®fc bestehenden Kinderheime sollen staatlich unterstützt werdenunter der Bedingung, daß sie auch für die Mütter wenigstens solange sorgen, als deren Kinder noch nicht sechs Monate alt sind.Durch Gesetz sollen die unehelichen Kinder gleiche Rechte mitden ehelichen erhalten.Alle Anstalten, die Siechen. Greisen und Invaliden Obdach undFürsorge angedeihen lassen, sollen staatliche Unterstützung erhalten.Das Bundesparlament hat eine königliche Kommission zu er-nennen, die die Löhne und Arbeitsbedingungen aller Staatsarbeitereiger Prüfung unterzieht._Genchtö- Zeitung.BeleidigungSprozeß Hülsen gegen Weingartner.Ein Beleidigungsprozeß des Generalintendanten Graf v. HülsenHaeseler gegen den früheren Direktor der Wiener Hosoper Felixv. Weingartner beschäftigte gestern bis spät abends die 10. Straf-kammer des Landgerichts I unter Vorsitz des LandgerichtsdirektorsCrüger.Die öffentliche Klage vertrat Staatsanwaltschaftsrat Müllerals Nebenkläger war Graf v. Hülsen-Haeseler unter Beistand desRechtsanwalts Arthur Wolff zur Stelle. Der Angeklagte v. Weingartner wurde vom Justizrat Dr. Sello und Hof- und Gerichtsadvakat Dr. Frischauer-Wien verteidigt.Der Klage liegen Differenzen zugrunde, in die Weingartnerals Dirigent der Symphoniekonzerte der königlichen Kapelle mitHerrn v. Hülsen geraten ist. Mit dem Angeklagten war ein Vertragbezüglich der musikalischen Leitung dieser Konzerte geschlossen wor-den, und als Weingartner zum Direktor der kaiserlichen Hosoper be-rufen worden war, kam ihm Herr v. Hülsen durch bestimmte Ab-machungen entgegen, die sich auch über eine Stellvertretung in Be-Hinderungsfällen ausließen. Dann kam es zu einem vollständigenBruch. Der Angeklagte war der Meinung, daß ihm zuständigesHonorar vorenthalten worden. Er ließ die königliche Kapelle des-halb bei einem Konzert in Stich, und Generalintendant v. Hülsenmachte dies durch Anschlag bekannt und bemerkte gleichzeitig, daßgegen Herrn v. Weingartner das Verfahren wegen Kontraktbrucheingeleitet worden sei. Der Angeklagte wurde dann auch als kon-traltbrüchig erklärt. Es kam dann ein Vergleich vor dem Schieds-gericht des Bühnenvereins zustande. Herr v. Weingartner zahlte9000 M. an die Unterstützungskasse der königlichen Kapelle, und dieKontraktbruchserklärung wurde wieder aufgehoben. Nun hatte derverstorbene Angela Neumann wegen einer Sängerin Differenzenmit Herrn v. Hülsen, die er auf einer Generalversammlung desBühnenvereins am 30. Januar 1909 zur Sprache brachte. Er hattesich auch an Herrn v. Weingartner um Stoff gegen Herrn v. Hülsengewandt, und dieser hatte an Neumann folgendes Telegramm gerichtet:„Hülsen hat in seiner vielbesprochenen Affäre gegen micheinen Vertragsbruch begangen. Da der Fall nur vor das Schieds-gericht gekommen ist, dessen Institution von Fallen gegen dieMitglieder geradezu strotzt, ohne daß die ordentlichen Gerichteappellierbar gewesen, fühlte er sich sicher und imputierte mir diesenVertragsbruch, den er selbst begangen hat durch den Bluff derPlakatierung und einer von Unwahrheiten strotzenden Klage. Ichzahlte schließlich 9000 M., um allen Scherereien zu entgehen, diemir ein Prozeß in ausreichendem Matze gebracht hätte. Ich be-halte mir vor, auf das Hülsensche, jedem Recht und jeder Noblessewidersprechende Vorgehen gelegentlich öffentlich zurückzukommen.und jedenfalls steht Ihnen mein ganzes Material zur Verfügung.Ich ermächtige den Direktor Reuker(Vertreter Neumanns aufder Generalversammlung), diese Mitteilung überall bekannt zugeben."Graf v. Hülsen-Haeseler wollte Klage gegen v. Weingartner er-heben, nahm aber hiervon Abstand, da der Angeklagte