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sowie den Entwurf einer zweiten Ergänzung des Besoldungsgesetzes den zuständigen Ausschüssen überwiesen. Die Vorlage betreffend den om IS. November 1909 in Ben, unterzeichneten RiederlassungS- vertrag zwischen dem Deutschen   Reiche und der Schweiz   wurde an- genommen._ ... Selbst das Scherlblatt wird rebellisch! -IN einer Besprechung der letzten ReichZtagSdebatten über die Wgabiter Vorkommnisse kommt selbst das Scherlsche Hofblatt zu folgenden kritischen Bemerkungen: V"»Allein ein« bleibt, das muh einmal offen ausgesprochen werden, weiten Kreisen unverständlich. EL sind doch zweifellos uitgechörige Dinge vorgekommen. eS haben zweifellos Un­schuldige mit den Schuldigen leiden müssen, und einer von ihnen ist sogar getötet worden. Die 'hd.rsten Hüter der Ordnung haben aber in den De- "-n, an denen sie sich beteiligten, auch für die folgen- > ersten Mistgriffe nicht ein Wort deS Be­ierns gefunden. Das ist um so weniger ver- i d l i ch. da man überzeugt sein darf, dast ihnen innerlich das id durchaus nicht fremd ist." Das Blatt irrt freilich darin, wenn es glaubt, durch ein paar Worte des Bedauerns hätte die Regierung über die folgenschwersten Mistgriffe hinwegkommen können. So leicht ist die empörte öffent- JUche Meinung, ist das durch solche Polizeimistgriffe in der schlimmsten Weise bedrohte Volk denn doch nicht zu beschwichtigen! Nicht durch «in paar Worte deS Bedauerns hätten die Ausschreitungen der ikizei ihre Sühne gefunden, sondern einzig und allein durch die fste ZurrechenschastSziehung der nach dem Gerichtsurteil digen Beamten. Solange diese Sühne nicht gegeben wird, wixpx die Erörterung der Moabiter   Polizeiexzesse nicht zur Ruhe Fommen!_ München-Gladbach er Dressurerfolge. Der ZentrumS-Arbeitersekretär GronowSki, einer der Zöglinge der bekannten jesuitischen Dressuranstalt in München-Gladbach, hat am 14. d. MtS. im preustischen Abgeordnetenhaus allerlei alte Ver- leumdungen gegen die Sozialdemokratie ausgekramt und diese durch ge erlogene Anschuldigungen eigener Erfindung ergänzt. Alle :fe jesuitischen Verleumdungen und Fälschungen nachzuprüfen, lohnt sich nicht der Mühe; eine seiner Fälschungen möchten wir jofaoch immerhin festnageln, da sie gewissermaßen typisch dafür ist, Mi« Herr GronowSkiarbeitet". '~ sagte in seiner Rede: '»* i sozialdemokratische Frauenorgan, dieGleichheit", gibt ' rn�her Nr. 8 1910 den sozialdemokratischen Frauen folgenden Rat - über' Zubereitung von Fleiichabfällen: Ihr Nährwert ist keineswegs geringer als der des teuren MustelfleischeS. Durch geschickte Zubereitung lassen sich auS .'.jlr-ckr-Möpfen, Lebem, Lungen. Herzen. Nieren usw. sehr wohl- ,?tS schmeckende und kräftige Gerichte herstellen. Hier sei nur in u«-«Aürze auf weniger bekannte Zubereitungsmethoden hin- . na Nieine Herren, daS schreibt ein sozialdemokratische? Frauen- Ich wollte die Zentrums- oder die bürgerliche Presse be- dauern, die den Frauen anraten würde, Abfallfleisch zuzu- bereiten, dann würde von Menicl bis München   ihre Preffe über Verrat und Niedertcetung der Arbeiterfamilien räsonieren." Herr GronowSki hat hier unverschämt geschwindelt, wenn er be- hauptet, dieGleichheit" hätte die Zubereitung vonAbfall- fleisch" empfohlen. Die betreffenden Artikel befinden sich in der Gleichheit", Jahrgang 1910, Rr. 7 und 8. Sie tragen den Titel: ,Kamps gegen die Unterernährung im Haushalt" und geben der Hausfrau Ratschläge, wie sie Fleisch. Gemüse usw. oehandeln soll, um nicht deren Nährwert