BerfrcTung für ungültig erklärt wurde, ist nun vom Bezirksausschust für g ü l t i g erklärt worden. Schiffke, dem als Berwaltungsmitglied der Baugenossenschaft„Paradies" die Interessenvertretung von 142 Morgen Land und 7 bebauten Grundstücken übertragen wurde, imd deshalb als Angesessener zu betrachten war, erhielt bei der Wahl 50 gegen 2ö gegnerische Stimmen..Die Mehrheit des Wahlvorstandes er- klärte nach Auszählung der Stimmen die auf unseren Kandidaten entfallenen für ungültig und proklamierte den Büdner Koch als ge- wählt. Eine Beschwerde Lei der Gemeindevertretung wurde ab- schlägig beschieden. Der hierauf angerufene Bezirksausschuß er- klärte den Beschluß des Wahlvorstandes und deshalb auch den der Gemeindevertretung für ungültig. Die Gemeindevertretung be- antragte nun mündliche Verhandlung, welchem Antrage der Bezirks- ausschuß erst nach Beifügung einer entsprechenden Rechtfertigung stattgab. Dem kam der Gemeindevorstand nach. Die hierauf er- folgte Verhandlung führte zur Gültigkeitserklärung der Wahl unseres Genossen. In der letzten Gemeindevertretersitzung wurde Genosse Schiffke bereits eingeführt zum Leidwesen der sozialistenfeind- lichen Vertreter, die den idyllischen Zustand auch weiterhin auftecht erhalten taollten. Die Vertertung hatte sich mit der Wasserversorgung des Ortes zu beschäftigen. Hierzu hielt der Direktor des Charlottenburger Wasserwerks einen einleitenden Vortrag. Nach seinen Ausführungen verpflichtet sich die Gesellschaft gegenüber der Gemeinde,- die Legung der Leitung auf eigene Kosten zu bewerkstelligen. Der Preis für den Kubikmeter Wasser betrage bei einem Verbrauch bis 100 Kubik- meter 80 Pf., bei 100— 300 Kubikmeter 15 Pf. und über dieses Quantum hinaus 10 Pf. pro Quartal. Im übrigen beständen die vorgeschlagenen Bedingungen bereits in 20 Vororten. Die Ge» meindevertretung stimmte den Vorschlägen zu. Außerdem wurden noch einige interne Angelegenheiten erledigt. Adlershof . Die heutige Gemeindevertrctcrsitznng wird sich u. a. mit einem Autrage unserer Genossen beschäftigen, welcher eine größere Siche- ruug des Selbstverwaltungsrechtes der Gemeinden anstrebt, außer- dem steht ein Antrag auf der Tagesordnung, welcher die Bestrebungen für Errchtung einer Arbeitslosenversicherung und eines Arbeitsnachweises Groß-Berlin unterstützt. Dieselbe TageS- ordnung sollte schon in einer vor acht Tagen einberufenen Sitzung verhandelt werden, doch glänzten die Vertreter der ersten Abteilung mir Abwesenheit, so daß Beschlußunfähigteit vorlag. Unsere Anträge scheinen den Herren unangenehm zu sein und so glauben sie nichts Besseres zu tun, wenn sie einer bestimmten Stellungnahme durch Abwesenheit ausweichen. Man ersieht auch hieraus die Arbeiterfreund- lichkeii dieser Herren. Die Konsumgenossenschaft von AdlerShof und Umgegend hat an den letzten Sonnlagen in Grünau und Adlershof Warenansstellungen arrangiert, welche von Mitgliedern als auch NichtMitgliedern recht gut besucht waren. Besonders erweckten die in den Eigen- produktionSsiätten der Großeinkaufsgesellschaft hergestellten Produkte. welche in einer Spezialabteilung von der Gesellschaft unter ihrem Warenzeichen gelieferten Waren gemeinsam ausgestellt waren, das größte Interesse aller Besucher. Der Hauptzweck der Ausstellung lag in der Gegenüberstellung von Waren aus Privatgeschäften und solchen der Genossenschaft. Nicht