erklärte, daßer mit dieser Veröffentlichung nichts zu tun habe. Später, am3. Juni 1910. veröffentlichte der Angeklagte in der„Neuen FreienPresse' eine Erklärung, in welcher er betonte, daß er für den Wordlaut des an Angela Neumann gerichteten Telegramms die Veranvwortung übernehme und seinen Inhalt aufrecht erhalte. Daraufhinist die Anklage erhoben worden.Nach langausgedehnter Beweisaufnahme kam folgender Ber-gleich zustande:„Der Angeklagte v. Weingartner erklärt: Ich gebe nach derBeweisaufnahme in der heutigen Hauptverhandlung zu, daß derGeneralintendant Graf v. Hülsen-Haeseler, als er den Anschlag vom9. März 190S im Opernhause in Berlin veranlatzte, nach dem ihmbekannten Sachverhalt annehmen mutzte, ich habe den Vertrag ge-brachen.Ich hatte die Berechtigung seines Standpunktes bisher nicht ge-nügend eingesehen und suhlte mich infolgedessen noch bis in dieneueste Zeit durch den Anschlag vom 9. März 1903 in meinerKünstlerehre schwer gekränkt.Zur Abwehr dessen habe ich mich bisher für befugt gehalten,meine an den jetzt verstorbenen Direktor Angela Neumann durch dieDepesche vom 30 Januar 1909 über die Vorgänge und meine Auf-fassung von diesen gemachten Mitteilungen auch später aufrecht zuerhalten.Ich gebe nach der heutigen Hauptverhandlung zu, daß ich diesemeine Aeußerungen nicht mehr aufrecht erhalten kann. Ich hattemit diesen nur meine Rechte wahrnehmen, jedoch Exzellenz GrafHülsen-Haeseler nicht beleidigen wollen.Wenn dieser von mir nicht beabsichtigte Erfolg einer Beleidigungdennoch eingetreten ist. so bedauere ich dies lebhaft und nehme dem-gemäß den Inhalt meiner Depesche vom 30. Januar 1909 und dergleichen späteren Erklärung mit der Bitte um Entschuldigung zurück.Der Nebenkläger Graf v. Hülsen-Haeseler erklärt: Ich nehmediese �ur Klarstellung der Vorgänge dienende Erklärung des Herrnv. Weingartner mit Befriedigung entgegen. Ich will danach und nachden heute von ihm in der Hauptverhandlung abgegebenen Versiche-rungen annehmen, daß er bei seinem im Februar 1908 gemachtenVersuch der Auflösung des Vertrages in gutem Glauben war.Ich nehme den Strafantrag zurück.Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens verpflichtet sich der Angeklagte zu tragen.'Das Versahren wurde hierauf eingestellt.Mecklenburgische Justizidylle.Beim Spielen auf einem öffentlichen Wiesengrundstück imFerienaufenthaltsort Stargard i. M. wurde das fünfjährige Töchterchen der Berliner Familie W. vom Hunde des vorübergehendenStadtförsters R. gebissen, so daß ärztliche Hilfe notwendig wurde.Da nach Aussage des zehnjährigen Bruders der gebissenen Kleinender Stadtförster den Hund gehetzt haben sollte, der Förster aber sichnicht zum Ersatz des Arzthonorars bereit erklärte, wurde beim zu-ständigen Magistrat Anzeige erstattet. Wurde nun der für denHund verantwortliche Förster zur Verantwortung gezogen? O nein!In dem„Rechtsstaat" Mecklenburg erhielt— die Mutter des ge-bissenen Kindes— ein Strafmandat, weil sie ihr Töchterchen nichtgenügend beaufsichtigt und dadurch den Biß ermöglicht habe. AufEinspruch erzielte ihr Anwalt Dr. Curt Rosenberg-Berlin selbstver-ständlich vor dem Schöffengericht Stargard Freisprechung. Auch dieKosten der ärztlichen Behandlung wurden vom Stargarder Magrstrat ersetzt.Nur mit erheblicher Mühe gelang eS, die Polizeibehörde in St.zur Weitergabe der Ermittelungsakten gegen den Stadtförster R.an die Staatsanwaltschaft zu veranlassen. Diese aber vermochteebenso auch die Oberstaatsanwaltschaft— bei R. nicht das geringsteVerschulden zu entdecken und lehnte die Eröffnung des Verfahrensab. Als Rechtsnorm für Deutschland-Mecklenburg