durch Auswässern, Aus- laugen usw. unnötig herabzuschwächen. Dann wird gesagt, dast die HanSfrau auch dasvcrhältnismästig billige Fleisch der sogenannten Schlachiabgänge stärker für den täglichen Tisch" heranziehen könne. Saraus folgt der von Gronowsli zitierte Passus. tj\ Herr Gronowsli hat also die Tatsache auf den Kopf gestellt, .»»enn er Leber, Herz, Nieren usw. als Flcischabfälle hinstellt �behauptet, wenn dies etwa die Zentrumspresse schriebe, so die sozialdemokratische Preffe übe, Verrat usw. räsonieren. he ist, dast sich auS den genannten Fleischsorten sehr wohl« kende Gerichte herstellen lassen, und wir wetten, wenn Herrn oSki in einem feinen Restaurant ein nach derGleichheit" stetes Herz vorgesetzt würde, dast er es nicht verschmähte. Aber woher kommt denn, dast für Millionen von Proletarier« familien auch solche Gerichte, wie dieGleichheit" sie beschrieb, noch Fe st tagöessen sind, und dast ein derber Schweine- oder Kalbs  - braten fast nie auf den Tisch des Arbeiters kommt? Das ist das Werk der Zöllner und Wucherer, in dessen Chorus die München  - Gladbacher Gröben u lu GronowSki die erste Geige spielen. Ein Fortschrittlcr alS Reichsverbandskandidat. In Lübeck   stellten die Nationalltberalen, die Fortschrittliche KSvartei und der Reichsverbond zur Bekämpfung der Sozial- »lralie gemeinsam den Postsekretär Julius Klein, der sich gm Forlichrntlichen VolkSparlci rechnet, als bürgerlichen Kandidaren gm. Besonder« die Vertreter des Reichsverbandes versprachen dem stßeralen" Mischmasch-Posisekreiär ihre Hilfe im Wahlkampf. Die Liberalen und der Reichüverband Arm in Arm! Wirklich ein edles vriiderpaar 1_ Ein ZengnisztvangSderfahren gegen den Redakteur derStrastburger Rundschau", (ötz, eingeleitet worden. DieStrastburger Rundschau", s» zur Umgehung der Kautionsvorschriften im PrestauSnahmegesetz Zliast-Lolhringen(20 000 M. für ein täglich erscheinendes Blatt) l e h l bei Strastburg, ouf der badischen Rhcinseite, gedruckt wird aat>«rscheint. beschäftigt sich mit Vorliebe mit Mist stände» in der elsatz-lothringischen Schulverwaltung, wobei dem Redakteur Götz seine Beziehungen alS früherer Lehrer zustatten kommen. Neulich war daS Blatt nun in der Lage, au« den abhanden gekommenen GerichtSakten gegen einen elsässischen Lehrer Veröffent- lichungen vorzunehmen, und nun soll Redakteur Götz in einem hieraus cnistandcnen Disziplinarverfahren gegen einen Strastburger Rechtsanwalt, der an- gellagt ist, diese GerichtSakten in Besitz gehabt zu haben, als Zeuge darüber vernommen werden, wer die Akten später auf der Redaktion bei ihm abgeholt hat. Götz verweigerte unter Berufung aus das RcdakrionSgeheimniS und ferner auf ß 64 der Gtrafprozetzordming die Namensnennung, worauf er im ZeugniSzwangSver- fahren zu einer Geldstrafe von 40 Mark und zu den Kosten verurteilt wurde. und gleichzeitig gegen ihn zur Erzwingung deS Zeugnisses die Haft angeordnet worden ist, die der Zeuge Götz im Strastburger Bezirksgefängniü am 27. Februar 1911 antreten soll. Götz hat sofort Beschwerde beim Oberlandes- gericht Colmar   eingelegt, er will ferner, wie er in feinem Blatte mitteilt,auch an den Reichskanzler und die weiteren obersten Justiz- «astatizen sowie an den Reichstag   und den Landesansschuß scharf präzisierte Eingaben" abgehen lassen. DaS ist zwar ein wenig viel ävf einmal, und es ist mit diesem Zetergeschrei nicht wohl zu ver- «inbaren, dast gerade dieseStrastburger Rundschau' bisweilen, »t» z. v. im Falle.Lorraine Sponive" in Metz  , gegen andere Leute an