weniger denn je 85 verschiedene Artikel waren in zwei Berliner und fünf Adlershofer resp. fünf Grünauer Geschäften aufgekauft und in übersichtlicher Weise mit Angabe des erhaltenen Gewichts und des gezahlten Preises gegenübergestellt. Bon allen Besuchern, auch von den anwesenden Geschäftsinhabern mutzte auerkannt werden, daß sowohl in Qualität als auch im Preise die Genossenschaft jede Konkurrenz und Kritik aushalten kann. Beim Gewicht stellte es sich heraus, daß die Genossenschaft durchweg Nettogewicht verabfolgt hatte und für weniger Geld 100 bis 800 Gramm Mehrgewicht als die Privatgeschäfte erzielte. Zieht man die jährlich erfolgte Verteilung der Rückvergütung mit in Betracht, dann sind die Vorteile, welche die in der Organisation be- findlichen Konsumenten gegenüber den Nichtorganisierten haben. wirtschaftlich von größter Bedeutung. Auf dem Gebiete der Waren- Verteilung hat der aenossenschastliche.Zusamn»«pschluß der flatv sümcnten unzweifelhaft eine Zukunft. Dazu gehört aber, daß alle Konsumenten, besonders aber die Arbeiterschaft und nr erster Linie die politisch und gewerkschaftlich Organisienen den Genossenschaften beitreten und als Mitglieder in den Geschäften der Genossenschaften ihren gesamten Bedarf decken. Trebbin (Kreis Teltow). Großes Aufsehen rief hier die gestern avend erfolgte Verhaftung des Lehrers Arndt von Gadsdorf wegen EittlichkettSverbrechen hervor. A. soll mit mehreren Schülerinnen unzüchltge Handlungen vorgenommen haben. Er ist verheiratet und Bater von fünf lebenden Kindern, Die Untersuchung wird erst das Nähere ergeben. Dabendorf bei Zossen . Die letzte Mitgliederversammlung deS Wahlvereins wähste als Delegierte zur Verbandsgeneralversammlung die Genossen Seile und Schunack. Nachdem einige Redner die hiesigen Steuerverhält- nisse einer scharfen Kritik unterzogen hatten, wurden ein Genosse und vier Genossinnen in den Wahlverein, aufgenommen. Eggersdorf. Moabit und die Reichstagswahlen lautete das Thema, über welches der Genosse Käming in einer gut besuchten Versammlung bei Tübbccke referierte. Der Referent beleuchtete in seiner fast zweistünd'gen Rede das Auftreten der Berliner Polizei sowie auch das Verhalten der bürgerlichen Presse während des Streiks. Am Schluß seiner Rede ermahnte er die Anwesenden, bei der nächsten Reichstagswahl ihre Stimme nur für den Kandidaten der Sozial- demokratie abzugeben. Reicher Beifall lohnte den Redner für feine trefflichen Ausführungen. Genosse Stimming forderte die An- wesenden zum Schluß aus, sich in den hiesigen Wahlverein aus» nehmen zu lassen. Hohen- Schönbausen. Ucbcr dir Mißstände der Nordöstlichen Vorortbahn sowie über die Eingemeindung deS Gutsbezirks in Hohenschönhausen verhandelte vor einigen Tagen eine von etwa 800 Einwohnern des Ortes im Wirtshaus am Orankesee tagende Versammlung. Gen. Rein unterzog die seit zehn Jahren bestehenden Zustände bei ber Straßen- bahn einer eingehenden Kritik. Infolge der von früheren Gemeinde- Vertretern bei Abschluß des Vertrages mit der Straßenbahngesellkchast gemachten Fehler könne die„Große Berliner" nach eigenem Ermessen handeln. So habe die Gesellschaft bisher die Ausgabe von Arbeiter- Wochenkarten sowie jeden Ausbau der Linie abgelehnt. In einer hieraus angenonimenen Resolution sprachen die Versammelken ihre Mißbilligung darüber aus, daß die Siraßenbahngesellschast, trotzdem