dürfte ein Ge-schichtsforscher aus dem vorstehenden folgendes entnehmen: inschichtssorscher aus dem vorstehenden folgendes zu entnehmen: inMecklenburg sind die Kinder an der Leine zu führen, um die Förster-Hunde vor dem Beißen zu schützen.Sittlichkeitsverbrechen.Zu zwei Jahren Gefängnis unter Anrechnung von zwei Mona-ten Untersuchungshaft wurde dieser Tage vom Potsdamer Schwur-gericht der Schlosser Paul Wägener aus Nowawes wegen eines am19. November v. I. verübten Sittlichkeitsattentates gegen ein 17jäh-riges Mädchen und eine Frau verurteilt. Der Angeklagte, der be-reits im Jahre 1908 vom Schwurgericht in Nürnberg wegen einesähnlichen Deliktes zu zehn Monaten Gefängnis verurteilt wordenist, gab an, die Taf nach Alkoholgenuß im Zustand geistiger Bewußt-losigkeit und sexueller Erregung, bedingt durch die Folgen früher er-littener schwerer Kopfverletzungen, begangen zu haben.Beleidigung eines Dienstmädchens.Die höchstzulässige Geldstrafe von 1500 Mark, an deren Stelleim Nichtzahlungsfalle 100 Tage Gefängnis'treten, erkannte dasSchöffengericht zu Hannover in seiner letzten Sitzung am Sonn-abend gegen den Fabrikgefchäftsführer Philipp Schmidt aus Langen-Hagen wegen tätlicher Beleidigung. Der verheiratete Angeklagte hatein in seiner Familie bedienstetes Mädchei» mit unsittlichen An-griffen verfolgt Die Verhandlung fand bei strengem Ausschluß derOessentlichkeit statt. Seitens des Vertreters der Anklagebehördewaren drei Monate Gefängnis beantragt. Das Gericht berücksich-tigte strafmildernd die bisherige Unbescholtenheit und die schwerenFolgen, die den Angeklagten schon wegen seiner unüberlegtenHandlungsweise getroffen haben, straferschwerend, daß den in Stel-lung befindlichen Dienstmädchen gegenüber solchen Angriffen einenergischer Schutz gewährt werden müsse. Es verschonte den Ange-klagten mit einer Gefängnisstrafe, erachtete aber andererseits diehöchste zulässige Geldstrafe als fühlbare Strafe angesichts der Ver-mögensverhältniffe des Angeklagten am Platze.Würden in ähnlicher Weise wie in Hannover in ganz Deutsch-land stets Beleidigungen der Dienstboten durch ihre Herrschaft ver-folgt und geahndet, so würde das bald eine erziehliche Wirkung aufso manche Herrschaft ausüben._Der Kwilecki-Prozeß vor dem Reichsgerichtist auf unbestimmte Zeit vertagt worden, da Geh. Justizrak Seelig,der Vertreter des Grafen Kwilecki, erkrankt ist.Verfarmnkingen.„Der Kerl" gehört zum geschützten Sprachschatz eines Amts-Vorstehers.Eines Tages befand sich der Kaufmann Holm aus KöSlin mitseinem Planwagen auf der Dorfstrahe von Strippo. Der Amtsvor-sieher Gutsbesitzer Dr. von Blankenburg zu Strippo, der die Dorf-straße entlang fuhr, interessierte sich in seiner Eigenschaft alsPolizeiverweser für die Person des Lenkers des Planwagens, dener nicht sehen konnte. Er sagte deshalb zu seinem Kutscher, ersolle doch mal absteigen und sehen, wer„der Kerl" sei. Holm erfuhrvon dem Gebrauch des Ausdrucks„Kerl" und verklagte den AmteVorsteher wegen Beleidigung. Dieser wurde auch in erster undzweiter Instanz verurteilt, worauf er Revision einlegte. Bevor eszur Verhandlung vor der Revisionsinstanz kam, erhob die Regierungzu Köslin den Konflikt zugunsten des Amtsvorstehers, indem siegeltend machte, der Amtsvorsteher habe den Auftrag seinem Kutscheraus einem amtlichen polizeilichen Grunde erteilt und sich innerhalbseiner Amtsbefugnis gehalten.Das Lberverwaltungsgericht erklärte dieser Tage den Konfliktfür begründet. Es führte aus, daß keine Ueberschreitung der Amte-befugnis angenommen werden könne, wenn man die ganze Sachlageerwäge. Der Privatkläger habe in dem Planwagen