diestarke Hand" der Regierung von Elsast-Lothringen appelliert. tsagt muß doch werden, dast dieser neue Fall wiederum be- l stätigt, wie wenig ernst die wiederholten Kundgebungen regierender s Stellen in Preusten-Deutschland gegen die Anwendung deS ZeugniS- zwangSverfahrenS bei Redakteuren zu nehmen stnd. Ein drakonisches Urteil. Der Maurer und Kanonier d. R. Schiller war im Herbst b. I. zu einer 22rägigen liebung bei einem auf dem Ucbungsplatz in Barme  » gebildeten Reserve- Artillerieregiment eingezogen. Seine aktive Dienstzeit hatte er schon von 19051907 abgeleistet. In der Korporatschaft Schillers war auch der Unteroffizier d. R. Kannegieher, der eine gewisse Animosität gegen Sch. hatte. Es kam zwischen beiden mehrfach zu Reibereien, i» deren, Verlaufe sich der Reiervemann zu Insubordinationen und Belei- digungen gegen den Referveunterossizier hinreisten liest. Das Ver- hallnis deS letzteren gegen Schiller ergibt sich deutlich daraus, dast er eines Tages äusterle, der lSchiller) must mal verprügelt werden. Am 15. Oktober halten die Mannschaften nackinittags frei und der größte Teil begab sich in die Kantine, wo in froher Stimmung ge- zecht wurde. Schiller hatte ein großes Quantum Bier und Schnaps zu sich genommen und war infolgedessen st a r k jb e t r u n k e n. Gegen 9 Uhr abends erschien der Sieserveunteroffizier, der auch nickst ganz nüchtern war, und befahl Schiller, sich in die Baracke zu scheren. ES kam zu einem Wortwechsel und schließlich wurde der Reserve- mann vom Unteroffizier gestoßen, wodurch Schiller in eine sehr gereizte Stimmung geriet. Beide begaben sich dann nach der Baracke; hier kam es abermals zu Aus- einandersetzungen. Bei dieser Gelegenheit soll nun Schlller den Unteroffizier infeindseliger Absicht" einen Stoß versetzt haben. Obgleich der Unteroffizier diesen Vorfall provoziert hatte. besaß er die Kühnheit, den Reservemann zu melden. Es wurde ein tätlicher Angriff konstruiert und Schiller erhielt dicserbatb sowie wegen einiger Insubordinationen vom Kriegsgericht in Köln   cm Jahr sechs Mouate Gefängnis! Dabei hat das Gericht noch an- genoinnren, dast der Angeklagte durch daü Verhalten de« Unteroffiziers gereizt und zur Tat hin- gerissen worden sei. Es wurde ihm deshalb der Z 98 des Miliiärsirafgesetzbuchs, wonach in solchen Fällen die Strafe bis auf die Hälfte ermäßigt werde» kann, zugebilligt. Der Angeklagte legte gegen das Urteil Berufung ein; er könne sich infolge seiner damaligen Trunkenheit nicht auf den Borfall genau besinne» jedenfalls habe ihm aber ein Vergreifen an dem Vorgesetzten ferngelegen. DaS Oberkriegsgericht in Dresden   traf aber dieselben Feststellungen wie die Vorinstanz, hielt auch die Strafe für angemessen" und verwarf die Berufung. Die lange Untersuchungshaft kam auch nicht zur Anrechung. Aus einer kleinen Republik  . Wir gaben am Mittwoch einer Meldung derVossischen Zeitung" Raum, nach welcher der Senat Lübecks es zu einem Konflikt mit der dortigen Bürgerschaft wegen der Erhöhung der Gehälter der Lehrerschaft kommen lassen will. An der gakizen Nachricht ist nur soviel zutreffend, dast der Senat den wiederholten Abänderungsbeschlüffen der Bürgerschaft zum BeamtcnbesoldungSetat nicht beigetreten ist. Dast es zu einem Konflikt zwischen den beiden gesetzgebenden Faktoren Lübecks kommen würde, können nur Leute glauben, welche die Zusammen- setzung der Lübecker  Bürgerschaft" nicht kennen. Die auf Grund eines schäbigen Klassenwahlrechts gewählte Bürger- schaftSmehrheit hat dem Senat gegenüber noch