die Bevölkerung sich in den letzten fünf Jahren verdoppelt hat, eine Berkebrsverbesierung nicht vornimmt. Namentlich sei die arbeitende Bevölkerung durch die Einziehung resp. Einschränkung der Wochen- karten in Mitleidenschaft gezogen worden. Durch die mangelhafte Verkehrsverbindung werde der Ort an der weiteren Entwickelung ge- hindert und die hiesige Geschäftswelt geschädigt. Am Schluß der Resolution werden die Komiminalvextreter Berlins , Lichtenbergs und Weißensees ersucht, mit zur Beseitigung der geschilderten Zustände beizutragen. Ueber die Eingemeindungsfrage referierte Genosse Hintze. Seit Jahren bestehe der Wunsch, den 3600 Einwohner zählenden GutSbezirk mit der 1300 Einwohner aufweisenden Dorfgemeinde zu vereinigen. Ein zwischen dem Gutsvorfteher Grasse- Leege, dem Gemeindevorstand und dem Landrat abgeschlossener EingemeindungSvertrag biete der kleinen Gemeinde Hohenschönhausen große Vorteile, sogar dein stellvertretenden Gut?vorstand sollen 80 000 M. Entschädigung gezahlt werden. Der Gemeindevorsteher sei nun für die Erhaltung des alten Bauernparlaments eingetreten, da er glaube, daß durch eine Neuwahl die Interessen deS Ortes nicht genügend gewahrt würden. Auf diesen Wünsch sei dem Guts- bezirk eine Vermehrung von drei Gememdeverttetern zugebilligt worden. Es müsse unbedingt Neuwahl der Gemeindebeiireiung gefordert werden. In der lebhaften Diskussion, an der sich Fabrik- besitzer Graf, Dr. Goldberg, Genosse Thiele und Genosse Rein be- teiligten, wurde den Ausführungen des Redners zugestimmt und der Meinung Ausdruck gegeben, daß eine Neuwahl der Gemeinde- Vertretung erzwungen werden müßte. Am Schluß der Versammlung wurde eine in diesem Sinne gehaltene Resolution angenommen. Weißensee. Zur StadtwerdrnigZfrage. Bereits vor zehn Jahren hatte die Gemeindevertretung den Bestbluß gefaßt, die Städterechte beim Ministerium zu beantragen. Der Gemeindevorstand erhielt darauf eine Reihe Fragen vorgelegt, deren teilweise Beantwortung heute erst interessant erscheint. Als gemeinnützige Anstalten wurden erwähnt: ein Gemeindehaus(Armenhaus) in der Göbenstraße, eine Kranken- baracke(die zur Zeit der Cholera zwangsweise errichtet werden mutzte), eine Zentesimalwage und ein Desinscktionsapparat. Die Frage nach den Schulanstalten ist dahin beantwortet worden, daß eine ganze Reihe von Volksschulen und je eine private höhere Knabenschule(bis Tertia) und eine private höhere Mädchenschule vorhanden seien. Als Wohltätigkeitsanstalten wurden erwähnt eine vom Frauenverein unterhaltene Diakonissenstation, eine Krankenheilstation zur heiligen Elisabelh, das St. Josephsheim für arme Kinder, eine Kinderbewahr- anstatt in der Wilhelmstraße, die Stifte Bethabara und Beth Elim. Der Minister erklärte hiernach den Ort noch nicht für reif, die Stadt- rechte zu erteilen. In den letzten Jahren hat der Ort in seiner Ber- waltung sowohl als auch in den öffemlichen Einrichtimgen ein anderes Bild erhalten, so daß der ländliche Charakter ver- schwunden ist. Die zirka 44 000 Einwohner zählende Gemeinde beschäfttgt drei Juristen mit mehr als 100 Beamten, für das Hoch- und Tiefbauamt je einen Regierungsbaumeister und die entsprechende Anzahl von Architekten, Ingenieuren, Technikern und Landmessern, einen Schulrat im Nebenamt, einen Gemeindearzt und drei Gemeindeschwestern. Das Wohlfahrtsamt umfaßt die