gesessen, so daßer nicht zu sehen gewesen sei. Der Amtsvorsteher habe gar nichtgewußt, wer in dem Wagen saß. Er habe den Ausdruck„Kerl"also gar nicht mit Bezug auf die Person des Klägers gebrauchenwollen. Wenn er unter diesen Umständen unter Benutzung einesAusdrucks, der gang und gäbe sei, zu seinem Kutscher sagte, er sollemal nachsehen, wer der„Kerl" wäre, dann könne von einer Ueber-schreitung der Amtsbefugnisse keine Rede sein. Darum sei zu er-kennen, daß das Verfahren gegen den Amtsvorsteher endgültig ein-gustellen sei.Deutscher Metall arbeiterverband. In der außerordentlichenGeneralversammlung der Verwaltungsstelle Berlin, die am Sonn-tag Freyers großen Saal samt den Galerien füllte, wurde die voracht Tagen begonnene Beratung über die Stellungnahm« zumVerbandstag fortgesetzt. Es wurde nun über die Anträge be-raten, die sich auf die Beitragsfrage beziehen. In nicht wenigerals 10 Anträgen wird eine mehr oder minder weitgehende Staffe-lung der Beiträge oder Einführung eines höheren Beitrages fürdie Mitglieder mit höherem Einkommen verlangt. ES handelt sichhier hauptsächlich um die Beitragsleistung der männlichen Mit-glieder, jedoch wfrd auch beantragt, daß den weiblichen Mit-gliedern Gelegenheit geboten werde, in eine höhere Beitragsklasseeinzutreten. Die verschiedenen Anträge wurden nun zunächst vonden Antragstellern begründet. Es wird allgemein anerkannt, daßeine weitere Stärkung der Finanzen des Verbandes notwendigoder wenigstens sehr wünschenswert ist, jedoch sind die Fürsprecherder Beitragsstaffelung der Meinung, daß den Mitgliedern mit dengeringsten Löhnen keine höheren regelmäßigen Beiträge auferlegtwerden dürften, während die mit besserem Einkommen sehr wohletwas mehr zahlen könnten. Demgegenüber schlägt der Hauptvor-stand die Erhöhung des Verbandsbeitrages von 60 auf 70 Pf. vor,für die weiblichen Mitglieder von 25 auf 30 Pf. Der Bevoll-mächtigt« Cohen sprach im Sinne diese» Antrages. Das Verlangennach Staffelbeiträgen beschäftigt die Mitglieder schon seit vier Ver-bandStagen, ohne daß etwas Annehmbares dabei herausgekommenist. Die Lösung der Frage bietet außerordentliche Schwierigkeiten,weil die Löhne nicht allein nach den Orten und Bezirken, sondernauch in den vielen Berufen und Branchen, die der Metallarbeiter-verband umfaßt, sehr verschieden sind. Der Verbandstag inMünchen, 1907, wählte aus Anhängern der Staffelbeiträge eineKommission, die die Frage prüfen und dem nächsten Verbandstagbrauchbare Vorschläge machen sollte. Die Kommission sammelteMaterial aus dem ganzen Reiche und arbeitete fleißig und gründ-lich, aber die Vorschläge, die sie dem Verbandstag in Hamburg.1909, machte, wurden mit großer Mehrheit abgelehnt, und manbeauftragte den Verbandsvorstand, die Frage aufs neue zu prüfen.— Die Staffelung der Beiträge wäre durchaus wünschenswert,wenn sich nur ein gangbarer Weg finden ließe.— Der Rednerempfahl die folgende von Albert Draeger vorgeschlageneResolution, die dann schließlich, allerdings nur mit schwacherMehrheit von der Versammlung gutgeheißen wurde: X„Die Generalversammlung der Verwaltungsstelle Berlin istder Ansicht, daß eine Stärkung unserer Mittel im Kampfe umbessere Lohn- und Arbeitsbedingungen angesichts der immerstärker werdenden Unternehmerorganisationen und der von derRegierung geplanten Maßnahmen gegen die Arbeiterbewegungdringend notwendig ist.Da nur durch laufende Beiträge eine wirklich durch-greifende Stärkung zu erwarten ist, erklärt sich die General-Versammlung der Verwaltungsstelle Berlin mit einer Erhöhungdes Beitrages einverstanden. Jedoch hält die Generalversamm-lung es für