nie Festig- keit gezeigt und hat es auch in diesem Falle nicht getan. Bereits am Montag, den 13. Februar, fielen die Herren Geld- sackvertreter um. verhalfen dem Antrage deS Senates, nach welchem die VolkLschullchrer ihr Endgehalt erst in 27 Jahren erreichen sollen. zur Annahme. Von unseren Genossen in der Bürgerschaft wurde das schmähliche Verhalten der Mehrheit scharf gegeißelt. Davon, dast am kommenden Montag die Bürgerschaft sich noch einmal mit der Be- soldungSvorlage beschäftigen wird und daß eine Entscheidungskommission da« Zerwürfnis schlichten müsse, kann keine Rede sein. Der ganze Lübecker BeamtenbesoldungSetat ist bereits vor einigen Tagen amtlich als Gesetz verkündet worden._ Zur Pestgefahr. Auf Grund deS§ 26 des Gesetzes betreffend die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten vom 30. Juni 1900 und der Bekannt- inachung betreffend die Ein- und Durchfuhrbcschränkung zur Abwehr von Cholera- und Pcstgefahr vom 4. Juli 1900 hat der Reichskanzler nachstehende Verfügungen erlassen: 1. Die Ein« und Durchfuhr von Leibwäsche, alten und getragenen Kleidungsstücken oder von Teilen solcher Kleidungsstücke, z. B. so- genannter Chinawalte, von gebrauchtem Bettzeug. Hadern und Lumpen jeder Art aus China   ist verboten. 2. Am Leibwäsche. Bettzeug und Kleidungsstücke, welche Reisende zu ihrem Gebrauch mit sich führen, oder welche als UmzugSgut ein« geführt werden, findet das Verbot unter Str. 1 keine Anwendung. Jedoch kann die Gestuttung ihrer Einfuhr von einer vorherigen DeS- infelnon abhängig gemacht werden. 8. Dem Reichskanzler bleibt vorbehalten, Ausnahmen von dem Verbot unter Anordnung der erforderlichen Vorsichlsmastnahmen zu- zulassen._ Drockschlerberichtigung. In Spalte 2 unseres vorgestrigen Leitartikels stand: Es genügt festzustellen, dast das Reich im Jahre 1878 eine Einnahme von 503 246,6 Millionen Mark hatte... während diese Einnahme im Jahre 1910 eine Höhe von 2 833 781,1 Millionen erreichten. Es mußte natürlich heißen: 503,246.6 Millionen Mark und 2 853.781.1 Millionen. Durch den Jnterpunktionssehler waren die Beträge vertausendfacht worden. franfcrdch. Die Marinedebatte. Pari?, 23. Februar. D e p u t i e r t e n k a m m e r. Bei der Be- ratung über den Gesetzentwurf betreffend den Bau von zwei Panzerschiffen sagie Sembat(Soz.)» England habe seit langer Zeil erklärt, dast es bereit sei, an einer internationalen Verernbarung für die Beschränkung der- stungen teilzunehmen. Er forderte die Regiernng auf. eine solche Vereinbarung zu veranlassen. Der Redner griff sodann den Trust der Metallindustriellen an, der ein Interesse an der Fortsetzung der Rüstungen habe, und brachte schließlich im Namen der sozialistischen   Partei einen Antrag gegen die Borlage ein. Der Abg. G o u d e sGccin. Soz.) sagte. e» scheine, dast die Modelle der Panzerschiffe Jean Bart" undCourbet  ", die für zukünftige Bauten hätten ver- wendet werden können, verloren gegangen seien. Diese Modelle seien eine Million wert.(Bewegung.) Der Marine- minister Bous   de Lapeyrerc versprach, den Tatbestand festzustellen und der Kammer sofort mitzuteilen. Goude tadelte sodann in scharfer Weise die gegen die Arscnalarbriter unternommene Kampagne. Die Industrie versiehe es. Opfer zu bringen, um sich gewisse Beamte geneigt zu machen. So habe man gesehen, dast die Lieferungspreise von den Mauneiiigenieiiren gefälscht worden seien.