Säuglingsiürsorgestelle. Lungenfürsorge, Trinkerfürsorge, Ferienkolonie, Schulspeisung usw. Vorhanden sind: ein Fleischschauamt und ein Elektrizitätswerk. Das Schulwesen weist sieben Volks- schulen, eine Hilfsschule, eine kaufBiämiische und gewerbliche Fort- bildungSschule, eine Realschule, eine Oberrealschule, ein Real- gymnasium, eine höhere Mädchenschule und ein höheres Lehrerinnen- Seminar auf. Die Gemeinde besitzt em Rieselgut von 2500 Morgen und verfügt im Ort über ein unbebautes Terrain von 250 Morgen. Das am Ort befindliche Krankenhaus wird in Zukunft von der Gemeinde übernommen, das SäuglingSkrankcnhaus soll im Laufe deö JahreS seinen Zwecken übergeben werden. Von 175 Proz. Zuschlag vor 10 Jahren ist der Zuschlag jetzt aus IIS Proz. herabgesetzt. Wesentlich ist, daß im Falle der Sladtwerdung die Zahl der Kommunal- Vertreter von 24 auf 42 steigen würde. Das Stimmrecht des HauS- besitzes würde von zwei Drittel auf die Hälfte herabgesetzt. Die Wähler der dritten Abteilung wählen jetzt 8 Vertreter, darunter 6 Hausbesitzer: nach der Slädteordnung aber 14 Vertreter, und zwar 7 Hausbesitzer und 7 NichtHausbesitzer. Der letztere Grund veranlaßt namentlich auch unsere Genossen, sich für die Stadt- werdung zu erklären. Nieder-Schöneweide. In der letzten Mitgliederversammlung des WahlvereinS sprach Genosse Groger über das Thema: Die politischen Parteien und ihre Programme. Der Vortrag wurde beifällig aufgenommen. Diskussion fand nicht statt. Hierauf wurde mitgeteilt, daß ein vom Vorstand an die hiesige Gemeindevertretung gerichteter Antrag, die Gemeinde- sitzungen von S aus 5 Uhr zu verlegen, angenommen worden ist. Den Genossen ist nunmehr die Möglichkeit gegeben, die Sitzungen zu besuchen. Der Leseabend der Frauen findet am 23. Februar beim Genossen Bengsch, Britzer Straße, statt. Tegel . In der Gemeindeverterterfitznng teilte der Gemeindevorsteher intt, daß in dem bekannten Seeuferprozeß die Gemeinde ein ob- siegendes Urteil vor dem Kammergericht erstritten habe: die Ge- meinde bleibt somit Eigentümerin des Seestraßengeländes.— Wegen llebernahme des Gaswerks sind mit der Gaswerks-Aktten- Gesellschaft Verhandlungen angeknüpft.— Von mehreren Bezirksvereinen der Gewerbetreibenden war der Antrag«ingegangen, eine Verkürzung der Verkaufszeit im Kleingewerbe an Sonntagen, wie dies jetzt in Berlin beschlossen sei. nicht vorzunehmen. Der Ge- meindevorsteher entdeckte sein gutes Herz für die Gewerbetreibenden und sprach sich entschieden gegen eine Verkürzung der Sonntags- Verkaufszeit aus. Immerhin hatten sich bei einer vom Gewerbe- schutzverein vorgenommenen Umfrage von 208 Geschäftsinhabern 36 für eine solche ausgesprochen. Es wurde gegen die Stimmen unserer Genossen an der fünfstündigen Verkaufszeit an Sonntagen fest- gehalten.— Von der Gemeinde Tegel tvar beschlossen worden, die Schlotzftraße nach Schloß Tegel grade zu legen und die alte Schloß- traße einzuziehen. Dazu hatte die Aktiengesellschaft Humboldt- mühle, welche Anliegerin ist, ein neues Projekt emgeveicht, in welchem die alte Schloßstraße bestehen bleiben sollte; die Vertretung lehnte das Projekt jedoch einstimmig ab. Ein vom Gartenbau- direkter Rother in Berlin vorliegender Plan für die Seeufergarten- anlagen fand allgemeine Zustimmung. Einstimmig genehmigt wurde das Projekt der Herstellung einer Verbindungsstraße von der Hermsdorferstraße, nahe der Kreisbahn, über Fließ, Forsthaus Dohnlake nach Herinsdorf, die Feststellung des Bebauungsplans zwischen Schloß-, Hermsdorferstraße und Jndustrieanschlußgleis anstelle des Königsweges, sowie die Pflasterung der Wilkestraße.