notwendig, daß der Verbandstag reiflich prüft und,wenn angängig, beschließt, daß durch klassifizierte Beiträge denverschiedenen Verdiensthohen der Mitglieder Rechnung getragenwird."Da die Diskussion über die Beitragsfrage allzuviel Zeit er-fordert hatte, war die Beratung über die sonst noch vorliegendenAnträge nicht mehr möglich. Es wurde beschlossen, sie vorläufigals Anträge der Einzelmitglieder beim Verbandsvorstand einzu-reichen, was innerhalb 14 Tagen geschoben muß, und sie dann inder folgenden Generalversammlung der Verwaltungsstelle Berlinzur Beratung zu stellen.Der Zentralverein ber Bildhauer wählte in der am Montagabgehaltenen Generalversammlung der Mitgliedschaft Berlin denKollegen A ß m a n n zum ersten Vorsitzenden. Ferner wurde be-schlössen, die„Bildhauer-Zeitung" den Mitgliedern auf Kosten derLokalkasse portofrei zuzusenden und das Bureau in der Zeit von» 4—7 Uhr nur Montag?, Donnerstags und Sonnabends offen zahalten, an den übrigen Tagen zu denselben Stunden aber für denVerkehr zu schließen, damit den Angestellten Zeit bleibt, die schrift-lichen Arbeiten zu erledigen.Hus aller CBelt.Stillstand der Pest.Nach den vorliegenden Nachrichten scheint eS gelungen zu fein,dem weiteren Umsichgreifen der Pestepidemie erfolgreich ent-gegenzutreten. In Peking ist die Pest im Abnehmenbegriffen, die Ouarantänevorschriften für europäischeReisende wurden aufgehoben. In Charbin find amMontag 15 Chinesen der Pest erlegen.«Einem in Wien gehaltenen Vortrage deS Privatdozenten Dr.Rudolf P ö ch, der als Teilnehmer einer wissenschaftlichenExpedition im Jahre 1397 die Pest in Indien studiert hat,entnehmen wir folgende Ausführungen über die Pestgefohr:Der größte Widerstand gegen die Herabminderung der Pest-gefahr, wie sie der Wissenschaft heute schon möglich wäre, ist in demVerhalten der Völker des Ostens zu suchen, die aus religiösenVorstellungen und Heiligkeitsgefühlen heraus sich allen Maß»regeln und Anordnungen widersetzen, die zur Eindämmung der Gefahrdienen würden. In Indien zum Beispiel ist die Regierung machtlos,da sie es nicht wagen darf, das wirtschaftlich ausgebeutete Volk inseinen religiösen Bräuchen einem Zwange zu unterwerfen, da sonst trotzder Lethargie der Inder eine Revolution zu befürchtenwäre. So muß es denn geduldet werden, daß Pestleichen, diegefährlichsten Verbreiter der Seuche, von den P a r s e n, diepersischer Herkunft und Bekenner der Lehre Zoroasters sind, in denvon ihnen eigens geschaffenen Rundbauten den Geiern zumFraß vorgeworfen werden. Die Geier werden von der Pest wohl nichtergriffen, schleppen aber die Leichenteile in ihrem Schnabel wiederan bewohnte Orte, wo nun neuerlich Infektionen entstehen. Von denHindus selbst werden die Leichen, ohne Rücksicht auf die Gefahr,auf Tragbahren geschnallt, in feierlichem Zuge durch dieStraßen dem Verbrennungsplatz entgegengetragen. So ist zwardie Bestattungsart hygienisch, der Trauerzug aber neuerlicherErkrankungen Keim. Eine andere Gefahr der Seuchenverschleppunglernte die Expedition kennen, als sie inne wurde, daß keineFamilie die Isolierung eine« erkrankten Mit»g liebes zuläßt, so daß man schließlich zu dem verzweifeltenMittel greifen mußte, ganze Familien— kranke und gesunde---gemeinsam zu isolieren.Wie sehr auch das enge Beieinanderwohnen derBevölkerung der Verbreitung der Pest dient, zeigt die regel-mäßige Zunahme der Krankheits- und Todesfälle im Winter,wo alles in ungelüfteten Hütten gemeinsam Unterschlupf sucht.und das beinahe vollständige Erlöschen imSommer, wo der Inder im Freien lebt. Doch könnte auch alldiesen Umständen abgeholfen werden, die Gefahr