(Lärm.) Der Marinenunister protestiert gegen diese Anschuldigung._ Plötzlicher Tod des KriegSmlnisterS. Paris  , 23. Februar. Wie dieAgence Havas" meldet, ist der KriegSmmister General Brun plötzlich gestorben. Englanä. Annahme der Vetobill. London  , 22. Februar. Im Unterhause wurde die erste Lesung der ParlamentSbill mit 351 gegen 227 Stimmen angenomme n. Von den Bänken der Ministeriellen ertönten langanhaltendc Cheers, besonders Asquith   war der Gegenstand begeisterter Kundgebungen. Beim Schluß der Debatte erklärte der Minister des Innern, er weise die Be- hauptung, daß ein Kompromiß möglich sei, zurück. Wenn die Regierung die Einladung der Opposition zu einer Kon- ferenz über die Reformfrage annehmen und so die Erledigung der Betofrage bis zum nächsten Jahre verschieben wollte, so fände sie im Unterhause nicht 50 Stimmen zu ihrer Unter- stützung. Die Regierung werde keinen Schritt ungetan lassen, der nötig sei. um die ParlamentSbill schnell zum Gesetz zu erheben._ Eine Anklage gegen die Polizei. London  , 22. Februar. Das Komitee für Frauen stimm- recht ersuchte den Minister des Innern Churchill  , eine U n- tersuchung über das Betragen einzuleiten, das die Polizei gegen Anhängerinnen deS Frauen st immrechts an den Tag gelegt habe, als diese am 18.. 22. und 23. November des vergangenen Jahres Kundgebungen veranstalteten. DaS Komitee behauptet, dast die Polizei den Befehl, keine Verhaftungen vorzu- nehmen, als Erlaubnis angesehen habe, z�u tun, wasihr bc- liebe. Eine Menge Zeugen, auch Zuschauer, könnten bekunden, daß Frauen mit Fäu st engeschlagen wurden und anderen Mißhandlungen ausgesetzt waren, und daß sie ferner U n- sittlich berührt worden seien. Rußland. Judenhetze. AuS dem Gonbernement T s ch e r n i g o f f kommen Nachrichten über massenweise Ausweisungen von Juden. AuS dem Kreise Turasch dieses Gouvernements werden allein 219 Fa- Milien von der Ausweisung betroffen. Diese völlig gesetzlosen Ausweisungen vollziehen sich zudem unter sehr grausamen Begleit- umständen. Um die jüdischen Familien zur schleunigen Abreise zu zwingen, werden bei 30 Grad Kälte die Türen und die Fenster ihrer Wohnungen von der Polizei geöffnet, so daß die Aus- gewiesenen schwer zu leiden haben. Der Gouverneur von Tschernigoff befahl, alle gesetzlichen Beschwerden der Juden gegen die Ausweisungen ohne Prüfung abzuweisen. Der ehrlose Führer der Echtrussen. Kischinew, 23. Februar. Die Deputierten auf der Gouderne- mentsadelSversammlung haben das Verhalten P u r i s ch k e- w i t s ch s. der den Adelsmarschall und Abgeordneten KrupenSki bei dessen Wiederwahl ehrloser Handlungen beschuldigt hatte, für offen- bar ehrlos erklärt und beschlossen, bei der Adelsversammlung die Ausschliehung Purischkewitschs aus dem bessarabischen Ädcl zu beantragen. Hmmha. Bon den Wählern abgesetzt. New Jork  , 9. Februar.(Eig. Ber.) Die Absetzung de« MahorS (Oberbürgermeisters) Hiram C. Gill von Seattle  , Washington  , ist unseren berufsmäßigen Politikern gar arg in die Glieder gefahren. Welchen Wert hat es. die schönsten Wahlversprechungen zu machen, wenn man sie halten must? WaS hilft dem Stcllenjäger der Stimmenfang, wenn er, ins Amt gelangt, ehrlich sein muh oder abgesetzt wird? Mit einer Mehrheit von 8500 Stimmen wurde Gill im März letzten Jahres zum Mayor gewählt; am 1. April trat er sein Amt an. Seinen Wahlsieg verdankte er in erster Linie seinem viel- versprechenden Programm, da« er mit einschmeichelnder Beredsamkeit entwickelte. Namentlich, so versprach er. sollte die Ehrlichkeit ihren Einzug in die Stadtverwaltung Seattles halten. Statt dessen brachte Gill die Erpressung in ein raffiniertes System. Nur