— Ein alter Streitpunkt zwischen zwei Dorfgewaltigen bildet die Gemarkungsgrenze zwischen Wittenau und Tegel beim Berliner Gaswerk. Doch blieb die Gemeindevertretung bei der früheren Ansicht bestehen wonach das Gasanstaltslaborawrium zu Tegel ge- hört.— Zum Schluß lagen drei Einsprüche gegen die Gemeinde- Wählerliste vor. Während die Vertretung zwei Einsprüche als be- rechtigt anerkannte, wurde über den dritten Einspruch, den Genosse Arendsee erhoben hatte, noch nicht entschieden. Der Gemeinde- vorstand erhebt von letzterem zwar die Gemeindegrundwertsteuer, bringt diese aber sonderbarerweise in der Wählerliste nicht zur Anrechnung; für ihn besteht noch immer das Kreisausschutzurteil, während der Bezirksausschuß das Urteil des Kreisausschusses um- gestoßen und Arendsee als Ansässigen im Sinne der Landgemeinde- ordnung erklärt hatte. Der Beschluß über diesen Einspruch wurde vertagt, da in den nächsten Tagen in der Angelegenheit Arendsee da» Oberverwaltungsgericht verhandeln wird. In einer gut besuchten Versammlung in W. Trapps Festsälen referierte Genosse Stadthagen über daS Thema:„Nieder mit der Reaktion". In seinem zweistündigen Vortrag geißelte der Re- ferent treffend das reaktionäre Verhalten der Regierung Preußen- Deutschlands , seine rückschrittliche, antisoziale Gesetzgebung aus der einen, und die Ausbeulung des Volkes auf der anderen Seite. Ost durch Zurufe unterstützt, gab der Redner einen kurzen Ueberblick über den Moabiter Prozeß, er erinnerte an alle die aussehen- erregenden Prozesse in letzter Zeit und bezeicknete es als ein reaktionäres Machwerk, die jetzt in der Verhandlung scbwebende Strafprozeßordnung noch schlechter zu gestalten, als die schon be- stehende. Der unsinnigen KriegSpolitik, der fortgesetzten Ausplünderung der großen Masse durch indirekte Steuern müsse eine unab- lässige Aufklärungsarbeit � für die Gleichberechtigung und Freiheit aller durch Anschluß an die politische Organisation entgegengestellt werden. Tosender Beifall lohnte dem Redner für seine recht treffenden Ausführungen. Die lebhafte Diskussion klang immer wieder in der Aufforderung aus, der Organisation beizutreten. Mit einem begeisterten Hoch auf die Sozialdemokatie schloß der Vor- sitzende Genosse Mafia die imposante Versammlung. Potsdam . Aus der Stadtverorduelciiversammlimg. Bei Beratung des Etats der F r a u e n b a d e a n st a l t. die mit 1250 M. Ueberschuß ab- schließt, regte der Stadtv. Kiesche an, diese Anstalt an einzelnen Nachmittags- oder Abendstunden den Unbemittelten kostenlos zur Verfügung zu stellen. Die Anstalt ist im Borjahr aus den Zins» Überschüssen der stäbtischen Sparkasse erbaut worden. Beim Magistrat fand der Redner keine Gegenliebe damit. Stadtrat Lamm befürchtet einen kolossalen Bndrang; Bürgermeister Rodig gab zu, daß die Stadt keine Uebcrschüsse damit machen will, glaubt aber, daß dann die Privatbadeanstallen tot gemacht würden. � Nur eine Stimme erhob sich für die Anregung. Das glciche Slbicksal ereilte den An- trag Wiedemann, das Projekt der Errichtung einerWarmbadeanstalt energischer zu betreiben, das bereits seit 20 Jahren in der Schwebe ist. Nur 