bestünde, wennauch sehr vermindert, weiter. Denn wie schon der höhere Prozent»sntz der Erkrankungen von Speicherarbeitern beweist, sind dieNa g e»tiere, besonders die Ratten, gefährliche Träger und Verbreiter derPest. Neben ihnen aber auch das Ungeziefer, vor allem aber dieMurmeltiere, die im Himalaya große Gebiete unterminieren undTräger einer Art schleichender Pest sind; diese Ragetiere nun werdenhäufig von der Seuche ergriffen und dann, von ihren gesundenGattungsgenoffen vertrieben, kommen sie zu menschlichen Be-Häufungen und sorgen für ein Aufflammen der Seuche, wenn dieseschon erloschen schien._Unwetter im Moselgebiet.Neber den Hunsrück, das Mosel- und Saargebiet find amMontag schwere Gewitter, begleitet von starkem Sturm undHagel, niedergegangen. Der Hagel lag stellenweise zollhoch, zahl»reiche Dächer wurden abgedeckt. In der angeschwollenenKyll ertrank ein Arbeiter, der sich aus einem über denFluß führenden Steg befand, als dieser vom Sturm hinweggerissenwurde._Kleine Notizen.Auf dem Eise eingebrochen. Aus eiuem Teiche in der Nähevon Chemnitz brachen die beiden Knaben eines Tischlers Lorenzaus Glösa ein. Ehe Hilfe gebracht werden konnte, ertranken die'beiden.Ein 15 jähriger Defraudant. In Braunschweig entwende� der15jährige Kaufmamislebrling Tautz seinein Chef ein Scheck»formular, füllte das Formular auf 9760 M. aus und erhobdaS Geld bei einer hiesige» Bank. Einem hier wohnhaften Arbeiter,der um den Schwindel wußte, schenkte der jugendlich« Schwindler1000 Mark und ergriff dann.mit seinem 16jährigenBruderdie Flucht.Bti dem Brande eines Gasthofes in Lauingen tn Bayernsind drei Personen bei den Löschardeiten schwer verletzt worden.Der Gasthof ist vollständig niedergebrannt.Eine Flutwelle hat an dem Strande von St. Etienne(Italien) und Riva großen Schaden angerichten. Zwei Wohn»Häuser sind eingestürzt, andere stehen in Gefahr. Der Strandist aus weite Strecken verwüstet.Glücklich gelandet. Der am Sonntag vormittag in Bitterfeldbei einer Windgeschwindigkeit von hundert Kilometer in der Stundemit Leutnant Knoerzer als Führer und drei Paffagieren auf-gestiegene Ballon„Nordhausen" ist in den K a r p a t h e n glücklichgelanoet._«mrltcher Marktberlch» der NädMchen StarNdallen-Dtrektton aderden Großhandel in den zentrat-Marttballen.«tarktlage: Fleisch:Zufuhr genügend, Geschäft ruhig. Preise unverändert. E> l d: Zusnbrmäßig,(»eichäst nicht lebhast genug. Preise unverändert. Nellügel:Zufuhr genügend, Geschäft lebhast. Preise anziehend. Fische: Zufuhrmäßig, Geichast ruhig, Preise wenig verändert. Suiter und Käse:Geschäft ruhig. Preise unverändert. Gemüse, Obit und Süd»j r a ch t«: Zufuhr genügend, Gelchäst etwas reger, Preise wenig ver»ändert.«afferstandS-Nachrtchte«WasserstandM e m e l. Tilss,P r e g e l. JnfterbmgWeichsel, TboruOder, Ratibor. Krassen» FrantwrtWarth«. Schrimm, LanosbergNetze, VorvammElbe, Letmieritz, Dresden, Bardo, Magdeburg«t+ bedeutet Wuchs.— Fall.— 1 Unierv-ael.—•) Eisssand.DaS Hochwasser im Odergebiet geht in dm QuellflNssenbereits wieder zurück. Ratibor halte gestern mittag den Flutscheiiel mit 596Zentimeter. das ist etwa 20 Zentimeter über Mittclhochwasser. Heut»morgen betrug der Wasserstand dort nur noch 527 Zenlimeler und derFlulscheitel war nach Kasel gelangt, wo er ungesähr den mittleren Hoch»Wasserstand erreicht hat. Das Eis ist sowohl in der oberen Oder wie inBreslau und bei Schwedt abgeschwommen.Verantwortlicher Redakteur: Richard Barth, Berlin. Für den Inseratenteil verantw.: Th. Glocke, Berlin. Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u. BerlagSanstalt Paul Singer u. Co.. Berlin SW.