Verunglückte, der einen schweren Schädel-bruch und Gehirnerschütterung erlitten hatte, wurde in bedenklichemZustande nach dem Lazaruskrankenhause geschafft.Bon einem tragischen Geschick betroffcn wurde der GlasschleiferHolz aus Mahlsdorf. H. hielt sich eines Lungenleidens wegen vom14. Dezember 1910 in Beelitz ans und wurde am 8. Februar d. I.mit einer Schonung von sieben Tagen entlassen. Mit Freudentonnte bei seiner Entlassung konstatiert werden, daß er über 21 Pfundan Gewicht zugenommen hatte. Als Holz am verflossenen Sonn-abend die Anmeldung bei der Krankenkasse vornahm, wurde er beimNachhausegehen von einem Unwohlsein befallen, wodurch er amGrünen Weg zusammenbrach. Aus der Unfallstation am Grüne»Weg bemühte man sich vergeblich um den Sterbenden, der auch nachkurzer Zeit einem Herzschlag erlag.Der Neberfall auf den Bauführer Schmidt kn der PotsdamerStraße, über den wir Mitte Januar berichteten, hat sich in deram Sonnabend vor dem Schöffengericht Berlin-Schöneberg statt-gefundenen Verhandlung in anderem Lichte dargestellt, wie ur-sprünglich angenommen wurde. Der Bauführer ist nicht überfallenworden, sondern wurde betrunken aufgefunden. Der ArbeiterNather nahm die Brieftasche des Sch. in Trunkenheit an sich undwurde deshalb mit einem Monat Gefängnis bestraft. Der Ar-beiter Wolfs, der anfänglich gleichfalls des Uebersalles beschuldigtwar, war vollkommen unschuldig in den Verdacht gekommen.Todessprung aus dem Fenster. Eine aufregende Szene spieltesich am Sonntagmorgen in dem Hause Saarbrücker Straße 10ab. Aus noch unbekannter Ursache stürzte sich dort die 40jährigeSchneiderin Berta Howe aus einem Fenster ihrer Wohnung auf denHof hinab, wo sie mit zerschmetterten Gliedern liegen blieb. DieSchwerverletzte wurde mit einem Krankenwagen nach dem Kranken»hause am Friedrichshain gebracht, starb dort aber gleich nach derEinlieferung. Die Leiche kam nach dem Schauhause.In der Putbuser Straße 14 stürzte die vierjährige TochterLisbelh des Arbeiters Ertelt aus'einem Fenster' der elterlichen Woh-nung im vierten Stock. Die Kleine mußte schwerverletzt nach demKinderkranlenhause transportiert werden.Zwei Kindesleichen wurden vorgestern nachmittag gefunden.die eine, die in Zeitungspapier eir-g-hüllt war, von einem Dra-goner, dem Burschen eines Leutnants, auf dem Flur des HausesSchlesische Straße Nr. 22, die andere auf dem freien Felde gegen-über dem Hause Müllerstraße Nr. 81. Diese war in Leinwandund graues Packpapier eingeschlagen und schon ziemlich starkverwest,Vorort- JSacbrlcbtemRixdorf.Vom Rixdorfer Schulwesen.Für die Arbeiterschaft besonders interessant ist in dem bereitserwähnten Jahresbericht des Rixdorfer Magistrats der Bericht überdas Schulwesen. Die Zahl der Volksschulkinder ist in Rixdorf einesehr hohe. Während im Jahre 1901 nur 14 295 Volksschulkindervorhanden waren, wurden 1903 26 443 Kinder, 1909 28 238 Kinderund 1910 29 923, also fast 30 000 Kinder gezählt. Aufs Tausendder Bevölkerung entfielen am 1. Januar 1909 136,24, am 1. Januar1910 134,63 Volksschulkinder; in Berlin dagegen stellte sich dieselbeZahl am 1. Mai 1909 resp. 1910 nur auf 108,79 bezw. 106,84; inCharlottenburg nur 86,05 bezw. 84,04; in Wilmersdorf sogar nur66,38 bezw. 64,10 Volksschüler auf 1000 Einwohner. Die GemeindeRixdorf hat also für eine absolut und relativ außerordentlich hoheZahl von Volksschulkindcrn zu sorgen; dementsprechend sind beider schlechten Finanzlage auch die Zustände der Rixdorfer Volks-schule außerordentlich viel schlechter als in Berlin und in denanderen Vororten Berlins. Das eine kann man wenigstens alsBesserung konstatieren, daß die Schulgebäude für die Volksschulenin den letzten Jahren schöner, zweckmäßiger, moderner gewordensind, weil die Stadt einen tüchtigen Baurat hat. Das ist aberauch die einzige Besserung, die auf diesem Gebiet zu konstatierenist; alles übrige ist sehr rückständig und schlecht geblieben. Sc/ istdie durchschnittliche Klassenfrequenz noch immer eine sehr hohe;sie betrug 1908: 55,7 Schüler. 1909: 53,7 Schüler. 1910: 54,1Schüler auf die Klasse; auf eine Lehrperson kamen 1903: 60,1,IM: 57.9. 1910: 58,3 Schüler.