3 von den anwesenden 31 Stadtverordneten stimmten dafür, alle übrigen erklärten sich mit dem Vorschlag des Bürgermeisters einverstanden, die jährlichen Zinsüberichüsse der Sparkasse nach fünf Jahren, wenn bis dahin nichl dringendere(!) Aufgaben zu erledigen sind, zu einem Baufond zu dem bereits schon vor Jahren dafür be- willigten Betrag von 70 000 Mark zu sammeln. In weilereu zehn Jahren wird wohl die„Elitestadt" nock, keine Warmbadeanstalt haben. Der Etat deS Schlachthofes schließt etwas niedriger ab wie im Vorjahr. Die Aufhebung der Schlachtsteuer bat also den erwarteten Zustrom nicht gebracht. Größere bauliche Schwierigkeiten sind beim Bau der Kühlzellen eingetreien, die schon zum 1. April 1910 fertig sein sollten, nach einem Zuruf ans der Versammlung aber überhaupt nicht fertig zu werden scheinen! Die Kapitel Feuerwehr (Siraßen- rcinigung) und Entwässerungsanlage schließen gegen das Vorjahr .günstiger ab, weil zum ersten Male die auch den Mietern aus- gebürdete Müllabfuhr- und Kanalisationsgebühr in die Erscheinung treten. Bei Verhandlung der Bebauungspläne der Bertiner und Brandenburger Vorstadt muß die Verhandlung abgebrochen werden, weil in der neben dem SitzungSsaale gelegenen Telephonzelle durch Kürzschluß Feuer entstanden war. Der VerwaltungSbericht deS Oberbürgermeisters bringt zum Ausdruck, daß Potsdam , obwohl an Einwohnerzahl wenig verändert, sich finanziell gut entwickelt habe. Daß die Elnkoinmensteuercrlräze sich aus allen Arten Erhöht haben und nur aus Handel und Ge- werbe zurückgegangen sind, sei zwar bedauerlich, aber zeige deutlich, daß die kleineren Existenzen immer mehr durch die größeren ver- drängt werden. Vom Standpunkt eines Kommunalpolitikers sei das nur zu begrüßen.(Um die Tatsache, daß Potsdam dadurch zur teueren Stadt für die Lebenshaltung werden muß, icheint man sich nicht zu kümmern.) Die Schuldenlast der Stadt belrägt ISYi Millionen Mark. Eine neue Anleihe von 4—5 Millionen Mark soll für den RathauSneubau, Brücken- und Straßenprojekte aufgenommen werden. Alle diese Anleihen sollen bei dem gleichen Prozentsatz der Einkonimcnsteuer(100) verzinst und amortisiert werden, wozu neben den Steuereinnahmen nicht un- wesentlich die Ueberschüsse des Elektrizitätswerks und der Straßen- bahn beitragen. Es sei ein Glück für Potsdam , daß eS nicht in den Zweckverband hineingezogen sei. Vielleicht sei es in vier bis fünf Jahren möglich, mit diesem zu konkurrieren. Aus dem Bericht geht hervor, daß bei einer solchen Entwickelung zur„Elilestadt" die Arbeirer- schaft hinausgedrängt werden muß. Daß dies tatsächlich geschehen ist. zeigt sich an folgendem: Die Zahl der Personen mit Einkommen bis zu 900 M. ist von 27 139 im Jahre 1903 auf 21 642 zurück- gegangen; die Zahl der Gemeindeschüler im gleichen Zeitraum von 6595 auf 4605. Ebenfalls lassen die Ausgaben im Armen- etat nach. Spandau . Einem Schwindler, ber sich mit Porträtverkäufen,„Liebknechts» Porträts" befaßt, sind eine Anzahl Genossen in die Hände gefallen. Er gibt an, von der Firma„Erich Rumpf". Beriandgeschäst, als Reisender engagiert zu sein und stellt Garantiescheine mit dem Stempel der Firma Rumpf versehen aus. Den Betrag von 4,50 M. läßt er sich sofort ausbezahlen, um damit bei Uebersendung durch die Firma die Nachnahmekosten zu sparen. Der Schwindler nennt sich. E w e r l i n g", Berlin 17. 39. Boyenstr. 