übte er sie nicht direkt. Durch den von ihm ernannten Polizeidirektor Wappenstcin liest er ein K o n s o r t i u m gründen. daS die Vermittclung zwischen dem Rathaus und den gesetzlich verbotenen Bordellen übernahm, die Händler in Menschen- fleisch weidlich schröpfte und einen gewissen Prozentsatz deS er­gaunerten Geldes an Gill ablieferte. Dafür blieben die Besitzer der Freudenhäuser von der Polizei unbehelligt. DaS ist nur einer von vielen für die Ehrlichkeit der Verwaltimg Gills charakteristischen Zügen. Letzten November gewährte der Staat Washington den An- gehörigen weiblichen Geschlechts das Stimmrecht. Zugleich sah er die Abberufung der bei öffentlichen Wahlen erkorenen Beamten vor. Vorgestern fand dieses neue Recht nun zum ersten Male in Seattle   Anwendung. Mit einer Mehrheit von über 4000 Stimmen wurde Gill von George W. Dilling geschlagen und must damit sofort aus dem Amte scheiden. Fast 00 000 Wahl- berechtigte, darunter. 22 000 Frauen, nahmen an der Abstimmung teil. In ihrer weitaus überwiegenden Mehrheit stimmten die weiblichen Wähler gegen Gill und damit gegen die unverhüllte Korruption. Als überraschend bezeichnen die durchweg bürgerlichen Nach- richtenagenturen daS Wachstum der sozialistischen  Stimmen. Fünflausend Zettel lauteten auf den Namen unseres Kandidaten, während im November letzten Jahres wenig über 2000 Stimmen gezählt wurden. Eue der Partei« Wegen angeblicher Beleidigung des Offizierskorps ber deutschen Armee hatte sich Genosse Dittmann von der Bergischen Ar- dciterstimme" in Solingen   vor der Elberfelder   Strafkammer zu verantworten. Tic Beleidigung sollte degangen sein durch«ine Th c a: er rez e n s io n, die am 24. Oktober 1910 unter Ohligs  über eine Aufführung des MilitärdramasGewehr ab" veröfjem- licht worden war. Ter Angctlagte wies darauf hin, dast es sich um «ine rein literarische Kritik handele, deren Rahmen nir- acnds verlassen werde. Ter Staatsanwalt beantragte 300 M. Geldstrafe. Das Gericht liest die Frage offen, ob der Strafantrag richtig gestellt und ob in dem Artikel wirklich eine Beleidigung ent- halten war. Der Angeklagte habe überzeugend nachgewiesen, dast er vor der Veröffentlichung teine Kenntnis von dem Artikel gehabt habe. Er scheide daher nach tz 20 deS Prcstgesctzcs.als Täter auS. Aber auch nach§ 21 des Prehgesetzes könne er nicht bestraft werden, da er vor Verkündigung des Urteils erster Instanz den Täter(im Einverständnis mit demselben) genannt habe. Das Urteil lautete auf Freisprechung._ Wieder vorbeigelungen. Vor kurzem wurde Genosse Petzo ld, der Vcraniwortliche der Erfurter  Tribüne" von der Anklage freigesprochen, durch den Ab- druck eines Gerichtsberichtes die Allensteiner Offiziere beleidigt zu haben. Am Donnerstag stand Genosse Dahl von derTribüne" wegen des gleichen Delikt« vor der Erfurter   Etrastcrmmer. Er soll durch den auszugsweisen Abdruck der beanstandeten Stellen aus dem ArtikelDos andere Allensteiu", der ilst» 300 M. Geldstrafe eingetragen hatte, dieBeleidigungen" wiederholt haben. Der Herr Staatsanwalt beantragte 8 Wochen Gefängnis; das Gericht erkannte auf kostenlose Freisprechung. Auch die Kosten der Ber- tcidigung fallen der Staatskasse zur Last. Dein Genossen Dahl wurde der Schutz des 8 193 zugebilligt. Da» Landgericht hatte das Verfahren ursprünglich abgelehnt, worauf die Staatsanwalt- schaft Berufung beim Oberlandesgericht eingelegt hatte, das bann der StautSonivaltschaft die Gelegenheit verschaffte, eins hockuot, peiflliche Altion vorbeigelingen zu sehen.-