17. wohnhaft. Er arbeitete früher bei der Firma Schwarz, Porzellansabrik in Pichcls» dorf und zwar bis 1. April t910. Der Schwindler ist 1,60 bis 1,65 Meter groß, hat rundes Gesicht, kleinen schwarzen Schnurrbart und trägt schwarzen Ueberzicher und steifen Hut. Eine Anfrage bei oben genannter Firma ergab, daß ein Reisender g.etchen Namens dort nicht engagiert sei. Hiis aller Sielt« Klerikale Verhetzung. Rom , 20. Februar.(Eig. Ber.) In Nola, dem Geburtsort Giordano Brunos, sollte am 19. d. eine Gedenkfeier für den Märtyrer deS freien Gedankens stattfinden. Als Festredner war Genosse Podrecca, der Heraus- geber des.Asino", eingetroffen, aber die Klerikalen hatten alles dazu vorbereitet, um die Feier zu unterbrechen. Die Stadt war mit klerikalen Manifesten bedeckt, auf denen unter anderem zu lesen stand, daß der Tod Giordano Brunos wohlverdient war. Kaum begann Podrecca zu reden, so stürmten die Klerikalen unter der Führung v o n d r e i G e i st l i ch e n auf den Platz und störten durch Geschrei und Steinwürfe die Versammlung. ES kam zu einem Handgemenge, bei dem die Polizei sich ziemlich passiv verhielt und schließlich drei Genoffen verhafteten, während die Klerikalen in ihrem Toben nicht behindert wurden. Die Menge war so fanattsiert, daß ein Zug, in dem man den Abg. Podrecca vermutete. ausgehalten und durchsucht wurde, in der Absicht. Podrecca zu lynchen. Da dieser nicht im Zuge war, trösteten sich die Gläubigen durch Mißhandlung mehrerer Reisenden, darunter auch eines jungen Mädchens. Nicht umsonst schwärmen diese Leute noch für den Scheiterhaufen. Sie möchten dieses System nicht nur rechtferttgen, sondern auch noch heute beibehalten. Ein brennender Eisenbahnzug. Sieben Fahrgäste verbraunt. Eine schwere Brandkatastrophe hat sich in der vergangenen Nacht in einem Eisenbahnzuge auf der Strecke W j a t k a» Tschelsabinsk zugetragen. In der Nähe der russischen Station Wosneschensk geriet während der Fahrt infolge Entzündung ätherischen Oels ein vollbesetzter Personenwagen in Brand. Sieben Fahrgäste kamen in den Flammen um, weitere 32 erlttten Brandwunden. _ Ein betrügerischer Polizeikommiffar. In Erfurt wurde am Dienstag der Polizeikommissar Toennigeö wegen Unterschlagung amtlicher Gelder in Höhe von über 9000 Mark verhaftet und inS Untersuchungsgefängnis übergeführt. T. hat die Veruntreuungen, die sich aus die letzten 1'/, Jahre erstrecken, durch Fälschung von Quittungen und unbefugter Erhebung von Geldern auf der städtischen Sparkasse begangen. Der erst seit drei Jahren in Erfurt angestellte Kommissar hatte ein jährliches Einkommen von etwa 5000 Mark, da er außer seinem Gehalt noch eine ziemlich hohe Pension als früherer Marineangestcllter bezog. Ueber dm Verbleib des Geldes verweigert der Beamte jede Auskunft. Ehrliche Kapitalisten. Ein kleines Seitmstück zu dem Alkoholskandal hat sich in Genua abgespielt. Die dortige Union des Gas, eine französisch- belgische Gesellschaft, ist dabei ertappt worden, daß sie den Oktroi systematisch hinterzog. ES wurden über 5000 Tonnen unversteuerter Koks beschlagnahmt, wo für eine Buße von 86000 bis 432000 Lire verhängt werden kann. Diese Summe wird zu sieben Neuntel unter dem Ottroipersonal, das die Sacke entdeckt hat. verteilt, die letzten zwei Neuntel fließen der siterskasse der Oktroiwächtu zu.
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